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TENSORRECHNUNG

IN ANALYTISCHER
DARSTELLUNG
VON

A. DUSCHEK UND A. HOCHRAINER

III. ANWENDUNGEN
IN PHYSIK UND TECHNIK

ZWEITE AUFLAGE

1965
SPRINGER-VERLAG
WIEN· NEW YORK
GRUNDZÜGE
DER TENSORRECHNUNG
IN ANALYTISCHER
DARSTELLUNG
VON
DR. PHIL. ADALBERT DUSCHEK
WEILAND O. PROFESSOR DER MATHEMATIK
AN DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE WIEN
UND
DR. TECHN. AUGUST HOCHRAINER
A. O. PROFESSOR AN DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE WIEN
DIREKTOR DES HOCHSPANNUNGSINSTITUTES UND DER HOCHSPANNUNGS-
SCHALTGERATEFABRIK DER ARG, KASSEL

IN DREI TEILEN

III. TEIL: ANWENDUNGEN


IN PHYSIK UND TECHNIK
MIT Z6 TEXTABBILDUNGEN

ZWEITE ERGANZTE AUFLAGE

1965
SPRINGER-VERLAG
WIEN· NEW YORK
ISBN-13: 978-3-211-80714-9 e-ISBN-13: 978-3-7091-8118-8
001: 10.1007/978-3-7091-8118-8
Alle Rechte, lllsbesondere das der Übersetzung
III fremde Sprachen, vorbehalten

Ohne schrifthche Genehmigung des Verlages


ist es auch mcht gestattet, dIeses Buch oder Teile daraus
auf photomechamschem \Vege (Photokopie, Mikrokopie)
oder sonstwIe zu vervlelfaltigen
© 1955 and 1965 by Sprlllger-VerlagjWien
Softcover reprint of the hardcover 2nd edition 1965
Ltbrary of Congress Catalog Card Number 49-29507

Tit.pl- Nr 8184
Vorwort zur zweiten Auflage
Ähnlich wie bei der zweiten Auflage des zweiten Bandes habe
ich mich auch bei der zweiten Auflage des dritten Bandes, ab-
gesehen von gewissen Verbesserungen einiger Herleitungen, auf
Ergänzungen beschränkt, die die Anwendung krummliniger
Koordinaten sowohl in der Mechanik als auch in der Festigkeits-
lehre anzeigen. Dabei leitete mich, so wie im Vorwort zur ersten
Auflage ausgedrückt, der Gedanke, daß dieser Band die Aufgabe
hat, zu zeigen, was man mit den Methoden der Tensorrechnung
anfangen kann, allerdings unter Beschränkung auf jene Gebiete,
in denen Tensoren im geometrischen Sinn und nicht bloß als Ab-
bilder anderer Größen auftreten. An die erwähnten Abschnitte
sind jetzt auch einige Aufgaben angefügt. Mit Rücksicht auf den
Zusammenhang mit den anderen beiden Bänden, von denen der
erste seit 1960 in vierter und der zweite seit 1961 in zweiter Auflage
vorliegt, ist die Anwendung und Reihenfolge der Abschnitte
beibehalten worden, und es blieben auch die beiden Abschnitte
über die Doppelfelder , die inhaltlich richtiger zum zweiten Band
gehören, an ihrer Stelle.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dipl.-Ing. F. ErsERLO für
seine Mithilfe nicht nur beim Korrekturenlesen, ebenso wie dem
Verlag für die stets angenehme Zusammenarbeit und die vor-
bildliche Ausstattung des Buches.
Kassel, im Januar 1965
A. Hochrainer
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
... Wir hoffen, daß die vielen treuen Leser, die das Erscheinen
des letzten Teils mit oft geäußerter Ungeduld erwartet haben,
jetzt nicht enttäuscht sind und daß auch dieser Band ihren Er-
wartungen entspricht. Sein Thema ist die theoretische Physik,
zum Teil ziemlich weit in technische Anwendungen reichend.
Aber das Buch ist, das sei ausdrücklich gesagt, kein Lehrbuch,
weder der theoretischen Physik noch der technischen Mechanik
oder Elektrotechnik. Wir wollten vor allem an den handfesten
Problemen der Anwendungen zeigen, was man mit Fug und Recht
mit den Methoden der Tensorrechnung behandeln kann, und wir
glauben, daß das ein recht großes Gebiet ist. Wir haben keine
Vollständigkeit angestrebt, das wäre für ein einführendes Buch
ein sinnloses Unterfangen gewesen. Wir glauben aber, daß das
hier Dargelegte genügt, um dem verstehenden Leser zu zeigen,
nicht nur, was man mit tensoriellen Methoden behandeln kann,
sondern auch, wo man diese Methoden nicht anwenden darf.
Aus dem Inhaltsverzeichnis kann man entnehmen, daß vor
allem drei Gruppen physikalischer Erscheinungen behandelt
sind: Mechanik, Wärme und Elektrizität. Die drei Paragraphen
über Relativitatstheorie gehören teils zur Geometrie, teils zur
Mechanik und Elektrodynamik. Eine besondere Rolle spielen
die beiden Paragraphen über die vektoriellen Doppelfelder, in
denen zum erstenmal versucht wird, eine ganze Reihe von Eigen-
schaften der im folgenden behandelten speziellen physikalischen
Felder unter einen gemeinsamen geometrischen Hut zu bringen.
Die Hauptarbeit an diesem Band hat A. HOCHRAINER über-
nommen; von A. DUSCHEK stammen lediglich Teile der Elastizi-
tätstheorie und die Relativitätstheorie (bis auf die relativistische
Elektrodynamik) .
Für zahlreiche äußerst wertvolle Verbesserungsvorschläge
sind wir Herrn Dipl.-Ing. ]OSEF BOMzE zu aufrichtigem Dank
verpflichtet; zu danken haben wir außerdem noch den Herren
Dozent Dr. FRITZ CHMELKA, Dr. W ALTER EBERL, Dr. HANS
REITER, Dozent Dr. HERMANN ROBL, Dr. MAX SKALICKY und
Prof. Dr. EUGEN SKUDRZYK für wertvolle Ratschläge und für die
Hilfe bei der Korrektur.
A. Duschek, A. Hochrainer
Inhaltsverzeichnis
Dritter Tell

Anwendungen in Physik und Technik


SeIte
§ 39. Mechamk des Massenpunktes .............................. .
I. Vorbemerkungen I. - 2. Kmematik, GeschwmdigkeIt, Be-
schleunigung I. - 3. Kinemabk in krummlinigen Koordinaten 3.
- 4. WinkelgeschwmdigkeIt, Flächengeschwmdigkeit 9.
5. Relativbewegungen 12. - 6. Dynamik, Kraft, Masse 15.
7. Impuls, Impulsmoment 18. - 8. Arbeit, EnergIe 19.
§ 40. Mechamk des Punktsystems ............................... 22
I. Äußere und innere Krafte 22. - 2. Der Schwerpunkt 25. -
3. Der Flächensatz 26.
§ 41. Mechamk des starren Korpers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30
I. Der starre Körper 30. - 2. Der Trägheitstensor 32. - 3. Stetig
verteilte Masse 36. - 4. Rotabonskörper 37.
§ 42. Spezielle Bewegungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
I. Die Kreiselbewegung 40. - 2. Elasbsche Aufstellung eines
starren Körpers 43.
§ 43. Elasbzitatstheorie I ....................................... 48
I. Verschiebung und Deformation 48. - 2. Dehnung, SchIebung,
Dilatation 51. - 3· Die Hauptdeformationsrichtungen 56. - 4. In-
fimtesimale Deformation 61. - 5. Die Kompatibilitätsbedin-
gungen 62. - 6. Der Deformationstensor in allgemeinen Ko-
ordinaten 64.
§ 44. Elastizitätstheorie 11. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
I. Der Spannungstensor 70. - 2. Der Elasbzitätstensor 74. -
3. Das elastische Potenbal80. - 4. Elastische Schwmgungen 83.
§ 45. Mechanik der FliIssigkeiten I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
I. Vorbemerkungen 85. - 2. Ruhende FliIssigkeiten (Hydro-
statik) 86. - 3. Kinematik, Bahnlimen, Stromlinien 88. -
4. Die Kontinuitätsgleichung 92. - 5. Potentialstrbmung und
Wirbelstrbmung 93.
§ 46. Mechanik der FliIssigkeiten 11 (Hydrodynamik) .............. 96
I. Die Gleichung von NAVIER-STOKES 96. - 2. DIe Eulersche
Gleichung 100. - 3. Die Bernoullische GleIChung 101. -
4. Die Erhaltungssätze der Wirbel 103.
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I ................................. 106
1. Der Feldfaktor 106. - 2. Das wirbel- und quellenfreie Doppel-
feld 108. - 3. Eindeutigkeit 113. - 4. Die Greensche Funktion
114. - 5. LeItfähigkeit und Kapazität 121.
VI Inhaitsverzeichms
SeIte
§ 48. Vektonelle Doppelfelder II ................................ 127
I. Das wirbeifreie Doppelfeld 127. - 2. DIe Polansation 128. -
3. Das quellenfreie Doppelfeld 131. - 4. Die GegenmduktivItat
133. - 5. Die Polansation 1m quellenfreien Doppelfeld 134.
§ 49. Das Wärmefeld .......................................... 137
Das stationare Warmefeld 137. -
I. 2. Das nichtstatiomire
Wärmefeld 139. - 3. Das Warmefeld mit Konvektion 141.
§ 50. Das elektrostatische Feld ................................. 145
I. DIe elektnsche Feldstarke und Ihr Potential 145. - 2. Die
elektnsche Verschiebung 146. - 3. EnergIe und Krafte 149. -
4. Kapazität und FeldenergIe 153. - 5. Der Maxwellsche Span-
nungstensor 156.
§ 51. Das magnetische Feld .................................... 159
I. Induktion und magnetische Erregung 159. - 2. Wtrbelnng
und Doppelschicht 162. - 3. DIe Energie des magnetischen
Feldes 167. - 4. Induktivitat und GegemnduktIvltat 169.
§ 52. Das elektrische Feld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 174
I. Strom und Spannung 174. - 2. Sprungflächen des Potentials
175. - 3· Der Verschiebungsstrom 178.
§ 53. Das elektromagnetische Feld .............................. 181
I. Das Induktionsgesetz 181. - 2. Die Maxwellschen GleI-
chungen 188. - 3. Bewegte Korper 191.
§ 54. QuasIstationäre elektromagnetische Vorgange ................ 196
I. WIderstände, Kondensatoren, Drosselspulen 196. - 2. DIe
Kirchhoffschen Regeln 199. - 3. DIe elektromotonsche Kraft
200.
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder.. . . . . . . . . . . .. 201
I. DIe retardIerten Potentiale 201. - 2. Emdeutigkeit 206. -
3. Der Hertzsche Vektor 206. - 4. Der Hertzsche Dipol 209. -
5. Zylmdnsche Felder, Hohlleiter 212.
§ 56. Spezielle Relativitätstheone I 21 7
Die Lorentztransformation 217.
I. 2. VIerdimensIOnale
Tensorrechnung 225.
§ 57. Spezielle RelatIvitätstheone II ............................. 232
I. DiskUSSIOn der Lorentztransformation 232. - 2. Relati-
VIstische Mechamk 237. - 3. RelativIstische Elektrodynamik
241.
§ 58. Allgemeine Reiativitatstheorie ............................. 249
I. DIe Krümmung des RIemannschen Raumes 249. - 2. DIe
Emsteinsche Gravitationstheorie 255.
§ 59. Spezielle Losungen der Gravitationsgleichungen ............. 260
1. DIe Schwarzschildsche Lösung der Gleichung Rap = 0 260. -
2. DIe Geodatischen der W, 262. - 3. Planetenbewegung und
Penhelverschiebung 266. - 4. Die Ablenkung der Lichtstrahlen
270. - 5. Die sphansche Welt von DE SITTER 271. - 6. Die
Emsteinsche Welt 275.
Anhang. Lösungen der Aufgaben ............................... 279
Sachverzeichnis ............................................... 284
Zur Bezeichnung
Die partiellen Ableitungen irgendwelcher Funktionen (Tensor koordinaten)
nach den Koordmaten x, und nur diese sind, wo kein Mißverständnis
'f(l'f»)
zu befurchten ist, mit <I
u, rp
an Stelle von

aXt
geschrieben. Ferner sind die Christoffelklammern erster und zweiter Art mit

an Stelle von
[~i, k] und L~}

bezeichnet.
[1] und fii}
lk
Inhal tsu bersich t des ersten und zwel ten Teiles
Tensoralgebra
Der Gegenstand der Tensorrechnung. - Punkte, Strecken und Vektoren
- Addltion von Vektoren. Produkt emes Vektors mit emem Skalar. -
Lmeare Abhangigkelt von Vektoren. - Lange emes Vektors. - Das
mnere oder skalare Produkt. - Beispiele aus der Geometrie. - Lineare
Vektorfunkbonen. Tensoren. - Orthogonale Transformabonen und Be-
wegungsgruppe. - Tensoren und einfachste Tensoroperationen. - Der
e-Tensor und das äußere Produkt von Vektoren. - Rezlproke Dreibeine.
- Tensoren zweiter Stufe. - Symmetrische Tensoren zwelter Stufe. -
Flächen zwelten Grades

Tensoranalysis
Veranderliche Vektoren und Raumkurven. - Das begleitende Dreibein
und die Formeln von FRENET. - Krummung und Wmdung. Dle nattir-
lichen Glelchungen emer Kurve. - Raumkurven und Torsen. - Die erste
Grundform der Flächentheorie. Messung von Langen, Wmkeln und Flachen-
mhalten auf emer Flache. - Dle zwelte Grundform der FHlchentheone.
Dle Krummung emer Flache. - Welteres uber dle Krummung der Fläche.
- Tensorfelder. - Dle IntegratlOn der Feldgrößen. Kurvenintegrale. -
Flachemntegrale. Der Stokessche Satz. - Raumintegrale. Die Integral-
satze von GAUSS und GREEN. - Das quellen- und wlrbelfreie Feld (Laplace-
Feld). - Das Poissonsche oder wirbelfreie Feld. - Das quellenfreie oder
Wlrbelfeld. - Die geometnschen Elgenschaften der Vektorfelder. -
Das ebene Feld I. - Das ebene Feld 11. - Allgememe (krummlinige)
Koordinaten. - Vektoren und Tensoren m allgemeinen Räumen. - Ab-
solute DlfferenbatlOn und Parallelverschlebung im Riemannschen Raum.
Der Riemannsche Krummungstensor. Anwendungen auf die
Flächentheone. - Spezielle Koordmaten.
Dritter Teil

Anwendungen in Physik und Technik

§ 39- Mechanik des Massenpunktes


1. Vorbemerkungen. Die Mechanik war das erste Anwendungs-
gebiet der Vektorrechnung; die einfachsten Beispiele für Vek-
toren, die nicht aus der Geometrie stammen, wie Geschwindig-
keiten und Kräfte, werden auch heute noch der Mechanik ent-
nommen. Von der zunächst rein anschaulichen Begriffsbildung
ist man später zur strengen Definition der verschiedenen Größen
und damit zu dem rein geometrisch definierten Tensorbegriff ge-
kommen. Wir müssen daher bei der Anwendung der Tensor-
rechnung in der Physik stets erst nachweisen, ob und wie weit
sich die Eigenschaften der verwendeten Größen mit den im
geometrischen Sinn definierten allgemeinen Tensoreigenschaften
decken, bevor wir Zusammenhänge zwischen diesen Größen mit
den Hilfsmitteln der Tensorrechnung behandeln. Die folgenden
Ausführungen werden sich daher in erster Linie mit diesen Fragen
zu befassen haben und weniger damit, zu zeigen, wie spezielle
Probleme gelöst werden können.
Man pflegt die Mechanik nach den wichtigsten Eigenschaften
der physikalischen Objekte in mehrere große Abschnitte zu teilen
und unterscheidet demgemäß die Mechanik des Massenpunktes,
des Punktsystems, des starren und des deformierbaren Körpers.
Die letztere werden wir in der Elastizitätstheorie und in der
Mechanik der Flüssigkeiten behandeln. Die Mechanik des Massen-
punktes befaßt sich mit den Zusammenhängen zwischen der Be-
wegung und den Kräften im Falle einzelner Massenpunkte. Wir
beginnen mit der Untersuchung der reinen Bewegungsgesetze,
also mit der Kinematik.
2. Kinematik, Geschwindigkeit, Beschleunigung. Wir haben
schon in § 16 darauf hingewiesen, daß sich die Bewegung eines
Punktes P längs einer Kurve (t durch eine Abhängigkeit der
Koordinaten Xi des Punktes von der Zeit t in der Gestalt
Duschek-Hochrainer, Tensorrechnung IH, 2. AufI.
2 !II. Anwendungen 1ll Physik und Techmk

x, = x,(t) (39,01)
darstellen läßt. Wir setzen dabei voraus, daß die drei Funktionen
x,(t) innerhalb eines gemeinsamen Intervalles a < t < b eindeutig,
stetig und mit Ausnahme von höchstens endlich vielen Stellen
mindestens zweimal stetig differenzierbar sind.
Die Geschwindigkeit (der Geschwindigkeitsvektor)1 eines Punktes
ist an jeder Stelle seiner Bahn durch die Ableitung des Ortsvektors
nach der Zeit, also durch

v =x, = -dx, l'


- = 1m
X,(t + Llt) - x,(t)
, dt 41->-0 Llt
gegeben. Der Betrag der Geschwindigkeit ist dann
v = Vv, v, = V X, x,
und der während der Zeitspanne von to bis t zurückgelegte Weg
t t

S = Iv dt ~= I V Xi X, dt.
to 10

Umgekehrt gilt daher

Iv=s=~:·1 (39,05)

Aus (39,02) und (39, 05) erkennt man: Der Geschwindigkeits-


vektor ist die Ableitung des Ortsvektors nach der Zeit, sein Betrag
ist die Ableitung des Weges nach der Zeit.
Unter der Beschleunigung (dem Beschleunigungsvektor) ver-
steht man die Änderung der Geschwindigkeit in der Zeit, also

b
,
== = iJ
,
dv,
dt
d 2 x, .
dt 2 (39, 06)

Der Geschwindigkeitsvektor hat wegen


dx, ds
v, = ds . Tl = T, v

1 Wir verwenden die Bezeichnung" Geschwmdlgkelt" der Kurze wegen


auch fur den Geschwmdlgkeltsvektor und unterscheiden nur dort, wo
es notwendig ISt, zWischen diesem und der Geschwmdlgkeit als semem
Betrag
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 3

die Richtung des Tangentenvektors Ti an (l, im betrachteten


Punkt. Dies trifft für den Beschleunigungsvektor im allgemeinen
nicht zu. Ersetzt man Vi in (39,06) durch (39, 07), so folgt

I
oder wegen (17, 06), wenn e= - der Krümmungsradius von (l, ist,
"
(39,08)

Die Beschleunigung läßt sich in zwei Komponenten zerlegen,


von denen die eine in die Richtung des Tangentenvektors Ti der
Bahn des Punktes fällt, während die zweite in der Richtung der
Hauptnormalen H, zum Krümmungsmittelpunkt hin zeigt. Den
Betrag der ersten
b _ dv
T - dt

nennt man die Tangentialbeschleunigung, den Betrag der zweiten


v2
bH = -
e
die Zentripetalbeschleunigung.
Es gibt zwei wichtige Sonderfälle, je nachdem die Zentripetal-
beschleunigung oder die Tangentialbeschleunigung verschwindet.
Im ersten Fall muß, wenn wir den trivialen Fall der Ruhe, also
I
V = 0, ausschließen, stets ,,= - = Damit wird (l, zu
0 sein.
e dv
einer geraden Linie. Im zweiten Fall verschwindet dt und damit
wird V = konst. Die Beschleunigung ist in jedem Punkt pro-
portional der Krümmung.

3. Kinematik in krummlinigen Koordinaten. Wir haben bisher


stillschweigend angenommen, daß sich die Bewegungen des
Punktes in einem euklidischen, dreidimensionalen Raum ab-
spielen und wir haben die Bewegung mit Hilfe der Koordinaten
in einem rechtwinkligen kartesischen System untersucht. An der
,*
4 III. Anwendungen In Physik und Technik

Voraussetzung des euklidischen, dreidimensionalen Raumes wollen


wir, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt wird, auch
weiterhin festhalten. Es ist aber oft zweckmäßig, die Bewegung
eines Punktes in einem anderen entweder nicht rechtwinkligen
kartesischen oder allgemein krummlinigen Koordinatensystem zu
untersuchen. In Übereinstimmung mit den Darstellungen in den
§§ 33 und 34 bezeichnen wir die Koordinaten in diesem System
mit u" so daß die Beziehung

den Zusammenhang mit dem rechtwinkligen kartesischen System


x, = (xl> x 2 ' x 3 ) herstellt.
Wir treffen die gleichen Voraussetzungen wie im § 33, nämlich
daß sich die Gleichungen (39, n) eindeutig nach den x, auflösen
lassen, also daß
(39,12)
ist und ferner der Riemannsche Krümmungstensor verschwindet.
Die Bewegung des Punktes ist dann durch
u, = u,(t)
beschrieben. Setzen wir in l39, 02) ein, so folgt
. OX, oU p
v, = Xi = oUp • Ti
.. oU p
und nach Uberschieben mit -"- erhalten wir wegen (33, 04) und
uX,
(33,3 1 )
OUp oU p
wp = OXi v, = Ti = üP (39, 15)

die kontravarianten Koordinaten des Geschwindigkeitsvektors


im System u,. Sie sind durch die Ableitung der Koordinaten u,
nach der Zeit gegeben.
In manchen Betrachtungen stört es nun, daß diese Koordinaten
der Geschwindigkeit nicht Geschwindigkeiten im üblichen Sinn,
nämlich Quotienten von Weg durch Zeit, darstellen, sondern je
nach dem gewählten Koordinatensystem von verschiedener
Dimension sein können. In solchen Fällen führt man zusätzlich
"physikalische Koordinaten" W(k) der Geschwindigkeit ein, die
sich aus den kontravarianten Koordinaten nach der Formel
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 5

V
W( k) = gkk wk (nicht summieren über k!) (39, 16)
ergeben l . Sie sind gleich den Parallelprojektionen des Geschwin-
digkeitsvektors auf ein normiertes Dreibein, dessen Vektoren im
betrachteten Punkt mit den Tangentenvektoren an die Koordi-
natenkurven übereinstimmen. Sie sind also parallel zu den
1 2 3
Vektoren 7:" 7:, und 7:, nach (33,06), und da gn, g22 und g33 die
Normen dieser Vektoren sind, so ist das normierte Dreibein durch
P 1 P
'f}, = V-" 7:i (nicht summieren über p!)
gfJfJ

bestimmt. Nach (33,26) ist


P
Vi = w fJ 7:,

und wenn wir mit V gfJfJ erweitern


P
v.= ~
~
3

wfJ
V- P
7:i
gPfJ·V-=W(P)"'f}i,
P-l gfJfJ

d. h. die durch (39, 16) bestimmten physikalischen Koordinaten


sind die Parallelprojektionen von Vi auf die Vektoren ~i.
Für die Norm der Geschwindigkeit gilt in beliebigen Koordi-
naten
(V)2 = (W)2 = gfJq wfJ wq
und bei Verwendung der physikalischen Koordinaten

oder

wobei
CfJq = gfJq (nicht summieren!) (39,21)
VgfJfJgqq
den Cosinus des Winkels zwischen den Tangenten an die Koordi-
natenlinien p und q darstellt.
Bei der Berechnung der Beschleunigung in krummlinigen
Koordinaten ist zu beachten, daß sich der Ort des Geschwindig-
1 Auch die Schreibweise wk 1st ilblich.
6 BI. Anwendungen in Physik und Techmk

keitsvektors auf der Bahn des Punktes mit diesem mitbewegt


und daher die Beschleunigung der absolute Differentialquotient
des Geschwindigkeitsvektors nach der Zeit ist. Nach (35,05) er-
halten wir für die kontravarianten Koordinaten der Beschleunigung

denn d:el ist nach (39, 15) die Geschwindigkeit w l . Wir bemerken
der Vollständigkeit halber, daß wir bei der Bestimmung des
Geschwindigkeitsvektors den gewöhnlichen Differentialquotienten
des Ortsvektors nehmen durften, da der Ort des Ortsvektors bei
der Bewegung des Punktes unverändert der Koordinatenursprung
bleibt.
Die kovarianten Koordinaten des Beschleunigungsvektors er-
geben sich aus den kontravarianten durch Überschiebung mit dem
kovarianten Maßtensor gii. Durch einige Umformungen läßt
sich eine für die praktische Berechnung oft sehr brauchbare Formel
für die kovarianten Koordinaten herleiten, mit deren Hilfe man
einfacher zum Ziel kommt als mit der Formel (39,22).
So ist
_ ._
a, - gii a' - g"
dw i
Te + gi, {j }k !
k I w w.
Nun ist wegen (35, 13) und (34, 23)

g"{k j l}=g"giP[kl,P] = {)ip[kl,P] = [kl,i],


so daß
_ dw'
ai-gi'Tt+ [kl· k I
,z]w w.

Wenn wir für die Christoffelklammer erster Art nach (35, II)
einsetzen, so folgt
i
a, = g'i -dw
dt
+ -21 (a--
gki
aU
I
+ --
ag - --
lt
aU k
agkl ) w k w
aUi
I

= gii dw'
dt
+ ~2 (aaugki + agil)
aU
wk w1_ ~ (~gkl wkW1) ,
au, 2
z k
§ 39. Mechamk des Massenpunktes 7

ow k
denn wegen w' = w'(t) und daher - -
ou, = 0 dürfen wir die Ge-
schwindigkeiten bei der partiellen Differentiation nach den
Koordinaten wie Konstanten behandeln. Wir setzen nun

und finden

Wegen der Symmetrie des Maßtensors folgt daraus

oS k
ow' = g'k w .
Ferner ist
d oS d k
dt ow' = dt (gik W )

_ dw k ogik k I
t +-,,-w
- g'k-d uU I
w.
Setzen wir (39, 24) und (39, 25) in die zuletzt erhaltene Gleichung
für a., so folgt
d oS oS
a =----.
• dt ow i OUi

Zum Vergleich berechnen wir die Beschleunigung einer gleichförmigen


KreIsbewegung in Zylinderkoordinaten u, = (Q, tp, z). U.
Die Bewegung sei durch
(! = konst.,
tp = wt,
z=o
beschrieben. Es folgt sofort

w' = (0, w, 0).


8 111. Anwendungen m Physik und Techmk

Ftir die Berechnung nach (39, 22) brauchen wir die Christoffelklammern
zweiter Art, die wir aus den m Aufgabe 2 des § 33 berechneten Maßtensoren

und
'" ~ (: :' :)
,w_ (: ,~. :)
bestimmen. Von den Chnstoffelklammern erster Art smd nur drei von Null
verschieden, nämlich
[12,2] = e, [21,2] = e, [22, I] = - e,
und daher bleiben auch von der zweiten Art nur die Ausdrucke

Id
122I = - { 2 1 I
e, I 2I =-;' {22J = ; .
Aus (39, 22) folgt dann

a 1= 0+ { 2I2} w 2w2 = - ew2


a2 = a3 = o.
Wahlen wir den Weg über die Formel (39, 26), so fmden wir zunächst
I I
S = -glkwkwl = -e2w2.
2 2

Es ISt ferner
oS oS
ow 1 = ow 3 = 0,

wahrend
oS I oe 2 w 2
--2 = - - - - = e2w
ow 2 OW
ISt. Daraus folgt
d oS
--=0.
dt ow'
Andererseits ISt
oS I oe! w 2
-- = ---- = OW 2
OU I 2 oe -
oS oS
--=--=0
OU 2 OUs
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 9

und somlt
a. = (- e w 2 , 0, 0). (39,28)
Die kovananten Koordinaten stimmen mit den kontravananten liberem,
da wir ein orthogonales Koordmatensystem benutzten.

4. Winkelgeschwindigkeit, Flächengeschwindigkeit. Die Ver-


wendung beliebiger Koordinaten führt zu einer Erweiterung des
Begriffes der Geschwindigkeit, da dabei nicht nur Wege als
Koordinaten verwendet werden, sondern ebenso gut auch Winkel
oder Flächen oder irgendwelche andere geometrische Gebilde, und
dementsprechend spricht man dann von Winkelgeschwindigkeiten,
Flächengeschwindigkeiten usw. Es ist aber auch möglich und
üblich, diesen eine von der Wahl des speziellen Koordinaten-
systems unabhängige kinematische Bedeutung zu geben.
Betrachten wir einen Punkt, der sich auf einer kreisförmigen
Bahn bewegt, so kann man seine Lage durch den vom Mittelpunkt
des Kreises zum jeweiligen Ort des Punktes gezogenen Vektor ri
festlegen. Benutzen wir jetzt wieder ein rechtwinkliges kartesisches
Koordinatensystem, so läßt sich die Geschwindigkeit des Punktes
als Vektorprodukt von einem zur Bahnebene senkrechten Vektor
Wi und ri darstellen, so daß

ist. W k wird als Vektor der Winkelgeschwindigkeit bezeichnet und


ist im allgemeinen wieder eine Funktion der Zeit. Die Beziehung
zum Drehwinkel und damit die Rechtfertigung der Bezeichnung
Winkelgeschwindigkeit stellen wir mit Hilfe der in § II erwähnten
infinitesimalen Drehung her. Ist ei der die Stellung der Kreis-
ebene und damit die Drehachse kennzeichnende Einsvektor, dann
ist der Drehvektor der Drehung durch den Winkel d{} nach
(II, 39) durch
D, = e,d{}
gegeben. Für die Änderung des Radiusvektors r. ergibt sich
nach (II, 41)

so daß
10 111. Anwendungen 111 PhysIk und Techmk

wird. Dabei ist

1~=D=wl
die Änderung des Drehwinkels in der Zeit, also der Betrag der
Winkelgeschwindigkeit, während der Vektor der W inkelgeschwindig-
keit durch

gegeben ist, wie aus dem Vergleich von (39, 29) und (39,30) folgt.
In gleicher Weise kann man bei der Bewegung eines Punktes auf
einer beliebigen Bahn von einer Winkelgeschwindigkeit w,
sprechen, die so gewählt ist, daß in jedem Punkt

gilt, wenn (1) der vom Krümmungspunkt der Bahnkurve zum be-
trachteten Punkt reichende Vektor ist. Wir können schließlich
von der Winkelgeschwindigkeit eines bewegten Punktes um einen
beliebigen festen Punkt, den Pol, sprechen, wenn wir die Bewegung
des Punktes durch die zeitliche
Veränderung des vom Pol Q

=
zum bewegten Punkt gezoge-
nen Vektors Y. x. - a. erklä-
ren (Abb. I). Dabei beschreibt
x, = x,(t) die Bewegung des
Punktes in dem gewählten Ko-
ordinatensystem, während a,
Abb. I die Koordinaten des Poles
sind. Dann ist
v, = x, = y,.
Wenn wir mit ei den vom Pol zum bewegten Punkt gerichteten
Einsvektor bezeichnen, so ist
y,= ye,
und
+
v, = yei e, y.
e, steht als Differentialquotient eines Einsvektors senkrecht auf
e, und t', liegt ebenso wie y, in der Ebene von ei und e,. Wir
bilden nun einen auf e, und e, senkrechten Vektor
§ 39. Mechamk des Massenpunktes 11

und erhalten

Daher ist

Die Geschwindigkeit des bewegten Punktes P setzt sich somit aus


t
einer tangentialen Komponente v. = 8i1k W J Yk und einer radialen
Komponente

Vi =e, Y zusammen, wobei die tangentiale Kompo-
nente gerade so groß ist, als ob sich der Punkt auf einer Kreisbahn
mit dem Radius Y um den Pol Q mit der Winkelgeschwindigkeit w,
bewegte.
Ist der Pol wie in (39,32) der Krümmungsmittelpunkt der
Bahnkurve, so ist y, = (!i und es gilt
v, = Ci (! + e, e= v T.
und

Ci = ; Ti - ei ~ .

Dann erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit um den Krüm-


mungsmittelpunkt den Ausdruck

Wegen

(Striche bedeuten wie immer die Ableitung nach der Bogenlänge)


folgt weiter

d. h. die Winkelgeschwindigkeit eines Punktes bezogen auf den


Krümmungsmittelpunkt der Bahnkurve als Pol hat die Richtung
der Binormalen und ihr Betrag ist proportional dem der Ableitung
des Tangentenvektors nach der Zeit. Man meint diese Winkel-
geschwindigkeit, wenn man von der Winkelgeschwindigkeit eines
12 III. Anwendungen 1ll Physik und Techmk

bewegten Punktes schlechthin spricht. Wir erwähnen noch, daß


man unter der Winkelbeschleunigung J', die Änderung der Winkel-
geschwindigkeit in der Zeit, also
y, = ro,
versteht. Verwandt mit dem Begriff der Winkelgeschwindigkeit
ist der Begriff der Flächengeschwindigkeit. Unter dem Betrag
der Flächengeschwindigkeit versteht man den Inhalt der ebenen
Fläche, die in der Zeit von dem vom Pol zum bewegten Punkt
gezogenen Vektor überstrichen wird. Nach Abb. I ist diese Fläche
durch den Betrag des Vektors
I I
/, = ZC<3k Yj Yk = zC"" y, v"
oder wegen (39,33) und y, = eJ Y
I
li = Z Cijk y, Ckpq OJ p Y q

gegeben. Der Entwicklungssatz gibt weiter

I, = z OJ, Y
I
q Yq - z y, y, OJ,;
I

der zweite Ausdruck rechts verschwindet, weil OJ, senkrecht auf


Yi steht, so daß schließlich

I/i = + y 2 OJi I
bleibt. Man nennt li den Vektor der Flächengeschwindigkeit. Er
hat dieselbe Richtung wie der Vektor der Winkelgeschwindigkeit.

ö. Relativbewegungen. Wir haben bisher stillschweigend an-


genommen, daß sich die Bewegung des betrachteten Punktes in
einem euklidischen dreidimensionalen Raum abspielt und daß wir
die Bewegung durch die Veränderung der Koordinaten des Punktes
in bezug auf ein in diesem Raum ruhendes Koordinatensystem be-
schreiben können. Bei genauerer Überlegung stoßen wir auf die
Schwierigkeit, daß wir wohl von den Bewegungen eines Punktes
relativ zu einem Koordinatensystem sprechen können, daß wir
aber keine Möglichkeit besitzen, um festzustellen, ob dieses
Koordinatensystem selbst ruht oder nicht. Wir können bloß will-
§ 39. Mechanik des Massenpnnktes I3

kürlich ein bestimmtes Koordinatensystem als ruhend bezeichnen


und alle Bewegungen darauf beziehen. Wir wollen uns nun etwas
mit der Frage befassen, wie die Bewegung des Punktes aussieht,
wenn wir ein zweites, dem ersten gegenüber bewegtes Koordinaten-
system zur Beschreibung der Bewegung heranziehen. Bezeichnen
wir die Koordinaten des Punktes P in dem ersten System so wie
bisher mit x, und die Koordinaten im zweiten System mit z"
so gilt nach (9, 06)

Wenn sich das zweite System bewegt, so sind a,k und l, Funktionen
der Zeit. Wir finden für die Geschwindigkeiten in den beiden
Systemen

oder

wenn wir mit W k die Geschwindigkeit des Punktes im bewegten


System bezeichnen.
Der Vektor w, hat nun im ruhenden System die Koordinaten
a'k wk. Die Stelle z" an der sich der Punkt P eben befindet,
bewegt sich mit dem bewegten System mit und hat daher selbst
eine Geschwindigkeit d ik Zk + I, gegenüber dem ruhenden System.
(39, 38) ist der Satz vom Parallelogramm der Geschwindigkeiten,
der besagt, daß die Geschwindigkeit eines Punktes relativ zu
einem ruhenden System sich zusammensetzt aus der Geschwindig-
keit des Punktes relativ zu einem bewegten System und der
Geschwindigkeit seines jeweiligen Ortes in diesem System relativ
zum ruhenden. Natürlich müssen bei einer solchen Zusammen-
setzung der Geschwindigkeiten alle Vektoren durch ihre Koordi-
naten im ruhenden System ausgedrückt werden. Man nennt
die Geschwindigkeit relativ zum ruhenden System die absolute
Geschwindigkeit des Punktes, die Geschwindigkeit bezüglich des
bewegten Systems die relative Geschwindigkeit und die Geschwindig-
keit des bewegten relativ zum ruhenden System die Führungs-
geschwindigkeit ; somit besagt (39, 38) daß die absolute Ge-
schwindigkeit gleich der Summe aus relativer Geschwindigkeit und
Führungsgeschwindigkeit ist.
UI. Anwendungen m Physik und Techmk

Man pflegt diesen Satz meist für den Spezialfall herzuleiten,


daß die Achsen der beiden Systeme parallel bleiben, so daß
XI = Z, + 1, und damit

v, = wi + l, (39, 39)
gilt. In diesem Fall gilt die einfache Zusammensetzung auch für
die Beschleunigungen, denn es ist

Anders ist es, wenn die beiden Systeme gegeneinander auch


eme Drehbewegung ausführen, denn aus (39,38) folgt

Vi = a,k wk + a'k wk + äik Zk + a'k z" + 'l,


oder

Darin ist a,k W" die Beschleunigung des Punktes relativ zum be-
wegten System (Relativbeschleunigung) und ä'k Z" +
I, die Be-
schleunigung des Ortes des bewegten Punktes (Führungs be-
schleunigung). Außer diesen Beschleunigungen tritt aber noch das
zusätzliche Glied 2 a'k Wk auf, welches al'i Coriolis- Beschleunigung
bezeichnet wird. Alle diese Größen sind in Koordinaten des
ruhenden Systems dargestellt und ergeben zusammen die Absolut-
beschleunigung .
Die Drehung eines rotierenden Systems läßt sich durch eine
Winkelgeschwindigkeit beschreiben. Es sei q, ein fester Punkt im
bewegten System, so daß also q, = 0 gilt. Seine Koordinaten
im ruhenden System sind dann durch P, = a,k q,c gegeben. Aus
(39,32) folgt, da q, = e"
p, = a,k qk = Ei;k W, qk

und da das für alle q" gilt, ist


w,.
a'k = E"k

Damit erhalten wir für die Coriolis-Beschleunigung

Ic, = 2 Ei,k W, W k · I (39,43)


Die Coriolis-Beschleunigung ist gleich dem doppelten Vektorprodtfkt
atfs der Winkelgeschwindigkeit des rotierenden Systems mit der Ge-
schwindigkeit des Ptfnktes in diesem System.
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 15

Wir haben im vorstehenden gezeigt, wie sich Geschwindig-


keiten und Beschleunigungen ändern, wenn man von einem
Koordinatensystem zu einem anderen übergeht. Wir haben dabei
vorausgesetzt, daß sich alle Bewegungen in einem dreidimen-
sionalen euklidischen Raum abspielen, und ferner, daß in diesem
Raum eine einheitliche Zeit existiert, auf die wir unsere Be-
wegungen beziehen können, so daß sich bei der Koordinaten-
transformation wohl die Wege, Geschwindigkeiten und Beschleu-
nigungen transformieren, aber nicht die Zeit. Da die Formel (9,06),
die wir als Grundlage für unsere Überlegungen benützen, umkehr-
bar ist und die Umkehrung die gleiche Form aufweist, so würden
sich ganz analoge Beziehungen ergeben, wenn wir die beiden
zugrunde gelegten Systeme miteinander vertauschten. Daraus
folgt aber, daß für unsere bisherigen Darstellungen alle diese
Systeme als gleichwertig betrachtet werden können. Solange es
sich also unter den genannten Voraussetzungen nur darum handelt,
die Bewegung eines Punktes zu beschreiben, ist es daher tatsächlich
unserem Belieben überlassen, welches Koordinatensystem wir be-
nützen. Selbstverständlich wird in speziellen Fällen das eine oder
das andere System den Vorteil einer einfacheren Beschreibung
liefern, ohne daß aber dadurch an dem wesentlichen Inhalt der
Beschreibung etwas geändert wird.

6. Dynamik, Kraft, Masse. Wir kommen zur Diskussion des


Zusammenhanges zwischen Kraften und Bewegungen und führen
dazu zwei neue Begriffe ein, den der Masse und den der Kraft.
Sie bedingen sich wechselseitig durch das sogenannte Grundgesetz
der Mechanik, welches entweder im Sinne der experimentellen
Mechanik als Erfahrungstatsache gilt oder im Sinne der theore-
tischen Mechanik als Axiom eingeführt wird. Aus beiden Auf-
fassungen folgt, daß die Masse eine jedem Körper eigentümliche
!>kalare Größe ist, die unveränderlich ist, solange wir im Sinne der
klassischen Mechanik eine einheitliche Zeit im ganzen betrachteten
Raum annehmen. Unter einem Massenpunkt verstehen wir einen
Körper, dessen Ausdehnungen vernachlässigbar klein sind gegen-
über allen bei der Bewegung betrachteten Längen, der ferner keine
ausgezeichnete Richtung besitzt und dem ein endlicher Skalar,
nämlich seine Masse m, zugeordnet ist.
r6 111. Anwendungen m Physik und Techmk

Mit Hilfe dieses Skalars bildet man das Produkt aus Masse
und Beschleunigung

und nennt den so gebildeten Vektor k, die auf den Massenpunkt


wirkende Kraft. Man hätte nun wenig davon, wenn man (39,44)
nur als Definition der Kraft ansehen würde, da es dann nur
eine zusätzliche Beschreibung der Beschleunigung wäre. Man
nimmt vielmehr an, und die Erfahrung gibt uns Grund zu dieser
Annahme, daß dieselbe Kraft auch für andere Bewegungen maß-
gebend ist, beispielsweise wenn man einen anderen Massenpunkt
mit der Masse m an die gleiche Stelle bringt, so daß die Kraft k,
für eine ganze Klasse von Bewegungen gilt und nicht nur für eine
einzige. Damit dient der Begriff der Kraft zur Beschreibung
einer größeren Anzahl von Bewegungen mit verschiedenen Be-
schleunigungen.
Man nennt (39,44) das Grundgesetz der Mechanik oder nach
seinem Entdecker das Newtonsche Grundgesetz. Die Gültigkeit
dieses Gesetzes bestimmt den Umfang der klassischen Mechanik
und insbesondere ihre Abgrenzung gegen die relativistische
Mechanik.
Aus (39, 44) folgt, daß die Kraft ein Vektor ist. Während
aber die Beschleunigung, wie wir bereits zeigten, als kinematische
Größe von der Wahl des Koordinatensystems abhängt, schreibt
man für die Kraft vor, daß sie nur von den geometrischen und
physikalischen Daten der betrachteten Anordnung abhängen soll,
aber nicht von der Wahl des Koordinatensystems. Dies führt
nun zu einer Beschränkung der zulässigen Koordinatensysteme,
wenn man an dem Grundgesetz (39,44) festhält, nämlich zu einer
Beschränkung auf jene Systeme, in denen die Beschleunigung
ungeändert bleibt. Diese Systeme dürfen sich gegeneinander nicht
beschleunigt bewegen, ihre Bewegungen gegeneinander müssen
gleichförmig und geradlinig sein. In der zugehörigen Trans-
formationsgleichung
x, = aik Yk + l,
müssen die a'k konstant sein, während l,(t) höchstens lineare
Funktionen der Zeit t sind, also die Form
l, = A, + t fl.
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 17

haben. Weist man in einem Koordinatensystem die Gültigkeit des


Grundgesetzes nach, was natürlich nur experimentell geschehen
kann, dann gilt das Grundgesetz in allen aus diesem System
durch (39, 45) hervorgehenden und in keinem anderen. Will
man in einem System den experimentellen Nachweis für die
Gültigkeit von (39, 44) führen, so geht man am einfachsten vom
Fall k. = 0 aus. Wenn (39, 44) gilt, dann muß in diesem Fall
auch b. verschwinden und es ist v. = konst. Wegen (39, 02) ist
o
= v. t +
0
X. wobei x. einen konstanten Vektor bedeutet. Die
Xi'
auftretenden Bewegungen des Punktes müssen also gleichförmig
und geradlinig sein.
In einem System, in dem (39, 44) gilt, bewegt sich ein Massen-
punkt bei Abwesenheit jeder auf ihn wirkenden Kraft gleichförmig
und geradlinig. Man nennt diesen Satz das Trägheitsgesetz und
ein solches System ein Inertialsystem. Erfahrungsgemäß ist ein
gegen den Fixsternhimmel ruhendes System ein Inertialsystem
und mit ihm jedes gegen dieses System gleichförmig und gerad-
linig bewegte System. Für die meisten technischen Zwecke kann
ein mit der Erde fest verbundenes System mit guter Näherung
als Inertialsystem angesehen werden.
Beim Übergang zu anderen Systemen treten zusätzliche Be-
schleunigungen auf. Man kann auch in solchen Fällen das Grund-
gesetz anwenden, wenn man entsprechende zusätzliche Kräfte
einführt. Diese zusätzlichen Kräfte entsprechen aber nicht mehr
der Bedingung, daß sie nur von den geometrischen und physi-
kalischen Daten der betrachteten Anordnung abhängen, denn
sie sind auch durch die Art des verwendeten Bezugssystems
bedingt. Man macht von dieser Möglichkeit beim Übergang zu
rotierenden Koordinatensystemen Gebrauch, indem man z. B.
eine der Coriolis-Beschleunigung (39,43) entsprechende Coriolis-
kraft einführt.
Sofern nichts anderes bemerkt ist, legen wir unseren weiteren
Betrachtungen ein Inertialsystem zugrunde. Eine weitere wichtige
Erfahrungstatsache ist der Satz vom Kräfteparallelogramm. Es
handelt sich dabei um die Zusammensetzung von Kräften. Wir
nehmen an, wir haben bestimmte geometrische und physikalische
Daten gegeben, welche eine Kraft k i bestimmen. k. kann dabei
vom Ort, von der Zeit und von verschiedenen anderen Parametern,
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung IH, 2 Auf!
18 IH. Anwendungen In PhysIk und Techmk

wie z. B. der Lage verschiedener Massenpunkte, abhängen. Ferner


seien andere geometrische und physikalische Daten gegeben,
weIche eine andere Kraft k, bedingen. Die Frage ist nun, weIche
Kraft wirkt, wenn beide Gruppen von Daten gleichzeitig be-
obachtet werden. Die Erfahrung zeigt nun folgenden Tatbestand:
Wenn zwei Kräfte k, und k, an einem Massenpunkt angreifen, dann
sind sie für die Bestimmung der Bewegung mit der Kraft

gleichwertig. Man nennt K, die Resultierende der beiden Kräfte k,


und k,. Wir bemerken, daß mit diesem Tatbestand die Berech-
tigung, die Kraft als Vektor zu definieren, noch einmal verifiziert
ist. Wäre das nicht der Fall, so könnte (39, 44) nicht für jedes
Koordinatensystem gelten. Selbstverständlich gilt der Satz
IX

auch für mehr als zwei Kräfte K" IX = I, 2, ••• , n in der Form
n IX

K,= ~K,.
<X=I

7. Impuls, Impulsmoment. Die Gleichung (39, 44) läßt sich


noch in einer allgemeineren Form schreiben, wenn man den Begriff
des Impulses

einführt. Es ist dann

. d
g, = dt (m v,) = k"

d. h. die Kraft ist gleich der Anderung des Impulses in der Zeit.
(39,48) ist eine Verallgemeinerung von (39,44), die auch für
veränderliche Massen gilt. Im Falle m = konst. folgt
g, = mil, = k,.
Wir haben bei der Einführung der Winkelgeschwindigkeit
und der Flächengeschwindigkeit die Bewegung des Punktes auf
einen beliebigen festen Punkt bezogen. In ähnlicher Weise bilden
wir das Moment der Geschwindtgkeit
§ 39. Mechanik des Massenpunktes 19

das nach (39,36) gleich der doppelten Flächengeschwindigkeit I,


ist, wenn wir jetzt den Vektor vom festen zum bewegten Punkt
mit r, bezeichnen. Multiplizieren wir mit der Masse m des be-
wegten Punktes, so ergibt sich das Impulsmoment

I], = eilk r l gk' I


das auch als Drall bezeichnet wird. Es gilt
], = 2ml,·
Bilden wir die Ableitung nach der Zeit, so folgt

\Vegen YJ = VI und gk = m Vk verschwindet der erste Ausdruck


rechts und es bleibt

Man nennt

ID i = eilk rj kk I
das Moment der Kraft oder Drehmoment; also ist

die Anderung des Impulsmomentes in der Zeit ist gleich dem Dreh-
moment.

8. Arbeit, Energie. Als Arbeit bezeichnet man das Linien-


integral der Kraft längs eines Weges
2

A = Ik,dX,.

Da dx, = V, dt und k, = m -i,


dv·
so ist

J
2

12 1 2 2
A = mV,dv,=-m [v 2h =-m(V(2)-V(1))'
2 2
1
20 BI. Anwendungen In PhysIk und Techmk

Man nennt

IE = m2v2_1

die kinet~sche Energie des bewegten Massenpunktes; es ist

d. h. die Arbeit ist gleich dem Unterschied der kinetischen Energien


im Anfangs- und im Endpunkt des Weges. Arbeit und Energie sind
Skalare, d. h. sie sind invariant gegenüber einer Transformation
des Koordinatensystems, aber nur, wenn man von einem System
zu einem gegenüber dem ersten ruhenden System übergeht,
aber nicht, wenn man ein bewegtes System benützt. Wohl gilt
(39,56) auch in diesem System, aber mit anderen Werten für
A und E. An (39,56) ist noch bemerkenswert, daß es für die
geleistete Arbeit nur darauf ankommt, wie groß die Geschwindig-
keiten am Anfang und Ende der betrachteten Bewegung sind,
aber nicht auf ihre Richtungen und auch nicht auf die Geschwindig-
keiten dazwischen und schließlich auch nicht darauf, welche Zeit
zwischen Anfang und Ende der Bewegung verstrichen ist.
Für viele Zwecke ist die in einer bestimmten Zeit geleistete
Arbeit von Bedeutung; man bezeichnet den Quotienten Arbeit
durch Zeit als Leistung und definiert diese als die Ableitung der
Arbeit nach der Zeit, also mit

p= dA.
dt
Man erhält verschiedene Klassen von Bewegungen, je nach dem
zugrunde liegenden Kraftgesetz. k, kann zeitlich und örtlich ver-
änderlich sein, k, kann von der Geschwindigkeit des Massen-
punktes, von seiner Lage zu anderen Massenpunkten abhängen
usw. Eine besonders ausgezeichnete Klasse von Bewegungen
erhält man dann, wenn k, eine Funktion des Ortes ist; man
spricht dann von einem Kraftfeld

Hängt k, außerdem noch von der Zeit ab, dann hat man es mit
einem zeitlich veränderlichen Kraftfeld zu tun.
S 39. Mechamk des Massenpunktes 2I

Es gibt verschiedene Arten von Kraftfeldern, entsprechend


den verschiedenen Arten von Vektorfeldern und man kann die
Kraftfelder in gleicher Weise einteilen. Einen speziellen Fall
stellen die Laplaceschen Kraftfelder dar, bei denen sich die Kraft
als Gradient eines skalaren Potentials darstellen läßt, also

Ik, = - o,U·1
Es ist in der Mechanik üblich, das Potential so zu wählen, daß
die Kraft dem negativen Gradienten gleich ist. Es ist
dU = - k, dx, = - dA = - dE
und daher
dE + dU = 0,
so daß
IE + U = W = konst. I
Man bezeichnet das Potential U auch als potentielle Energie und W
als die Gesamtenergie des Systems. Dann besagt (39,60), daß
bei jeder Bewegung die Gesamtenergie, also die Summe aus
kinetischer und potentieller Energie konstant bleibt. Man nennt
diesen Satz den Erhaltungssatz der Energie und bezeichnet Kräfte,
für die dieser Erhaltungssatz gilt, als konservative Kräfte, und
dementsprechend Kraftfelder, für welche (39,59) gilt, als konser-
vative Kraftfelder.
Das einfachste Beispiel einer konservativen Kraft ist das
Gewicht eines Massenpunktes, also die Kraft, mit der der Massen-
punkt von der Erde angezogen wird. Beschränkt man die Be-
wegung auf einen Raum, dessen Abmessungen klein sind gegen-
über dem Erdradius, so ist diese Anziehungskraft auf einen
bestimmten Massenpunkt von der Lage des Punktes unabhängig
und überall gleich gerichtet. Wir haben es mit einem homogenen
Kraftfeld zu tun. Es ist ferner experimentell nachgewiesen, daß
diese Kraft proportional der Masse des Massenpunktes ist. Ein
radiales, zentrisch symmetrisches Kraftfeld liegt vor, wenn eine
ruhende Masse M eine andere Masse m nach dem Gravitations-
gesetz anzieht. Es gilt dann, wenn r i den Vektor von M zu m
darstellt,

(39, 61)
22 111. Anwendungen in PhYSlk und Techmk

Wählen WIr den Ort von Mals Koordinatenursprung und bilden


wir das Drehmoment der Kraft, bezogen auf diesen Punkt, so ist
= B.,kr, kk = 0
D.
und somit wegen (39, 53) J. = 0 und J. = konst. Aus (39, 51)
folgt
I. = konst.,
d. h. die Flächengeschwindigkeit des Punktes m in seiner Bahn
ist konstant. das zweite Keplersche Gesetz der Planetenbewegung.
Die Richtung von I. zur Zeit t = 0 ist durch die Stellung der
o
durch r. und v i bestimmten Ebene festgelegt. Wegen I. = konst.
muß sich die ganze Bewegung in dieser Ebene abspielen.
Aufgaben
Man berechne die physikalischen Koordinaten der Geschwmdigkelt
I.
m Zylinderkoordinaten
(u l =(!. ua=rp, Us=z).
2.Man berechne die physikahschen Koordmaten der Geschwmdlgkeit
m sphärischen Polarkoordinaten (u l = r, u 2 = rp. u a = fJ).
3. Man berechne die physlkahschen Koordmaten der Geschwindig-
keit m den schiefwinkhgen Koordinaten nach (33. I8)
I
U l = Xl - V3X2
2

U2 = V3 X2
U s = xs'

4. Man berechne nach den Gleichungen (39. 22) und (39. 26) dle Be-
schleunigung einer Schraubbewegung
(! = konst.
rp = wt
z = k t2 •

§ 40. Mechanik des Punktsystems


1. Äußere und innere Kräfte. Wir betrachten ein System von
1 2 Cl( •
v Massenpunkten mit den Massen m, m, ... , m, ... m. Jeder
Massenpunkt beschreibt eine Bahn, welche durch die Angabe
Cl( Cl(
seiner Koordinaten als Funktionen x, = x,(t) der Zeit t gegeben ist.
Für jeden einzelnen Massenpunkt gelten die im vorhergehenden
§ 40. Mechamk des Punktsystems 23

Abschnitt hergeleiteten Beziehungen, also insbesondere die Impuls-


sätze in der Form (39,49) und (39,53). Wir wären nun bei An-
gabe aller auf jeden Punkt wirksamen Kräfte in der Lage, die
Bewegung jedes Punktes aus einem bestimmten Anfangszustand
bezüglich Lage und Geschwindigkeit zu berechnen. Nun kann
man bei den Kräften, die an den einzelnen Punkten angreifen,
zwei Arten unterscheiden, nämlich solche, welche an einem be-
stimmten Punkt unabhängig von der Lage und der Bewegung aller
anderen Punkte wirken und solche, welche von der Lage und Be-
wegung eines oder mehrerer anderer Punkte abhängen. Die Kräfte
ot
der ersten Art nennen wir äußere Kräfte und bezeichnen sie mit k,o
Die anderen Kräfte nennen wir die inneren Kräfte des Systems.
Für die inneren Kräfte nehmen wir die Gültigkeit zweier
Sätze an, deren Richtigkeit allein auf der Erfahrung, also auf dem
Experiment beruht. Der erste Satz besagt, daß die resultierende
innere Kraft f, auf den Massenpunkt Xi die Summe von Einzel-
'" ot

kräften ist, von denen jede von einem anderen Massenpunkt


stammt, also
ce IX,l 2 ct,C(-l IX,cx+l IX,V
+ f, + + + + + /;,
IX,

f, = f, fi f, (40, or)
<Y..ß ß '"
wobei f, die vom Punkt x, herrührende, auf x, wirkende innere
Kraft ist. Wir können dafür auch
ot v ot.ß
fi = ~ fi
ß=l
ot,ot

schreiben, wenn wir festsetzen, daß f, stets verschwindet. (40, or)


besagt also, daß sich die resultierende innere Kraft auf einen
Massenpunkt eindeutig in Teilkräfte zerlegen läßt, deren jede von
einem bestimmten anderen Massenpunkt stammt.
Der zweite Satz ist das sogena,nnte Gesetz von Wirkung und
Gegenwirkung (actio und reactio), das besagt, daß die Kraft, die
ein Massenpunkt (oder allgemein ein Körper, also ein irgendwie
zusammenhängendes abgeschlossenes System von Massenpunkten)
IX auf einen Massenpunkt ß ausübt, entgegengesetzt gleich ist der
Kraft, die ß auf IX ausübt, so daß
111. Anwendungen In Physik und Techmk

ist. Eine weitere Voraussetzung, die allerdings bei dem Satz von
actio und reactio oft nur stillschweigend gemacht wird, ist die,
(1.,ß ß,(1. (1. ß
daß /, und /, in der Verbindungslinie der Punkte x. und x, wirken.
Wir kommen darauf bei der Behandlung des Impulsmomentes
zurück. Mit (40, 02) und (40, 03) ist es uns möglich, Aussagen
über die Bewegung eines Punktsystems zu machen, ohne die
Bewegungen jedes einzelnen Punktes zu kennen. Es ist nämlich
nach (39, 49) für jeden Punkt (zunächst nicht summieren über ~!)
d
dt gi
(1. d
= dt m
(1. (1.

Vi
(1.

= ki + /, = k, +
(1. (1.

t: I,· (1.,ß
(40, °4)

Wir summieren auf beiden Seiten über alle Punkte des Systems,
so daß

In der Doppelsumme auf der rechten Seite heben sich alle inneren
Kräfte wegen (40, 03) weg. Auf der linken Seite dürfen WIr
Summen- und Differentiationszeichen vertauschen, so daß

gilt. Wir nennen

(40,06)

den Gesamtimpuls des Systems und bezeIchnen mit


cx
K i = ~k,
(1.

dIe Resultierende aller äußeren Kräfte, so daß

I! G,= K,I (40,08)

gIlt. Zwischen Gesamtimpuls und der Resultierenden aller


äußeren Kräfte besteht also der gleiche Zusammenhang wie
zwischen Impuls und Kraft bei einem einzelnen Massenpunkt,
wobei besonders bemerkenswert ist, daß K, die Resultierende
von Kräften ist, die an ganz verschiedenen Punkten angreifen.
§ 40. Mechanik des Punktsystems 25

2. Der Schwerpunkt. Unter dem Massenmittelpunkt oder


Schwerpunkt versteht man den Punkt, dessen Koordinaten s, durch
~"''''
,.::..mx,
s (f.
= - _... _- (40, 09)
l ~~

bestimmt sind. Man nennt


~(f.
,.::..mx,=S, "
(40, IO)

das statische Moment des Punktsystems in bezug auf den Ursprung


des Koordinatensystems und
(40, rr)

die Gesamtmasse des Systems. Der Schwerpunkt ist derjenige


Punkt, in dem man sich die Gesamtmasse angebracht denken muß,
damit sein statisches Moment gleich dem statischen Moment
des Punktsystems ist. Wir zeigen noch, daß die Definition des
Schwerpunktes unabhängig von dem speziell gewählten Koordi-
natensystem ist. Gehen wir vom System x, zu einem System Xi
entsprechend
Xi = aij Xj + b,
über, so gilt im gestrichenen System

d. h. wir erhalten den gleichen Punkt als Schwerpunkt. Bei einer


(f.

Bewegung des Systems sind die x, Funktionen der Zeit und


dementsprechend ist auch s, = Si(t). Die Geschwindigkeit des
Schwerpunktes bezeichnen wir mit
dS i
W, = Tt" (40, I2)

Aus (40, 09) folgt, daß


(f.

I ~ '" dx. I ~ '" (f.


wi=M,.::..m_-'= M,.::..mv,
'" dt '"
26 IH. Anwendungen In PhysIk und Techmk

ist, so daß
~o<oe ~oe
Mw.=~mv,=~g,=G,
oe oe

ist und aus (40, 08) erhalten wir den damit inhaltlich gleich-
wertigen Schwerpunktsatz, der besagt, daß

I~=MW.=K,I
oder in Worten: Der Schwerpunkt eines Punktsystems bewegt
sich so, als ob die Summe aller Massen in ihm vereinigt wäre und
die Resultierende aller äußeren Krälte an ihm angrille.

3. Der Flächensatz. Das Impulsmoment des Punktes x, " in


Bezug auf den Koordinatenursprung ist durch (nicht summieren
über ~!)
oe 0< :x.
J. = euk x, gk

gegeben. Das Gesamtimpulsmoment ist die Summe der einzelnen


Momente und durch

bestimmt. Seine Ableitung nach der Zeit ergibt sich mit

Das erste Glied verschwindet und ebenso verschwindet der Anteil


der inneren Kräfte in dem zweiten Glied wegen (4°,°3), mit df'r
O<,ß P.oe
erwähnten zusätzlichen Annahme, daß I, und I. in der Ver-
0< P
bindungslinie der Punkte x, und x, wirken. Es ist nämlich, auch
0< oe,ß
bei Gültigkeit von (4°,03), lOOk x, Ik nur dann entgegengesetzt
ß ß.oe
gleich 10"" x, Ik' wenn
§ 40. Mechanik des Punktsystems 27

<X <X,p P p,rx <X,p <X P


e"k X, tk + e"k X, tk = e.,k tk (X, - X,) = 0,
<X,p <X P
d. h. also, wenn ti parallel zu x, - x, ist.

Unter dem resultierenden Drehmoment der äußeren Kräfte ver-


steht man den Ausdruck

(40 ,16)

so daß WIr

schreiben können. Die Anderung des Gesamtimpulsmomentes ist


gleich dem resultierenden Drehmoment der äußeren Kratt. Man
nennt diesen Satz den Flächensatz wegen seiner Beziehungen
zur Flächengeschwindigkeit. Wegen der Herleitung aus dem
Newtonschen Grundgesetz gelten Schwerpunktsatz und Flächen-
satz in den angegebenen Formen nur für Inertialsysteme. Es ist
nun oft zweckmäßig, andere Koordinatensysteme zu benutzen,
insbesondere solche, die mit dem bewegten System in einem
bestimmten Zusammenhang stehen, also selbst bewegt sind. Für
den Schwerpunktsatz gelten dann die gleichen Änderungen, die
wir oben bereits bei der Behandlung des einzelnen Massenpunktes
bei Betrachtung in einem bewegten System angestellt haben.
Für den Flächensatz untersuchen wir einige besondere Fälle:
Wir berechnen zunächst das Impulsmoment in bezug auf einen
beliebigen Punkt p,. Wir bezeichnen den vom Punkt p, zum
Punkt x, weisenden Vektor mit r, = x. - p, und finden damit
für das Impulsmoment um den Ursprung 0

Im ersten Ausdruck rechts bezieht sich die Summation nur mehr


<X •
auf die Impulse g k und es 1st daher

~e"kP, gk = ei,kPi ~ gk = eiJkP,Gk·


<X <X
2Ö IH. Anwendungen m Physik und Techmk

Der zweite Ausdruck stellt das Impulsmoment

des Punktsystems bezüglich des Punktes p, dar. Damit erhalten


wir

Meist nimmt man für den Punkt p, den Schwerpunkt. Dann be-
deutet (40, 19): Das Impulsmoment um einen beliebigen Punkt ist
gleich dem Impulsmoment des Systems um den Schwerpunkt, ver-
mehrt um das Moment des im Schwerpunkt angeordneten Gesamt-
impulses um den Bezugspunkt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß
bei der Bildung der Impulse bzw. der Impulsmomente jeweils
die Geschwindigkeiten relativ zum Inertialsystem einzusetzen
sind und nicht die Geschwindigkeiten relativ zu einem mit dem
Schwerpunkt fest verbundenen Koordinatensystem.
Wir suchen jetzt noch die (40, 19) entsprechende Form des
Flächensatzes. Nach (40, 17) ist (wir verzichten im folgenden
darauf, den Index (f. anzuschreiben)

j, = D, = lOl)k L (P, +r J) kk'

= lO"kpj L kk + D/,
= lO"k p, Gk + D/.
Anderseits folgt durch Differentiation von (40, 19)
j, = lOok p, Gk + lO"k p, Gk + j, P,

so daß

ist.
Auch dabei sind die Impulse mit den Geschwindigkeiten gegen-
über dem Inertialsystem mit dem Ursprung zu berechnen. °
Man kann nun daran interessiert sein, Impulse, Impulsmomente
und Drehmomente bezüglich eines beliebig bewegten Punktes zu
bestimmen und auch die Geschwindigkeiten in einem mit diesem
Bezugspunkt translatorisch mit bewegten Koordinatensystem zu
messen. Der Impuls eines Massenpunktes ist dann nicht mehr
durch g, = m X" sondern durch g, = m Y, gegeben. Wir müssen
§ 40. Mechanik des Punktsystems 29

daher bei der Berechnung des Impulsmomentes (4°,15) in den g,


ebenfalls i, = r, + p, setzen. Aus
ji=D,
erhalten wir dann

oder
"22 etJ 1cm(p, + r J) (Pk+ rk) + "22 e"km(p, + r,) (Pk + r k) =
= "22 e"k(p, + r;) kk'
Das erste Glied links verschwindet. Ferner ist nach (40, 05)
"22 e"k p, m(Pk + r k) = "22 etJk p, kk
und es bleibt

"22e""r,mpk+ "22e"kr,m r,,= "22e tJ "r,kk'


Nun ist im mitbewegten System das Impulsmoment

so daß

wird. Wir erhalten daher

dl,
Tt+ '"
~e"kmr,Pk=
.. DP
,.
In den meisten Fällen benutzt man als bewegten Bezugspunkt
den Schwerpunkt des Systems. Dann ist p, = s, und p, = w,.
Ferner ist nach (40, 13) G, = M W i und daher verschwindet das
erste Glied auf der rechten Seite von (4°,20), so daß

dJ! = DS
dt '
auch gilt, wenn sich der Schwerpunkt bewegt.
Anderseits verschwindet das statische Moment E m r. für den
Schwerpunkt identisch und damit verschwindet auch das zweite
Glied der linken Seite von (40, 21). Diese Gleichung nimmt eben-
30 !II. Anwendungen In PhysIk und Techmk

falls die Form (4°,22) an, d. h. der Flächensatz für den Schwer-
punkt gilt immer, gleichgültig, in welchem System wir die Impulse
berechnen.

§ 4I. Mechanik des starren Körpers


1. Der starre Körper. Wir wenden uns nunmehr einem
speziellen Punktsystem zu, nämlich dem sogenannten starren
Körper. Darunter verstehen wir ein System von Punkten, deren
gegenseitigen Abstände bei allen Bewegungen unverändert bleiben.
Sind x, und y, zwei dieser Punkte, so soll also mit
p, = y, - x,
auch bel der Bewegung des Punktsystems stets
p, p, = (y, - x,) (y, - X,) = konst. (4l, Ol)
gelten. Es ist dann
p,p, = (y, - x,) (y, - x,) = 0, (4 l ,02)
d. h. p, steht stets senkrecht auf p,. Mit Hilfe emes zunächst
willkürlichen Vektors w" dessen Richtung jedoch nicht mit der
,"on p, übereinstimmt, kann man somit stets
p, =w, Pk
8,jk (4 l , 03)
setzen. \Vir bezeichnen ferner mit u, = x, und v, = y, die Ge-
schwindigkeiten von x. und y,. Es gilt wegen
p, = v, - u,
für 7', die Gleichung

Nun wählen wir einen weiteren Punkt z, des Körpers mit der
Geschwindigkeit Wi = i, und bezeichnen mit
q, = Z, - x,
den von x, nach z. zeigenden Vektor. Da auch der Abstand von
z, und x, konstant sein soll, so gilt
q,iJ.= °
und wir können in ähnlicher Weise schreiben
(4l,oS)
§ 41. Mechanik des starren Körpers 31

wobei (}. ein (wie oben w.) passend gewählter Vektor ist. Nun soll
auch z. - Y. konstant bleiben und daher ist (w. - v,) (z, - y.) = o.
Daraus folgt wegen (41, 04) und (41, 05)
e'}k [(},(Zk - Xk) - W, (Yk - xk)] (z, - Y.) = °
oder
e"k [- (}jXkZ. - (},ZkY' + (}, XkY, - W, Yk Z, + W,XkZ, - wjxky,J = °
oder schließlich
e.,k ((}, - w,) (- XkZ, - Zk y, + Xk y,) = 0.

Da diese Bedingung für alle Zi und y, erfüllt sein soll, muß


(}, = W)

sein. Wir können also im Sinne von (41,°4) die Geschwindigkeit


jedes beliebigen Punktes des Körpers aus einer Drehung um den
Punkt x. mit der festen Winkelgeschwindigkeit w, gewinnen.
Wir zeigen aber gleich, daß Wt auch von der Wahl des Bezugs-
punktes x, unabhängig ist. Wir wählen z. B. z, als Bezugspunkt
und finden damit für die Geschwindigkeit von YI
v, = e"k '1:;(Yk - Zk) + 1L',.
Wir ersetzen v, nach (41, 04) und w, nach (41, oS); wegen (}, = w,
folgt
e"k W,(Yk - xk) + u, = e"k '1:,(Yk - Zk) + ei,k W,(Zk - x k) + U,.
Wir schaffen das zweite Glied der rechten Seite nach links und
erhalten

oder
elJk(W' - '1:j) (Yk - Zk) = 0,
eine Bedingung, die nur dann für alle y, erfüllt sein kann, wenn
'1:, = w, ist. Die Winkelgeschwindigkeit w, ist also eine tür die
Bewegung des starren Körpers charakteristische Größe, und wir
können mit ihrer Hilfe die Geschwindigkeit jedes Punktes aus-
drücken, wenn wir die Geschwindigkeit eines Punktes des Körpers
kennen.
Zur Bestimmung von w, ist es notwendig, die Geschwindig-
keiten von drei Punkten des Körpers zu kennen, beispielsweise
die Geschwindigkeiten u" v" w, von x" Yi' Z,. Dann gilt nach
(4 1, °4)
32 III. Anwendungen In Physik und Techmk

v, - u, = E"k 01) (Yk - x k )


und damit bilden WIr
B''Pq (v, - U,) (U''P - U'P) =
= B''Pq B"k 01 3 (Yk - x~.) (w'P - U'P) =
= (Cl 3 'P Clkq - ClJq Clk'P) (1)3 (Yk - Xk) (Wj) - Uj») =
= (l)j) (Yq - X q) (Wj) - U'P) - O1 q (Yj) - X'P) (W'P - uj»)'

Der erste Ausdruck auf der rechten Seite verschwindet, weil die
Differenz der Geschwindigkeiten zweier Punkte stets senkrecht
auf die Winkelgeschwindigkeit steht; es folgt

- u,) (vj) - u'P)


O1 q = B''Pq (w, , (4 I ,06)
(Wk - u k) (Yk - x k)
Man kann natürlich die drei Punkte in (4I,06) beliebig ver-
tauschen.

2. Der Trägheitstensor. Es ist naheliegend, für die Darstellung


der Geschwindigkeiten der verschiedenen Punkte nach (4I, 04)
den Schwerpunkt des Körpers als Bezugspunkt zu benützen. Wir
bezeichnen die Koordinaten des Schwerpunktes wieder mit s" mit
r, den Vektor von s, zum Punkt x, und mit w, die Geschwindigkeit
des Schwerpunktes. Dann ist
Hi = B'3k 01; r k W,. +
lL',läßt sich aus dem Schwerpunktsatz (40, I4) bestimmen. Für
01, steht uns der Flächensatz zur Verfügung. Wenn wir in dem
Ausdruck für das Impulsmoment
'" ~B"kx3m1Ik
],= ~]i=
'" '"
Uk durch die Winkelgeschwindigkeit und durch die Geschwindig-
o
keit v k des jeweils mit dem Koordinatenursprung zusammen-
fallenden Punktes ausdrücken, folgt

oder
o
], = ~ ((ln' (j3q - (l,q (l;'P) x 3m 01'P x q + B"k v,, ~ m x) =
o
= ~ m (01, x) x) - X J 01 3 x,) --I- B"k Vk ~ m X 3 =

= 01 3 ~ m (X'P Xj) Cl i3 - x, X3) + B"k ~k ~m x)'


§ 41. Mechanik des starren Körpers 33

Man nennt

den Trägheitstensor des starren Körpers. Mit Hilfe des statischen


Moments
S,= ~mx,
des Körper" können WIr

IJi = (J'J W, + C.,k S, ~k I (41, 08)

schreiben. Das Impulsmoment des starren Körpers ist gleich dem


inneren Produkt aus Winkelgeschwindigkeit und Trägheitstensor,
vermehrt um das äußere Produkt aus dem statischen Moment und
der Geschwindigkeit des Bezugspunktes, aui den alle Momente und
der Trägheitstensor bezogen sind.
(41, 08) vereinfacht sich, wenn wir den Schwerpunkt als
Bezugspunkt wählen, denn dann verschwindet das statische
Moment. Es bleibt

(4 1 , 09)

Aus dem Flächensatz (40, 17) folgt dann


. d
D, = J, = Tl ((Ji) Wj)
in weitgehender Analogie zum Schwerpunktsatz. An die Stelle
der Kraft ist jetzt das Drehmoment getreten, an die Stelle der
Geschwindigkeit die Winkelgeschwindigkeit, an die Stelle der
Masse aber der Trägheitstensor. Es ist zu bemerken, daß im
allgemeinen der Trägheitstensor nicht konstant ist, da sich seine
Koordinaten mit der Bewegung des starren Körpers verändern;
wohl aber sind seine Invarianten konstant.
Der Trägheitstensor ist ein symmetrischer Tensor zweiter
Stufe, wie aus seiner Definition hervorgeht. Jeder Körper besitzt
beliebig viele Trägheitstensoren, je nach dem gewählten Bezugs-
punkt, nach dem man den Trägheitstensor bestimmt. Eine aus-
gezeichnete Stellung nimmt der Trägheitstensor gs im Schwer-
punkt ein, so daß man unter Trägheitstensor emes Körpers
Duschek·Hochramer, Tensorrechnung III, 2. Aufl
34 III Anwendungen m PhysIk und Techmk

schlechthin stets diesen Trägheitstensor versteht. Ist r, der


Vektor vom Schwerpunkt s, zum Punkt x" dann ist

IO!,= ~m(rflrfl<5.,-r,r3)·1 (4 I , ro)


Der Trägheitstensor kennzeichnet das Verhalten des Körpers
gegenüber Drehbewegungen um den Schwerpunkt in ähnlicher
Weise wie die Masse das Verhalten gegenüber translatorischen Be-
wegungen beschreibt. Kennt man den Trägheitstensor Os und die
Gesamtmasse M des Körpers, so lassen sich daraus die Trägheits-
tensoren für alle anderen Bezugspunkte leicht berechnen. Es ist
nämlich mit x, = S, + ri
0'3 = ~m [(Sfl+ rfl) (Sfl + rfl) <5., - (s, + r,) (S3 + r 3)J =
= ~ m Sfl Sfl <5., + 2 ~ m Sfl r <5" + ~ m r r <5" -
fl fl fl

- ~ m s, S3 - ~ m (s, r 3 + r,) - ~ m r, r 3 =
S3

= ~m (rflr fl<5,j - r,r 3) + M (SVSfl<5" - S,S;) + 2 sfl<5,,~mr fl-

-Si ~mr3 - S3 ~mr,.


Das statische Moment Im r, um den Schwerpunkt verschwindet
nach der Definition des Schwerpunktes, so daß

10., = O!, + M (Sfl Sfl <5" - S, S3) I (4I, n)


verbleibt. Das ist der Steinersehe Satz, der besagt, daß der Träg-
heitstensor um einen beliebigen Punkt gleich ist dem Trägheits-
tensor im Schwerpunkt, vermehrt um den Trägheitstensor der im
Schwerpunkt vereinigt gedachten gesamten Masse des Körpers
hinsichtlich des Bezugspunktes.
Aus der Definition (4I,07) folgt, daß der Trägheitstensor mit
dem Körper fest verbunden gedacht werden kann, wenn der
Bezugspunkt sich mit dem Körper mitbewegt. Jede Bewegung
des Körpers um seinen Schwerpunkt wird durch eine orthogonale
Transformation

beschrieben. Damit wird


O!J = ~ m (r fl r fl <5'3 - r i r 3) =
= ~ m (aflq a fl • f q f. <5" - aifl f fl a3q f q) =
= ~m(<5qsfqfs<5t3 - a'flffla;qfq) =
= ~ m (f. f s <5;; - aifl a;q f fl f q),
§ 41. Mechanik des starren Körpers 35

wegen

folgt

oder

Die Lage des Trägheitstensors gegenüber dem Körper bleibt also


unverändert, d. h. die Eigenrichtungen des Tensors sind fest
mit dem Körper verbunden. Mit Hilfe des Steinerschen Satzes
kann man dies auch für alle anderen Trägheitstensoren des
Körpers nachweisen.
Eine besonders einfache Form nimmt (41,09) an, wenn der
Körper um eine feste Achse rotiert. Sei diese durch Wi = e, W
gegeben, dann ergibt sich durch Überschiebung von (41, 09) mit ei
] = ]iei = W ()i;e.e;
und ferner
() = ()" e, e, = e, e, ~m (x2) x2) b;; - Xi X,) = ~m [x2) x2) - (e, Xi )2].
Man bezeichnet diesen Ausdruck als das Trägheitsmoment des
Körpers in bezug auf die Achse ei. Führt man an Stelle der Orts-
vektoren x, den Abstand
ei = Xi - ei X, e;
der einzelnen Punkte von der Achse ei ein, so ist wegen
ei ei = X, x, - 2 X, e, x, e; + (X; e;)2 = Xi Xi - (ei X i )2,

oder
()= ~me2.
Bei der Rotation um eine feste Achse nimmt der Flächensatz
dann die Form
. dw
D=]=()-
dt
an.
IH. Anwendungen in Physik und Techmk

3. Stetig verteilte Masse. Wir haben bisher angenommen, daß


der starre Körper aus einem durch (41,01) gebundenen System
von Massenpunkten besteht. In den meisten Fällen, in denen die
durch (41,01) gestellten Bedingungen für den starren Körper mit
guter Näherung erfüllt sind, sind die Massen nicht in einzelnen
Punkten konzentriert, sondern erfüllen stetig verteilt einen be-
stimmten Bereich. An die Stelle der Teilmassen tritt dann das
Differential dm und aus den Summen werden Integrale. So ist
der Trägheitstensor eines solchen Körpers durch

()" = .[(X v Xv ö., - X, x,) dm (41,15)


23

gegeben. Das Integral ist über den ganzen mit Massen erfüllten
Bereich !B zu erstrecken. Führt man die Dichte y als Quotienten
aus Masse m und Volumen V von !B ein, also

m
y=-Y'
bzw. bei nicht gleichförmiger Massenverteilung (die Existenz der
Ableitung als Grenzwert eines Differenzenquotienten voraus-
gesetzt)

dann ist die Gesamtmasse des Körpers durch

das statische Moment durch

S, =.r
23
xiydV

und der Trägheitstensor durch

()" = .r
23
(xv Xv ö., - x, x,) Y dV
§ 41. Mechanik des starren Körpers 37

gegeben. Für das Trägheitsmoment finden wir

() = Jfl
!B
Y dV. (41, 21)

Setzt man in den letzten beiden Formeln y = I, so erhält man


den "geometrischen" Trägheitstensor und das "geometrische"
Trägheitsmoment, zum Unterschied von den durch (41,20) und
(41,21) bestimmten "mechanischen" Größen.

4. Rotationskörper. Im Trägheitstensor (um den Schwerpunkt)


spiegeln sich die Symmetrieeigenschaften des betrachteten Körpers
wider. Der Trägheitstensor einer Kugel hat die Form
()'i = () 15"
und der eines Rotationskörpers ist

()ij = A. 15'1 + ft e, e"


wenn ei die Achse des Körpers darstellt. Wir zeigen dies, indem
wir zunächst den Trägheitstensor eines gleichmäßig mit Masse
belegten Ringes berechnen. Der Radius des Ringes sei e; der
Vektor zu einem beliebigen Punkt läßt sich dann als
o
ei = n'i e,
schreiben, wenn e,o ein beliebig gewählter Anfangsradius und
D., = e, e,+ (15" - e, e,) cos {} - Si,k ek sin {} =
= Ai, + B" cos {} + C" sin {}
der Drehtensor (II, 30) ist. Wir finden dann nach (41, 15)

()" = J (ep ep b'i - e, ei) dm (4 1 , 24)

J J
!B

= (!p ep bij dm - ei e; dm. (4 1 , 25)


!B !B

Berücksichtigen wir noch, daß

m
dm= -dfJ,
271:
3 1l IH. Anwendungen in PhysIk und Techmk

so folgt

(41, 26)
Nun ist
D,pD Jq = (A,p + Bipcos f) + C,psin f}) (A Jq + Bjqcos f) + Cjqsin f}) =
= + B iP B jq cos 2 f} + C,p Cjq sin 2 f} +
A iP A jq
+ (A iP B jq + AjqBip) f} + (A,p CJq + A J C,p) sin f} +
COS Q

+ (B ip Cjq + B Jq C,p) cos f} sin f}.


Integration gibt

J
2"

D,pDJqdf} = 2:Tl AipA jq +:Tl B,p B Jq +:Tl C iP CJq =


o
= 2:Tl e, ep ej eq + :Tl (Ö iP - ei ep) (Öjq - eJ eq) + :Tl e,pk e" eJql el.

Setzen wir zunächst p = q und ersetzen die Indizes i durch r


und j durch s, so wird
2"

JOD rp D sp df} = 2 :Tl örs , (41, 28)


o
so daß wir für das erste Integral auf der rechten Seite von (41, 25)
erhalten

(4 1 , 29)

m 0 0 0
Multipliziert man (41,27) mit - (!p (!q, so ist wegen ei (!i = 0
2:Tl

oder wegen (II, I4)


§ 41. Mechanik des starren Körpers 39

mOo 00 00 00
= 2 [ei e, + tJ" ep epek ek + el eie, el + es ekek e, -
o 0 0 0 0 0
- ep ep e, e, - e, (!, ek ek - b" (!k (!l ek el =

Somit erhalten wir für den Trägheitstensor (41, 15) des Ringes

Mit Hilfe von (41,30) kann man den Trägheitstensor jedes Ro-
tationskörpers berechnen, indem man sich diesen in einzelne Ringe
zerlegt denkt. Bei der Zusammensetzung der einzelnen Trägheits-
tensoren zum Summentensor ist aber der Steinersche Satz (41, II)
zu beachten, da (41,30) nur für den Mittelpunkt des betrachteten
Ringes gilt. Sei nach Abb. 2 der Mittelpunkt M eines bestimmten
Ringes in der Achse ei um das Stück s vom Schwerpunkt ent-
fernt, dann ist nach (41, II) das Trägheitsmoment des Ringes
bezogen auf den Gesamtschwerpunkt 5

= 2 m g2 (b,s + ei e,) + m S2 (b" -


1
ei e,) =

=m(
(!2 + 2 S2 b" + e2 - 2 S2 e, e, ) .
2 2
Abb.2
(4 1 ,3 1 )
Der Anteil der beiden Tensoren bii und ei e, hängt also vom Ver-
hältnis e: s ab. Daher gilt im allgemeinen (41,23). Interessant
ist noch die Tatsache, daß in (41, 31) das zweite Glied verschwindet,
wenn als Bezugspunkt ein Punkt auf der Achse im Abstand
I
s=-(!
V2
III. Anwendungen m PhysIk und TechnIk

vom Mittelpunkt des Ringes gewählt wird. Für jede Achse durch
diesen Punkt hat der Ring dasselbe Trägheitsmoment wie eine
Kugel im Mittelpunkt.
Aufgaben
1. Man berechne den Träghertstensor emes Systems, das aus zweI
Massenpunkten mIt den Massen m besteht, dIe sIch Im Abstand + a und
- a auf der I-Achse befmden.
2. Man bestimmt die TrägheItsmomente des Systems nach Aufgabe I
bezuglieh der 3 Achsen.

§ 42. Spezielle Bewegungen


1. Die Kreiselbewegung. Wir wenden uns nun eInIgen be-
sonderen Bewegungen des starren Körpers zu, und zwar zunächst
der Kreiselbewegung. Unter einem Kreisel versteht man einen
Körper, der in einem einzigen Punkt unterstützt ist, so daß er
keine translatorische Bewegung, sondern nur Drehbewegungen um
diesen Punkt ausführen kann. Der einfachste Fall ist der kräfte-
freie Kreisel, wobei man annimmt, daß der Körper im Schwer-
punkt unterstützt ist. Dann gilt nach (40,22)
dl~
([t= 0,

d. h. der Impuls ist konstant und die Impulsachse liegt im H.aum


fest. Aus (4I, 09) folgt l~ = e'J W J = konst. Die Richtung von
w, ist die (momentane) Drehachse des Körpers, die im allgemeinen
weder im Raum noch im Körper fest ist. Die Hauptträgheitsachse,
also die Eigenrichtung des Trägheitstensors um den Schwerpunkt
mit dem größten oder kleinsten Eigenwert, bezeichnet man ins-
besondere bei rotationssymmetrischen Kreiseln als Figurenachse.
Die Kreiselbewegung ist durch die Angabe der Bewegungen von
Figurenachse und Drehachse vollständig beschrieben.
Ist der Körper eine Kugel, so ist e'J = e öl} und es gilt
I, = eÖ" WJ = eW , = konst.
oder
konst.
W, =

Die Drehachse liegt im Raum fest und damit auch die mit der
Drehachse zusammenfallende Achse der Kugel. Wir haben es
mit einer reinen Rotation der Kugel um eine feste Achse zu tun.
§ 42. Spezielle Bewegungen

Ist der Körper ein Rotationskörper mit dem Trägheitstensor


(41,23), so handelt es sich um einen symmetrischen Kreisel,
dessen Figurenachse durch e, gegeben sei. Es gilt
], = (A t5" + fl e, e,) w, = konst.
oder
], - Aw, - fl ei e, W, = o.
Die drei Vektoren ],' w, und e, sind komplanar. Die im Raum
feste Impulsachse, die Figurenachse und die Drehachse liegen
stets in einer Ebene. Es ist
], e, = A e, w, + fl e, e, e, w, = (A + fl) e, w,
und somIt, da wegen (41, 31) stets A + ,u #- 0 ist,
, e,],
], = I\W, + /le,-,--
+ ,Ll
1\

und (A #- 0) daher

t5,) !t )
W, = ] i (T - A(A + fl) e, ei .
Die Geschwindigkeit v, des Endpunktes der Figurenachse e, ist

oder

(4 2 ,01)

I
d. h. der Vektor ei dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit;: ],
um die raumfeste Richtung ].. Da w, in derselben Ebene wie e,
und ]. liegt, so gilt dasselbe auch für die Drehachse (Abb. 3).
Man spricht von einer regulären Präzession des Kreisels. Im all-
gemeinen Fall des unsymmetrischen Kreisels ist es zweckmäßig,
an die Stelle eines raumfesten ein körperfestes Koordinaten-
system zu setzen, wobei man das mit dem Körper fest verbundene
System der drei Hauptachsen des Trägheitstensors im Schwer-
punkt verwendet. In einem bestimmten Zeitpunkt ist dieses mit
dem raumfesten System durch eine Transformation
III. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

x, = a" x,
verbunden, wobei Xi die Koordinaten des Punktes im Haupt-
achsensystem des Körpers sind. Wir nehmen jetzt an, der Punkt x,
liege im Raum fest. Dann beschreibt der zugehörige Punkt X,
eine Bahn relativ zum Körper und damit zum Hauptachsensystem.
Dreht sich der Körper und mit ihm das System der Hauptachsen
durch den kleinen Winkel d{} um die Achse 'rJ" dann dreht sich
der Punkt X, im Hauptachsensystem durch den Winkel - dB
um die Achse iii gegen das System. Seine Koordinaten im Haupt-
<{ achsen system sind dann
X, + lOOk XJiik d{} = x J (Cl1) + Euk ii" dB),
so daß nunmehr gilt
x, = al} Xv (Cl,v + E,vlc iile d{}).
Hat sich nun gleichzeitig der Punkt x,
im Raum um X, dt verschoben, so ist
Abb. 3
X, + X, dt = a" (xv + xvdt) (6,p + E'PkiikdB)
und es folgt
X, = al} + E)v"ii"dB) + a,) XVE)Pkiik W
~P (b Jv
oder bei Vernachlässigung von i p Enk iile d{} gegenüber I»P i p
X, = a'l (x) + E)pk Xv Wk)'
Diese Beziehung gilt auch für das auf das raumfeste System
bezogene Impulsmoment J" also
j, = a,) (j) + E)pk Jv Wk)'
Für die Winkelgeschwindigkeit folgt

Nun ist 1m festen System


j, = D, = al}D)
und somit
(4 2 ,02)
Das ist der Flächensatz in bezug auf das Hauptachsensystem. In
jedem System gilt J, = 0,) W J und daher auch J, = O'J w)' Da
0,) im Hauptachsensystem fest ist, also
§ 42. Spezielle Bewegungen 43

so ist

d], = (j dw~
dt tJ dt

und wir erhalten schließlich

Das sind die Eulerschen Differentialgleichungen für die Bewegung


des starren Körpers. Im Falle des kräftefreien Kreisels ver-
schwindet lJ, und (42,03) geht in
- dw·
e" Tt + e"k li
[}jp w Wk =
p 0

über. Diese Differentialgleichungen bestimmen die zeitliche Ab-


hängigkeit von Wi; die (ji; sind hier konstant.

2. Elastische Aufstellung eines starren Körpers. Eine weitere


besondere Bewegung des starren Körpers tritt bei der sogenannten
elastischen Aufstellung auf. Von einer elastischen Aufstellung
spricht man dann, wenn ein starrer Körper durch Federn mit
seiner Unterlage verbunden ist,
so daß er Bewegungen nach Maß-
gabe der Nachgiebigkeit der Fe-
der ausführen kann. Wir nehmen
also an, daß ein aus einer An-
zahl von Massenpunkten mit den
einzelnen Massen m bestehender Abb.4
Körper in einer Anzahl von
Punkten auf Federn gelagert ist. Weder die einzelnen Massen m
noch die einzelnen Federn müssen untereinander gleich sein. Es
ist auch gleichgültig, ob die Federn an massebehafteten oder masse-
losen Punkten angreifen. Die Kräfte, die die Federn auf den
Körper ausüben, sind äußere Kräfte. Die Größe der Kraft einer
Feder hängt von der Abweichung ihres Endpunktes von der Ruhe-
lage ab. Betrachten wir z. B. eine Schraubenfeder nach Abb. 4,
die an ihrem unteren Ende, also auf der festen Unterlage, fest
44 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

eingespannt ist. Die Ruhelage ihres oberen Endpunktes sei X,.


Dann wird bei Verschiebung von X, in die Lage y, die Feder eine
Kraft k, ausüben. Im allgemeinen wird die Richtung von k,
nicht mit der Richtung von p, = y, - X, übereinstimmen. Eine
gewöhnliche Schraubenfeder setzt einer seitlichen Verschiebung
(parallel zur Unterlage) meist eine viel geringere Kraft entgegen
als einer Verlängerung oder Verkürzung, doch können wir für
jede dieser Verschiebungen annehmen, daß die Kraft der Größe
der Verschiebung proportional ist, daß also das sogenannte
Hookesche Gesetz gilt. Der Zusammenhang zwischen k, und p,
läßt sich dann in der Gestalt
k, = C,k p" (42, 05)
darstellen, wobei der Steifigkeitstensor C'k für die Feder charakte-
ristisch ist. Die Steifigkeitstensoren der üblichen Federn sind
symmetrisch.
Wir bilden nun die Resultierende K, der Kräfte aller dieser
Federn auf den starren Körper, so daß
K, = ~C'kPk'
J
An Stelle von p, können wir auch v, dt setzen, wenn v. die Ge-
schwindigkeit des Punktes darstellt, an dem die Feder angreift.
Vi läßt sich nach (41,°4) durch die Winkelgeschwindigkeit w,
und die Geschwindigkeit w, des Schwerpunktes des starren
Körpers ausdrücken. Damit wird
Ki = ~ c'kf (ekpqwprq + wk ) dt.
Beschränken wir uns auf kleine Bewegungen des Körpers, so
dürfen wir für die Integration die Strecke r q als konstant an-
nehmen und erhalten
K. = f Wp dt· ~ ekpq C,k r q + f Wk dt· ~ c,,,.
Wir nennen
C'k = ~C'k (4 2 ,06)
die Gesamtsteifigkeit der Federn und
B iP = ~ ekpq C. k r q (42,07)
das Federmoment um den Schwerpunkt. Führen WIr noch den
Drehwinkel
f{!. = f w, dt, (42, 08)
§ 42. Spezielle Bewegungen 45

um die durch den Schwerpunkt gehende Achse und den Weg


Si = f w,dt (42,09)
des Schwerpunktes ein, so gelangen wir zu der Form
K, = lfJJ B" + s, C" (42, 10)
für den Zusammenhang zwischen der Schwerpunktsbewegung,
der Drehung des Körpers um den Schwerpunkt und der resul-
tierenden Kraft der Federn. Als nächstes bestimmen wir das
resultierende Drehmoment der Federn bezogen auf den Schwer-
punkt. Es ist
D, = ~ e"k r, kk
oder, wenn wir für k, und Pk die obigen Ausdrücke einsetzen,
D, = ~ ei'k r, ck1Jf v1Jdt
und beim Übergang auf Winkelgeschwindigkeit und Schwer-
punktsgeschwindigkeit
D, = ~e"kr; ck1J f (e1Jqr wqr r + w1J) dt =
= f wqdt· ~e"kepqrCk1Jr,rr +fw1Jdt· ~e"kCk1Jr,.
Wir nennen
E,q= ~e"ke1Jqrr,rrCk1J
das quadratische Federmoment. Ferner ist wegen der Symmetrie
der Ck1J

wie man durch Vergleich mit (42,07) feststellen kann. Damit


läßt sich das Drehmoment der Federn in der Form
D, = lfJ, E" + s, B" (42, n)
schreiben.
Die drei Tensoren Ci" B", E" charakterisieren die Wirkung der
Federn auf den starren Körper in ähnlicher Weise wie die Gesamt-
masse, das statische Moment und der Trägheitstensor die Wirkung
der Massen zusammenfassen. Im allgemeinen ist es aber nicht
möglich, in Analogie zum Schwerpunkt als Massenmittelpunkt
einen "Federmittelpunkt" zu definieren. Würden wir einen solchen
Punkt mit a. bezeichnen, so müßten für ihn die Gleichungen
ur. Anwendungen m PhysIk und Technik

Bklm a m Ck , = B"lm ~ e", r m

erfüllt sein. Das sind im allgemeinen neun Gleichungen, die nicht


von einem einzigen Wertetripel a, befriedigt werden können.
Nur in Sonderfällen, die man als symmetrische elastische Lagerung
bezeichnen kann, ist das möglich.
Wollen wir die Bewegungen des elastisch gelagerten starren
Körpers untersuchen, so finden wir, daß an ihm drei Kräfte und
drei Momente wirksam sein können, nämlich die Beschleunigungs-
kraft M W, = M s" die resultierende Feder kraft B rp I + C'I s,
tj

und schließlich irgendeine äußere Kraft K" welche den Anlaß


zu der Bewegung gibt. In gleicher Weise wirken das Drehmoment
der Beschleunigung 0'1 wl = 0'1 ;PI' das resultierende Drehmoment
der Federn E,j rpl + Bit SI und ein äußeres erregendes Moment D,.
Für die Kräfte gilt nach dem Schwerpunktssatz
K i = B'I rpl + C'I + M s,
Sj (42, 12a)
und für die Drehmomente
D, = E'I rpl + BI' SI + 0'1 fPI' (42, 12b)
wobei wir angenommen haben, daß die Massenkräfte ebenso wie
die Federkraft als Reaktion gegen die erregenden Kräfte bzw.
das äußere Drehmoment in Erscheinung treten. Die sechs
Differentialgleichungen (42, 12) beschreiben die Bewegung des
Körpers vollständig.
Von besonderem Interesse ist der Fall, daß die erregenden
Kräfte und Momente periodisch sind, also z. B.
K i = K, cos (v t - 1p)
und
D, = b, cos (v t - X).
Dabei ist v die Frequenz, mit der die Erregung erfolgt. Man
macht dann mit Vorteil von der in der Schwingungstechnik
üblichen komplexen Darstellung Gebrauch. Wir bezeichnen mit
.R, und 1), die K, und D, zugeordneten komplexen Vektoren,
so daß (j = V- I)

und
§ 42. Spezielle Bewegungen 47

ist. Wenn wir uns auf den sogenannten stationären Zustand be-
schränken, so sind auch ({!. und s, als Lösungen von (42, 12)
periodische Größen mit der Frequenz v und wir ersetzen sie bei
der komplexen Behandlung der Aufgabe durch tYi und 6,. Es
ist dann
6, = iv 6"
und

Setzen WIr III (42, 12) ein, so ergibt sich


.R, = B" tYj + Cij 6, - v 2 M 6"
:0, = Ei, tYj + B ji 6, - v 2 0il tYl ,
oder
+
.Ri
:0,
=
=
B" 15', (Ci, - v 2 M Cl,,) 6 j ,
(EtJ - v 2 Oij) 15', +
B H 6,. }
Aus diesen Gleichungen können 15', und 6, bei gegebenem .R i
und :0, bestimmt werden.
Es bleibt noch die Frage nach den Eigenschwingungen, die
der elastisch gelagerte Körper ausführen kann. Die Eigenschwin-
gungen sind Bewegungen, welche auch ohne erregende äußere
Kräfte und Drehmomente auftreten können, welche also der
Bedingung
B" 15', + (C" - v 2 M Cl i ,) 6, = 0
und
(E" - v 2 0,,) tYj + B'i 6 j = 0 }
genügen. Dieses Gleichungssystem kann nur dann von Null ver-
schiedene Lösungen für 15', und 6 i aufweisen, wenn die Deter-
minante der Koeffizienten verschwindet, wenn also
Bn B 12 B 13 Cn -v 2 M C12 C13
B 2l B 22 B 23 C21 C22 -V 2 M C23
BaI B 32 B 33 C31 C32 C33-v 2 M
E n -v 2 On E12-V2012 E13-V2013 Bn B 21 BaI
E2CV2021 E22-V2022 E23-v2023 B l2 B 22 B a2
! E ac v 2 0 31 E32-V2032 E 33-V 2 0 33 B 13 B 23 B 33
=0 (42, 15)
In. Anwendungen In Physik und Techmk

ist. Das ist eine Gleichung 6. Grades für 1)2. Ihre sechs Lösungen
geben die sechs verschiedenen Eigenfrequenzen. Für jede dieser
Eigenschwingungen folgt aus (42, I4) ein Wertepaar ~" 6" ab-
gesehen vom Betrag dieser Vektoren. Dadurch ist die Richtung
der Schwerpunktsbewegung und die Richtung der Drehachse
durch den Schwerpunkt bestimmt. Im allgemeinen ist keine der
Eigenschwingungen eine reine Schiebeschwingung, sondern jede
ist mit einer Drehschwingung um eine bestimmte, durch den
Schwerpunkt gehende Achse gekoppelt. Dies trifft nur dann nicht
zu, wenn es sich um die bereits erwähnte symmetrische Lagerung
handelt, bei der der Tensor B", das ist das auf den Schwerpunkt
bezogene Federmoment, verschwindet. In diesem Fall existiert
ein Federmittelpunkt, der mit dem Schwerpunkt zusammenfällt.
Aus (42, I5) wird dann
det (C" - 1)2 M ~,,) det (E" - 1)2 (),,) = 0,

was in die beiden Gleichungen


det (Ci' - 1)2 M ~,,) = 0

und
det (E'J - 1)2 ()i,) = 0

zerfällt. Jede dieser Gleichungen liefert drei Werte der Eigen-


schwingungen, von denen die ersten reine Schiebeschwingungen,
die zweiten reine Drehschwingungen um Achsen durch den Schwer-
punkt sind. Da alle vorkommenden Tensoren symmetrisch sind,
so stehen die Richtungen der drei Schiebeschwingungen ebenso
wie die drei Drehachsen aufeinander senkrecht. Die Richtungen
der Schiebeschwingungen fallen aber nur dann mit den Dreh-
achsen zusammen, wenn die Hauptachsen von ()" mit denen
von Cl) übereinstimmen.

§ 43. Elastizitätstheorie I
1. Verschiebung und Deformation. Wir betrachten nunmehr
einen Körper, dessen Punkte im Gegensatz zu denen des starren
Körpers ihre gegenseitige Lage etwas verändern können. Obwohl
wir zunächst ganz davon absehen, auf welche Weise der Körper
aus dem ursprünglichen in den veränderten Zustand gekommen
ist, wollen wir doch der bequemeren Ausdrucksweise halber von
§ 43. Elastizitätstheorie I 49

einer Anfangslage und einer Endlage sprechen. Die Anfangslage


eines beliebigen Punktes sei durch den Ortsvektor x, gegeben,
seine Endlage durch den Ortsvektor X,. Die x, sind dann Funk-
tionen
(43, 01)

der x" von denen wir voraussetzen, daß sie in einem gewissen
Bereich eindeutig, umkehrbar, stetig und dreimal stetig differen-
zierbar sind. Die Erfahrung zeigt uns, daß ein solcher Zusammen-
hang zwischen Anfangs- und Endlage bei der Einwirkung von
irgendwelchen Kräften auf wirkliche Körper vorhanden ist, so-
lange der Körper unter der Einwirkung der Kraft nicht zerreißt.
Es darf dann die Determinante det GX, an keiner Stelle ver-
GXj
schwinden, ferner setzen wir voraus, daß sie stets positiv ist;

GX·
det~>o. (43,02)
uX j

Damit sind Spiegelungen ausgeschlossen.


Wir können uns den Übergang von der Anfangslage in die
Endlage so vorstellen, daß der Punkt P mit der Anfangslage x,
um den Vektor u, verschoben wird und so an die Stelle Xi kommt
(Abb. 5). Dann ist
Xi = Xi + Ui·

Abb. 5 Abb.6

Man nennt u, den Verschiebungsvektor; im allgemeinen sind die Ui


ebenfalls Funktionen der X" d. h. es liegt ein Vektorfeld

vor. Wir betrachten nun einen Punkt Q, mit der Anfangslage


Xi + dx, (Abb. 6). Er komme bei der Verschiebung an die Stelle
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung HI, 2 Aufl
50 111. Anwendungen m Physik und Techmk

x, + dx,. Der zugehörige Verschiebungsvektor ist u, + du"


denn es ist
x, + dx, = x, + dx, + u, + du,.
Wenn wir davon (43, 03) subtrahieren, so bleibt
dx, = dx, + du,. (43,06)
Nach dem Mittelwertsatz ist

dx, = dx, + ou, dx, = dx, + o,u, dx"


ox,
wenn wir 0, u, an einer passenden Stelle~, zwischen x, und Xi + dx,
nehmen. Man nennt

IV'I = o,u, I (43,08)


den Verschiebungstensor. Schreiben wir an Stelle von (43, 07)
dx, = (b" + 0, u,) dx"
so erkennt man, daß der Tensor b'J + V"
die Umgebung des
Punktes Xi auf die Umgebung von x, abbildet. Es zeigt sich aber,
daß der Tensor V'J noch nicht geeignet ist, um das zu beschreiben,
was man im Sinne des üblichen Sprachgebrauches als Verzerrung
oder Deformation bezeichnet.
Es gehe z. B. dIe Endlage Xi aus der Anfangslage durch eme fur den
ganzen Korper konstante Drehung hervor. Dann 1st
X, = T'lx},
wobeI Ti! den Drehtensor (II, 30) bedeutet. Dann 1st auch
tt, = X, - x, = (T" - ll,,) XI'
und
V,} = T,} - 6'J
Ist 1m allgememen mcht Xull, obwohl die durch dx, gekennzeIchnete Um-
gebung von x, durch
dx, = T"dx}
unverzerrt m dIe Umgebung von X, gedreht 1st.
Man beschreibt daher die Verzerrung oder Deformation ebenfalb
durch einen Tensor D'J zweiter Stufe, der aber verschwindet,
wenn der Körper starr bewegt wird Wir vergleichen dazu das
Quadrat
ds 2 = dX,dx, (43,09)
§ 43. Elastizitätstheorie I 5I

des Längenelements ds in der Anfangslage mit dem des zugehörigen


Elements ds, nämlich
ds 2 = dx, dx, (43, 10)

in der Endlage. Wir erhalten


ds 2 - ds 2 = (dx, + dUi) (dx, + du,) - dx, dX i = 2 DtJ dXi dx J ,
(43, rr)
dabei ist

(43, 12)

der Verzerrungs- oder Deformationstensor. Die Bewegungen ohne


Deformation, wie z. B. die erwähnte Bewegung des starren
Körpers, sind dann durch
D ij = 0

charakterisiert, was nach (43, rr) zu der in § 41 benutzten Defi-


nition des starren Körpers führt, falls (43, 13) für den ganzen
Körper gilt.

2. Dehnung, Schiebung, Dilatation. Unter linearer Dehnung


versteht man das Verhältnis der Längenänderung zur ursprüng-
lichen Länge. Wir bezeichnen sie mit E und es gilt
ds - ds ds
E = ds = ds - 1.

Aus (43, rr) folgt

oder, wenn WIr

+•
III. Anwendungen m Physik und Techmk

setzen,
d§2
-d
s2 = I + 2 n'l e, Cl'

Dann ist
e = VI+2D~ - I.

Es sei noch bemerkt, daß der Deformationstensor durch (43, I2)


als Funktion der Anfangslage gegeben ist und daß in (43, I5)
der Einsvektor e, die Anfangsrichtung für die zu bestimmende
Längenänderung darstellt.
\Vlr bestImmen beispIelsweise die Dehnung in den Richtungen, die
1Il der Anfangslage mIt den Koordinatenrichtungen uberelllstimmen. Es
ISt fur die RIchtung der I-Achse
e, = (1,0,0)
und daher

so daß

und 1Il gleicher Welse fur die Richtung der z-Achse und der 3-Achse

: = Vr---+ 2D 22 - I,

: = V~--'- z D 33 - r

Mit den Längenänderungen sind im allgemeinen auch Winkel-


änderungen verbunden. Zu ihrer Feststellung betrachten wir
zweI Richtungen e, und 'rJ, im Punkt X" die den Winkel {} mit-
einander einschließen (Abb. 7). Es gilt
cos {} = e, 'rJ1'
Bei der Verzerrung gehen die Richtungen
in die neuen Richtungen C, und ij, über,
deren Winkel {} durch
Abb 7 -
cos {} = eJii
bestimmt ist. Wir bezeichnen die Änderung in der Richtung e,
mit dx" diejenige in der Richtung 'rJi mit ~x, und verwenden
diese Unterscheidung sinngemäß für die Wegelemente und in der
Endlage. Es ist
§ 43. Elastizitätstheorie I 53

dx. ~Xi = ds ~s cos # =


= (~ti + Vi') dXj (~ik + V'k) ~Xk =
= ds ~s cos {) + dx, ~Xk (Vki + V'k + Vi' V'k)'
d. h. es ist
ds M cos iJ = ds ~s cos {) + 2 D'k dx, ~Xk.
Nun ist nach (43, 14)
ds = (I + e) ds
und
~s = (I + e*) Os,
wenn wir durch die Bezeichnung e* ausdrücken, daß in der Rich-
tung 'Y]i eine andere Dehnung auftritt als in der Richtung e•.
Damit finden wir für den geänderten Winkel

cos .Ü cos {) + 2 D'k e, 'Y]k


(I + s) (I + e*)
'U' = ----c------c--:---=c:c~=

oder

Wir untersuchen noch den besonderen Fall, daß der Winkel in


der Anfangslage ein rechter war, also daß
cos {) = e. 'Y]. = 0,

dann ist
-Dik 2
l+e l+e *) ei 'Y]k·
cos {) = ( ) (

Die Änderung cp des rechten Winkels ist


:n; -
cp=--{)
2
und daher
. - 2 D jk
sm cp = cos {) = (l+e) (l+e *) ej 'Y]k.
Mit dem Deformationstensor verschwindet auch die Winkel-
änderung. Man nennt den Skalar
54 III. Anwendungen m Physik und Techmk

(43,19)
y = (1 + e) (1 + e*)
die Schiebung. Legt man nämlich das verzerrte Zweibein C" fi,
so auf das unverzerrte e" 'fj" daß sich
die Winkelsymmetralen decken (Abb. 8)
und ergänzt die Zweibeine zu einem Qua-
e, drat bzw. zu einem Rhombus, so ist die
dabei eingetretene Verschiebung der Eck-
punkte E und F bei kleinem Cf! gleich

~~.L.
2 2
Abb.8

"Vlr berechnen die Schiebung der Achsenrichtungen der Anfangslage.


Es sei z. B.
C, = (1,0,0), '1. = (0, 1,0).
Dann ISt nach (43, 15)

1+; = VI + 2 ~:,
und somit

Mit den Längenänderungen sind ferner Flächen- und Volums-


änderungen verbunden. Wir beschränken uns auf die Berechnung
der Volumsänderung und bezeichnen mit

I dP ~dvi
Cl =

die kubische Dilatation oder V olumsdilatation, die das Verhältms


der Änderung des Volumens zum ursprünglichen Volumen dV
ausdrückt. War das ursprüngliche Volumen durch

gegeben, so ist
§ 43. Elastlzitätstheorie I 55

Nach den Regeln für die Multiplikation von Determinanten ist

(det -OXi)2
oXl'
-_ deoXi
t -oXi
-
oXl' oX q
und nach (43. 03)

so daß
01' X, oqi, = (15,1' + 0l'Ui) (15,q + Oqu.) =
= 15l'q + ol'u q + Oqul' + ol'ui OqU,
oder nach (43. I2)
01' x, Oq x, = 15l'q + 2 Dl'q.
Für die Determmante folgt nach (I3.04)
det (15l'q + 2 Dl'q) =
="6 f'ik f l'Qr (15 il' + 2 Dil') (15iq + 2 D,q) (15kr + 2 Dkr)·
I

Dieser Ausdruck stimmt mit dem mittleren Ausdruck von (I3. 38)
überein. wenn wir 2 D., = A" und A = - I setzen. Wir erhalten
daher nach (I3. 39)
det (15l'Q + 2Dl'q) = I + 2D" + 4D' + 8D. (43.24)
wobei wir die Skalare von D" in gleicher Weise wie in (I3.40)
und (I3. 4I) bezeichnet haben.
Es ist also

d et -ox, _
OX, -
f
i
k -oX -ox, -OXk -
" oXl oX2 oXa -
V+I 2 D" + 4 D' + 8 D
und damit

dV = VI + 2 D" + 4 D' + 8 D dV.


Daher ist die kubische Dilatation

dV
lX=dV-I= VI+2D"+4 D'+8D-I.
ur. Anwendungen m PhysIk und TechnIk

Es ist verständlich, daß die kubische Dilatation nur von den


Invarianten des Deformationstensors abhängt, da die kubische
Dilatation unabhängig von irgendwelchen Richtungen sein muß.

3. Die Hauptdeformationsrichtungen. Es ist nun naheliegend


zu fragen, ob es ein orthogonales Dreibein gibt, das bei der Ver-
zerrung und Deformation orthogonal bleibt. In der Anfangslage
sei das Dreibein durch ~i bestimmt, wobei nach (9,03) und (9,04)
k k , ,
ei ei = (hk, eh ek = (>hk

ist. Wenn die rechten Winkel zwischen den Vektoren des DreI-
beins sich nicht ändern sollen, dann muß nach (43, 18) für jedes
Paar der Eins-Vektoren

°
h k
D,j ei e j =
sein, d. h. es gelten die Gleichungen
1 2 2 3 3 I
D ij e i e j = 0, D,j ei ej = 0, D" e i e} = 0.
Aus den ersten beiden Gleichungen folgt, daß Du :} senkrecht
1 3
steht sowohl auf e, als auch auf e l und aus den beiden letzten
folgt, daß D,j ~j senkrecht zu ~, und ~" und schließlich aus der
ersten und dritten Gleichung, daß D" ~} senkrecht auf ~, und ~"
Dann ist aber D,j ~} parallel zu ~i usw. oder allgemein
k h
D ij ej = A ei (nicht summieren über h!).
h

Die gesuchten Richtungen des Dreibeins, die man die Haupt-


deformationsrichtungen nennt, sind durch die Bedingung

(43,26)

gegeben und dieses Gleichungssystem hat nur dann nicht-triviale


Lösungen, wenn
det (Di} - A (>,,) = 0.
h

Die Hauptdeformationsrichtungen sind also die Eigenrichtungen


des Deformationstensors. Wir bestimmen noch die Dehnungen in
diesen Richtungen und finden aus
§ 43. Elastizitätstheone I 57

810 = V, +
I 2
h
D,; ei e; -
h
I (nicht summieren über h!)
wegen
h h
D,; e, = A ei (nicht summieren über h!)
h

und

D" e, e,I." = ).
h"
ei e, = A (nicht summieren über h!)
" 11
schließlich
811 = VI + 2 A - h
1. (43,28)

Auch die kubische Dilatation läßt sich auf die charakteristischen


Zahlen Ades Deformationstensors zurückführen. Es ist nämlich
h

D" = D 7J7J = Al + A2 + Aa,


(-1)
D' = DD7J7J = Al A2 + A2 Aa + Aa Al
und
D = Al A2 Aa.
Mit Hilfe der charakteristischen Zahlen kann man verschiedene
Sonderfälle der Deformation unterscheiden. Gilt z. B.
Al = A2 = Aa = A,
dann spricht man von gleichmäßiger Dilatation. Der Deformations-
tensor hat die Form
D,; = Ab",
Alle orthogonalen Dreibeine bleiben orthogonal. Es werden alle
Volumselemente gleichmäßig vergrößert oder verkleinert und alle
Figuren des Endzustandes sind jenen des Anfangszustandes
ähnlich.
Sind nur zwei der charakteristischen Zahlen einander gleich,
z. B. Al =I=- A2 und ~ = Aal so spricht man von einer scheiben-
tdrmigen Dilatation. In der zu ~, senkrechten Ebene findet eine
nach allen Richtungen gleichmäßige Vergrößerung oder Ver-
kleinerung statt und alle in einer solchen Ebene liegenden Figuren
bleiben ähnlich.
S8 III. Anwendungen In Physik und Techmk

Wir sind zur Unterscheidung von DeformatIOn und Ver-


schiebung durch die Betrachtung der Veränderungen des Längen-
elements ds gekommen. Der Deformationstensor gibt uns Auf-
schluß darüber, wie weit sich eine Verzerrung von einer Bewegung
eines Volumelements als starrer Körper unterscheidet. Ist die
Verschiebung eine Bewegung eines starren Körpers, so gilt
x, = a'J x) + b"
wobei a;) im ganzen Körper konstant ist. Den Verschiebungs-
tensor bestimmen wir aus
tl, = x, - x, = a,) x J + b, - x"
mit
v,) = il; u, = a" - (51)'
während der Deformationstensor
2 D" = a/} - 15" + a)! - (jJ' + (a p1 - (jp,) (a p) - 15 m)
wegen

tatsächlich verschwindet.
Die starre Drehung ist ein Sonderfall einer homogenen Ver-
schiebung, worunter wir eine im ganzen betrachteten Raum
konstante Verschiebung verstehen wollen. Im allgemeinen ist
dann
(15" + V,,) x) + b,
x, =
Da b, eme bei unseren Betrachtungen vollkommen belanglose
Parallelverschiebung des Körpers bedeutet, können wir für die
weiteren Untersuchungen b, = 0 nehmen. Die homogene Ver-
schiebung ist dann durch
x, = C,) x) (43,29)
mit im ganzen Raum konstantem C" charaktensIert.
Unter einer reinen Deformation wollen wir eine Verzerrung
verstehen, bei der die Hauptdeformationsachsen ihre Richtung
beibehalten. Es soll also nicht nur drei aufeinander senkrechte
Richtungen ~. geben, für die

D,) eh J = A e,
" (nicht summIeren uber h!)

"
§ 43. ElastlZltatstheorie I 59

gilt, sondern diese Richtungen sollen auch bei der Verzerrung


(43, 29) erhalten bleiben. Dann ist
h h h
c,=/le,=C'Jej
oder
h
(Co - [t b'j) e j = o.
Das ist nur möglich, wenn die ;, auch die Eigenrichtungen von C"
sind und diese sind nur dann aufeinander senkrecht, wenn Co
symmetrisch ist. Anderseits kann man zeigen, daß bei symmetri-
schem C" die Eigenrichtungen des Deformationstensors mit denen
von C" übereinstimmen. Es wird nämlich der Verschiebungs-
tensor
v" = C" - (J"
und der doppelte Deformationstensor
2 Du = C'i - (J" + C'i - (Jjt + (C 11 , - (J11') (C 11, - (J11')

oder wegen der Symmetrie von C,)

Nun sind nach (15,41) die Eigenrichtungen jeder Tensorpotenz


identisch mit denen des Tensors, so daß also die Eigenrichtungen
von Ci ,(2) dieselben sind wie die von C,}" Da ferner das Hinzufügen
von (Ju zu einem Tensor an den Eigenrichtungen nichts ändert,
so stimmen die Eigenrichtungen von D., tatsächlich mit denen
von Ci' überein. Die Bedingung C" = C" ist daher notwendig
und hinreichend dafür, daß eine reine Deformation vorliegt.
Wir wollen nun zeigen, daß sich jede Verschiebung aus einer
reinen Deformation und einer starren Drehung zusammensetzt.
Diese Behauptung gilt sowohl für die Umgebung eines Punktes
als auch für den ganzen Körper, falls eine homogene Verschiebung
vorliegt. Das heißt also, daß der in (43,29) die Verbindung
zwischen Anfangs- und Endlage herstellende Tensor C" sich als
Überschiebung eines symmetrischen Tensors B" mit einem
Tensor ai' darstellen läßt, wobei ai, den Bedingungen (9,01) und
(9, 02) genügt, daß also
60 III. Anwendungen m Physik und Techmk

ist. Wir setzen

so daß

1
ist. Wenn e, eine der Hauptdeformationsrichtungen ist, so bleibt
diese, wie in Abb. 9 angedeutet, bei der reinen Deformation B,)
1
erhalten und wird erst bei der Drehung a,) in die Richtung e,
gebracht. Nach (43, 30) ist die durch den
symmetrischen Tensor B,) bewirkte De-
formation
2 D,) = B,/2) ~ 6,).

Aus (43, 31) erhalten wir die resultierende


Abb 9
Verschie bung
V,) = a,k Bk) ~ 61)
und die zugehörige Deformation
2 D" = aik Bk) ~ 6i ; + a,k Bk< ~ 6" +
+ (akl B li - 0k,) (akZ B ZJ - Oie)) = akZ B II (ll,m B rn ) - b'J

oder wegen a lez a lern = bzn.

d. h. die Deformation bleibt von der Drehung unbeeinflußt. Wir


dürfen uns nicht dadurch stören lassen, daß die Hauptdeforma-
tionsrichtung ~i von ~, abweicht, denn der Deformationstensor
gibt die Deformation immer bezogen auf die Anfangslage an. Will
man den Deformationstensor bezogen auf die Endlage angeben,
dann muß man ihn ebenfalls der durch (43, 29) gegebenen Trans-
formation unterwerfen. Das würde aber nichts an der Tatsache
ändern, daß die Hauptdeformationsrichtungen in der Anfangs-
lage trotz der zusätzlichen Drehung erhalten bleiben. Es fehlt
noch der Beweis, daß die durch (43,31) geforderte Zerlegung
von C,) immer möglich ist. Für diese Zerlegung berechnen wir
zunächst D" aus
2 D1) = Cm C p ) - 0"
und setzen nach (43,32)
B" (2) = 2 D" + bl}'
§ 43. Elastizitätstheorie I 6r

Dadurch ist der Tensor B., bestimmt. Wir können dazu beispiels-
weise B i ,c2) auf seine Hauptachsen transformieren und finden dann
entsprechend dem im Anschluß an (15,41) aufgestellten Satz
die charakteristischen Zahlen von B" als die Wurzeln aus den
charakteristischen Zahlen von B i ,c2), während die Eigenrichtungen
erhalten bleiben. Aus
C" B'k(-l) = a,v B vi Bik(-l) = a,v ()Vk = a'k

erhalten wir dann die für die gesuchte Zerlegung noch notwendige
Drehung, womit die oben aufgestellte Behauptung bewiesen ist.

4. Infinitesimale Deformation. Wir haben bisher das Ausmaß


der Verschiebung bzw. der Deformation keiner Beschränkung
unterworfen. Man benutzt nun in der Elastizitätstheorie oft den
Fall der infinitesimalen Verzerrung. Darunter versteht man, daß
die V" = 0, u, klein sind gegen 1. Das bedeutet, daß sich dx,
und dXi und damit ds und ds nur wenig unterscheiden. Dieser
Fall tritt in Wirklichkeit immer ein, wenn die auf den Körper
wirkenden Kräfte so schwach sind, daß sie nur geringe lineare
Dehnungen bewirken. Die u, selbst können aber auch bei der
infinitesimalen Verzerrung endliche Werte annehmen. Im Fall
der infinitesimalen Verzerrungen ergeben sich einige Verein-
fachungen in unseren Formeln, welche wir noch zusammenstellen
wollen. Da V kt V k1 klein ist gegen V" und V'i' so ist der Defor-
mationstensor

DtJ =
I
-
2
(V'i +- V,,),
also gleich dem symmetrischen Teil des Verschiebungstensors.
Für die lineare Dehnung finden wir wegen
VI +- 2 D,; e, e, ~ I +- D., e, e"
nach (43, 15)

Die Dehnungen In den Richtungen der Koordinatenachsen sind


dann
1 2 3
8 = Du, 8 = D 22 , 8 = D 33 ,
während die Dehnungen in den Hauptdeformationsachsen nach
(43,28) gleich den charakteristischen Zahlen des Deformations-
tensors werden.
62 III. Anwendungen In Physik und Techmk

Für die Schiebung gilt dann die mit (43, I9) abgeleitete Be-
ziehung bei kleinen Winkeländerungen.
Eine wesentliche Vereinfachung erhalten wir bei der Volums-
dilatation, denn es ist dann
D« D' «D",
so daß wir in (43, 25) D und D' vernachlässigen dürfen. Es ver-
bleibt

oder
cx = D'J)'J)' (43,35)
Da bei jedem Tensor der erste Skalar gleich dem ersten Skalar
semes symmetrischen Teiles ist, so ist auch

d. h. die Volumsdilatation ist die Divergenz des Verschiebungs-


vektors.

5. Die Kompatibilitätsbedingungen. Es bleibt noch die Frage


offen, ob jeder symmetrische Tensor zweiter Stufe ein Defor-
mationstensor sein kann. 'Vir beschränken uns auf infinitesimale
Deformationen

(43, 37)

Es handelt sich also um die Aufgabe, bei gegebener infinitesimaler


Deformation D,} den Verschiebungsvektor u, zu berechnen.
(43, 37) gibt bei gegebenem D o wegen der Symmetrie in i und]
im ganzen sechs Gleichungen für die neun Ableitungen o} u" aus
denen sich die o} tt, also keinesfalls berechnen lassen. Durch
Differentiation yon (43, 37) folgt

unü daraus durch Vertauschen der Indizes


§ 43. Elastizitätstheone I

sowie

= -2 (ai 0, U" + 0, 0k U,).


I
0i D,k

Subtrahieren wir die erste dieser drei Gleichungen von der Summe
der beiden letzten, so folgt

2 r", k = 0, D'k + 0, D'k - 0" D" = 0, OJ Uk'


Die r,), k sind also die mit D" als Maßtensor gebildeten Christoffel-
klammern (35, rr). Wegen (43, rr), d. h.
g,j = (j., + 2 D",
folgt für die mit dem Maßtensor gu gebildeten Christoffelklammern
[i j, kJ = 2 r", ", (43, 39)
so daß schließlich

folgt. Aus diesen Differentialgleichungen lassen sich die u, durch


zweimalige Integration berechnen, sofern gewisse Integrabilitäts-
bedingungen erfüllt sind. Nach § 24 lassen sich die Integrabilitäts-
bedingungen eines Systems partieller Differentialgleichungen
erster Ordnung
o,u=A,
in der Form

oder
0, Ai - 0, A, = 0 (43,42)
schreiben, die sich aus (43, 4I) durch Differentiation nach x)
wegen 0, 0) U - 0, 0, U = 0 ergeben.
Dementsprechend folgt aus (43,40) durch Differentiation
nach Xh
(43,43)
und diese Ausdrücke müssen bei allen Vertauschungen der Indizes
i, j, h ungeändert bleiben. Da die rechte Seite von (43, 43) selbst
in i und j symmetrisch ist, so bleiben die beiden Gleichungen
0, Oj Oh Uk = 0i [i h, kJ (43,44)
III. Anwendungen In Physik und Techmk

und
0,0, OhUk = 0, [J h, k],
von denen aber die letzte wegen 0h [i j, k] = 0h [j i, k] = 0. [j h, kj
eine Folge von (43, 43) und (43, 44) ist. Daher sind die gesuchten
Integrabilitätsbedingungen von (43, 40)

lOh [i j, k] - 0, [i h, k] = 0·1 (43,45)


Sie werden als Kompatibilitätsbedingungen oder auch als die
Gleichungen von de Saint Venant bezeichnet und lassen eine sehr
bemerkenswerte Interpretation zu. Der deformierte Körper ist
ein Raum (genauer ein Raumteil) , in dem durch (43, 38) eine Maß-
bestimmung gegeben ist. Dieser Raum ist aber stets ein euklidi-
scher Raum (weil der deformierte Körper im selben euklidischen
Raum liegt wie der ursprüngliche), nur ist er auf krummlinige
Koordinaten bezogen, deren Koordinatenflächen sich durch die
Deformation aus den Koordinatenebenen des Systems x, ergeben.
Nach § 36 muß also der Riemannsche Krümmungstensor für die
Maßbestimmung (43, 38) verschwinden. Die Gleichungen
R'khl = 0
stimmen bei infinitesimalen Deformationen mit den Kompatibili-
tätsbedingungen (43,45) überein, da die restlichen Glieder, die
Produkte von Christoffelklammern enthalten, von zweiter Ord-
nung klein und daher zu vernachlässigen sind (die Klammern
sind ebenso wie die D" klein von erster Ordnung).

6. Der Deformationstensor in allgemeinen Koordinaten. Die im


Anschluß an (43, 45) angestellten Überlegungen legen eine Be-
trachtungsweise nahe, welche im Gegensatz zu den bisher ange-
stellten Betrachtungen dieses Paragraphen im vorhinein bloß ver-
zerrungsfreie Bewegungen ausschließt und uns direkt zur Deforma-
tion allein führt. Wir denken uns dazu in dem undeformierten
Körper ein Koordinatensystem beliebiger Art, das mit dem Körper
so fest verbunden ist, daß es bei der Deformation des Körpers in
gleicher Weise wie dieser deformiert wird. Beispielsweise können
wir uns auf einer Platte einen Raster von Koordinatenlinien malen
und bei einer Deformation der Platte wird dieser Raster mit-
deformiert, wie dies Abb. 10 zeigt. Um die durch den Körper fest
gegebenen Koordinaten von denen des raum festen Koordinaten-
§ 43. Elastizitätstheorie I

systems x, zu unterscheiden, bezeichnen wir sie mit q,. Jeder


Punkt des Körpers ist dann durch die drei Zahlen qi bestimmt.
Bei der Deformation bleiben diese drei Zahlen erhalten, denn
durch den Punkt gehen dieselben Koordinatenlinien wie vorher.
Der Unterschied des Koordinatensystems vor und nach der De-
formation wird ersichtlich, wenn wir das Längenelement be-
rechnen.

~'! Z J ., 5

Abb. 10

Während nämlich vor der Deformation


ds 2 = grsdqrdqs
gilt, so ändert sich die Norm des Längenelementes auf
ds 2 = grs dqr dqs'
Der Unterschied der beiden Koordinatensysteme zeigt sich also
in den beiden verschiedenen Maßtensoren grs und grs' Das Ausmaß
der Deformation erkennt man aus
ds 2 - ds 2 = (grs - grs) dqr dqs =
= 2 Yrs dqr dqs
mit

Der Tensor Yrs ist identisch mit dem Deformationstensor, wie


der folgende Beweis zeigt. Wir beziehen den Körper im undefor-
mierten und im deformierten Zustand auf ein raumfestes Koordi-
natensystem mit Hilfe der Beziehungen
x, = X,(qI' q2' q3) (43, 50)
im undeformierten und
x, = Xi (qI' q2' qa)
im deformierten Zustand.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung IIl, 2 Aufl
66 III. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

Nun ist nach (33, 08)

(43,5 2 )

und

(43,53)

oder wegen (43, 06)

itr = (OX, + OU,) (OX, + OU,) =


, oq. oqr oq. oq.
= OX, ox, + OX, OU, + ou, ox, + OU, ou, (43, 54)
oqr oq. oq, oq. oq, oq. oq, oq.
und somit nach (43, 49)
OX, ou, ox, ou, ou, OUi
2Y,.=--+--+--·
oq, oq. oq. oq, oq, oq. (43, 55)

Dabei sind die u, die Koordinaten des Verschiebungsvektors im


System X,. Bezeichnen wir seine kovarianten Koordinaten im
System q, mit U" dann gilt nach (33, 30)

Us=u,-,
OX,
(43,5 6)
oq.
Wir differenzieren nach q" so daß

(43,57)

Aus (43, 56) folgt

U = U oqp
, p ox,
und daher

(43,5 8 )
§ 43. Elastizitätstheorie I

denn nach (35, I3) ist

{ ;r } = glP [s r, lJ
und nach (35, II)

2 [s r, lJ = og.! + ogrz _ og.r =


oqr oq. oql
= 02 X, OX, + OX, 02 X, + 02 X, OXi +
oq.oqr Oql oqs oqloqr oqr oqs Oql
+ OX, 02 X, _ 02 Xi OX, _ OX, 02 Xi =
oqr oqz oq. oqs Oql oqr oqs oqr oql
OX, 02 X,
=2---· (43,60)
oq! oq.oqr
Wegen
I oql oqp
gP=--- (43, 61)
ox, OX,
wird dann aus (43, 59)
I p } _ !!h.. oqp oX i 02 Xi _ oqp 02 X,
1s r - OX, OX, oqz oq.oqr - OX, oqr oq.
(43,62)

und somit ist tatsächlich das zweite Glied auf der rechten Seite
von (43, 55) gleich der kovarianten Ableitung des kovarianten
Vektors der Verschiebung.
Aus (43,58) folgt durch Vertauschen der Indizes rund s
sofort, daß
OX, OUi
----
oqr oqs bqs
Um das letzte Glied auf der rechten Seite von (43, 55) zu be-
rechnen, erweitern wir es mit

zu
OU, OU, OU, OXj oqZJ oU k
oqr oq. = oqr oqp • oXk oq•.
5'
68 III. Anwendungen in PhysIk und Techmk

Die ersten beiden Faktoren ergeben wieder die kovariante Ab-


leitung des kovarianten Vektors der Verschiebung, für die rest-
lichen beiden benutzen wir die Relation (33,3I), wonach

und erhalten

aUk aqp _ ~ (u z axk) aqp _


aq, aXk - aqs aqz aXk -
= au z aXk aqp +uz ax 2 k aq1J = (43,66)
aqs aqz aX k aqs aqz aXk
au p I p} 'oU P
= aq" + UZl sl = bi:
und somit schheßlich

'0
wofür wir mit Benutzung der Abkürzung '0, = - auch
'oq,

(43,68)

schreiben können.
Da für rechtwinklige kartesische Koordinaten die absoluten
Ableitungen in die gewöhnlichen übergehen, so ist y,s tatsächlich
der Deformationstensor, wie wir behauptet haben.
(43, 68) gibt uns den Deformationstensor, bezogen auf die Aus-
gangslage, also den Körper vor der Deformation, wieder. Man
kann nun daran interessiert sein, den Deformationstensor bezogen
auf den deformierten Zustand auszudrücken. Dabei ist zu be-
achten, daß bei der Deformation wohl jeder Punkt des Körpers
die Koordmaten qs beibehält, die Koordinaten des Verschiebungs-
vektors jedoch verschieden sind je nachdem, ob wir sie auf den
undeformierten oder den deformierten Körper beziehen. Im ersten
Fall wird der Verschiebungsvektor nach (33,06) und (33,07) in
den Dreibeinen
§ 43- Elastizitätstheone I 69

p aXt
i·= - - und
t aq'lJ
dargestellt, 1m zweiten Fall jedoch in den Dreibeinen

~
T
ax, und
, -
- -aq'lJ
-

so daß bei Bezug auf den deformierten Zustand der Verschiebungs-


vektor die Koordinaten

(43, 69)

und

aufweist. Gehen wir zurück zu Formel (43, 49) und setzen jetzt für

grs = (::: - :;:)( ::: - :;:),

so erhalten wir anstelle von (43, 55)

Ganz analog zu (43, 58) folgt

aU t ax, _ aus u {-pT _ iiu s


aqr aqs - aqr - 'lJ sr J- bqr

wobei in Jpl nun die grs einzusetzen sind.


lsrJ
In gleicher Weise gelangt man zu analogen Ausdrücken zu
(43,63) und (43,66), so daß wir schließlich

I Yrs=~[bsUr+brUs-brU'lJb8U'lJJ
als Darstellung des Deformationstensors bezogen auf den defor-
mierten Zustand erhalten.
70 III. Anwendungen in PhYSIk und Techmk

Aufgabe
Man berechne den Deformahonstensor emer ebenen Kreisscheibe, bei
deren Deformation alle Radien im Verhältnis 01:: I gedehnt wurden.

§ 44. Elastizitätstheorie 11
1. Der Spannungstensor. Wir wenden uns dem Zusammenhang
zwischen der Deformation und den Kräften zu. Denken wir uns
aus einem im Gleichgewicht befindlichen deformierten Körper
einen Teilkörper herausgeschnitten, so wird das Gleichgewicht
gestört. Wir können es wieder herstellen, wenn wir an jedem der
beiden Teilkörper Ersatzkräfte anbringen, die den von dem anderen
Teil ausgehenden Kräften entsprechen. Ist dl. ein Flächen-
element eines Teilkörpers .R, so wird an ihm eine Kraft dF. an-
greifen. Wir nennen

die zum Flächenelement dl i gehörige Spannung. Im allgemeinen


weicht die Richtung von P. von der des Flächenelements dl. ab. Ist
dl,
e'=d[
der Normalenvektor des Flächenelements, dann nennt man
e. e, p,
die Normalspannung und
p. - ei eiP,
die Tangentialspannung oder Schubspannung am Flächen-
element dl•.
Legt man durch einen Punkt mehrere Flächenelemente, so
sind deren Spannungen im allgemeinen verschieden. Wir behaupten
nun, daß für alle diese Spannungen eine Beziehung der Gestalt

IP. = (1., e, I (44, 02)

gilt, daß also der Spannungstensor (1., unabhängig von der Stellung
des betrachteten Flächenelements den Spannungszustand im
betrachteten Punkt eindeutig kennzeichnet. Um diesen für die
Elastizitätstheorie fundamentalen Satz zu beweisen, stellen wir
§ 44. ElastIzitätstheorie II

die Gleichgewichtsbedingung an einem Teilkörper ft mit der Ober-


fläche IJ auf.
Die Kräfte, die auf den Körper wirken, können entweder an
seiner Oberfläche angreifen oder an jedem Volumselement. Kräfte
der letzteren Art nennt man M assen- oder V olumskräfte. Sie
lassen sich in der Form dG, = g, dV darstellen. Da die Summe
der Kräfte an einem im Gleichgewicht befindlichen Körper ver-
schwindet, so ist

oder

J +J
R
gi dV
Il'
Pi df = o.

Die Erfahrung zwingt uns zu der Annahme, daß g, = ~~ ebenso


wie Pi nach (44,01) beim Übergang von dV bzw. df zur Grenze
Null nicht verschwinden, falls sie für endliche Werte 6. V bzw. 6.f
von Null verschieden sind. In (44,04) verschwindet mit ab-
nehmender Größe des Körpers das erste Glied von dritter, das
zweite aber nur von zweiter Ordnung. Dividieren wir also (44, 04)
J
durch die gesamte Oberfläche A = df des Körpers, so folgt aus

lim AI
A->-o
Jg, dV + lim AI
A->-o
Jp, df = 0

auch

lim AI JPi df = 0,
A->-o

d. h. in einem genügend kleinen Körper sind die angreifenden


Spannungen für sich im Gleichgewicht. Wir untersuchen dies
noch speziell an einem Tetraeder, das durch das Dreibein a, = a at"
bi = aß. und Ci = a r. aufgespannt ist, wobei at" ß. und r, be-
liebige, nicht komplanare Vektoren sind. Das Volumen des
Tetraeders ist
72 111. Anwendungen in Physik und Techmk

von seinen Seitenflächen sind die ersten drei nach Stellung und
Inhalt

4 ~
während für die vierte Fläche dl. aus dem Verschwinden von y df,
4 1 2 3 I 4
dl. = - dli - dli - dli = - -
2
a2 ci,7c (ß 1y7c + y,lX7c + IXj ß7c) = a2 rp.

folgt. Die Gleichgewichtsbedingungen (44, 04) werden

Wir haben dabei die aij verschieden gekennzeichnet, da noch nicht


bewiesen ist, daß derselbe Spannungstensor für alle diese Flächen-
elemente gilt. Wir teilen durch die Oberfläche
1 2 3 4
A = Idl.1 + Idlil + Idlil + Idl.1 =
= a2 (I~.I + I~il + I~,I + I~il) = a2 L 1<p1,
so daß

oder

Für a -+ 0 verschwindet das erste Glied und es bleibt


§ 44, Elastizitätstheone II 73

Wegen ~~i = 0 kann (44,05) nur bestehen, wenn


1 2 3 4
Cf" = Cf" = Cf" = Cfij = Cf'1
ist. Bei dem Grenzübergang a ---+ 0 sind die vier Flächenelemente
in den gemeinsamen Punkt gerückt, auf den das Tetraeder zu-
sammensch rump ft. cp" 1 2
cp, un d cp,
3 'd d'le P rOJe
sm . k honen
. 4
von -cp"
auf die durch je ein Paar der Vektoren IXi' ß, und y, aufgespannten
Ebenen. Da wir diese Vektoren willkürlich gewählt haben und
außerdem in jedem Punkt eines Körpers die obige Überlegung
anstellen können, so besagt (44,06), daß in jedem Punkt eines
Körpers die Spannungen durch einen einzigen Spannungstensor
eindeutig beschrieben werden. Diese Aussage wird als Fundamental-
satz der Elastizitätstheorie bezeichnet.
Wir kehren zur Gleichgewichtsbedingung (44, 04) zurück.
Wegen (44,02) ist

jgidV + jCfi/dl, = 0
!\ ß'
oder, wenn wir auf das zweite Integral den Gaußsehen Satz an-
wenden,

jgi dV +j O,Cfij dV = 0,
!\ !\

Da diese Gleichung für jeden Körper gelten muß, so folgt

Diese Differentialgleichung gibt den Zusammenhang zwischen


den Volumskräften und dem Spannungstensor. Die Gesamtheit
der Spannungstensoren in dem betrachteten Körper bildet ein
Tensorfeld. Faßt man 0, Cf" als Verallgemeinerung der Divergenz
eines Vektors auf, so besagt (44,07), daß die Divergenz des
Spannungstensors gleich der negativen Volumskraft ist. Wir
haben es daher mit einer Verallgemeinerung eines Quellenfeldes
zu tun.
Eine wichtige Eigenschaft des Spannungstensors folgt aus der
Tatsache, daß an einem im Gleichgewicht befindlichen Körper
74 III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

auch die Summe der Drehmomente verschwindet. Wir bilden


das Moment um einen beliebigen Punkt q. und setzen y, = x, - q"
wenn x, ein Punkt des Körpers ist. Dann ist das Gesamtmoment

,{e'iI' y, gk dV + j'euk y, (]"t dlt = 0


st ß'
oder, nach Anwendung des Gaußschen Satzes auf das zweite
Integral,

j'e"ky,gk dV + j'e,Jk(]kt 0ty,dV + j'e"kYj(lz(]ktdV=O.


st st st
Wegen (44,07) verschwindet die Summe aus dem ersten und
dritten Glied und es bleibt

j'e"k (]kt 0t y, dV = o.
st
Wegen x, = y, + q, ist i\ y, = b t, und

Je"k (]k, dV = o.
Auch diese Gleichung muß für jeden Körper gelten; daher ist

d. h. der Spannungstensor (]" ist ein symmetrischer Tensor.

2. Der Elastizitätstensor. Die Gleichung (44,07) reicht aber


nicht aus, um das Feld der (]" zu berechnen. Es ist dazu noch der
Zusammenhang mit dem Deformationstensor notwendig. Es ent-
spricht der Erfahrung, daß die Spannungen in einem Körper von
der Deformation abhängen, daß also ein Zusammenhang
(]" = /,j (D:pq)
besteht. Auch über die besondere Art dieses Zusammenhanges
kann nur das Experiment aussagen. Das sogenannte Hookesche
Gesetz besagt, daß der Zusammenhang bei kleinen Deformationen,
also bei Deformationen, die im Sinne von (43, 33) infinitesimal
sind, ein linearer ist. Die allgemeinste Form eines solchen Zu-
sammenhanges zwischen zwei Tensoren zweiter Stufe ist durch
einen Tensor vierter Stufe AtJj)q in der Form
§ 44. ElastlZltätstheone 11 75

gegeben. Man nennt A"pq den Elastizitätstensor. In ihm spiegeln


sich die besonderen Eigenschaften der Materie wider, aus der der
betrachtete Körper besteht. Ist die Deformation von der Richtung
der einwirkenden Kraft unabhängig, dann nennt man die Materie
isotrop, andernfalls anisotrop. In anisotroper Materie zeigen sich
im allgemeinen bestimmte Richtungen maximaler oder minimaler
Deformation, während sich anderseits bestimmte Richtungen
gleicher Deformation feststellen lassen. Die Materie weist dann
in ihrem elastischen Verhalten bestimmte Symmetrieeigenschaften
auf, die z. B. bei Kristallen mit den für das betreffende Kristall-
system charakteristischen Symmetrien übereinstimmen.
Im isotropen Körper muß der Elastizitätstensor unabhängig
von der Richtung sein, d. h. seine Koordinaten bleiben bei jeder
Drehung des Koordinatensystems erhalten, ähnlich wie dies für
den ~-Tensor gilt. Der Elastizitätstensor des isotropen Körpers
genügt also den Bedingungen

Hier müssen bei Ausführung der Summationen über i, j, kund


I alle Drehungskoeffizienten a" herausfallen. Da die Drehung
willkürlich ist, bestehen zwischen den a" nur die Orthogonali-
tätsbedingungen a,j a k, = ~'k' a" a'k = ~'k und keine anderen.
Der Tensor A.'kl muß also bis auf einen Faktor ein allgemei-
nes Produkt zweier ~-Tensoren sein, etwa A"kl = ~" ~kl' Man
sieht sofort, daß hier noch die Möglichkeiten A"kl = ~.k ~j! und
A;'kl = ~'l ~'k bestehen, aber keine anderen. Aus der Homo-
genität der Gleichungen (44, 10) folgt weiter, daß die allgemeinste
Lösung eine Linearkombination dieser drei ist, also

wobei .Ä., fl und 'V Invarianten sind. Wegen der Symmetrie von
oder D,j folgt noch A"kl = Aij!k = A"kl' d. h. fl = v, so daß
(fij

an Stelle von (44, rr)


Ai,kl = .Ä. ~" ,)kl + 2 fl ~.k ~,t (44,12)
gilt. Damit geht (44, 09) in
(fij = (2 fl ~.p ~jfJ. + .Ä. ~ii ~pq) D pq
II!. Anwendungen m PhysIk und Techmk

oder

über. (44, 13) stellt das Hookesche Gesetz tür den isotropen Kdrper
dar. Man nennt fl und A die Lameschen Konstanten. (44, 13) läßt
sich leicht umkehren; die Verjüngung gibt
a" = (2 fI + 3 A) D"
und daher
I I A
D = - t) ad - - ACJ" a PP'
2fl 2fl2fl+3
Man nennt
!t ' = __~ und A' = A_
_1_ ___
2fl 2fl2fl+3 A
die Elastizitätskonstanten .
Die Eigenrichtungen X j des Spannungstensors werden als
Hauptspannungsrichtungen bezeichnet. Sie folgen aus
(a' j - k CJ'J) X = o.
j (44, 15)
Wegen (44,13) wird daraus

(D 1-1 -
k - A D pp
2f1
~
Ud
) XJ = 0,

d. h. die Hauptspannungsrichtungen stimmen mit den Haupt-


deformationsrichtungen überein, was ja für den isotropen Körper
zu erwarten war.
Unter dem Elastizitätsmodul versteht man das Verhältnis der
Spannung zur linearen Dehnung (S. SI) in der gleichen Richtung.
Die lineare Dehnung in der Richtung e, ist nach (43, 15) bzw.
(43, 34) nur von dem Ausdruck Dl} e, ej abhängig. Es ist nun nach
(44,14)
§ 44. Elastizitätstheorie II 77

oder

(44,16)

Dabei ist Gi; e. ei der in der Richtung e. auf eine zu e. senkrecht


stehende Fläche wirksame Betrag der Spannung, während
aij (15., - ei e,) eine senkrecht zu e. wirkende Spannung ist. Im
Fall der infinitesimalen Deformation ist D., e. e, gleich der Dehnung
und

E = fl (2 fl +
3 A)
fl+ A

der Lamesche Elastizitätsmodul. Der negative Anteil der Dehnung


in (44, 16) wird als Querkontraktion bezeichnet. Den dabei auf-
tretenden Faktor

nennt man die Poissonsche Konstante; sie ist das Verhältnis von
Querkontraktion zur linearen Dehnung. (44,16) nimmt eine
besonders einfache Form an, wenn ei mit einer der Hauptachsen
des Deformationstensors zusammenfällt. Dann ist nämlich

+ G33)·
I V
Dn =E Gn - E (G22

Man erkennt, daß der positive Anteil von der Spannung an in


der Richtung von e. stammt, während die dazu senkrechten
Spannungen G 22 und G 33 die Querkontraktion bewirken.
Die beiden Konstanten E und v sind die in der Technik ge-
bräuchlichen Größen zur Beschreibung der Elastizitätseigen-
schaften eines isotropen Körpers. Aus (44, 17) und (44, 18) folgen
die Umkehrungen
E A= vE
und
2ft=--
I+V (I + v) (I - 2 v)
Die Tatsache, daß man für die Beschreibung der elastischen
Eigenschaften des isotropen Körpers nur zwei Konstanten, nämlich
entweder E und v oder fl und A braucht, ist eine Folge der durch
IH. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

(44, I2) bestimmten Lösungsmöglichkeiten für den Elastizitäts-


tensor. Anisotrope Körper erfordern eine größere Zahl von
Konstanten.
Ein besonderer Fall der Spannungsverteilung ist der des all-
seitigen gleichmäßigen Druckes. Dann ist

I (J" = - P~ir I
Das Verhältnis von Druck und Volumsdilatation wird als Kom-
pressionsmodul k bezeichnet. Es ist
k_ P_ P _ I (Jd
- - ;: - - D 7J7J - 3D 7J7J

oder

Ik=A+f#1 (44,2I)

oder, durch E und 'V ausgedrückt,

I k-~' E
- 3 I-2'V' I
Positiver Druck bewirkt eine Verkleinerung des Volumens, so-
lange 'V < i ist. Ein Überschreiten dieser Grenze ist unmöglich,
da dann der Vorgang instabil würde. Die Werte von l' für die
meisten Materialien liegen bei 'V = 0,3.
Ein weiterer Sonderfall ist der der reinen Schubbeanspruchung .
Er ist dadurch gekennzeichnet, daß nur eine Formänderung, aber
keine Volumsdilatation eintritt, daß also D" = 0 ist. Dann
verschwindet nach (44, I3) auch (J", Ein solcher Fall liegt z. B.
vor, wenn D", auf die Hauptachsen von Dt) und (J" bezogen,
die Form

D I) = (~D:2
o 0 -
: )
D 22
hat. Es gIbt dann Richtungen e" in denen die Dehnung D" e, eJ
verschwindet. Für sie gilt
D 22 e2 e2 - D 22 e3 e3 = 0
§ 44. Elastizitätstheorie II 79

oder

oder
e2 = ± ea ; (44,23)
e1 kann dabei beliebig sein, also auch verschwinden. Dann ist

e2 = ± ea = cos 45 =
o
V2'
I
(44, 24)

Die dehnungsfreien Richtungen liegen in dem betrachteten


Sonderfall in den Symmetralen zwischen den Hauptspannungs-
richtungen 2 und 3 (Abb. II). Die Richtungen bzw. die auf ihnen
senkrecht stehenden Flächen sind aber keineswegs spannungsfrei.
So finden wir z. B. für die Rich- .I
tung

1
ei =
(
0, V2'
I
V2I )
die Spannung

1= 1e, = (IV2
P. (1" 0, (122' - V2I) (122 • Abb II

Diese Spannung fällt in die Fläche von dl. und stellt eine reine
Schubspannung dar. Für den Betrag von p, ergibt sich 1" = 1(1221.
Man nennt ihn die Schubspannung. Wir berechnen die Schiebung
nach (43, I9) und finden wegen der verschwindenden Dehnungen
1 2
Y= 2 D,j e, e,
1 2
als Winkeländerung der beiden Richtungen ei und e,
(122 1"
Y=-=-'
f1 f1
Das Verhältnis der Schubspannung zur Winkeländerung f{J =Y
wird in Analogie zu (44, I7) als Schubmodul
1"
G=-=ft
Y
bezeichnet; er stimmt mit der ersten Lameschen Konstante
überein. Aus (44, I9) ergibt sich der Zusammenhang
80 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

G=- E
2 (I + v)
Wir haben jetzt die Zusammenhänge zwischen den Lameschen
Konstanten und den verschiedenen technischen Konstanten, die
zur Beschreibung der elastischen Eigenschaften des isotropen
Körpers dienen, hergestellt. Wir wollen jetzt wieder zur Aufgabe
der Bestimmung des Spannungstensors für den Fall des Gleich-
gewichtes zurückkehren. Aus (44,07) folgt wegen (44,13)
g. + 2 fl OJ D'J + A fJ' J OJ D pp = 0
oder, wenn wir den Deformationstensor gemäß (43, 33) und
(43,08) durch den Verschiebungsvektor u. ausdrücken,
(44,28)
Diese Differentialgleichung bestimmt den Verschiebungsvektor
im Inneren des elastischen Körpers, wenn sein Verhalten an der
Oberfläche durch geeignete Randbedingungen festgelegt ist. Aus
dem Feld des Verschiebungsvektors kann man dann sowohl das
Feld des Deformationstensors als auch das des Spannungstensors
herleiten.
Die Randbedingungen können sich entweder auf die Ver-
schiebungen oder auf die Spannungen an der Oberfläche beziehen,
oder es können teils die Verschiebungen, teils die Spannungen
vorgeschrieben sein, in welchem Fall man dann von gemischten
Randbedingungen spricht. Die Bestimmung des Verschiebungs-
feldes ist eine Randwertaufgabe, ähnlich den Randwertaufgaben
der Potentialtheorie.

3. Das elastische Potential. Wir berechnen noch die von den


Volumskräften G. und den Spannungen P. geleistete Arbeit fJA
bei einer virtuellen Verschiebung fJU,. Aus (44,04) folgt

M = f
.1\
g, fJU, dV + f
1Y
a'J fJUi dfJ; (44, 29)

ITmformung des zweiten Integrals nach dem Gaußschen Satz gibt

M = I
.1\
(g, + OJ a,,) fJU, dV +Ja" OJ fJU, dV .
ft
§ 44. Elastizitätstheorie II Sr

Das erste Integral rechts verschwindet wegen (44, 07). Wird die
Änderung ou, durch einen von x, unabhängigen Parameter, z. B.
durch die Zeit t bewirkt, so ist

ou = ou, Ot
, ot
und

oou, = o2U, Ot = o2U, Ot = 00 u.


ox, ox, ot ot ox, ' "

1
damit wird

oA = a" 00, u, dV .
.R
Wegen der Symmetrie von ai, gilt auch

DA = 1
.R
a" 00, u, dV .

Addition von (44, 30) und (44, 3I) gibt

DA = 1
ft
a" oD" dV

oder wegen (44, I3)

DA = 1(2
ft
fl Dij + }.. 0i' D pp ) oD,j dV.

Nun ist aber

und

so daß

DA = 1ffl
ft
0 (D'J D,,) + ~ 0 D;l] dV
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung III, 2. AufI. 6
111. Anwendungen III PhysIk und Techmk

oder wegen der Konstanz von fl und A. im isotropen Körper

M = Ö f
ft
(flDd D " + ~ D';)dV. (44,34)

Die rechte Seite ist also ein vollständiges Differential und daher gilt

A = f
ft
(flDoDo + ~ D~)dV. (44,35)

Ersetzen wir hier nach (44, 13) einen der Faktoren durch
I Ä
D" = -a., - - {)ij D pp ,
2 fl 2 !t
so folgt weiter

A = 2I f
ft
(D" a,) - Ä D pp Ö" D" + Ä D pp)
2 dV

oder schließlich

A = ~ f
ft
D"a"dV.

Der Ausdruck D" a" ist eine simultane Invariante der beiden
Tensoren D" und (J" analog dem inneren Produkt zweier Vektoren.
Man nennt

das elastische Potential. Mit Hilfe von (44, 13) bzw. (44, 14) läßt
es sich als Funktion des Deformationstensors oder des Spannungs-
tensors allein darstellen.
Die Bezeichnung "elastisches Potential" stammt davon, daß
oll
-,,-= Du
ua"
und
oll
oD = a" (44, 39)
ist. Wir bemerken noch,
"
daß ein
elastisches Potential nur dann
existiert, wenn fl und Ä konstant sind, denn nur dann ist (44, 34)
§ 44. Elastizitätstheorie 11

ein vollständiges Differential und nur dann ist die Deformations-


arbeit unabhängig von dem Weg, auf dem die Endlage des defor-
mierten Körpers zustande gekommen ist.

4. Elastische Schwingungen. Wir haben bisher den Gleich-


gewichtszustand behandelt. Wir wollen jetzt auch noch die Be-
wegungen des elastischen Körpers in den Kreis unserer Betrach-
tungen einbeziehen. Zu der Volumskraft kommt dann noch die
Beschleunigungskraft

der Masse mit der Dichte e hinzu, die sich bei einer Veränderung
der Verschiebung ergibt. An die Stelle von (44,07) tritt dann

oder

Uns interessieren besonders die freien Schwingungen, das sind


jene Bewegungen, die ohne äußere Volumskraft möglich sind,
für die also g. verschwindet. Für diese ist

Aus dieser Gleichung lassen sich zwei Arten von Schwingungen


gewinnen. Die erste erhalten wir, wenn wir die Divergenz von
(44,42) bilden. Wir setzen dabei D. i = iJ. u. = D. Es ist dann,
wenn wir e als örtlich konstant annehmen,

oder

iJ2D = 2 f.t + Ä LW. (44,43)


iJt 2 e
UI. Anwendungen In Physlk und Techmk

Das ist eine Wellengleichung für die Volumsdilatation D. Die


Lösungen dieser Gleichung sind fortschreitende Wellen von der
Form j(s =t= a t), wobei

die Geschwindigkeit der Fortpflanzung ist. Wir haben es hier


mit Kompressionswellen zu tun.
Die zweite Art der Schwingungen erhalten wir, wenn wir den
Rotor von (44,42) berechnen. Es ist
02
e ot2 B"k 03 Uk = (ft + A) B"k 03 0k D + ft 0'lJ 0'lJ B'3k 03 Uk·
Das erste Glied rechts verschwindet. Für den Rotor
0, = B'3k 0; Uk
der Verschiebung folgt die Wellengleichung
020,
ot2 = -e L1o,.
ft

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist

b= lR·
Den Unterschied zwischen den beiden Wellenarten erkennen
(44,47)

wir am einfachsten, wenn wir zwei spezielle Annahmen zugrunde


legen. In beiden Fällen soll die Ausbreitungsrichtung der Wellen
die der positiven I-Achse sein. Im ersten Fall nehmen wir an,
daß eine Verschiebung nur in der Richtung der I-Achse statt-
findet, also
u, = (u(x), 0, 0).
Die einzige nichtverschwindende Koordinate des Deformations-
tensors ist dann

Damit wird aus (44, 42)

02U = ft + A 02U + J!.. 02U = 2 ft + A 02U . (44, 48)


ot 2 e ox 2 e ox 2 e ox 2
§ 45. Mechamk der Flüssigkeiten I 85

Die durch (44,43) beschriebenen Kompressionswellen sind also


longitudinale Wellen, bei denen die Verschiebung in die Richtung
der Fortpflanzung fällt.
Jetzt nehmen wir an, daß Ui nur eine zur Fortpflanzungs-
richtung senkrechte Komponente hat, daß also
Ui = (0, u(x), 0)
ist. Dann bleibt von den Koordinaten des Deformationstensors nur
1 OU
D 21 = - - ·
2 ox
Dflfl verschwindet und aus (44,42) wird
02U J!... o2U

ot 2 (! ox 2
Bei den Wellen des Rotors der Verschiebung handelt es sich also
um transversale Schwingungen, die Verschiebungen stehen senk-
recht zur Fortpflanzungsrichtung.
Die Geschwindigkeit der Kompressionswellen ist stets größer
als die der transversalen Wellen, denn aus (44,44) und (44,47)
folgt
a2 Ä 2 - 2 'V
-2= 2 + - = .
b fl 1 - 2 'V

Setzt man z. B. 'V = 0,3, so erhält man


a
b = 1,87·

Welche der beiden Wellenarten im besonderen Fall auftritt, hängt


von den Randbedingungen ab; im allgemeinen sind longitudinale
und transversale Wellen miteinander gekoppelt.

§ 45. Mechanik der Flüssigkeiten I


1. Vorbemerkungen. Die Flüssigkeiten, zu denen wir hier auch
die Gase und Dämpfe rechnen, gehören zu den nichtstarren oder
deformierbaren Körpern. Sie unterscheiden sich aber in wesent-
lichen Eigenschaften von den in den §§ 43 und 44 behandelten
deformierbaren festen Körpern. Wir betrachten als kennzeichnend
für eine Flüssigkeit die beiden folgenden, durch die Erfahrung
gegebenen Eigenschaften:
86 III. Anwendungen in Physik und Techmk

1. Die Kräfte, die eine ruhende Flüssigkeit an ihrer Ober-


fläche auf angrenzende Körper ausübt, stehen immer senkrecht
zur Oberfläche,
2. Kräfte parallel zur Oberfläche treten nur auf, wenn an der
Oberfläche ein Geschwindigkeitsunterschied zwischen Flüssigkeit
und angrenzendem Körper besteht; diese Kräfte wachsen mit
dem Geschwindigkeitsunterschied.
Es ist naheliegend anzunehmen, daß diese beiden Sätze auch
gelten, wenn der angrenzende Körper wieder eine Flüssigkeit ist
und daß sie auch dann noch gelten, wenn beide Flüssigkeiten
gleich sind oder mit anderen Worten, daß sie auch im Inneren
einer Flüssigkeit für jede beliebige durch die Flüssigkeit gelegte
Fläche gelten. Für die weiteren Betrachtungen nehmen wir
ferner an, daß die Flüssigkeit ein homogenes Kontinuum darstellt,
daß also auch die kleinsten von uns betrachteten Abmessungen
noch groß sind gegenüber den Molekülen, aus denen die Flüssigkeit
besteht. Ist!B ein mit Flüssigkeit erfüllter Bereich und enthält
jedes Volumselement dV von !B die Masse dm, so gilt
dm = e dV, (45, 01)
wobei e die Dichte ist. Ändert sich die Dichte unter dem Einfluß
der angewendeten Kraft nicht, so spricht man von einer inkom-
pressiblen, im anderen Fall von einer kompressiblen Flüssigkeit.
Die Flüssigkeiten des gewöhnlichen Sprachgebrauches kann man
mit sehr guter Näherung zur ersten Gruppe rechnen, während
die Gase und Dämpfe der zweiten Gruppe angehören. Im allge-
meinen wird also die Dichte örtlich und zeitlich veränderlich sein:
e=e(x"t), (45, 02)
d. h. die Dichte bildet ein zeitlich veränderliches Skalarfeld.

2. Ruhende Flüssigkeiten (Hydrostatik). In einer ruhenden


Flüssigkeit gilt nach der ersten obigen Bedingung und ihrer Er-
weiterung für das Innere an jeder Stelle eine Beziehung
dF.= -Pd!.
zwischen der Kraft dF. und dem Flächenelement d! •. Wir setzen
das Minuszeichen, weil die Kraft als Druck auf die Flüssigkeit
wirkt. Vergleichen wir (45,03) mit der aus (44,01) und (44,02)
folgenden allgemeinen Beziehung
§ 45. Mechanik der Flussigkeiten I

so erkennen wir, daß der Spannungstensor in einer ruhenden


Flüssigkeit die spezielle Form

hat. Man nennt P den hydrostatischen Druck. Die Aufgabe der


Hydrostatik besteht im allgemeinen darin, die räumliche Ver-
teilung
(45,06)
des Druckes unter dem Einfluß irgendwelcher äußeren Kräfte
auf die Flüssigkeit zu finden, also das Druck/eId zu bestimmen.
Die äußeren Kräfte können aus Volumskräften gi dm und aus
Kräften auf die Oberfläche bestehen. Für ein begrenztes Flüssig-
keitsvolumen gilt die Gleichgewichtsbedingung

~ Pd/i = ! g. dm, (45, 07)

die nach Anwendung des Gaußschen Satzes in

!OiPdV = !egi dV
oder
(45,08)
übergeht. Bei gegebenem g. und bei bekannter Abhängigkeit der
Dichte vom Druck und eventuell von weiteren Parametern IX, •••
(wie z. B. der Temperatur)
e = e (P, IX, ••• ) (45,09)
erhält man aus (45,08) die das Druckfeld bestimmende Dif-
ferentialgleichung.
Aus (45, 08) erkennt man, daß die Volumskraft e g, der Gradient
des Druckes ist. Eine Flüssigkeit kann daher nur ruhen, wenn
die Volumskraft ein Potential besitzt.
Im Schwerefeld 1st g. konstant. Wenn dIe Flüssigkeit mkompresslbel
e
1st, so ist = konst. und es folgt aus (45, 08) sofort
P= e g, x,.
Die NIveauflachen P = konst. des Druckes stehen senkrecht zur Schwer-
kraft. Der Auftneb, den ein eingetauchter Körper ~ mit der Oberfläche (J
88 111. Anwendungen In Physik und Techmk

erleidet, ergibt sich als der Druck, der auf lY von der Flusslgkelt ausgeubt
wird, mit
- ~ pd!, = - fO.pdV = - feg,dV = - g,M,
\j 5\ 5\
wenn

M= f e dV
5\
die vom Körper verdrängte FlusslgkeItsmenge ISt. Ist e mcht konstant,
dann gilt Im Schwerefeld
I
-O,p=g,.
e
Integneren Wir langs eIner LInie vom Punkt;. zum Punkt;., so erhalten wir

j ~o,Pdx; = jg,dX; = g;(!, - !,).


1 e 1
Ist h der Unterschied der ProjektIOnen von ;i und ;, auf die Richtung
von g, und ist g der Betrag von g., so folgt
2
h=-~fdP,
gl e
die allgemeIne Höhenformel, die zum Beispiel bel der barometnschen
Höhenmessung Anwendung fIndet.

3. Kinematik, Bahnlinien, Stromlinien. Bevor wir auf den Zu-


sammenhang zwischen den Spannungen in einer Flüssigkeit und
den Geschwindigkeiten entsprechend der zweiten, zu Anfang
dieses Paragraphen formulierten Bedingung eingehen, ist es not-
wendig, einige allgemeine Beziehungen für bewegte Flüssigkeiten
herzuleiten. Für die Darstellung der Bewegung einer Flüssigkeit
oder, wie man auch sagt, einer Strömung gibt es zwei verschiedene
Methoden, die als Lagrangesche und als Eulersche Darstellung
bezeichnet werden.
Die Lagrangesehe Darstellung schließt sich an die Beschreibung
der Bewegung von Massenpunkten an. Man betrachtet ein be-
stimmtes Flüssigkeitstei1chen, dessen Bahn durch die Gleichung l
1 Wir verwenden hier die Bezeichnung s, fur den Ortsvektor der Bahn-
kurve, um die Veranderung von Großen wahrend Ihrer MItbewegung mit
eInem bestImmten Flusslgkeltsteilchen von Jenen Veranderungen unter-
scheiden zu konnen, welche die gleIche Große In eInem bestImmten Punkt
x, des Raumes dadurch erleIdet, daß nacheInander verschIedene FlusSIg-
keltsteIlchen an die Stelle x, kommen.
§ 45. Mechamk der Fhissigkeiten I 89

s. = s.(t)
beschrieben wird. Die Geschwindigkeit des Teilchens ist dann
durch
ds,
v'=Te (45, II)

bestimmt usw. Für jedes Teilchen der Flüssigkeit ergibt sich eine
Bahnlinie (45, 10), wie man bei den Flüssigkeiten meist statt
Bahnkurve sagt. Um die einzelnen Teilchen zu unterscheiden,
kann man sie nach ihren Koordinaten a, = s, (0) zur Zeit t = 0
benennen und diese Koordinaten als Parameter in (45, 10) ein-
führen. Die Gesamtheit der Bahnlinien ist dann durch
(45,12)
mit
a, = s, (0, al'J)'
beschrieben. Die Geschwindigkeit des Teilchens wird

os.)
(Te
v, = a, = konst.

Diese an die Bewegung eines Systems von Massenpunkten an-


schließende Darstellung hat sich als weniger fruchtbar erwiesen
als die Eulersche Darstellung, welche zunächst davon absieht, die
Bewegung eines bestimmten Flüssigkeitsteilchens zu verfolgen,
sondern das Geschwindigkeitsfeld in dem von der Flüssigkeit
erfüllten Raum betrachtet. Im allgemeinen ist dieses Geschwindig-
keitsfeld aucht zeitabhängig, also
v. = v, (xl'J' t). (45,15)
Ist dieses Feld gegeben, so kann man mit Hilfe von

ds.
Te = v, ( )
sl'J' t (45,16)

zur Lagrangeschen Darstellung übergehen, wobei Si = a, für


t = 0 die Anfangsbedingung bei der Lösung von (45,16) ist.
Die Feldlinien des Geschwindigkeitsfeldes (45, 15) bezeichnet
man als Stromlinien. Im allgemeinen ändern sie sich mit der Zeit
und sind nicht mit den Bahnlinien identisch. Ist
x. = Xi (u),
9° III. Anwendungen m Physik und Techmk

eine Stromlinie, so muß ihre Tangente in jedem Punkt die Rich-


tung der Geschwindigkeit haben, also für einen bestimmten
Zeitpunkt t 1

sein. Durch geeignete \Nahl des Parameters u kann man aber


stets erreichen, daß längs der Stromlinie A. = 1 ist, also
dx.
-du = v. (x p , t1 )
gilt. Damit folgt aus (45, 16)
dx. ds.
(45,18)
dU =-at'
d. h. die Bahnlinie berührt die Stromlinie. Die Linien sind aber
nicht identisch, denn bei der Integration von (45, 17) ist t kon-
stant, bei der von (45, 16) jedoch nicht.
Aus (45, IJ) folgt durch Differentiation
ov.
----
dx p
oX p du
und aus (45, 16)

Krümmung und Windung der Linien sind also nicht gleich. Sie
werden aber gleich, wenn das letzte Glied auf der rechten Seite
von (45,20) wegfällt, d. h. wenn das Geschwindigkeitsfeld nicht
von der Zeit abhängt. Man nennt solche Strömungen stationär.
Aus (45, 16) und (45, 17) folgt, daß bei stationären Strömungen
die Stromlinien mit den Bahnlinien zusammenfallen.
Der in (45, 19) und (45, 20) erkennbare Unterschied zwischen
dem Gradienten einer Größe im Strömungsfeld und der Änderungs-
geschwindigkeit der gleichen Größe bei Mitbewegung mit der
Flüssigkeitsströmung tritt bei jeder Größe in einem Strömungs-
feld auf. Man spricht bei der Änderung einer Größe infolge der
Mitnahme durch die Strömung oft auch vom substantiellen oder
konvektiven Differentialquotienten und verwendet manchmal auch
ein besonderes Zeichen dafür.
§ 45. Mechamk der Flüssigkeiten I 9I

Ist A = A(Xi, t) eine räumlich und zeitlich veränderliche


Invariante, dann ist Oi A der Gradient bei festgehaltener Zeit.
Betrachtet man die zeitliche Veränderung an einem festen Ort,
dann ist ~=A der lokale Differentialquotient. Bewegt man
ot
sich mit der Flüssigkeit mit der Geschwindigkeit v, mit, so ändern
sich Ort und Zeit und der substantielle Differentialquotient wird

dA
dt
= ~
ot+'
° A dx,dt
oder
dA
Tt=A +v,o,A.
(45,2I) gilt auch für jede Koordinate eines Tensors und daher
besonders für die Geschwindigkeit selbst. Die Beschleunigung
eines Flüssigkeitsteilchens ist die Änderung der Geschwindigkeit
des Teilchens in der Zeit auf seiner Bahn, also der substantielle
Differentialquotient der Geschwindigkeit. Sie ist daher

cd-
dv·
= v, + vi 0, V,.

Der zweite Ausdruck auf der rechten Seite läßt eine Umformung
zu, auf die wir später zurückgreifen werden. Es ist nämlich
V, 0, V, = vi 0, Vi - Vi 0, Vi + V, 0, Vi =

= - Vi 0v V q (b,v b,q - b,q b iv ) + ~2 Oi v 2


und mit Benutzung des Entwicklungssatzes (n, I5)

V, 0, V, =- c"k V, CkVq 0f) V q + -2I "u, V 2.


Bei stationärer Strömung (Vi = 0) ist die Beschleunigung gleich
dem halben Gradienten der Norm der Geschwindigkeit vermindert
um das äußere Produkt aus Geschwindigkeit und dem Rotor
der Geschwindigkeit.
III. Anwendungen In Physik und Techmk

4. Die Kontinuitätsgleichung. Eine weitere wichtige Beziehung


für eine strömende Flüssigkeit folgt aus dem Satz von der Er-
haltung der Materie: Die in einer bestimmten Zeit in einen ab-
gegrenzten Bereich hineinfließende Flüssigkeitsmenge muß gleich
sein der Summe aus der in der gleichen Zeit herausfließenden
Menge und der in dem Bereich zusätzlich gespeicherten Menge.
Der Fluß durch die Oberfläche !J des Bereiches !B in der Zeit ist

~ e v, dj, = Io,(e v,) dV,


Ir 'B

und zwar gibt (45, 24) den Überschuß der nach außen strömenden
Flüssigkeit über die einströmende an, wenn wir wie üblich dj.
nach außen orientieren. Diese abfließende Menge kann nur durch
eine Abnahme der Dichte e kompensiert werden. Daher ist

Jo,(e
'B
v,) dV = - J~;
'B
dV.

Da (45, 25) für jeden beliebigen Bereich !B gelten muß, so ist in


jedem Punkt

oe + o,(e v,) =
Tl o.

Man nennt (45, 26) die Kontinuitätsgleichung. Ist das Dichtefeld


zeitlich unveränderlich, was man oft noch als zusätzliche Forderung
für das zeitlich konstante Geschwindigkeitsfeld bei der stationären
Strömung verlangt, dann gilt
o,(e v,) = o.
In einer inkompressiblen Flüssigkeit ist e= konst. Es verbleibt
daher in diesem Fall
o,v, = o.
Bet der Strömung einer inkompressiblen Flüsstgkeit verschwindet
die Divergenz der Geschwindigkeit.
Wir geben die Kontinuitätsgleichung auch noch in der
Lagrangeschen Form. Im Zeitpunkt t = 0 ist die Flüssigkeits-
menge in einem bestimmten Bereich !B durch
§ 45. Mechanik der Flüssigkeiten I 93

J J
!ll
(to dV =
!ll
(to da 1 da2 daa

gegeben. Der Bereich bewegt sich mit der Flüssigkeit mit und sei
nach der Zeit t in den Bereich !B' übergegangen. Ein Teilchen,
das sich im Punkt a, befand, ist jetzt nach (45, 12) in den Punkt s,
gelangt. Die Flüssigkeitsmenge ist jetzt

\8'
J J
(t dV =
\8'
(t dS I dS2 dsa·

Bei festem t kann man (45, 12) als Transformationsgleichung


zwischen den Koordinaten a. und s, auffassen. Nach der Regel

J
für die Transformation eines dreifachen Integrals ist somit


\8
f (to
dV =
\8
o(SI' S2' sa) da da da
(t o(a a a) 1 2 3
l' 2' 3

und daher
0(S1' S2' S3)
(to = (t
o(a v a2, a3)
die Kontinuitätsgleichung in der Lagrangeschen Form.

5. Potentialströmung und Wirbelströmung. Bei der Dar-


stellung einer strömenden Flüssigkeit durch ein Geschwindigkeits-
feld liegt es nahe, die Arten der Strömungen ebenso zu unterteilen,
wie wir es in § 23 für die Vektorfelder getan haben. Maßgebend
sind der Gradient

und der Rotor

des Geschwindigkeitsfeldes. Es ist in der Hydromechanik üblich,


die Laplaceschen und Poissonschen Felder Potentialsträmungen
und Felder mit nichtverschwindendem Rotor Wirbelsträmungen
zu nennen. Bei inkompressiblen Flüssigkeiten verschwindet wegen
der Kontinuitätsbedingung (45, 18) die Divergenz des Geschwin-
digkeitsvektors im ganzen Raum mit Ausnahme einzelner Punkte
oder Linien. Potentialströmungen inkompressibler Flüssigkeiten
94 111. Anwendungen in Physlk und Technik

lassen sich dann als Laplacesche Felder darstellen. Die Punkte


oder Linien mit nicht verschwindender Divergenz tragen dann
die Bezeichnungen Quellen oder Senken mit vollem Recht. Zur
Kennzeichnung der Wirbe1ung einer Strömung benutzt man in
der Strömungslehre an Stelle des Rotors der Geschwindigkeit
gern die Zirkulation, die nach § 25 durch

r= ~V,dX,
definiert ist. Ihr Verschwinden auf jedem geschlossenen Weg,
der sich innerhalb des Feldbereiches stetig auf einen Punkt zu-
sammenziehen läßt, läßt die Strömung als Potentialströmung er-
kennen.
Wir haben die Zirkulation in § 25 bereits benutzt, um nachzu-
weisen, daß die Drehbewegung eines starren Körpers nicht wirbel-
frei ist. Das gleiche gilt auch für eine Strömung, deren Ge-
schwindigkeitsverteilung um eine Achse e, dem Gesetz

folgt. Bei einer solchen Bewegung wird eben jedes Flüssigkeits-


teilchen gedreht, wenn es auch nicht deformiert wird. Im Gegen-
satz dazu steht die in § 27 durch (27,59) und (27,60) dargestellte
Bewegung, die man bei einer Flüssigkeit als Potentialströmung
um eine Wirbelachse bezeichnet. Wie an der angegebenen Stelle
gezeigt, ist diese Bewegung mit Ausnahme der Wirbelachse
wirbelfrei. Jedes Flüssigkeitsteilchen wird aber deformiert, wie
man durch die Berechnung des Deformationstensors zeigen kann.
Wir gehen dabei von der Formel (27, 60) für die Geschwindigkeit

Yi
V, = ay-
2

aus. Darin ist

der um 90° gedrehte, von der Wirbelachse e, zu dem betrachteten


Punkt weisende Vektor. Der Verschiebungsvektor in der Zeit dt ist

y,
u, = a 2y dt.
§ 45. Mechamk der Flussigkelten I 95

und daraus den Deformationstensor


a
D'3 = JA ep r q (spqJ r, + Spqi r J) dt.
Solange dt klein ist, ist die Deformation infinitesimal.
Einen allgemeinen Zusammenhang zwischen dem Gradienten-
tensor des Geschwindigkeitsfeldes und den Deformationstensor
gewinnen wir auf folgende Weise (Abb. I2). In der Zeit dt gelangt
ein Teilchen von s, an die Stelle s,. Der
Verschiebungsvektor ist dann

ds, d
du, = v, dt = Tl t.

Der Verschiebungsvektor des Punktes


s, + bs, ist durch
d (u, + a Ui bsJ) =
3 Vi dt + a Vi bs, dt
3

gegeben. Somit ist


da, Uz = a, V, dt
Abb. I2
und damit

Der Gradient des Geschwindigkeitsfeldes ist die Ableitung des


Verschiebungstensors nach der Zeit. Daraus folgt, daß der sym-
metrische Teil des Gradienten
I d
+ a, v + V]l)
I
5" = -
2
(a, V, J) = --d (V"
2 t
oder, da es sich hier immer um infinitesimale Verzerrungen
handelt,
96 III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

der zeitliche Differentialquotient des Deformationstensors ist, den


man als Dejormationsgeschwindigkeit bezeichnet. Wir bemerken
noch, daß
D" = 0, v,
ist.

§ 46. Mechanik der Flüssigkeiten II


(Hydrodynamik)
1. Die Gleichung von Navier-Stokes. Für jeden Teilbereich
einer Flüssigkeit muß das Grundgesetz der Mechanik erfüllt sein.
Die Beschleunigung haben wir mit (45,22) bereits berechnet.
Es gilt daher, wenn !8 der Bereich, 11 seine Oberfläche und g. die
Massenkraft ist,

fe (O~' +
~
v, 0, Vi) dV =
~
fe gi dV + ~ Go dj,
ff
(46, 01)

oder, nach Anwendung des Gaußschen Satzes auf das letzte


Integral,

die Gleichung von N avier-Stokes für Flüssigkeiten in ihrer all-


gemeinsten Form.
Um die Gleichung von NAVIER-STOKES auch in allgemeinen
Koordinaten darzustellen, gehen wir von (39, 22) aus, wonach die
Beschleunigung

a' = Ti = Tl + 1k l
bv' dv' Ii }
v k Vi

ist, so daß mit (45, 22)

a' = v' + VkOkV' + {kil }VkV I.


Wegen (35,20) kann man die beiden letzten Glieder auf der
rechten Seite zusammenfassen und erhält
§ 46. Mechamk der Flüssigkeiten II (Hydrodynamik) 97

Multipliziert man mit der Dichte e, so kann man schreiben

e a' = a(~tv') + b e vk v' -


k Vi [ : ; + b ev
k k] ,

das letzte Glied auf der rechten Seite von (46,04) verschwindet,
denn

ist die Kontinuitätsgleichung in allgemeinen Koordinaten. Die


Beschleunigung ist gleich der Massenkraft und der Oberflächen-
kraft, so daß in gleicher Weise wie bei der Herleitung von (46,02)

oder

folgt, wobei auch bei dem Spannungstensor die absolute Ableitung


eingesetzt ist.
Wie wir zu Anfang des § 45 bemerkten, treten in ruhenden
Flüssigkeiten nur Drücke senkrecht zum betrachteten Flächen-
element auf, während in bewegten Flüssigkeiten auch Tangential-
kräfte erscheinen, welche vom Geschwindigkeitsunterschied be-
nachbarter Teile abhängen. Da solche Geschwindigkeitsunter-
schiede im allgemeinen zu einer Deformation der Teilchen führen,
so ist es naheliegend, die Deformationsgeschwindigkeit als maß-
gebend für diese Tangentialspannung anzusehen. Nimmt man an,
daß diese Abhängigkeit eine lineare ist, dann kann man den
Spannungstensor in einer strömenden Flüssigkeit in der Gestalt
(1" = - Pd" + A'H)q Dpq (46,07)
ansetzen. Im Fall der ruhenden Flüssigkeit geht (46, 07) wie
verlangt in (45, 05) über. Ist die Flüssigkeit homogen, was wir
unseren Betrachtungen zugrunde legen wollen, dann kann A"pq
nur die Gestalt (44, I2) haben. Dann ist
(1" = - Pd,j + (Ä. d" dpq + 2 ft diP djq) Dpq
Duschek-Hochrainer, Tensorrechnung III, 2. Anfl 7
98 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

oder

Das ist die allgemeine Form des von NEWTON stammenden An-
satzes, wonach die Tangentialspannung längs einer Fläche in
einer strömenden Flüssigkeit proportional dem Geschwindigkeits-
gradienten senkrecht zur Fläche ist. Man erkennt dies, wenn man
(46,08) auf den einfachen Fall anwendet, daß eine Flüssigkeit
parallel zur 1,3-Ebene mit einer Geschwindigkeit strömt, die dem
Abstand von dieser Ebene proportional ist (Abb. 13). Man kann
eine solche, sogenannte Cm/ette-Strömung mit guter Näherung im
Ringspalt zwischen zwei koaxialen Zylindern realisieren, die mit
verschiedener Geschwindigkeit rotieren. Ist
2 v, = (Cl. x2 0 0), (46,09)

0n
so gilt

a",~
Cl.

-
0 (46, 10)
! 0
Abb. 13 Xach (45,35) ist

D" G~ ~
und damit wird wegen 1J 1>1> = 0

IJI) =
- p
( fl Cl.
o
-
,UCl.

0
P
-p
: ).
Man erhält also nur eine Tangentialspannung parallel zur Ge-
schwindigkeit, die proportional zu 02 vl ist. Man nennt den
Proportionalitätsfaktor fl die Zähigkeit der Flüssigkeit. Der
Newtonsche Ansatz gibt uns nur Aufschluß über den Faktor jI,
den man z. B. bei der Messung in einer Couette-Strömung be-
stimmen kann. Der Faktor A bleibt dabei unbestimmt. Man ist
§ 46. Mechanik der Flüssigkeiten II (Hydrodynamik) 99

nun übereingekommen, A so zu wählen, daß p der mittlere Druck


an der betrachteten Stelle wird. Es soll also

1
p= -Ja;z
sein. Wegen

muß dann
2
A=--fl
3
gesetzt werden 1.
Führt man in (46, 08) mit Hilfe von (45, 34) den Gradienten
der Geschwindigkeit ein und benutzt (46,12), so gelangt man zu
2
a" = - p ~i' - - fl ~.i Op Vp + fl (Oi V,
3
+ Oi v,) (46, 13)

und

oder

Oj a" = - 0, p + fl 0i 0; Vi + -31 fl Oi 0, V,.


Aus (46, 02) folgt dann

die N avier-Stokessche Gleichung tür zähe Flüssigkeiten. Zusammen


mit der Kontinuitätsgleichung (45, 26) und der den Zusammenhang

1 Daß man durch eine bloße Festsetzung uber Ä verfugt, Ist sicher nicht
befnedlgend. Es scheillt aber, daß kein hinreichender anderer Grund fur
diesen Zusammenhang zwischen Ä und p, vorliegt, da man bei der Fest-
legung (46,12) noch zu keillem Widerspruch gekommen ist. Eille Druck-
messung in einer strömenden Flilsslgkeit liefert natürlich nur die Werte
von l1u ' I1SB und 1133 , die beim Aufhoren der Bewegung unabhängig von Ä
in den statischen Druck p übergehen.
roo III Anwendungen m Physlk und Techmk

zwischen p und (! darstellenden Zustandsgleichung der FlüssIgkeIt


beschreibt sie die allgemeine Bewegung der zähen Flüssigkeit.
Für spezielle Bewegungen ist dann noch die Angabe der Rand-
bedingungen notwendig. Die Navier-Stokessche Gleichung ist
nicht linear und von kompliziertem Bau. Die Ermittlung von
Lö"ungen gelingt nur unter vereinfachenden Annahmen.

2. Die Eulersche Gleichung. Man spricht von einer reibungslosen


Flüssigkeit, wenn die Zähigkeit verschwindet, also !t = 0 gilt.
Dann folgt aus (46, I4)

die Eulersche Gleichung tür rezbungslose Flüssigkeiten. Sie geht


unter Benützung von (45, 23) in

V, + "2I 0, (v k ~'h·) + Vk B7)k B3PQ op Vq = g, - e


I
0, p (46, I6)

über. Handelt es sich noch um eine Potentialströmung, dann


verschwindet das letzte Glied der linken Seite und e" hleibt

V, + -2I 0, (vkt'k) = g, - - o,p.


I

e
Es kann aber auch die Strömung einer zähen Flüssigkeit
wirbelfrei sein. Um die für diesen Fall gültige Form der Navier-
Stokesschen Gleichung zu erhalten, formen wir die rechte Seite
von (46, I4) um, und erhalten zunächst
e (v, + V 3 03 v,) = eg, - 0, p + !t 0, (03 V, - 0, V 3) +
+ J.!l 0, 03 v J ;
3
wegen der Symmetne des Geschwindigkeitsgradienten yer-
schwindet der dritte Ausdruck auf der rechten Seite, '>0 daß für
die wirbelfreie Strömung einer zähen Flüssigkeit

4
.
V, + V, 03 V, = fi, - I
- 0, p + -- 0,0, v,
1ft

e 3 e
bleibt.
§ 46. Mechamk der Flüssigkeiten II (Hydrodynamlk) 101

Ist die Flüssigkeit außerdem noch inkompressibel, also


aiv, = 0, so geht (46,19) in (46, 15) und, da die Strömung wirbel-
frei ist, auch in (46, 17) über. Die Eulersche Gleichung (46, 15)
gilt also sowohl für die reibungslose Strömung einer kompres-
siblen als auch für die wirbelfreie Strömung einer nicht kompres-
siblen, aber zähen Flüssigkeit. Das besagt aber nicht, daß die
Strömungen tatsächlich identisch sein müssen, denn die Rand-
bedingungen können durchaus verschieden sein. Während bei
einer reibungslosen Flüssigkeit an der Begrenzung der Strömung
durch eine feste Wand die zur Wand senkrechte Komponente
der Geschwindigkeit verschwindet, muß bei einer zähen Flüssig-
keit auch die zur 'Wand parallele Komponente verschwinden, da
die Flüssigkeit an der Wand haftet. Gerade dieses Haften an der
Wand ist oft für den Unterschied der Strömungen der zähen und
der reibungslosen Flüssigkeit maßgebend. Die Reibung im Inneren
der Flüssigkeit ist bei vielen Flüssigkeiten so klein, daß man sie
im Inneren der Flüssigkeit vernachlässigen und, falls die anderen
Voraussetzungen zutreffen, dort mit der Eulerschen Gleichung
rechnen kann. Der Grundgedanke der von PRANDTL entwickelten
Grenzschichttheorie besteht nun darin, daß man die Zähigkeit
der Flüssigkeit nur in einer schmalen, der Begrenzung benach-
barten Schicht berücksichtigt, im Inneren der Flüssigkeit aber
vernachlässigt. Die von der Wand entfernte Strömung kann dann
als Potentialströmung behandelt werden.
Die Eulersche Gleichung (46, 15) ist eine nichtlineare Dif-
ferentialgleichung und die Ermittlung des Geschwindigkeits-
feldes im allgemeinen schwieriger als bei den Aufgaben der Poten-
tialtheorie ; vor allem ist es nicht möglich, Lösungen durch Super-
position zusammenzusetzen.

3. Die Bernoullische Gleichung. Wir bilden das Linien-


integral der Eulerschen Gleichung längs einer Stromlinie <l:. Wir
gehen dabei von der Form (46, 16) aus. Dann ist

J V, dx, +~ j' a,(vk t'k) dx, +J V k e"k e''J}q a'J} va dx, =

J J~
~ ~ ~

= g.dx, - aipdx,.
~ ~
102 III. Anwendungen in PhysIk und Techmk

Das letzte Integral links verschwindet, denn auf einer Stromlinie


ist dx, stets parallel zu Vi' Für das zweite Integral rechts finden
wir, da infolge der Zustandsgleichung die Dichte eine Funktion
e = e(P) des Druckes ist,

J~ Oi Pdx, = J d: = P.
Man nennt P das Druckpotential. Wir nehmen noch an, daß die
Massenkraft ein Potential U besitzt, d. h. daß gi = - 0, U und
folglich

J gidxi= - U

gilt. Dann können wir schreiben

J + ~J
<t
V, dx,
<t
d(Vk Vk) = - J J
<t
dU -
<t
dP

oder schließlich

J
<t
Vi dXi + Vk;k + P + U = konst. (46, 22)

Man nennt diese Gleichung manchmal die verallgemeinerte


Bernoullische Gleichung. Sie gilt längs einer Stromlinie einer nicht-
stationären Strömung einer reibungslosen Flüssigkeit, oder längs
einer Stromlinie einer nichtstationären wirbelfreien Strömung
einer zähen inkompressiblen Flüssigkeit. Die Konstante auf der
rechten Seite ist in einer nicht wirbelfreien Strömung sowohl
von Stromlinie zu Stromlinie als auch von Zeitpunkt zu Zeit-
punkt verschieden, bei der wirbelfreien Strömung aber nur zeit-
abhängig.
Die Gleichung (46,22) vereinfacht sich, wenn die Strömung
stationär ist. Man erhält dann die Bernoullische Gleichung zm
engeren Sinne

I~v' + p + U ~ kon't·1
Sie gilt in einer wirbelfreien und reibungslosen Flüssigkeit wie
auch in einer wirbelfreien, zähen und inkompressiblen Flüssigkeit
§ 46. Mechanik der Flüssigkeiten II (Hydrodynamlk) 103

für jede Linie, bei einer nicht wirbelfreien, aber reibungslosen


Flüssigkeit nur auf einer Stromlinie. (46, 23) ist eine der wich-
tigsten Beziehungen für die technischen Anwendungen.
4. Die Erhaltungssätze der Wirbel. Mit Hilfe von (46,20) und
(46, 21) läßt sich die Eulersche Gleichung (46, 17) für die Potential-
strömung in der Gestalt

Vi =- 0i (; v 2 + P + u)
schreiben. Bildet man auf beiden Seiten den Rotor, so erhält man

c"k 01 Vk =- ciik 0; 0k (~ v + P + u) .
2

Die rechte Seite verschwindet und da man auf der linken Seite
die Reihenfolge der Differentiationen vertauschen kann, folgt

Diese von LAGRANGE gefundene Beziehung sagt, daß eine Strö-


mung, die zu irgendeinem Zeitpunkt wirbelfrei war, stets wirbel-
frei bleibt. Voraussetzung dabei sind die oben angegebenen
Bedingungen für die Gültigkeit der Eulerschen Gleichung.
Wir führen nun durch
Vi = 0, rp (46, 25)
das Geschwindigkeitspotential rp ein. Die Gleichung (46, 22)
nimmt damit für wirbelfreie Flüssigkeiten die Form
. I
rp + - v 2 + P + U= j(t) (46, 26)
2
an. (46, 26) beschreibt zusammen mit der Kontinuitätsgleichung
(45, 26) und den Randbedingungen die Potentialströmung. Ist
die Flüssigkeit inkompressibel, so gilt für rp die Laplacesche
Gleichung
L1rp = 0

und es werden alle in § 27 erwähnten Verfahren zur Lösung


dieser Gleichung anwendbar.
Im Falle der Wirbelbewegung hat das Feld einen nicht ver-
schwindenden Rotor
III. Anwendungen m Physik und Techmk

den man die Wirbelung oder die Drehung der Strömung nennt.
Die q, bilden ein Vektorfeld, dessen Feldlinien als Wirbellinien
bezeichnet werden. Wegen
8, q, = 0 (46, 29)
können diese Wirbellinien im Endlichen nirgends enden, sie müssen
geschlossen sein oder ins Unendliche verlaufen.
Die Zirkulation über jede geschlossene Linie 1st von Null
verschieden. Wir suchen die Änderung der Zirkulation längs einer
geschlossenen Linie, die sich mit der Flüssigkeit mitbewegt, so
daß sie also immer aus denselben Flüssigkeitsteilchen besteht.
Deckt sich die geschlossene Linie zu irgendeiner Zeit mit der
Linie (!; und nach einer weiteren Zeit & mit der Linie (!;, so ist ein
Punkt S, von (!; dabei in den Punkt
S, = S, + v, öt (46,30)
übergegangen. An dieser Stelle herrscht die Geschwindigkeit

-
V, = V. + Tl
dVi -"
ut.

Die Zirkulation

T= ~V,dX'
ändert sich in die Zirkulation

T= ~ vidx,.
<r.
Dem Linienelement dx, auf der Kurve (!; entspricht dann das
Linienelement
dx, = dx. + 81J v, dX1J bt
auf (!;. Wir erhalten daher

F= ~ (v, + ~' bt) (dx, + 81Jv,dx1Jöt) =


(l:

= ~
~
[
v, d +
dx, VTi
, dx, bt -dt 81J v, dX1J. (-"ut )21.
+ v, 81J t', dX1J ut-" + dt',
(l:
§ 46. Mechamk der Flusslgkelten 11 (Hydrodynamlk) 10 5

oder

+ ~ ~~' dXi bt + ~ v, dv, (jt + rh ~' dv, (bt)2.


T= T
(l: (l:

Wir bemerken, daß das dritte Glied rechts


r
~ v, dv, CJt = ~ ~ d(v, v,) CJt
(l: G:

als Integral eines totalen Differentials über die geschlossene


Linie {l: verschwindet. Bilden wir nun

dT = lim T- ~,
dt 6t~O bt
so verschwindet auch der letzte Ausdruck auf der rechten Seite
von (46, 33) und es bleibt

dT = ~ dv, d
dt ~ dt X,.
G:
Hat die Massenkraft ein Potential U, dann ist nach

J dV i
-dx
dt '
=- U-p

und dieser Ausdruck verschwindet für eine geschlossene Lime.


Daher ist unter diesen Voraussetzungen
dT
Tt=o,
die Zirkulation längs emer mit der Flüssigkeit mitbewegten Linie
ist konstant. Wegen

j '. dx. ~/ '". a, '. df.


ist die Zirkulation gleich dem Fluß der Wirbellinien durch ein von
(l;berandetes Flächenstück jy und es ist somit auch der Wirbel-
fluß durch diese Fläche konstant. Läßt man die Linie zu einem
Punkt zusammenschrumpfen, so folgt aus (46, 35) noch
dq,
Tt=o,
106 111. Anwendungen in PhysIk und Techmk

d. h. die FlüssigkeItsteilchen behalten ihre Wirbelung bei. Wirbel-


freie Teilchen bleiben es für alle Zeit. Man nennt diesen Satz
den zeitlichen Erhaltungssatz der Wirbel, er wird auch als Satz
von HELMHOLTZ und THOMSON bezeichnet. Aus (46, 2q) folgt der
räumliche Erhaltungssatz der Wirbel: Die Zirkulation um eine aus
Wirbellinien gebildete Wirbelröhre ist längs der ganzen ge-
schlossenen oder ins Unendliche reichenden Wirbelröhre konstant.

§ 47. Vektorielle Doppelfelder I


1. Der Feldfaktor. In einem räumlichen Bereich ~ seien zwei
Vektorfelder
A, = A, (Xl' X 2 ' xa) und B, = B, (xv x 2 ' xa) (47, 01)
gegeben, die an jeder Stelle durch einen invarianten und im all-
gemeinen ebenfalls ortsabhängigen Faktor
A= A(Xl' X 2' xa), (47, 02)
die wir den Feldjaktor nennen wollen, so miteinander verknüpft
sind, daß an jeder Stelle

gilt. Wir nehmen dabei noch an, daß im ganzen Bereich ~ die
Größen A" B, und A mindestens zweimal stetig differenzierbare
Funktionen der x, sind und außerdem, daß in ~ überall A -=1= 0
ist; dann ist in ~ überall entweder A > 0 oder A < 0. Solche
Doppeljelder treten in den physikalischen Anwendungen häufig
auf; typische Beispiele sind: Das elektrostatische Feld mit der
elektrischen Feldstärke, der elektrischen Verschiebung und der
Dielektrizitätskonstanten als Feldfaktor ; das magnetostatische
Feld mit der magnetischen Induktion, der magnetischen Feld-
stärke und der Permeabilität; das elektrische Strömungsfeld mit
der elektrischen Feldstärke, der Stromdichte und dem spezifischen
Widerstand sowie schließlich das thermische Feld mit der Wärme-
stromdichte, dem Temperaturgradienten und der Wärmeleit-
fähigkeit. Daneben gibt es auch noch andere Fälle, wo an Stelle
des Feldfaktors ein Tensor zweiter Stufe tritt, so daß B. = Al] A J
ist und solche Fälle, wo drei und mehr Feldgrößen miteinander
verknüpft sind. Wir wollen hier aber unsere Betrachtungen
auf die durch (47,03) charakterisierten einfachsten Doppelfelder
beschränken.
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I I07

Das Besondere an den erwähnten Doppelfeldern der Physik


ist nun, daß sich die Angaben über die felderzeugenden Quellen
und Wirbel nicht auf eine der beiden Feldgrößen beziehen, sondern
daß immer die Quellen des einen und die Wirbel des anderen Feldes
vorgeschrieben sind. Ist A. im ganzen Feldbereich konstant,
so lassen sich die Angaben über das eine Feld durch einfache
Multiplikation mit A. oder I/A. auf das andere Feld umrechnen
und man kann alle Erkenntnisse und Verfahren der Theorie der
einfachen Vektorfelder anwenden. Ganz anders liegen die Dinge
aber, wenn A. im Feldbereich nicht konstant ist, was wir im fol-
genden stets annehmen wollen. Es treten dann gewisse Schwierig-
keiten auf, die zum Teil der Grund dafür gewesen sein mögen,
daß man diese Doppelfelder bisher in den einzelnen Teilgebieten
der Physik getrennt behandelt hat, ohne darauf hinzuweisen,
daß viele Abweichungen gegenüber der Theorie der einzelnen
Vektorfelder aus der Tatsache folgen, daß es sich eben um Doppel-
felder im oben beschriebenen Sinne handelt. Das mag mitunter
zu der irrigen Ansicht führen, daß es sich bei diesen Besonder-
heiten um spezifische Eigenschaften der gerade betrachteten
physikalischen Probleme handelt. Es erscheint daher zweckmäßig,
die mathematische Theorie der Doppelfelder zu entwickeln und
so das allen diesen Feldern Gemeinsame aufzuzeigen.
Der einfacheren Ausdrucksweise halber unterscheiden wir
die beiden Felder als A-Feld und B-Feld und verwenden die
Bezeichnungen nach folgendem Schema:
A-Feld B-Feld
Feldvektor Ai B,
Divergenz a = oi Ai b = 0, Bi
Rotor IX, = 8i'k 0; A k ß, = 8.,k Oj Bk
Skalares Potential U X} fall~
Vektorpotential W, Zi vorhanden.
Wir nehmen ferner an, daß die Wirbel des A-Feldes und die
Quellen des B-Feldes vorgeschrieben sind, wobei natürlich auch
die Wirbel des A-Feldes oder die Quellen des B-Feldes ver-
schwinden können. Wir unterscheiden demgemäß 4 Fälle, nämlich
I II III IV
8.ikOjAk=IX.= 0 0 -::/=0 -::/=0
0; Bi = b = 0 -::/= 0 0 -::/= o.
lOt! III. c\nwendungen 111 PhysIk und Tecllluk

Es sind noch andere Fälle denkbar, nämlIch daß dIe WIrbel oder
Quellen beider Felder vorgeschrieben sind oder daß Wirbel und
Quellen von nur einem der beiden Felder gegeben sind; diese
Fälle sind aber entweder physikalisch ohne Bedeutung oder sie
lassen sich leicht auf den Fall des einfachen Vektorfeldes zurück-
führen.
Aus (47, 03) folgt für den Rotor des B-Feldes
ß, = El}k 0) Bk = AE uk 0J A k + A'cEuk 0J A,
bezeIchnen WIr mit
A,= 0,1.
den GradIenten des Feldfaktors, so wird
ß, = AIX, +
A",. E'JkA)

Daraus folgt, daß zu einem wirbelfrelen A-Feld im allgemeinen


ein Wirbelfeid als B-Feld gehört. Eme Ausnahme tritt nur ein,
wenn A, parallel zu A, ist, d. h. wenn A, an jeder Stelle senkrecht
auf den Niveauflächen des Feldfaktors steht. Ein solcher Fall liegt
z. B. im Feld eines Plattenkondensators vor, wenn der Raum
zwischen den Platten mit zu den Platten parallelen Schichten
ausgefüllt ist, die aus verschiedenem Material bestehen können.
Man spricht dann auch von geschichteten Feldern.
Für die Divergenz des B-Feldes folgt aus (47, 03)
b = 0, B, = A 0, At + A, 0, A
oder
b = Aa + A,A, (47,06)
Verschwinden die Quellen des A-Feldes, so 1st 1m allgemeinen
das B-Feld ein Quellenfeld. Eine Ausnahme tritt nur dann ein,
wenn der Feldvektor A, dIe Niveauflächen des Feldfaktors
berührt.
2. Das wirbel- und quellenfreie Doppelfeld. Abgesehen vom
Existenzproblem, das wir hier nicht behandeln, ist die erste Frage,
die sich uns aufdrängt, ob ein Doppelfeld durch die Angabe der
Wirbel des einen und der Quellen des anderen Feldes und durch
entsprechende Randbedingungen überhaupt eindeutig bestimmt
ist. Wir behandeln zunächst den Fall I des wirbel- und quellen-
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I 109

freien Doppelfeldes, d. h. wir nehmen an, daß das A-Feld wirbelfrei


und das B-Feld quellen frei ist. Wegen (x, = 0 hat das A-Feld
ein Potential U, so daß
A, = 0, [J

ist Dann wird


b = 0, B, = 0, (AA,) = 0, (). 0, U). (47,08)
Für das wirbel- und quellenfreie Feld gilt dann die der Laplace-
schen DifferentialgleIchung entsprechende Gleichung

1°, (A 0, U) = I 0 (47,09)
oder ausführlich

Jede Lösung dieser Differentialgleichung stellt das Potential des


A-Feldes eines wirbel- und quellenfreien Doppelfeldes dar.
Die Theorie der einfachen Vektorfelder baut sich vollständig
auf die Laplacesche und die Poissonsche Differentialgleichung
und die speziellen Eigenschaften der Lösungen dieser Differential-
gleichungen auf. Insbesondere setzen alle Beweise über die Ein-
deutigkeit der Lösungen, die Lösungsverfahren bei bestimmten
Randbedingungen usw. stets die Gültigkeit der Laplaceschen
Gleichung voraus. Da nun, wie (47,09) zeigt, die grundlegende
Differentialgleichung für die Doppelfelder eine andere Form hat,
so bedarf es einer besonderen Untersuchung darüber, welche von
den bei einfachen Feldern gewonnenen Vorstellungen auch bei
Doppelfeldern anwendbar sind. Wir werden sehen, daß viele
Eigenschaften bestehen bleiben, während in anderen Fällen Ab-
weichungen eintreten, die natürlich insofern Verallgemeinerungen
darstellen, als sie für den Fall A = konst. auf Eigenschaften ein-
facher Felder führen müssen.
Wir zeigen zunächst, daß ein wirbel- und quellenfreies Doppel-
feid überall verschwindet, wenn U am ganzen Rand 0: des be-
trachteten Bereiches !B verschwindet. In der ersten Greenschen
Formel (26,30)

~ (/J 0, lJI dti =


3'
I
jlJ
(/J 0, 0, lJI dV + I
jlJ
Gi (/J 0i lJI dV (47, II)
IIO III. Anwendungen In Physlk und Techmk

setzen wir
(/) = A U und lJf = U,
so daß

~A U 0, Udl.=
J J
ß'

= [A U 0, 0; U + Oi (A U) 0, UJ dV = 0, (A U 0, U) dV
~ ~

oder

cf)). U Gi U dli = JU 0, (A 0, U) dV + JA0i U 0. U dV (47, I2)


l ~ ~
wird. Die linke Seite von (47, 12) verschwindet, weil U = 0 ist
auf tr. Das erste Integral rechts verschwindet wegen (47, 09)
und es bleibt

~
J AAiA,dV = o.

Wegen A =1= 0 folgt aus (47, I3), daß A, im ganzen Bereich )8


verschwindet. Wir bemerken noch, daß das auch gilt, wenn auf tr
nicht U, sondern die Normalprojektion Ai Vi verschwindet, denn
dann verschwindet auch 0, U dl, überall auf tr. Es gilt somit
auch für das wirbel- und quellenfreie Doppelfeld, daß der ganze
betrachtete Bereich leldlrei ist, wenn an seiner Berandung entweder
das Potential U oder die Normalprojektion des A-Feldes verschwindet.
Da das Hinzufügen einer additiven Konstante zu U keinen Bei-
trag zum Feldvektor liefert, so gilt die obige Behauptung auch
noch, wenn U auf tr überall konstant ist.
Wir können in ähnlicher Weise, wie dies bei der entsprechenden
Beweisführung für einfache Vektorfelder geschieht, unter gewissen
einschränkenden Annahmen den oben hergeleiteten Satz für ein
allseits ins Unendliche reichendes Doppelfeld erweitern.
Wir denken uns dazu die geschlossene Fläche tr in eine Kugel .R
mit dem Radius R, deren Mittelpunkt im Innern von tr liegt,
eingeschlossen. Für den Bereich )8 zwischen tr und der Kugel
gilt dann nach (47, I2)
§ 47. Vektorielle DoppeHelder I III

~ A U Aid/i + ~ A U Aid/.
~ ~
= f
~
AAiAidV. (47,14)

Das erste Integral verschwindet wegen U = 0 oder Ai d/, = o.


Wir nehmen an, daß sich die Funktion U längs jeder durch den
I
Mittelpunkt von .R gehenden Geraden durch eine Potenzreihe in R
in der Gestalt
00

U -R
-~~~ > 0,
R' n __
n .=0 •
darstellen läßt. Dabei sind die a. unabhängig von R, hängen
aber von der Richtung der Geraden ab. Es ist dann
dU = __
1 _ ~a.(n+v).
(47,16)
dR Rn+! ~ R'
Wir nehmen ferner an, daß sich der Feldfaktor ebenfalls durch
eine Potenzreihe
1 _ _ _1- ~ _bI'
11. ~ (47,17)
Rm l'=oRI'
darstellen läßt. Drücken wir noch das Flächenelement auf der
Kugel .R durch den Radius und durch das Differential dw des

f ~~ ~
Raumwinkels waus, so finden wir schließlich

,r.,
':}/
A U A d/
"
= _ 1
R2n-l+m ~ RI' ~ R" ~
a" ~ a.(n + v) d .
R' w
~

Wächst nun R über alle Grenzen, so reduzieren sich die Potenz-


reihen unter dem Integral auf Konstante und das Integral ver-
schwindet, wenn

oder
1-m
n>-- (47, 18)
2

ist. Wir zeigen noch, daß (47, 18) immer erfüllt ist, selbst wenn m
negativ sein sollte. Wenden wir den Gaußschen Satz auf den
Bereich ~ zwischen \Y und der Kugel .R an, so folgt
112 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

~J..o, Udl, =
ö:ft

=
ff
~ J.. Oi U dl; + ~ J.. 0, [T dl, =
ft
I
'B
O,(J.. 0, U) dV = 0,

denn in ~ gilt (47,09). Das Integral über 3' liefert einen endlichen
Wert K und daher ist

~ J.. 0, U dl, = - K. (47,20)


ft

Setzen wir die Potenzreihen fur J.. und dU ein so folgt


dR '

~_I_j' ~ ~ ~av(n+ v) d = K
Rn+m-I ~ R" ~ RV OJ •

Für R ->- 00 reduzIeren sich die Potenzreihen auf Konstante und


aus (47,21) folgt, daß stets

1l>I-m (47,22)
1st, so daß (47, 18) für alle m < I erfüllt ist. m beeinflußt aber die
Größenordnung (des Verschwindens) von U im Unendlichen.
Wenn J.. bei wachsender Entfernung zunimmt, so wird dies durch
eme stärkere Abnahme von U ausgeglichen. Wenn nun (47,18)
auf alle Fälle gilt, dann verschwindet die linke Seite von (47, 14)
bei zunehmendem Radius der Kugel.R und (47, 14) geht in (47, 13)
über, womit also gezeigt ist, daß es kein unendlich ausgedehntes
wirbel- und quellenfreies Doppelfeld gibt. Wenn Doppelfelder in
gewissen Bereichen wirbel- und quellenfrei sind, dann müssen
außerhalb dieser Bereiche Quellen des B-Feldes oder Wirbel
des A-Feldes vorhanden sein. Wenn das A-Feld im ganzen un-
endlichen Raum wirbelfrei ist, dann mussen außerhalb des wirbel-
und quellenfreien Bereiches immer Quellen des B-Feldes vor-
handen sein, obwohl man nach (47, 06) vermuten könnte, daß auch
bei verschwindenden Quellen des B-Feldes felderzeugende
A-Quellen allein vorhanden sein könnten. Mit anderen Worten
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I II3

heißt das, daß bei physikalischen Feldern die bloße Anwesenheit


von Materie nicht genügt, um ein Doppelfeld zu erzeugen l .
3. Eindeutigkeit. Als nächstes zeigen wir, daß man durch ge-
eignete Randbedingungen ein wirbel- und quellen freies Feld
eindeutig bestimmen kann. Wir wollen diesen Beweis gleich für den
Fall des allgemeinen Feldes erbringen, für das die Quelldichte b
des B-Feldes, die Wirbeldichte ex, des A-Feldes und die Randwerte
der Normalprojektion eines der Felder, z. B. A, v, = An gegeben
sind. Wir nehmen an, es gäbe zwei Doppelfelder A" Bi und
A" Bi> für welche
e"k Gi A k = e"k Gi A k = ex"
Gi Bi = Gi Bi = b
und
Ai Vi = A, V, = An

gilt. Für die Differenzfelder


C,=A,-A,
und
D,= B,- Bi
findet man dann

und am Rand
CiV, = o.
Dann verschwindet das Doppelfeld C" D, nach dem oben Gezeigten
und damit sind die Doppelfelder A" Bi und Ai' Bi identisch.
Der Beweis verläuft analog, wenn bei verschwindendem 0(, oder b
am Rand die Werte von U oder des Vektorpotentials Z, von B,
vorgeschrieben sind.

AA
I Fur b = 0 folgt aus (47,06) a = - - '-'. Man könnte daher ver-
;.
muten, daß ;. cF 0 und A, cF 0 ausreIchen, um em Feld hervorzubnngen,
ohne daß B-Quellen und A-Wlrbel vorhanden smd. Es wurde dann ge-
nugen, m den unendhchen ladungsfreIen Raum eme Matene mit e cF I zu
brmgen, um em elektnsches Feld zu erhalten, was naturhch nicht zutnfft.
Noch deutlicher Ist VIelleIcht der Fall des Warmefeldes: DIe EXIstenz von
Stoffen verschIedener WarmeleItfahlgkeIt ergIbt noch kein Temperaturfeld.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung III, 2 Aufl 8
111. Anwendungen In PhysIk und Techmk

4. Die Greensehe Funktion. Bei der Berechnung der einfachen


Vektorfelder aus den Randbedingungen bedient man sich der
Greenschen Funktion G(P" x,), die das Potential im Punkt x,
darstellt, wenn im Punkt P. eine Punktquelle mit der Quellstärke I
angeordnet ist und das Feld im betrachteten Bereich ansonsten
quellen- und wirbelfrei ist, während auf dem Rand G(P" Xi) = 0
ist. Die Greensche Funktion für den unendlichen Raum ist dann
nach (28, 49)
I I
G(P" x,) = - -r = - Ip i-Xi I .
Da bei den Doppelfeldern die Potentialgleichung (47,09) gilt,
wird bei diesen Feldern die Greensche Funktion für den unend-
lichen Raum im allgemeinen anders aussehen als (47,23) und ins-
besondere vom Feldfaktor A abhängen. Die spezielle Greensche
Funktion g(P" x.) sei das Potential des A-Feldes im unendlichen
Raum, wenn sich im Punkt p, eine Quelle der Quellstärke I des
B-Feldes befmdet; g(P" x,) verschwinde 1m Unendlichen. Im
ganzen Raum, außer in p" gilt somit
O.(A 0, g) = o.
Für das spezielle Feld gilt
A, = o,g
und
B, = A o,g.
Legen wir um den Punkt p, eine geschlossene Fläche \J, so ist der
Fluß von B. durch \J gleich

1B,dl' ~ j AO,gdl,· (47.251

Wir setzen WIe bei einfachen Vektorfeldern diesen, als ErgIebigkeit


der Quelle bezeichneten Fluß gleich dem 4 n-fachen der in unserem
Fall mit der Einheit angenommenen Quellstärke, so daß also

~A oigd!i = 4n (47,26)
ß'
wird. Durch (47,24)' (47,26) und die Randbedingung im Un-
endlichen ist g(P" x,) eindeutig bestimmt.
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I

Das Ziel unserer weiteren Rechnung ist die Aufstellung einer


allgemeinen Formel, welche die Berechnung des Potentials U in
einem beliebigen Punkt aus den Randwerten von U oder A, v,
auf der Begrenzung des Feldes gestattet. Wir leiten zunächst
eine den beiden ersten Greenschen Formeln ähnliche Formel her,
die wir als dritte Greensehe Formel bezeichnen wollen!. Aus dem
Gaußschen Satz folgt, wenn .1, Wund P mindestens zweimal
stetig differenzierbare Ortsfunktionen sind

p W .1 G, P dji = J [W G,(.1 Gi P) + .1 Gi W G, P] dV,

P P.1 G, W dj, = J [P G,(.1 G, W) + .1 Gi W Gi lJf] dV


und daher

P .1 (W G, P - P Gi W) dj, = J [WG; (.1 Gi P) - P Gi (.1 G, W)] dV.

(47,27)
Wir denken uns nun eine Funktion U gegeben, für die (47, 09) in
allen Punkten des Bereiches gilt. Wir wählen einen Punkt p,
und umgeben ihn mit einer geschlossenen Fläche ~' und diese
wieder mit einer größeren geschlossenen Fläche~. Auf den durch
~' und ~ begrenzten Bereich ~ wenden wir nun (47, 27) an, indem
wir Q> = U und P = g setzen. Wir erhalten mit Rücksicht auf
die Orientierung der Normalen

- rf) .1(U Gi g -
~
g 0i U) dji + J~.1(U Gi g - g Gi U) dji =

= J
~
[U 0,(.1 0, g) - g 0,(.1 G; U)] dV. (47,28)

Die rechte Seite verschwindet, da in dem betrachteten Raum


(47,09) sowohl für g als auch für U gilt. Es bleibt

I Als dntte Greensche Formel wIrd oft auch die Relation (28, 09)
bezeichnet.
8*
116 IU. Anwendungen m PhysIk und Techmk

~ J...U 0, g dl, -
;Y
P
0"
J... g 0, U dl, = rh
1
J...(U 0, g - g 0, U) dl,· (47, 29)

Lassen wir jetzt (3" sich auf den Punkt p, zusammenziehen, so


ist zunächst wegen (47, 26)

lim JJ... U o,gdl, = 471: U(P,)·


1\"-+0
1\"
Aus (47, 26) folgt ferner, daß 0, g wie r- 2 gegen Unendlich geht,
denn weil dl, wie r 2 verschwindet, kann das Integral nur so einem
endlichen Grenzwert zustreben. Da J... g aber bei Annäherung an
p, wie r- 1 unendlich wird, ist also

lim
1\"-+0
J
1\"
J... g dl, = o.

Da nun voraussetzungsgemäß o,U im ganzen Raum beschränkt


bleibt, so verschwindet tatsächlich das zweite Integral auf der
linken Seite von (47,29). Zusammen mit (47, 30) erhalten wir also

471: U(P,) = P
0'
J... (U 0, g - g 0, U) dl,·

Wir wählen nun eine beschränkte Funktion H(P" x,) so, daß sie
im ganzen Bereich die Bedingung (47,09) erfüllt und daß auf (3'
entweder H + g oder der Gradient davon verschwindet, je nach-
dem, ob dort das Potential oder die Normalprojektion von A,
gegeben sind. Es ist dann nach (47, 27)

P
lY
J...(U o,H -H 0, U) dl, = J [U o,(J...o,H) -H o,(J...o,U)]dV =0

und zusammen mit (47,3I)

471: U(P,) = P
lY
J... U o,(H + g) dl, = P
1\'
J... U o,Gdl" (47,3 2 )

wenn H + g auf (3' verschwindet. Somit ist


G(P" x,) = H(P" x,) + g(P" x,)
§ 47. Vektonelle Doppelfelder I

die zur Fläche 3' gehörige Greensche Funktion. Die Formel


(47,32) stimmt bis auf den Faktor A formal mit der entsprechenden
Formel für einfache Vektorfelder überein, doch ist hier die Green-
sche Funktion G jene Potential verteilung, die bei dem vorhandenen
A-Feld entsteht, wenn in p, eine B-Quelle der Ergiebigkeit (Fluß)
4 n angeordnet wird und auf 3' das A-Potential verschwindet.
Eine interessante Frage ist, ob die Symmetrie der Greenschen
Funktion in p, und Xi auch bei einem beliebigen Feldfaktor A
erhalten bleibt. Es ist das tatsächlich der Fall, wie man ähnlich
wie in § 27 zeigen kann. Bringen wir in p, eine Quelle an, dann
ist die zugehörige Greensche Funktion
GI = H(P" x,) + g(P" X,) = G(P" Xi)'
Ist in q, eine Quelle vorhanden, dann gehört dazu die Potential-
verteilung
G2 = H(q" x,) g(q" Xi) = G(q" X,). +
Wir umgeben die beiden Punkte mit je einer geschlossenen Fläche
3'1 und 3'2 und wenden (47, 27) auf den Bereich zwischen den
beiden Flächen und dem Rand 3' von jE an. Es ist

~ A(GI 0, G2 - G2 0, GI) dj, =

J
1)', + 1)',+ I)'

= [GI o,(A 0, G2 ) - G2 O,(A 0, GI)] dV.

Das Volumsintegral verschwindet, weil außerhalb von Pi und q,


sowohl GI als auch G2 die Potentialgleichung (47, 09) erfüllen.
Es ist # = 0, ferner
11'

~ ~ A[H(P"= x,) + g(P" x,)] 0iG2dl,-


1I't 1)',

- ~ Ar H(q" x,) + g(qi' x,)] Oi GI dl,·


1:1',
Ziehen wir 3'1 auf p, zusammen, dann verschwinden alle Ausdrücke
bis auf
II8 IH. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Ebenso ist

und damit
G(P., q.) = G(q., P.)·
Selbstverständlich gilt ebenso
g(p., qi) = g(q., Pi)·
Um eme Anwendung von (47, 32} zu zeIgen,
behandeln wIr das emfache BeIspIel emes em-
dImensIOnalen Feldes mIt veranderlIchem Feld-
1 .Z' faktor A. ZWIschen zweI unendlIch ausge-
o dehnten ebenen Platten Im .-\bstand I andere
Abb. 14 sIch A nach dem Gesetz

wenn x dIe Koordmate senkrecht zur Plattenebene darstellt (Abb. 14).


Auf den Ebenen x = 0 und x = I sei U = 0, bzw. U = I. Alle Großen
ändern sIch nur mit x und smd In den zur x-Achse senkrechten Ebenen
konstant. Fur dIe BestImmung der Greenschen FunktIon der Anordnung
ISt dann dIe Punktladung Im Punkt P. durch eme Quellenebene Im Ab-
stand P zu ersetzen. DIe gesamte ErgIebIgkeit dIeser Ebene ist unendlIch.
WIr betrachten aber nur emen TeIl der Ebene und setzen die ErgIebIgkeIt
dIeses BereIches gleich 2. Bel gleIchmäßIger VerteIlung der FlußdIchte B,
auf der Ebene, beispIelsweise wenn P = 1/2 , ISt nämlIch dIe ErgIebIgkeIt
proportIonal dem von B. durchsetzten Querschmtt, der sIch nach belden
Selten jedesmal mit der Flachenemhelt ergIbt. DIe Formel (47, 32) mmmt
dann fur dIesen Fall dIe Form

2 U(P) = JAU oG df = - Ao Uo (dG) + Al UI (dG)


ox dx 0 dx 1

an. Fur G gilt (47, 09); wenn wIr nur dIe Abhanglgkelt von x beruck-
sichtIgen, folgt

d 2G dG dln).
-+---=0.
dx 2 dx dx

dG
WIr setzen - = Y, so daß
dx
dY dlnA
._+ Y--- = 0
dx dx
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I II9

oder
I(
y=-
A.
wird. Daraus folgt

und wegen (47,35)

G = K J
(I
dx
+ X)2 = - 1
K
+ X + C.
Wir erhalten zwei verschiedene Darstellungen für G, namlich GI fur
o ~ x ~ p und G2 fur p ~ x ~ I, die aber zusammen die Greensche
Funktion der Anordnung bilden. Aus den Randbedmgungen folgt fur das
erste Intervall
x =0, G=o,

und fur das zweite

x = I, G =0,

daher ist

GI = - K I (_I - I)
I+X

und

Das A-Feld der Greenschen Funktion ist durch

und

gegeben und fur das zugehonge B-Feld fmden Wir

die Ergiebigkeit ist


120 III. Anwendungen m Physik und Tech111k

wegen der verschiedenen Onenherung der Normalen. BeruckslChhgen wir


noch, daß sich fur das Potential der Ebene m p derselbe V'lert crgeben
muß, ob wir nun von rechts oder von lmks kommen, daß also

sem muß. Es stehen uns zwei Gleichungen fur 1<t und 1<2 zur Verfugung
Wir fmden daraus
p- I 4P
1<=2--- und 1<2 = ----
1 I P+ P+1
und somit für die Teile der Greenschen FunktIOn

, x p- 1 p X-I
G1 = 2----- und G2 = 2 ------.
1-r- X P+1 1+PX+1
\"1IC zu erwarten, Ist die gesamte Greenschc FunktIOn symmetnsch 111 P
und x, wobei Im vorliegenden Fall GI und G 2 mJte1l1ander vertauscht werden
Abb. 15 zeigt dIe Potenhalver-
teilung fur dIe Falle p = 1/4, P = 1/2
und P = 3/ 4,

1 -

L-~~-L~-c.~,sr-L-~-L-L~,--ß

Abb. '5 Abb .• 6

Xach (47, 36) konnen WIr Jetzt dIe Potenhalverteilung fur die Rand-
bedmgungen x = 0, U = 0 und x = 1, U = 1 berechnen. Es bleibt nur
der letzte Ausdruck von (47,36), der wegen (47,41) 111

4P 1 4P
2 U(P) = 4--- =--
P+14 P+I
ubergeht. Es ergibt SIch die 111 Abb 16 dargestellte Verteilung. Fur da~
A-Feld gIlt
dG- 2
A = - = -----.--
dp (P I- 1)2
und fur das B-Feld n = 2.
§ 47. Vektonelle Doppelfelder I 121

Naturlich laßt siCh das behandelte Feld dIrekt viel emfacher berechnen.
B
Da das B-Feld quellenfrei 1St. muß B = konst. sem, A
und =-
1 Ä
f A dx = U = 1. Man kann auch von der auch fur U geltenden Losung
o
(47,39) von (47,09) ausgehen und dIe Konstante aus den Randbedmgungen
gewmnen. Uns war es hier nur darum zu tun, m emem emfachen, leIcht
uberbhckbaren Fall dIe Anwendung der Greenschen FunktIOn zu zeIgen.

5. Leitfähigkeit und Kapazität. Eine wichtige Größe bei den


Anwendungen der Doppelfelder ist das Verhältnis des gemein-
samen Flusses der B-Linien zwischen zwei auf verschiedenem A-
Potential befindlichen Flächen zu deren PotentialdIfferenz in einem
wirbel- und quellenfreien Doppelfeld. Im
thermischen Feld ist es das Verhältnis des
Wärmeflusses zur Temperaturdifferenz, im
elektrischen Strömungsfeld das Verhältnis
des Stromes zur Spannung und im ma-
gnetostatischen Feld das Verhältnis des In-
duktionsflusses zur magnetischen Spannung.
In allen diesen Fällen spricht man von der
Leitfähigkeit. Im elektrostatischen Feld
nennt man das Verhältnis des Flusses der
elektrischen Verschiebung zur Spannung die Abb. '7
Kapazität der beiden Flächen.
Der einfachste Fall ist der, bei dem das Feld durch Flächen (jl>
(j2 und 9Jl begrenzt ist (Abb. 17), wobei diese drei Flächen zu-
sammen eine geschlossene Fläche bilden, ohne daß (jl und (j2
gemeinsame Punkte besitzen. Auf jeder der beiden Flächen (jl
und (j2 herrsche konstantes Potential, während auf 9Jl die Normal-
projektion des B-Feldes verschwinde. Es sei G die zugehörige
Greensche Funktion, die auf (jl und (j2 den Wert Null annimmt,
während auf 9Jl die zugehörige Normalprojektion verschwindet.
Das Potential im Punkt p, ist dann, wenn beide Normalen in die
Richtung von (jl zu (j2 weisen,

U(Pk) = 4n ~ J
11',+11',
. =
A(Xk) U(Xk)O. G(Pk' Xk) df,

- ~JA lr oiGdf. + 4n
4n
~JA Uo,Gdf,·
11', 11'.
122 III. Anwendungen m Physik und Techmk

Da in ~ das Potential konstant ist, wenn es auf dem Rand von ~


konstant ist, so gilt

Ü= - -
9 rJ' AÜ a, G dl, + -rJ")
<'
AÜ a, G dl,
4:Tl 4:Tl
11', 11'.
und wenn wir yon der vorhergehenden Gleichung subtrahieren

U(Pk) - U= - ~ (U - [l) JA a, Gdl,·


4:Tl
3",
Für den Feldvektor des A-Feldes finden wir

2 1 _
dabei haben wir die PotentIaldifferenz U - U = U gesetzt. Der
Fluß des B-Feldes durch die Fläche 0'2 ist nun

J' B d = Ü
,cp, 4:Tl
J A( ) d
P" ~
cp, ap,
J' A( Xk) aG(Pk'
aX x J
k) dj
J

I"r. I"r. I"r,


(dcp, ist das Flächenelement auf 0'2)' wofür wir auch

'
•/ B, dcp, = 4:Tl
Ü J J" dcp, t,(P,J A(X~)
a G(Pk'ax} - dj,
ap, 2 Xk)

ty, I"r, I"r,


schreIben können. Für die Leitfähigkeit A 12 erhalten WIr also

Die Herleitung von (47,49) bleibt formal ungeändert, wenn wir


annehmen, daß 0'1 und 0'2 geschlossene Flächen sind, während
das Feld im übrigen unbegrenzt ist. Die vollständige Symmetne
im Aufbau von (47,49) zeigt, daß man 0'1 und 0'2 vertauschen
darf. Das doppelte Auftreten des Feldfaktors könnte den Em-
druck erwecken, daß die Leitfähigkeit dem Quadrat des Feld-
faktors proportional sei. Das ist aber nicht der Fall, weil G dem
Feldfaktor umgekehrt proportional ist.
§ 47. Vektonelle Doppelfelder I r23

Wir erkennen das im Fall A = konst. Aus der mit (47, 26)
getroffenen Festlegung der Ergiebigkeit bei der Berechnung der
Greenschen Funktion ist im allgemeinen

J AiJ,Gdj,=4 TC

und bei konstantem A

J iJ,Gdj, = 4;.
Da bei A = konst. (47,09) in die Laplacegleichung übergeht,
I
ist G bis auf den konstanten Faktor T identisch mit der Green-
schen Funktion des einfachen Vektorfeldes. Bei konstantem A
ändert sich daher die Leitfähigkeit nur mit der ersten Potenz
von A.
Wir zeigen die Anwendung von (47, 49) m dem oben behandelten Fall
des emdimensionalen Feldes. Da alle Großen auf den zur x-Richtung
senkrechten Flächen konstant sind und die Große der Flachen gleiCh der
Emheit ist, verbleibt

r iJ2G (P, x)
A = - Ä(P) Ä(x) --~ ,
2 iJpiJx
r r
wobei - an Stelle des Faktors - tntt. Auf der emen Flache ist p = r, auf
2 43l;
der anderen Flache x = 0 zu nehmen. Für den gemischten Differential-
quotienten finden Wir

iJ2G (P, x) 2 2

iJp iJx (r + X)2 (r + p)2


und wenn Wir einsetzen

r 2 2
A =-Ä(r)Ä(o)~~~ =
+ 0)2 +
2
2 (r (r r)2
Zu dem gleichen Ergebrns kommen wir, wenn Wir von B = konst. = 2
ausgehen. Dann ist auch der Fluß gleich 2 und damit auch A.
Das gleiche Verfahren können wir auch für den Sonderfall
des langgestreckten Leiters anwenden. Darunter versteht man
einen längs einer Kurve (l:; angeordneten Bereich, dessen zu (l:;
senkrechter Querschnitt an jeder Stelle klein ist im Vergleich zum
111 Anwendungen m PhysIk und Techlllk

Krümmungsradius der Kurve. Ferner ist vorausgesetzt, daß A


nur im Innern einen von Null verschiedenen Wert hat, außerhalb
des den Bereich begrenzenden zylindrischen Mantel:, m aber ver-
schwindet. Auf m gilt dann so wie bei der Herleitung von (47,49)
B, v, = o.
Infolgedessen 1st der Fluß in der ganzen von IDI eingehüllten
Röhre konstant. Ist Q der Querschnitt an einer Stelle s von Ci:
und e, der darauf senkrecht stehende Einsvektor, dann ist
B, e. Q = konst. = ].
Somit ist

J
A,e'=AQ
und die PotentIaldIfferenz auf einem Stück von der Länge L

und
I
A=-L-· (47,5 0 )

J~
AQ
o
Den reziproken Wert

J:~
L

R= (47, SI)
o
nennt man den Widerstand des Leiters. Für A Q = konst. geht
(47, SI) in das Ohmsche Gesetz

R= ~
AQ
(47,52)

liber.
Es bleibt noch der Fall zu behandeln, bei dem mehrere als
Leiter bezeichnete Körper in den Raum des ansonsten ins Un-
endliche reichenden Feldes eingebettet sind Die n geschlossenen
§ 47. Vektorielle Doppelfelder I I25

Flächen, welche die Oberflächen der Leiter darstellen, nennen


wir lJl bis lJn' Die Bezeichnung Leiter stammt daher, daß man
annimmt, daß in ihnen A viel größer ist als im übrigen Feld. Im
Grenzfall A = 00 herrschen dann auf den Leitern die konstanten
Potentiale U 1 bis U n' In einem beliebigen Punkt p, des Feldes
ist das Potential nach (47,32) wegen der in die Leiter hinein-
weisenden Normalen

U(P,) = -~
4n
J
J
3\ + 5,· . + 5n

I n aG
= - - ~ Uk A-,,-dt,·
4nk=1 uX,
5k

t: U JA aGax, dt,
Für das B-Feld gilt

au I a
B, = A(Pz) ap, = - 4 n A(Pz) apJ k

6k
J m durch lJm (mit dem Flächenelement dfIJ,)
JJ
und für den Fluß

Jm = J
5m
BJdfIJ, = -
~ U/, 4In
f"
5m
dfIJ,
1\'k
A(Pz) A(Xz) ap, ax:-
a2G(Pz, Xz)
dl,

oder

J J
wobei

I a2G(Pz, Xz)
flJmk = - 4n dfIJ, A(Pz) A(Xz) ap, dx, dl, (47,54)
'i'im 'i'ik
ist. (47,54) ist formal identisch mit dem Ausdruck (47,49) für
die Leitfähigkeit oder Kapazität. In (47, 54) ist aber jene Green-
sche Funktion einzusetzen, welche der Bedingung
G=o
auf allen Flächen lJl bis lJn genügt.
Man kann die Koeffizienten flJmk experimentell dadurch be-
stimmen, daß man alle U k gleich Null setzt bis auf U; = I und den
126 III. Anwendungen !TI Physlk und Techmk

zugehörigen Fluß J mJ durch die Fläche lYm mißt. (47, 53) geht
dann in
lno =:: CfJno
über. Nimmt man an, daß nur Um = I und alle anderen Potentiale
yerschwinden, dann erhalten wir
Jmm= Tmm'
Man nennt Tmm die Kapazität des m-ten Leiters und die Tm} für
m 0:/= j die Induktionskoellizienten der Leiter untereinander.
Ist im Inneren der Leiter U = konst., so ist dort A, = B, = o.
An der Oberfläche des Leiters erleidet daher die Normalprojektion
von B, einen Sprung und das bedeutet, daß an der Oberfläche
Flächenquellen der Dichte
(47,55)
vorhanden sind. Dieser Fall tntt im elektrostatischen Feld auf;
man nennt dann w die Ladungsdichte und

J J
5m
wdl =
'i'im
B,dl, (47,56)

die Ladung des Leiters m. Die Kapazität emes Leiters ist dann
diejenige Ladung, die auf ihm vorhanden sein muß, damit er
das Potential U = I hat, während das Potential aller anderen
Leiter verschwindet. Der Induktionskoeffizient der Leiter mund j
ist dann die Ladung, die auf m vorhanden ist, wenn U = I auf J
und U = 0 auf allen anderen Leitern ist. Aus (47,54) folgt noch,
daß
(47,57)
ist.
Wir wenden uns noch einmal dem Fall zu, daß Um = I ist
und die Potentiale auf allen anderen Flächen verschwinden.
Wegen des Verschwindens der Divergenz von B, im Feld muß
jede auf m beginnende Feldlinie entweder auf einem anderen
Leiter oder im Unendlichen enden. Verfolgen wir eine solche
Feldlinie, so muß längs ihr das Potential stetig von I auf 0 ab-
nehmen, also T, 0, U< 0 sein, wenn T, der Tangentenvektor der
Feldlinie ist. Ist nun A positiv, so ist längs jeder Feldlinie B, T, < 0,
daher auch auf lYm und somit ist
§ 48. Vektorielle Doppelfelder II 12 7

f{Jmm< 0,

d. h. die Ladung ist negativ, wenn auf /Ym das Potential Um


positiv ist. Um diese Vorzeichenumkehr zu vermeiden, setzt man
in den Anwendungen den Feldvektor oft gleich dem negativen
Gradienten des Potentials, was wir gelegentlich, z B. in (39,49)
und (46, zr) auch schon getan haben.

§ 48. Vektorielle Doppelfelder II


1. Das wirbelfreie Doppelfeld. Wir wenden uns nunmehr dem
Fall zu, daß zwar das A-Feld weiterhin wirbelfrei, also
IX, = ClJk 0J A k = 0

ist, daß aber Quellen des B-Feldes durch


0, B, = b(x1 , x 2 ' x 3 ) (48, oz)
gegeben sind. Dann gilt (47, 07) und aus (48, oz) folgt

I 0, (A 0i U) = b·1

Diese Gleichung tritt an die Stelle der Poissonschen Differential-


gleichung der einfachen Quellenfelder. Durch eine ganz ähnliche
Betrachtung wie bei dem quellen- und wirbelfreien Doppelfeld
läßt sich zeigen, daß ein wirbelfreies Doppelfeld durch die Angabe
der Quellen des B-Feldes und der Randwerte von U oder der
Normalprojektion eines der Feldvektoren eindeutig bestimmt ist.
Wir wollen uns daher gleich mit der Berechnung des Potentials U
befassen. Wir gehen dazu von (47, z8) aus, müssen aber bei der
anschließenden Untersuchung berücksichtigen, daß jetzt (48,03)
gilt. Wir erhalten dann

pA(UO,g-gO,U)dl,- pA(UO,g-gO,U)dl,= IgbdV.


3" tI' 'll

(48,04)
Lassen wir wieder /Y' auf den Punkt p, zusammenschrumpfen, so
bleibt

4 n U(P,) = I
'll
g b dV -+ P
3'
A(U 0i g - g Oi U) dl" (48, 05)
128 IH. Anwendungen In Physik und Techmk

aber daraus laßt sich U(P,) nur dann bestimmen, wenn wir auf (J
sowohl U als auch a,u 1', kennen, beispielsweise im Fall des
sich ins Unendliche erstreckenden Feldes, wenn beide Größen
im Unendlichen verschwinden; dann ist

U(P,) = ~JgbdV.
4n
!!l

Im anderen Fall ziehen wir wieder die Hllfsfunktion H(P., x,)


heran, die in !B der Gleichung (47,09) genügt und so gewählt ist,
daß auf (J entweder H + g oder der Gradient davon verschwindet,
je nachdem, wie die Randbedingung für U lautet. Aus (47,27)
folgt dann

p
5
I.(U OiH - Ho. U) dl, = J
!!l
[U 0,(1. 0, H) - H 0,(1. Oi U)] dV

oder, da (47, 09) für H gilt,

J H b dV
!!l
+ P
5
I.(U 0, H - H 0i U) dl, = o. (48,07)

Damit wIrd (48,05), wenn wir noch G = H + g setzen,


4 n U(Pk) = J G b dV
!!l
+ P
5
I.(U 0, G - G 0, U) dlt' (48, 08)

Der Unterschied zwischen (48, 05) und (48, 08) besteht darin,
daß die den Randbedingungen besonders angepaßte Greensche
Funktion G die Kenntnis von jeweils nur einem der Randwerte
erfordert. Aus (48,08) lassen sich in genau gleicher Weise wie
bei den einfachen Vektorfeldern die Formeln für Quellpunkte,
Quellflächen und für Dipolfelder aller Art herleiten.

2. Die Polarisation. Während man 1m thermischen Feld und


im elektrischen Strömungs feld I. als gegebene Materialkonstante
betrachtet, erklärt man im elektrostatischen und im magneto-
statischen Feld die Abweichungen des Feldfaktors vom Wert I
durch die Überlagerung eines zusätzlichen Feldes, das von einem
besonderen Zustand der Materie, Ihrer Polarisation stammt. Man
kommt dazu auf folgendem Wege.
§ 48. Vektorielle Doppelfelder II 12 9

Man nennt b die "wahre" Quelldichte des Feldes und meint


damit, daß diese Quellen tatsächlich vorhanden sind. Wäre
A = I, dann würden diese Quellen ein wirbelfreies Feld Ä, = B,
hervorrufen, das den Bedingungen
o,Ä, = b,
entspricht. Dieses Feld hat ein Potential 0 und wenn sich das

J
Feld ins Unendliche erstreckt, so gilt

-
U= ~ 4I n b
-ydV.

Wegen (48, 09) gilt für 0 die Poissonsche Gleichung und daher
ist die für den unendlichen Raum geltende Greensche Funktion
I
~ anzuwenden.
r
Das tatsächlich vorhandene Feld A, denkt man sich nun durch
eine Quelldichte a hervorgerufen, die man die "freie" Quelldichte
nennt. Man stellt sich dabei vor, daß durch die Polarisation der
Materie ein Teil der Quelldichte b gebunden wird, so daß nur die
Quelldichte a als wirksam und felderzeugend verbleibt. Für das
Potential U von A, gilt also

LlU = a und U = ~ ~J~dV,


4n r
(48, II)

denn der Einfluß der Materie ist ja schon durch die Verminderung
von b auf a berücksichtigt. Die Differenz von A, und Ä, nennen
WIr P,; also ist
A, = Ä, + Pr
A, und Ä, sind wirbelfrei, daher ist es auch Pi' Für die Divergenz
"on Pi erhalten wir
0, P, = 0, Ai ~ 0, Ä,.
~un ist
0, B, = o,(AA,) = b
und daher nach (48,09)
o,Ä, = o,(AA,),
so daß
0, P, = 0, A, ~ o,(A A,) = 0, [A,(I ~ A)]
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung III, 2. AntI
13° 111. Anwendungen in Physik und Techmk

wird. Daraus folgt, daß die Quellen von Pi nur dort sein können,
wo Ä nicht gleich I ist, d. h. also nur dort, wo Materie vorhanden
ist. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erklärung
der von I abweichenden Werte des Feldfaktors gegeben, daß es
nämlich möglich ist, den Unterschied zwischen den Feldern Ä,
und A, durch nur in der Materie vorhandene Quellenanordnungen
darzustellen. Aus (48, 15) folgt natürlich im allgemeinen nicht, daß
P, mit A, (I - Ä) identisch ist, denn dann müßte Ä, mit Ä A ..
d. h. mit B, übereinstimmen. Im allgemeinen ist das unmöglich,
weil Ä, nach (48,09) wirbelfrei ist, B, jedoch nicht. Nur m
besonderen Anordnungen können die Felder übereinstimmen.
Ist 5 das Potential von P" dann ist

5= _2...J~o
4n r"
P dV

oder wegen (48,15)

5= -~J~O,[A,(I-Ä)]dV.
4n r
Der Integrand läßt sich umformen. Es ist

~r 0i [Ai(I - Ä)] = 0, rLr~ A,(I - Ä)] - A,(I - Ä) Oi ~,


r
(48, 17)

daher

5 = - 4In J A,(Ä - I) 0, ~ dV + 4In J 0i [~ A,(Ä - I)] dV

(48, 18)
oder nach Anwendung des Gaußschen Satzes auf das zweite

J J
Integral

S - I nA' (Ä -
=- 4 °-
I) , Ir dV + -4n
I -
A,(Ä-
r - df., .
- I)

Das Integral in (48, 16) war über den ganzen unendlichen Raum
zu erstrecken. Setzt man nun voraus, daß sich die Materie, also
das Gebiet Ä =I=- I nicht bis ins Unendliche erstrecken kann, so
wird das Flächenintegral in (48, 19) verschwinden, sobald die
Integrationsfläche alle Materie um faßt und nur mehr im Gebiet
Ä = I verläuft. Das erste Integral in (48, 19) liefert nur BeIträge,
§ 48. Vektorielle Doppelfelder II

solange J. i=- I ist, d. h. es genügt, als Integrationsgebiet den mit


Materie erfüllten Bereich zu nehmen. Bezeichnen wir diesen
Bereich mit Wl, so bleibt

S = - -I
41/:
ID1
f A (J. - I) 0 -I dV
t , r ' (48,20)

was mit der Gleichung (28, 32) für das Potential eines mit der
räumlichen Dipol-Dichte A,(J. - I) erfüllten Bereiches überein-
stimmt. Fassen wir die Aussagen von (48,09), (48, II), (48, 12),
(48, 16) und (48, 20) zusammen, so erhalten wir für das Poten-
tial U des A-Feldes

U = -I-
T

41/:
fb
- d V -I- A(J.-1)O.-dV.
r 41/:'
I
, r
f(48,21)
ID1
Diese Gleichung besagt, daß das tatsächlich vorhandene A-Feld
sich zusammensetzt aus dem durch die Quellen b im Fall J. = I
entstandenen Feld und der Überlagerung eines Feldes, das ent-
steht, wenn man den Bereich Wl, für den J. i=- I ist, mit einer
Dipol-Dichte A,(J. - I) ausfüllt. A,(J. - I) heißt die Polarisation
der Materie.
Aus (48, 21) kann man im allgemeinen das Feld nicht be-
rechnen, weil sich die Polarisation erst aus dem zu berechnenden
Feld ergibt.

3. Das quellenfreie Doppelteld. In einem quellen freien Doppel-


feId ist das B-Feld quellen frei. Für das A-Feld ist die Wirbeldichte
OCi = Ci,k o;A k
vorgeschrieben. Das B-Feld läßt sich dann als Rotor
B, = C.,k O;Zk
eines Vektorpotentials Z, darstellen. Aus (48, 22) und (48, 23) folgt

C"kO;(~ Ck'l'a071Zq)=oc,
oder
13 2 111 Anwendungen m Physik und Techmk

Z, ist weder durch (48, 23) noch durch (48, 25) emdeutig bestimmt.
Es gibt unendlich viele Vektorpotentiale, mit denen das gesuchte
Feld dargestellt werden kann. Fügt man Z, emem wirbelfreien
Vektor D, hinzu, so ist auch Z, +
D, ein Vektorpotential von B,
Aus E'Jk o} D k = 0 folgt analog zu (48, 25)

E13 k 0J (~ ekpq op D q) = 0

oder

0) (~ o,DJ) - 0J (~ OiD,) = o.

Wählt man nun D, so, daß

0J (~ 0, Di) = 0J (~ OJ D ,) = - 0J U 0, Zi)'

so verbleibt für das Vektorpotential Z, + D, nur der zweite


Ausdruck auf der linken Seite von (48, 25). Es ist das gleich-
bedeutend damit, daß wir unter den möglichen Vektorpotentialen
von B, jenes auswählen, für welches

0J (~ 0, z,) = 0

ist, und dieses wollen WIr als das VektorpotentIal von B, schlecht-
hin bezeichnen. Dann gilt

0i (~ 0, Z,) = - (x, (48,27)

Diese Gleichung ist formal ähnlich mit der Gleichung (48, 03),
nur daß an die Stelle der Skalare U und b nun die Vektoren Z,
und --IX, getreten sind. Nach einem allgemeinen Satz der Tensor-
rechnung (§ 29, S. r64) gelten dann auch die aus (48, 03) her-
geleiteten weiteren Formeln, wenn man In ihnen ebenfalls U und b
durch Z, und - IX, ersetzt. Damit werden zunächst alle Eindeutig-
keit"beweise übertragbar; außerdem gilt entsprechend (48, 08)

-4 nZ,(Pk) = JG(X,dV- J~ (Z,o}G-Go,Z,)d/"

wobei die Greensche Funktion G dieselbe Bedeutung hat wie G


in (48,08), nur mit dem Unterschied, daß in (48, 27) der Feld-
§ 48. Vektorielle Doppelfelder II 133

faktor im Nenner steht. Während in (48, 08) die Greensche Funk-


tion G einem Feld mit dem Faktor A entsprach, ist G jene
Greensche Funktion, die zwar denselben Randbedingungen wie G
I
genügt, aber in einem Feld mit dem Feldfaktor -. In gleicher
A
Weise unterscheiden sich auch die Greenschen Funktionen g
und g für den unendlichen Raum. Im unendlich ausgedehnten
Raum verschwindet das Flächenintegral, wenn Z, bzw. a, Z, im
Unendlichen von entsprechender Ordnung verschwinden und es
bleibt

4 nZ,(Pk) = - J gOCi dV.

Auch im Doppelfeld müssen die Feldlinien der Wirbeldichte oc,


geschlossen sein oder ins Unendliche verlaufen, denn es ist

unabhängIg davon, ob es sich um ein einfaches Vektorfeld oder


um ein Doppelfeld handelt. Die Gesamtheit der Wirbellinien
durch die Berandung eines kleinen Flächenstückes q, bildet eine
Wirbelröhre. Das Moment

'I'J = J oc,dl.

ist längs der ganzen Wirbelröhre konstant. Ist der Querschnitt q


so klein, daß man a, auf ihm als konstant ansehen kann, so spricht
man von einem Wirbelladen. In genau gleicher Weise wie bei ein-
fachen Feldern erhält man für das Vektorpotential eines durch die
Kurve G: gekennzeichneten Wirbelfadens

Z,(Pk) = - !L
4n
J gdx,.

4. Die Gegeninduktivität. Eine ähnliche Rolle wie die


Kapazität zweier Flächen im wirbelfreien Feld spielt die Gegen-
induktivität zweier Linien im Wirbelfeid. Wir wollen hier unter
Gegeninduktivität ohne Rücksicht auf Dimensionsbetrachtungen
jenen Fluß verstehen, der von einem Wirbelfaden mit dem Moment
134 III. Anwendungen m PhYSlk und Techmk

= I erzeugt wird und die von einem anderen Wirbelfaden um-


'YJ
randete Fläche durchsetzt. Ist (l:1 der erzeugende Wirbelfaden
(Abb. 18), so ist das von ihm stammende B-Feld

0
Bi = - 4I n B.,k op, J
(t,
g(Pm, xn) dXk

und der die Fläche 3'2 durchsetzende Fluß

MJ 12 =
IY.
B,dj, = - 4~J B'Jkdj, o~;J g(Pm, xn)dx
IY (t,

Wir wenden den Stokesschen Satz an

J
und finden

M 12 = Bidj,=

J J
IY,

Abb 18
=- 4In dPk g(Pm. Xn ) dxk· (48, 33)
(t. (t,

Aus der Symmetrie dieses Ausdruckes folgt, daß genau der gleiche
Fluß die Fläche 3'1 durchsetzt, wenn auf (l:2 das Moment 'YJ = I
wirksam ist, daß also
M 21 = M 12 (48, 34)
auch im Doppelfeld bei beliebiger Verteilung des Feldfaktors gilt.
5. Die Polarisation im quellenfreien Doppelfeld. Wir zeigen
noch, daß sich auch das quellenfreie Doppelfeld auf den Einfluß
einer polarisierten Materie zurückführen läßt. Wäre A = I,
dann wäre durch (48,22) ein quellenfreies Feld Ä,= B, bestimmt.
Die Differenz zwischen diesem Feld B, und dem tatsächlichen
Feld B, bezeichnen wir wieder mit P" so daß

Es ist riun

e'ik 0i Bk = oc; = B"k 0i (~ Bk)


und daher der Rotor des Zusatzfeldes P,

Yi = Bi,k 0, 1\ = B"k o,(B k - Bk) = euk 0, [Bk( 1 - ~) J. (48,3 6)


§ 48. Vektorielle Doppelfelder II I35

Der Rotor des Zusatzfeldes ist nur dort von Null verschieden,
wo A:f:. I ist, also nur in der Materie.
Das Vektorpotential S, des Zusatzfeldes ist dann

Si = 1n f ~ y,dV = 41n f e'ik : 0i [Bk(1 - ~ )]dV.


4 (48,37)
Wegen

- eook., Bk (I -~)
A°' ~
r
folgt

Si = :nf ei,k 01 [~ Bk(1 - ~)]dV-


-4~fei
n'
kBk(1 -~)A
0, ~dV.
r
Wir wenden den Gaußschen Satz auf das erste Integral an und
erhalten

Si = 4 ~ e"k f~ Bk (I - ~) d/, - 41nfei1k Bk (I - ~) 0, : dV.


(48,40 )
Nimmt man an, daß die Materie sich nicht ins Unendliche erstreckt,
dann verschwindet das Flächenintegral, wenn alle Materie im
Inneren der Fläche liegt. Das Raumintegral braucht nur über
den mit Materie erfüllten Bereich 9Jl genommen werden, da außer-
halb von 9Jl wegen A = I der Integrand verschwindet. Es bleibt
also

S, = - ~fe'ikBk (I -~)
4n'
0· ~dV.
A' r
9.n
Zur Deutung von (48,41) gehen wir vom Vektorpotential eines
Bereiches aus, der von kreisförmigen Wirbellinien erfüllt ist.
Ist 'fJ das Moment eines Wirbelfadens, dann ist das von ihm im
Punkt Pi hervorgerufene Vektorpotential
136 III. Anwendungen III Physik und Techmk

Ist y das auf die Volumseinheit bezogene Moment, dann liefert


ein Volumselement dV einen Anteil

dW, = LJdX'dV
4:11 r
und das vom ganzen Bereich gelieferte Vektorpotential ist

W.=JLdVJdX,.
, 4:11 r
Wendet man auf das Linienintegral den Stokesschen Satz an,
so ergibt sich

~JYdVJB'JkOi!...-dlk'
W, = - 4:11 r
Der Vergleich mit (48,41) zeigt, daß man

setzen kann, d. h. Bk (1 - ;.) kann als das mIt der vom Wirbel-
ring umspannten Fläche multiplizierte spezifische Moment des
Wirbelfadens angesehen werden. Die Materie wirkt also wie ein
mit elementaren Wirbelringen erfüllter Bereich.
Für das Vektorpotential des Feldes B, ergibt SIch aus (48,35)
und (48,41)

Betrachtet man nun die Formeln (48, 21) für das Potential des
wirbelfreien Doppelfeldes und (48,46) für das Vektorpotential
des quellenfreien Doppelfeldes, so könnte man der Meinung sein,
daß durch diese Formeln die Existenz und Eindeutigkeit der
entsprechenden Doppelfelder bereits bewiesen ist. Das trifft aber
keineswegs zu, da beide Formeln in den jeweils zweiten Teilen
der rechten Seite die Existenz und Eindeutigkeit des Feldes bereits
voraussetzen. Man braucht, um dies einzusehen, nur zum Fall
§ 49. Das Warmefeld 137

des unendlichen, quellen- und wirbelfreien Feldes überzugehen.


Aus keiner der beiden Formeln folgt dann das Verschwinden des
Feldes, wie wir dies durch (47, 13) und (47, 14) und die daran
angeschlossenen Erörterungen gezeigt haben. (48, 21) und (48,46)
sind daher geeignete Darstellungen für die in den speziellen
Fällen des elektrostatischen und des magnetischen Feldes ver-
wendeten Deutungen der Doppelfelder, entheben uns aber nicht
der Notwendigkeit grundsätzlicher Betrachtungen, wie wir sie
ohne Rücksicht auf diese Deutungen zu Anfang der Unter-
suchungen angestellt haben. Schließlich versagen diese Deutungen
in den Fällen des thermischen Feldes und des elektrischen Strö-
mungsfeldes, bei denen der Feldfaktor A als echte Material-
konstante angesehen werden muß.

§ 49. Das Wärmefeld


1. Das stationäre Wärmefeld. Die kennzeichnende Größe des
Wärmefeldes ist die Temperatur. Wir bezeichnen sie im folgenden
mit {}; sie ist ein Skalar und das Temperaturfeld ist geradezu das
typische Beispiel eines Skalarfelde'3.
Den Gradienten
G, = 0. {}
des Temperaturfeldes nennt man den Temperaturgradienten; er
ruft in der Materie einen Wärmestrom hervor, dessen Dichte Q.
erfahrungsgemäß dem negativen Temperaturgradienten pro-
portional ist, also
Q, = - AG,.
Wir haben es also hier mit einem Doppelfeld im Sinne des § 47
zu tun, wobei der Temperaturgradient dem A-Feld und die Wärme-
stromdichte dem B-Feld entspricht. Es gelten somit alle dort
hergeleiteten Beziehungen.
Wenn der Energietransport in dem betrachteten BereIch nur
durch (49,02), also durch die Wärmeleitfähigkeit der den Bereich
erfüllenden Materie bestimmt ist, spricht man von reiner Wärme-
leitung im Gegensatz zum Wärmetransport durch Konvektion,
bei dem die Wärme durch strömende Flüssigkeiten oder Gase
transportiert wird. Bei der reinen Wärmeleitung unterscheidet
man stationäre, also zeitunabhängige Felder, von nichtstationären.
III. Anwendungen 1Il Physik und Technik

Im stationären Temperaturfeld ist die Temperatur eine


Funktion

des Ortes allein; das Feld ist eindeutig durch die Randbedingungen
und durch die ~Verteilung der Quellen von Q" also durch
o,Q,=ß
gegeben. Aus (49,01) und (49,02) folgt dann
- 0,(.1 0, {}) = ß.
Die Verteilung der Wärmequellen wird stets als bekannt ange-
nommen. Die Randbedingungen können in drei Formen gegeben
sein, nämlich
1. die Temperatur am Rand ist vorgeschrieben,
2. die Normalprojektion der Wärmeströmung am Rand ist
gegeben,
3. der Zusammenhang zwischen Temperaturgradient und
Wärmeströmung am Rand ist in der Form
Q, ~', = F({} - {}o)
vorgeschrieben, wobei {} die Temperatur des betrachteten Raumes
am Rand darstellt, während {}o die Temperatur des angrenzenden
Gebietes, die Umgebungstemperatur, 1st. In den meisten Fällen
benutzt man für (49,06) die Newtonsehe Abkühlungsformel, nämlich
Q, ·v, = Cf." ({J - {Jo)
mit einem von {} unabhängigen Faktor rx. Da es sich dabei um
den Wärmeübergang aus dem betrachteten Bereich (Körper) in
die Umgebung handelt, nennt man rx die Wärmeübergangszahl.
Im Falle des quellen freien Wärmefeldes kann man für den
Zusammenhang zwischen der Temperaturdifferenz der Rand-
flächen und der Wärmeströmung den Wärmewiderstand oder seinen
Reziprokwert, die Wärmeleitfähigkeit, benutzen, wie sie durch
(47,49) festgelegt ist. Einen einfachen Ausdruck für den Wärme-
widerstand erhält man für plattenförmige Körper. Darunter ver-
stehen wir Körper mit zwei schwach gekrümmten, im Abstand d
annähernd parallel verlaufenden Begrenzungsflächen von der
Größe F. Jede der beiden Flächen befindet sich auf einer be-
stimmten Temperatur. Ist Al? der Unterschied dieser Tem-
peraturen, dann ist der Warmewiderstand durch den Quotienten
§ 49. Das Warmefeld 139

gegeben, wobei

den Wärmestrom von emer Fläche zur anderen darstellt. Bei


konstantem A ist
tl

Llß=Jo ßdx
• ,
= -~Qd
A
o
und daher

2. Das nichtstationäre Wärmefeld. Während das stationäre


Wärmefeld genau den in § 48 behandelten wirbelfreien Doppel-
feidern entspricht, treten beim nichtstationären Feld Besonder-
heiten auf, die durch die Speicherung der Wärme in der Materie
zustande kommt. Wird nämlich eine Masse m = e V um die
Temperaturdifferenz Llß erwärmt, so wird dabei eine Energie

verbraucht. Den Faktor c nennt man die spezifische Wärme.


Für einen Bereich IB mit der Oberfläche \3' gilt dann die Energie-
bilanz, daß die in IB durch die Quellen ß im Zeitraum von 0 bis t
erzeugte Wärme gleich sein muß der in dieser Zeit in IB ge-
speicherten Wärme, vermehrt um die durch die Oberfläche in folge
der Wärmeleitfähigkeit abfließenden Wärme, also

I
t t t

J dt J ß dV = J dt J ce °o~ dV - J dt A 0, '19 dft· (49, IZ)


O!B O!B 0 \\'

Mit Hilfe des Gaußschen Satzes verwandelt man das Flächen-


integral in ein Raumintegral und da (49, IZ) für jeden Teilbereich
gelten muß, gelangt man zur Differentialgleichung der W ärme-
leitung
aß ß
a '19) + - .
I
- = - 0 (A
at ce" ce
14° Ill. Anwendungen In PhysIk und Techmk

af}
Sie geht für Te = 0 in dIe Differentralgleichung (49,05) des
stationären \Värmefeldes über. Jede Lösung von (49, 13) ist eine
Funktion

von Ort und Zeit. Zur eindeutIgen Bestimmung der Lösung ist
außer den räumlichen Randbedingungen noch eine zeitliche
Anfangsbedingung notwendig, die meist als Temperaturverteilung
zur Zeit t = 0, also durch

gegeben wird.
Zum Nachweis, daß (49,15) zusammen mit den Randwerten
von f} für alle Zeiten zur eindeutigen Festlegung des Feldes hin-
reicht, beweisen wir zunächst, daß f} im Sonderfall ß = 0 zu allen
Zeiten verschwindet, wenn im ganzen Raum f}o = 0 ist und die
Randwerte von f} zu allen Zeiten verschwinden. Aus {}o = 0 folgt
(49,16)
und daher ist wegen (49, 13) und ß = 0 im ganzen Raum auch

(aa~)t=()=o. (49,17)

Differenzieren WIr (49, 13) nach t, so erhalten WIr wegen ß = 0

a2f} af})
at2 = ceI a, ( A a, Ti
unter der Voraussetzung, daß c, e und A nicht von der Zeit ab-
hängen. Wegen (49, 17) ist

und daher gIlt

(aatf},) t=
2
-2
0
=0.

Durch Fortsetzung des Verfahrens können WIr nun zeigen, daß


anf}
alle DifferentialquotrententJp. im Zeitpunkt t = 0 verschwinden,
§ 49. Das Warmefeld 14 1

so daß {} also für alle Zukunft seinen Anfangswert {}o = 0 behalten


muß. Dabei ist vorausgesetzt, daß {} eine reguläre Funktion
von t ist, was im Fall ß = 0 und bei konstanten c, e und Ä sicher
zutrifft.
Zum Beweis der Eindeutigkeit der Festlegung von {} durch
(49, 13) und durch die Randbedingungen zusammen mit (49, 15)
müssen wir jetzt nur annehmen, es gäbe zwei Felder {}1 und {}2'
die beide diesen Bedingungen entsprechen. Das Differenzfeld
{j = {}1 - {}2 verschwindet dann nach dem eben hergeleiteten
Hilfssatz und damit muß {}1 = {}2 sein.
Der oben hergeleitete Hilfssatz läßt sich auch auf den Fall
erweitern, daß die Materialkonstanten c, e und Ä selbst von der
Zeit abhängen, so daß auch in diesem Fall die Randbedingungen
zur eindeutigen Bestimmung des Feldes ausreichen.
Zwischen den zeitlich veränderlichen Temperaturfeldern und
den stationären Quellenfeldern besteht ein Zusammenhang.
Wir betrachten ein durch (49, 13) beschriebenes Feld mit ß = o.
Wir können dann für (49, 13) schreiben
of}
0, Q, = - ce at '
d. h. wir haben ein Feld mit dem Feldvektor Q" dessen Quellen
der zeitlichen Änderung des zugehörigen Potentials proportiönal
sind. Die Wärmespeicher stellen also Quellen oder Senken des
Wärmefeldes dar, die aber nicht vorgegeben sind, sondern vom
Wärmefeld selbst abhängen. Alle bekannten Lösungen von (49, 13)
beziehen sich auf Felder, bei denen die Feldgröße nur von einer
Koordinate abhängt, wie z. B. bei der ebenen Platte, dem Zylinder
und der Kugel.
3. Das Wärmefeld mit Konvektion. Wesentlich komplizierter
sind die Zusammenhänge im Fall des Wärmetransports durch
Konvektion. Den Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet in
diesem Fall die allgemeine Energiegleichung für einen Bereich !S.
Die Energiezunahme in !S in der Zeit ist dann

:t.f
~
E dV = :t.f
~
eedV, (49,21)

wenn E die Energiedichte im Volumen, e die Energiedichte in der


Masse und e die spezifische Masse (Dichte) sind. Wenn die Begren-
III. Anwendungen m Physik und Techmk

zung ~ von !B ruht, so können wir die Differentiation unter dem


Integral durchführen und erhalten

J OEdV=J
ot e ~dV
ot + J e oe
ot dV .
~ ~ ~

Anderseits muß die Energiezunahme in !B gleich sein der Summe


der in der Zeit zugeführten Energie, also der Arbeit Ader
äußeren Kraft in der Zeit, der durch Wärmeleitung zugeführten
Leistung Ei und der durch die Strömung der Materie zugeführten
Leistung E 2 , also

DabeI ist

EI = JA 0, {}dt, = J O.(A 0i D) dV. (49, 24)


ll' ~

Ist Vi die Geschwindigkeit der strömenden Materie, so strömt


durch die Fläche ~ die Leistung

E2 = - J e eV, dt, = - J o,(e ev,) dV =


ll' ~

= - J [e o,(e v,) + e v, 0i eJ dV (49,25)


~

em. Nun gilt die Kontinuitätsgleichung (45, 26)


oe + o,(e v,) =
at 0,

also ist

E2 = J e ~~ dV - Je Vi 0, e dV.
~ \B

Aus (49, 22) und (49, 23) folgt

Je :;dV=A+ Ja,(AO,D)dV- Jev,o,edV


~ ~ 'B
§ 49. Das Warmefeld

oder

Je ( ~; + Vi 0, B) dV = A +J O,(A 0, {}) dV.


'll 'll

Es bleibt noch die Leistung der äußeren Kräfte zu berechnen.


Äußere Kräfte sind die Massenkraft, z. B. die Schwerkraft e gi dV
und die Druckkraft alJ dj, auf der Fläche /J. Die Leistung erhalten
wir durch innere Multiplikation mit der Geschwindigkeit v" also

A = Je g, Z', dV + Ja" v, dj, = J [e g, v, + o,(a" v,)] dV.


'll ~ 'll
(49, 28)
Aus der Navier-Stokesschen Gleichung (46,02) folgt

eg, Vi = eV, ( OV. Tt + V, 0, v, ) - v, 0, al,l

oder (Vi V, = v 2)

eg, Vi + o,(a" V,) = ; (0~2 + V 0) V2) + a'l 0) v,.


J (49,29)

Für den letzten Ausdruck rechts finden wir mit Hilfe von (46, 09)

a" 0, Vi = - po, v, + f-l(o, v, + 0, v,) 0, v, - ~ f-l(o, V,)2.


3
Die Leistung der äußeren Kräfte tritt daher in drei Anteilen auf.
Der erste davon

-1
2
J -+
ot0
~
(OV 2 V
J'0 v ) dV
2

ist nach (45, 21) eine Zunahme der kinetischen Energie der
strömenden Flüssigkeit in IB. Der zweite Anteil

Jp °iv,dV
ist eine Änderung der in der Kompression der Flüssigkeit stecken-
den potentiellen Energie, während der dritte Anteil der durch die
innere Reibung infolge der Zähigkeit in Wärme umgesetzte Anteil
ist. Man bezeichnet die Differentialinvariante
IU. Anwendungen m Physik und Techmk

(0, v, + 0, v,) 0) 1', - -


2
(0, v,)2 = DISS. F (v,), (49,31)
3
als Dissipationsjunktion der Geschwindigkeit.
Aus (49,27) ergibt sich nun die Differentialgleichung

e(~; +V,Oi8)= o,(}.O,19) + ; 2


(0;t +V)0,v2) -

- po, v, + Il Diss. F (v,).


Wir müssen noch die Energiedichte 8 der Masse auf die Tem-
peratur der Flüssigkeit zurückführen. In der Thermodynamik
wird gezeigt, daß der gesamte Energieinhalt 8 sich aus der kine-
v2
tlschen Energie - und der inneren Energie 11 in der Form
2

v2
8=-+U
2
zusammensetzt und daß ferner für die innere Energie

Zt=t--
. P
e
gilt, wobei
i = C1) f) (49, 35)
der Wärmemhalt und c1) die spezifische Wärme bei konstantem
Druck ist. Setzt man in (49,32) ein, dann erhält man

ec1) (oo~ + v, 0, f)) =

= O,(A Oi 19) + e (~~


ot e
+ v, 0, ~)
e - p 0, v, + fl Diss. F (v,) =
= o,(A Oi 19)
op + 1'.0, P - eP (oeflt + v, 0i e) -
+ Ti P 0i V , +
+ Il Diss. F (v,)
und schließlich mit Benutzung der Kontinuitätsgleichung (45,26)

ec1) (oo~ + 1',0, f)) - (~ + v, 0, p) =


= O,(A 0, 19) + 1I Diss. F (v,),
§ 50. Das elektrostatische Feld 145

die Energiegleichung in der dem Wärmetransport durch Kon-


vektion angepaßten Form. Sie enthält von den Feldgrößen die
Temperatur, den Druck und die Geschwindigkeit der Konvektions-
strömung. Zusammen mit der Navier-Stokesschen Gleichung
als Bewegungsgleichung, der Kontinuitätsgleichung und schließ-
lich einer für die strömende Flüssigkeit charakteristischen Zu-
standsgleichung, welche den Zusammenhang zwischen Druck,
spezifischer Masse und Temperatur wiedergibt, beschreibt sie das
Problem der Konvektion vollständig. Bisher sind nur Näherungs-
lösungen und selbst diese nur für sehr einfache Fälle unter weit-
gehend vereinfachenden Annahmen angegeben worden.

§ 50. Das elektrostatische Feld


1. Die elektrische Feldstärke und ihr Potential. Die Elektro-
statik befaßt sich mit dem Feld ruhender elektrischer Ladungen.
Die Maxwell-Faradaysche Theorie nimmt an, daß in der Um-
gebung eines geladenen Körpers ein Kraftfeld, nämlich das der
elektrischen Feldstärke E, vorhanden ist. Befindet sich auf einem
weiteren gegenüber den Abmessungen des Feldes kleinen Kör-
per eine Ladung q, so wird auf ihn eine Kraft
(50, or)
ausgeübt. Bei einer Bewegung des kleinen Körpers längs eines
Weges cr: wird vom Feld die Arbeit

A = J
(!;
K,dxi= q J
(!;
E.dxi (5°,02)

geleistet. Der Versuch zeigt, daß A nur bei hinreichend langsamer


Bewegung unabhängig vom Weg cr: ist und dann für jeden ge-
schlossenen Weg im Feld verschwindet; nur von derartigen
Bewegungen ist im folgenden die Rede. Ei ist somit wirbelfrei,
also
8"k 0, E k = 0 (5°,03)
und es existiert ein Potential U, dessen Gradient die Feldstärke
ist. Es ist üblich,

zu setzen.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung IH, 2 Aufl. 10
UI. Anwendungen 111 Physik und Techmk

Da sich die Elektrostatik mit den Feldern ruhender Ladungen


befaßt, so kennt sie für die die Ladungen tragenden Körper nur
zwei Grenzfalle, nämlich Leiter und Nichtleiter oder Isolatoren.
Bei Kichtleitern sind die Ladungen unbeweglich an dem Ort
festgehalten, wo sie sich einmal befinden. In den Leitern sind die
Ladungen so leicht beweglich, daß sie ihre, durch irgendwelche
Veränderungen des Feldes hervorgerufenen Bewegungen stets
beendet haben, bevor eine Messung des Feldes durchgeführt
werden kann.
Befinden sich die Ladungen auf Leitern, so müssen die Leiter-
oberflächen Niveauflächen des Potentials der Feldstärke sein.
Die ideale Verschiebbarkeit der Ladungen auf den Leitern ver-
langt, daß die durch (50,02) bestimmte Arbeit bei der Bewegung
einer Ladung im Leiter verschwindet. Das trifft dann zu, wenn E,
senkrecht auf der Oberfläche des Leiters steht und im Inneren
des Leiters verschwmdet. Das Potential im Leiter ist daher
konstant und daraus folgt, daß sich die Ladungen nur an der
Oberfläche des Leiters befinden können l .
Wir haben es also bei Leitern stets mit Flächenquellen zu tun;
ihre Dichte bezeichnen wir mit G.

2. Die elektrische Yerschiebung. Die Flächendichte G kann


im allgemeinen nicht die Flächenquellen der elektrischen Feld-
stärke E, darstellen, denn die Erfahrung zeigt, daß die Ladungs-
dichte auf den Leitern nicht allein von den Potentialen abhängt,
welche die Leiter im Feld annehmen, sondern auch von der Art
der Materie, also den Nichtleitern zwischen den Leitern. Auch die
Äquipotentialflächen in den Nichtleitern verlaufen verschieden,
je nach der Art der Kichtleiter. Man zieht daher zur Beschreibung
des elektrostatischen Feldes einen weiteren Vektor D" die elek-
trische Verschiebung oder Verschiebungsdichte heran. Seine Existenz
wird durch die Erscheinung der elektrischen Influenz begründet.
Bringt man in ein elektrostatisches Feld ein Plättchen aus lei-
tendem Material, so stellt man auf den beiden das Plättchen be-
grenzenden Flächen Ladungen fest. War das Plättchen vor dem

1 Das setzt naturhch voraus, daß der ganze Korper lettend Ist. Im
Inneren elller massiven leitenden Kugel gibt es kellle Ladungen. :\Ian kann
aber Im Inneren elller metalhschen Hohlkugel Cllle Ladung 1sohert an-
bringen und dann besteht elll Feld 1m Inneren der Hohlkugel.
§ 50. Das elektrostatische Feld

Einbringen in das Feld ungeladen, so sind die Ladungen auf den


beiden Flächen einander entgegengesetzt gleich. Andernfalls ist
ihre Summe gleich der Ladung, die das Plättchen vor dem Ein-
bringen in das Feld aufwies. Wählt man das Plättchen so klein
gegenüber den sonstigen Abmessungen des Feldes, daß das übrige
Feld nicht gestört wird, so kann man die auf ihm influenzierten
Ladungen als Maß für die Stärke des Feldes an der betreffenden
Stelle benutzen. Das Experiment zeigt ferner einen solchen Zu-
sammenhang der Ladungsdichte mit der Stellung Vi der das
Plättchen begrenzenden Flächen, daß man den Ansatz
(5°,°5)
machen darf. In jener Stellung, in der man ein Maximum von (]
fmdet, stimmt die Richtung von D, mit V, und der Betrag von D,
mit (] überein. War das Plättchen ungeladen, dann ergibt sich
auf beiden Seiten des Plättchens derselbe Vektor D" im anderen
Fall erleidet D, beim Durchtritt durch das Plättchen einen Sprung
seiner Normalprojektion. Der letztere Fall wird sich besonders
dann ergeben, wenn an der Stelle, an der das Plättchen angeordnet
wird, schon im ursprünglichen Feld eine Ladung mit der Raum-
ladungsdichte y vorhanden war. Dann wird man eine Störung
des übrigen Feldes nur vermeiden können, wenn diese Ladung
jetzt auf das Plättchen übertragen wird.
Legt man um das Plättchen eine geschlossene Fläche IJ, so
ist im Fall des ungeladenen Plättchens

J
ß'
D,dti= °

und deshalb an der betrachteten Stelle


0iD,= 0.

War an der Stelle eine Raumladung vorhanden, die jetzt als


Ladung von dem Plättchen übernommen wurde, dann gilt

J J
ß'
D,dt, = ydV (5 0,06)

und daher
o,D. = y, (5°,°7)
10·
III. Anwendungen In Physik und Technik

d. h. d~e elektrischen Ladungen sind die Quellen der elektrischen


Verschiebung. Die Relation (50, 05) bleibt damit in Überein-
stimmung, wenn man ihre Gültigkeit auch auf die Oberfläche der
das Feld begrenzenden Leiter ausdehnt und dabei unter a die auf
den Leitern vorhandene Ladungsdichte versteht.
Die Erfahrung zeigt ferner, daß zwischen elektrischer Feld-
stärke und Verschiebung stets ein linearer Zusammenhang besteht,
der im allgemeinen in der Form

(5 0,08)
geschrieben werden kann. Man spricht von einem (elektrisch)
isotropen Körper, wenn für den Tensor Co die Darstellung
Co = c <5"
möglich ist. Dann gilt

(5°,°9)
Elektrische Feldstärke und Verschiebung sind gleichgerichtet.
Man nennt c die Dielektrizitätskonstante, oft auch die Injluenz-
oder Verschiebungskonstante. Trifft (5°,°9) nicht zu, dann hat
man es mit (elektrisch) anisotropen Körpern zu tun; zu ihnen
gehören die meisten Kristalle.
(5°,03), (5°,°7) und (5°,°9) zeigen, daß wir es beim elektro-
statischen Feld mit einem wirbelfreien Doppelfeld im Sinne des
§ 47 zu tun haben. Es gelten daher alle dort hergeleiteten Be-
ziehungen. Ist die Verteilung der Ladungen gegeben, dann können
wir die in § 47 angeführten Formeln bzw. im Falle, daß c im ganzen
Raum konstant ist, die in § 27 und § 28 erwähnten Verfahren zur
Berechnung eines Feldes aus seinen Quellen anwenden.
Befinden sich in dem Raum zwischen den Leitern keine
weiteren Ladungen, so liegt dort ein quellen- und wirbelfreies
Doppelfeld vor. Bei vielen Aufgaben der Elektrostatik sind die
Potentiale auf den Leitern gegeben und es ist nach der Verteilung
der Ladungen auf den Leitern gefragt. Man hat dann das Feld
zwischen den Leitern nach den verschiedenen Verfahren der
Potentialtheorie zu bestimmen und findet an der Leiteroberflache
nach (50, 05) aus D, die Ladungsverteilung. Eine wichtige Große
ist ferner die Kapazität, das ist das durch (47,49) bestimmte
Verhältnis von Ladung und Potentialdifferenz zweier Leiter.
§ 50. Das elektrostatlsche Feld

Aus der Symmetrie der Induktionskoeffizienten (47,57) folgt


der Reziprozitätssatz der Elektrostatik. Es seien n Leiter mit den
Potentialen U1 bis U n und den Ladungen ql bis qn gegeben. Dann
gilt nach (47,53) für den m-ten Leiter
(k = 1,2, .. . ,11,). (50, 10)

Ändert man nun die Potentiale auf irgendwelche andere Werte


U' 1 bis U' '" so ändern sich die Ladungen auf q'1 bis q' n und es gilt
q'm = ~ U'kPmk' (50, II)
k

Wir multiplizieren (50, IO) mit U' mund (50, II) mit Um und
summieren die so erhaltenen Ausdrücke über alle Leiter. Es ist
dann

~ Umq'm= ~~ Um U'kPmk'
m m k

Wegen der Symmetrie der Pmk kann man mund k vertauschen,


wodurch die beiden Ausdrücke rechts gleich werden. Es gilt also

I~ Um q' m = ~ U' m qm·1 (50, 12)

An Stelle der Potentiale der das Feld begrenzenden Leiter sind


oft auch für einen oder mehrere Leiter die Gesamtladungen des
Leiters gegeben. Mit Hilfe der durch (47,54) definierten Induk-
tionskoeffizienten kann die Berechnung des Feldes auf den Fall
gegebener Potentiale zurückgeführt werden. Das System von n
linearen Gleichungen (50, IO) erlaubt stets die Berechnung der
fehlenden Potentiale aus den Gesamtladungen der Leiter.
3. Energie und Kräfte. Für die Bestimmung der Kräfte, die
das Feld auf einen Körper ausübt, geht man von der Energie des
Feldes aus. Unter der Energie des Feldes versteht man dabei die
gesamte Arbeit, die notwendig ist, um das Feld aufzubauen, das
heißt also jene Arbeit, die man aufwenden muß, um die Ladungen
von einem Ort mit dem Potential Null auf ihren endgültigen Platz
zu bringen. Nach (5°,02) und (50,°4) ist die Arbeit, um eine
Ladung q an einen Ort mit dem Potential U zu bringen, gleich q U.
Dabei ist aber angenommen, daß das Potential U bereits durch die
15° 111. Anwendungen m PhysIk und Techmk

anderen, das Feld bestimmenden Ladungen festgelegt ist. Wenn


wir das ganze Feld durch das Hineinbringen von Ladungen erst
aufbauen, so ändert sich mit dem Hineinbringen der Ladungen
auch das Potential an jeder Stelle. Wir nehmen daher an, daß die
Bewegung der Ladungen so langsam erfolgt, daß das Feld in jedem
Moment die Bedingungen für das elektrostatische Feld erfüllt
und daB zu Beginn der Bewegung 1m ganzen Raum y = und °
U = °
ist, während am Ende ein Feld mit der Ladungsdichte y
und dem Potential U entsteht. Die Ladungsdichte während der
Bewegung ist nicht nur eine Ortsfunktion, sondern auch eine
Zeitfunktion, also
y = y(x i , t). (50, 13)
Die im Zeitpunkt t herrschende Potentialverteilung ist nach (48, 06)

U(P" t) = ~
4n
Jy(X" t) g(Pi' x,) dV,

wo g(P" x,) die Greensehe Funktion für den unendlichen Raum 1st,
I I
die jetzt wegen (50, 04) der Funktion - und nicht - - wie früher
r r
entspricht. Das Integral in (50, 14) ist dabei über den ganzen
unendlichen Raum zu nehmen. Bringen wir jetzt im Zeitintervall
dt in das Feld eine zusätzliche Ladung
. dy
dy = y(P" t) dt dV, y=-, (50, 15)
dt
so ist die erforderliche Arbeit

dA = J
(Pi)
y(P" t) U(P" t) dV dt (50, 16)

oder

dA = 41n J y(P" t) dV J y(x" t) g(P" x,) dV dt. (50, 17)


(p,) (x,)

DIe gesamte, für den Aufbau des Feldes notwendige Arbeit, also
die gesamte Energie des Feldes, ist dann durch

A = 41n J dt J y(P" t) dV Jy(X" t) g(P" x,) dV (5 0 ,18)


(t) (P,) (',)
§ 50. Das elektrostatische Feld 15 1

bestimmt. Bei der Integration nach t ist dabei als untere Grenze
jener Zeitpunkt to (eventuell to = - 00) zu wählen, in dem y = 0
war. In to war dann sicher A = o. Nun ist aber

:t J Y(Pt, t) dV J y(x" t) g(P" x,) dV =


(P,) (x,)

= J y(P" t) dV J y(x" t) g(Pi' x,) dV +


(P,) (x,)

+J y(P" t) dV J y(x i , t) g(P" x,) dV. (50, 19)


(Pt) (x,)

Vertauschung der Integrationen im zweiten Integral gibt

J y(x" t) dV J y(P" t) g(P" x,) dV;


(x,) (P,l

wenn man hier die Bezeichnung der Variablen x, und p, vertauscht,


so erhält man aus (50, 19)

:t Jy(P" t) dV J y(x" t) g(P" x,) dV =


(P,) (x,)

= 2 J Y(Pi' t) dV J y(x" t) g(P;, x,) dV (50, 20)


(P,) (x,)

und aus (50, 18)

A = 8 In J y(P" t) dV J y(x" t) g(P;, x,) dV; (50, 21)


(P.,l (Xi)

oder wegen (50, 14)

(5 0 ,22)

Wir wenden nun die Greensehe Formel (47, 12) mit ). = e auf den
unendlichen Raum an; dann verschwindet das Flächenintegral
links, weil im Unendlichen U = 0 ist, und es bleibt
III. Anwendungen in Physik und Techllik

0= J [U o,(s 0, U) + S 0, U 0, UJ dV.
Nun ist
o,(S 0, U) = - Oi D, = - y,

J J
also folgt

y U dV = D, E, dV, (50, 23)

und wegen (50, 22) wird die Gesamtenergie des Feldes

(50, 24)

Während in (50,22) der Energieanteil eines Volumselements an


das Vorhanden sein von Ladungen (y *- 0) gebunden ist, so daß
nur die Ladungen enthaltenden Volumselemente einen Beitrag zur
Gesamtenergie liefern, wie das der sogenannten Fernwirk~mgs­
theorie entspricht, schreibt (50, 24) im Sinne der N ahwirkungs-
I
theorie jedem Volumselement eine Energie -;- D, E, dV zu, sofern
dort nur überhaupt das Feld vorhanden ist. Nach (5°,22) sind
die Ladungen die Träger der Energie, nach (50, 24) ist es jedoch
das Feld. Man bezeichnet den Ausdruck

w=~D.E. (50, 25)


2 ' ,

als die Energiedichte des Feldes.


Wir können noch zeigen, daß die durch (50, 24) gegebene
Energie ein Minimum darstellt, d. h. daß das durch
o,D, = y, D i = SEi und SiJk 0JEk = °
beschriebene Feld jenes mit der geringsten Energie ist. WIr
nehmen dazu an, daß es ein zweites Feld D, = E. Ei gäbe, das
ebenfalls die ersten beiden obigen Gleichungen, jedoch nicht die
letzte erfüllt, also nicht wirbelfrei ist. Wir setzen
D, = D, + D,' und E, =E, + E,', (50, 26)
dann ist die Energie des zweiten Feldes

Ä = -i JD, E, dV = ~ I (D, + D,') (E, + E,') dV


§ 50. Das elektrostatische Feld 153

oder

Ä = A +~ J D,' E/ dV +~ J (Di E,' + D,' E,) dV.


Wegen D, = e E, und D;' = e E,' ist das letzte Integral

JeEiE,'dV= J E,D,'dV=- J D/o,UdV=

= - J o,(U D,') dV +J U 0i D ;' dV;

hier verschwindet wegen 0, D,' = °


das zweite Integral, während
das erste nach dem Gaußsehen Satz in

J Gi(U V,') dV = J UD,' dj, (50, 27)

übergeht. Erstrecken wir das Raumintegral über den ganzen


Raum, so verschwindet das Flächenintegral, weil im Unendlichen
°
U = ist. Ist das Feld durch Leiter begrenzt, so ist auf jedem
dieser Leiter U = konst. und das Flächenintegral zerfällt in Teil-
integrale von der Form U fD,' djp jeweils über einen der Leiter
genommen. Jedes der Teilintegrale verschwindet für sich, da
fD, dj, = fD, dj, und fD,' dj, = °
ist. Für die Energie des
Feldes n" E, verbleibt somit

Ä = A + ~ Je E,' E;' dV,


d. h. Ä ist größer als A, sobald nur an irgendeiner Stelle des
Raumes Ei -=/= E, ist. Im elektrostatischen Feld ist also die Energie
ein Minimum.
4. Kapazität und Feldenergie. Zwischen der Kapazität zweier
Leiter und der Feldenergie im Raum zwischen ihnen besteht ein
enger Zusammenhang. Betrachten wir wie in § 47 ein Teilgebiet
eines Feldes, das durch zwei Leiteroberflächen !Yl und !Y2 mit den
1 2
Potentialen U und U und durch eine aus Feldlinien gebildete
Mantelfläche 9Jl eingeschlossen ist, so finden wir nach (50, 24) für
die Energie in diesem Bereich

A = : J D. E, dV = : Je Gi U Gi U dV. (5 0 ,28)
154 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Aus der Greenschen Formel (47, I2) folgt wegen des Verschwinden"
der Ladungen im Raum zwischen den Leitern

Je 0, U 0, U dV = Jeu 0, U dj,. (5°,29)

Das Flächenintegral zerfällt In drei TeIle, nämlich in die Integrale


über 3'1> 3'2 und 9Jl. Das Teilintegral über Wl verschwindet, da
0, U senkrecht auf dj, steht. Auf jeder der beiden Flächen 3'1
und 3'2 ist U konstant, so daß wir
1 2

A = ~J D,dj,- ~J D,dj, (5°,3 0 )


11', 11',
erhalten, wenn wir die Normalen wie auf S. I2I orientieren.
Nun ist aber

JD,d j, = JD,d j , (SO,3 I )


11', ß.
der gemeinsame Fluß durch die beiden Flächen und es bleibt

A = ~ (U - U) J D,dj,. (5°,3 2 )
11',
Nach der § 47, S. I2I, gegebenen Defimtion i:o.t

J
In

L1 12 = --1-~2
D, dj, = C12 (5°,33)
U- U ß,
die Kapazität zwischen 3'1 und 0: 2 und daher
I 1 2
A = - (U - U)2 C12 . (5°,34)
2

Setzen wir noch


1 2
U- U= U,
so bleibt

(5°,35)

für den Zusammenhang zwischen Feldenergie und Kapazitat.


§ 50. Das elektrostatlsche Feld

Befinden sich Leiter im Feld, so ist es zweckmäßig, von


(50, 22) auszugehen. Auf jedem Leiter ist U konstant und wir
können daher statt (50, 22)

A=~~Umqm (5°,36)
2 m

schreIben. Drücken wir die Ladungen qm nach (5°,10) aus, so


folgt

A = 2.. ~ Um UkPmk' (5°,37)


2 m,k

Die Energie des Feldes ist also eine quadratische Funktion der
Potentiale. Sie ist aber auch eine quadratische Funktion der
Ladungen. Löst man (50, 10) nach den Potentialen auf, so ist

und es wird

A = ~ ~ qm qk 1fJmk' (50, 39)


m,k
Aus der Energie des Feldes lassen sich die Kräfte berechnen, die
ein elektrostatisches Feld ausübt. Wegen der Konstanz der
Gesamtenergie ist

IdA + K, <5x, = 0.1 (5°,4°)


wenn <5x, eine virtuelle Verschiebung bedeutet.
Als einfachstes Beispiel zeigen wir die Berechnung der Kraft,
die zwei Ladungen ql und q2 im Abstand r aufeinander ausüben.
Es ist dann

A_
- 2
1 2
ql 1fJn + ql q2 1fJ12 + 21 q2 2 1fJ22'
Verändern wir den Abstand r der Ladungen um Ör, so bleiben
der erste und letzte Ausdruck auf der rechten Seite unverändert.
ql 1fJ12 ist das Potential U12 • das die Ladung ql an der Stelle von q2
hervorruft. Für konstantes eist
I56 III. Anwendungen 1ll PhysIk und Techmk

und daher ist

und

(5°,4 1 )

das Coulombs ehe Gesetz für die Kraft zwischen zwei Ladungen.
5. Der Maxwellsehe Spannungstensor. Im allgemeinen Feld
können wir uns die Kraft auf jedes Volumselement, also die Kraft-
dichte im ganzen Feld so bestimmen, daß wir jedes Volumselement
um den virtuellen Vektor bx, verschieben. Diese Verschiebung
ist gleichbedeutend mit einer virtuellen Strömung der Materie im
Feld während einer Zeit (Jt mit einer sehr kleinen Strömungs-
geschwindigkeit .
Im Punkt x/" ist nach (5°,25) die Energiedichte des Feldes
I
W = -D,E"
2

im Punkt x k + dX k daher
w + dw = ",' + 0k W dx"
und damit ist ihre Änderung gleich
dw = 0k wdx k ·
Verschiebt man also die Materie um den virtuellen Vektor bx k ,
so kommt der Punkt x k + dX k an die Stelle x k , wenn man
(5°,42)
nimmt. Die virtuelle Änderung der Energiedichte wird damit
bw = - 0kW bX k

und die virtuelle Änderung der Gesamtenergie

M = - ~ I ok(E, D,) dV bx k • (5°,43)

Es 1st nun
§ 50. Das elektrostatische Feld I57

wegen
D, 0leE, = SEi 0leE, = E, 0leD, - E,E, ales
folgt weiter
01e(E, D,) = 2 E, 0k D, - E, Ei oie 13 (5°,44)
und aus (50, 43)

~A = - J (E, ol.'D, - ~ E,E, OleS)dV öx k· (5°,45)

Setzen wir in der Greenschen Formel (26,29), d. h.

~ A oie B d/, = J (A 0, oie B + 0, A oie B) dV,


A = U und B = D p' so folgt

~ U o"Dpd/, = J (U 0, o"D p -+- 0, U oleDp) dV. (5 0 ,46)

Wird das Volumsintegral über den unendlichen Raum genommen,


so verschwindet das Flächenintegral auf der linken Seite, weil
im Unendlichen U = ist, und es bleibt°
Ja, U o"DpdV = - J U 0, OkDpdV (5 0 ,47)

und für p == i

-- JE i 0leD,dV = - J U 0k o,DidV. (5 0 ,48)

Damit wird die virtuelle Arbeit

GA = - J (u o"y - ~ E, E, aleS) dV ÖX k ; (50, 49)

Kräfte treten also dort auf, wo sich Ladungen befinden oder wo


sich 13 ändert. Eine andere Darstellung erhalten wir, wenn wir
in (50, 47) i und k vertauschen und dann p = i setzen:

GA = - J (EkY - ~ E,E, OkS)dV öxk· (5 0 ,5°)

Die Kraftdichte ist dann

(50, SI)
IS8 II!. Anwendungen m PhysIk und Techmk

und die Kraft auf einen endlichen Teilbereich I.B

K, = J
!B
k,dT'. (50, 52)

~'[ankann nun diese Volumskräfte durch Flächenkräfte ersetzen,


indem man einen Spannungstensor Tu einführt, so daß

K, =

tl'
J Tu dl), (50, 53)

wobei li' die Begrenzung von I.B ist. Dann gilt nach dem Gaußschen
Satz
k, = d) T,), (50, 54)
Ahnlich wie in der Elastizitätstheorie kann aus den Gleichgewichts-
bedingungen geschlossen werden, daß T,) symmetrisch ist; (50, 54)
reicht aber dennoch zu seiner Bestimmung nicht aus, da nur drei
Gleichungen für die sechs Koordinaten von T,! zur Verfügung
stehen. Wir können aber eine Lösung der Differentialgleichung
(50, 54) durch eine Umformung des Ausdruckes für die Kraftdichte
(50, SI) finden. Es ist nämlich

= E, d,D, + D, d,E, - I
zEpE p d,8 - D p dpE,

und wegen dp E, = - dp d, U = d, E p weiter

und daher können WIr

(50, 55)

setzen. C'berschiebt man T" mit E" so folgt

T,jE;=E,D,E, -~E,EpDp=2.EpDpE" (50,56)


2 2
§ SI. Das magnetische Feld I59

d. h. eine Hauptachse des Tensors liegt in der Richtung von E"


also in der Richtung der Kraftlinie durch den betrachteten Punkt.
Man nennt T" den Maxwellschen Spannungstensor des elektro-
statischen Feldes.

§ 5I. Das magnetische Feld


1. Induktion und magnetische Erregung. In Analogie zum
vorhergehenden Paragraphen wäre dieser eigentlich "Das magneto-
statische Feld" zu überschreiben; jedoch versteht man unter
einem magnetostatischen Feld gewöhnlich ein Feld permanenter
Magnete, während wir die ruhenden magnetischen Felder all-
gemein behandeln, sogar mit der Bevorzugung der Felder, die von
stationären elektrischen Strömen stammen, und wir wollen im
Sinne der Ampereschen Hypothese der Molekularströme auch die
Felder permanenter Magnete auf Felder elektrischer Ströme
zurückführen.
Die Erfahrung zeigt, daß elektrische Ströme Kräfte auf andere
elektrische Ströme ausüben. Man schreibt dem Raum um einen
elektrischen Strom einen besonderen Zustand zu, den man als
magnetischen bezeichnet, und man beschreibt die Kraftwirkung,
die in diesem Raum auf elektrische Ströme ausgeübt wird, durch
einen Vektor B" den man die magnetische Induktion nennt. Die
Kraft auf ein Leiterstück von der Länge dx" das von einem
Strom J durchflossen ist, ist dann durch den Ausdruck
K i = J e"k Bk dXj (sr, or)
gegeben. Die Kraft steht senkrecht auf die durch Bi und dX i
aufgespannte Ebene. Das Feld B. ist quellenfrei, also

I o,B.=o; I (sr, 02)


die Feldlinien sind immer geschlossen oder reichen ins Unendliche.
Die Erfahrung zeigt ferner, daß die Induktion nicht nur vom
Strom abhängt, der das Feld erzeugt, sondern auch von der
Materie, die den Raum erfüllt. Man ordnet daher dem Strom
ein weiteres Vektorfeld H, zu und nennt H, die magnetische
Feldstärke oder die magnetische Erregung. Man wird in Analogie
zu den beiden Vektoren Ei und D" die das elektrostatische Feld
beschreiben, verlangen, daß in isotropen Körpern B. und H i
gleichgerichtet sind. Die Erfahrung zeigt nun, daß in den meisten
160 III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

isotropen Körpern das Liniemntegral von B, längs eines ge-


schlossenen Weges proportional der Summe der von diesem Weg
umschlungenen Ströme ist. Da dies aber bel gewissen isotropen
Körpern und bei anisotropen Körpern nicht zutrifft, wird man
fordern, daß für den Vektor H , stets

~ H, dx, = "'2:. J (5 1 ,03)

gIlt. In den isotropen Körpern setzt man

IE, = p,Hz> I (5 1 ,°4)


In den anisotropen Körpern
B, = p,,, H)" (SI, 05)
Man nennt fl die Permeabilität. Durch (51,03) ist H, noch nicht
eindeutig bestimmt, denn (51,03) gibt nur Auskunft über den
Rotor von H,. Sind die Ströme räumlich verteilt mit einer Strom-
dichte y" so tritt an die Stelle von EJ der Fluß der Stromdichte
durch eine in dIe Kurve eingespannte Fläche, so daß

~H,dX, = Iy,d/,
ist. Aus dem Stokesschen Satz folgt dann

le"k ojHk= y,·1 (5 1 ,06)


Der Rotor der magnetischen Erregung ist gleich der Stromdichte.
Zur Festlegung des Vektors H, geht man dann so vor, daß man
für die verschiedenen Materialien durch Messung an einfachen
Anordnungen p, bzw. fl" bestimmt und annimmt, daß die
Materialien diese Werte beibehalten, wenn sie in anderen An-
ordnungen verwendet werden. DabeI ist zu beachten, daß die
Permeabilität im allgemeinen nicht konstant ist, sondern vom
Zustand der Materie, z. B. der Temperatur, aber gerade bei den
technisch wichtigen ferromagnetischen Stoffen sehr stark vom
magnetischen Feld selbst abhängt.
Unter der Voraussetzung, daß uns dIe erforderhchen Angaben
uber fl vorliegen und daß die Strom\"erteilung
(5 1 ,°7)
§ SI. Das magnetische Feld 161

gegeben ist, ist das magnetische Feld durch (51,02), (51,04) und
(51,06) vollständig bestimmt. B. und H. bilden ein quellenfreies
Doppelfeld im Sinne des § 47. Dabei entspricht das Feld der
magnetischen Feldstärke H, dem A-Feld und das Feld der
magnetischen Induktion B. dem B-Feld. Die Permeabilität Il
ist mit dem Feldfaktor Aidentisch.
Wegen (51,02) läßt sich B. aus einem Vektorpotential Z,
herleiten, also
(5 1 ,08)
Ist
(5 1 ,09)
die Greensche Funktion für den unendlichen Raum bei einem
I
Feldfaktor so ist nach (48, 29)
,Il

(SI, 10)

Den Einfluß der Materie führt man auch beim magnetischen


Feld auf eine Polarisation oder, wie man hier sagt, auf die Magneti-
sierung der Materie zurück. Nach (48,46) ist

Z = ~J Yir dV - 4
~Jei k Bk (I -~) a;~dV, (SI, rr)
, 4n n' f-t r
so daß

Mk=Bk(I- ~)=Hk(P,-I) (5 1,12)

die Magnetisierung ist. Man deutet sie als das Moment der elemen-
taren Wirbelfäden in der Volumseinheit, multipliziert mit der von
jedem Wirbelfaden umspannten Fläche. Der Einfluß der Materie
kommt dann dadurch zustande, daß das von der Wirbeldichte Yi
erzeugte Feld in der Materie zusätzliche Wirbel hervorruft, welche
zusammen mit dem ursprünglichen Feld das resultierende Feld
ergeben. Den Faktor f-t - I nennt man die magnetische Suszepti-
bilität der Materie. Man spricht hier auch von magnetischer Influenz
und meint damit, daß in Körpern eine Magnetisierung entsteht,
wenn sie in ein Magnetfeld gebracht werden, so daß sie sich dann
selbst wie Magnete verhalten.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung UI, 2 Auf!. II
162 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Verschwindet die Magnetisierung eines Körpers nicht zugleich


mit dem äußeren Feld, so nennt man ihn einen permanenten
Magneten. Zur Berechnung des durch ihn hervorgerufenen Feldes
kann im allgemeinen nicht der letzte Ausdruck auf der rechten
Seite von (SI, II) verwendet werden, weil gewöhnlich noch weitere
magnetisierbare Materie im Feld vorhanden ist. Man muß daher
I
an Stelle von - - wieder die Greensche Funktion g für den
r
mit Materie erfüllten Raum benutzen und erhält

Z,(Pk) = ~Je'jkMk
4n
ojgdV.
Natürlich laßt sich auch dieses Feld wieder in das Feld der per-
manenten Magnetisierung und einer durch das Feld hervor-
gerufenen zusätzlichen Magnetisierung in der Materie zerlegen.
2. Wirbelring und Doppelschicht. In jenen Bereichen des
Raumes, in denen y, = 0 und keine permanente Magnetisierung
vorhanden ist, verschwindet der Rotor von H,. Daraus folgt, daß
sich H, in diesem Bereich als Gradient eines skalaren Poten-
tials U darstellen läßt. Wegen
des Verschwindens der Diver-
genz von B, im ganzen Raum
bilden H, und B, im wirbel-
freien Gebiet von H i ein quel-
len- und wirbelfreies Doppel-
feid. Für das Potential U
Abb. 19 gilt dann nach (47,09)
o,(fl 0, U) = o. (SI, 14)
Wir haben bereits in § 29 für den Fall des einfachen Wirbel-
feldes gezeigt, daß sich ein Wirbelfaden durch eine in ihn einge-
spannte Doppelschicht von Quellen ersetzen läßt. Wir zeigen jetzt,
daß dies auch im Falle des Doppelfeldes gilt. Wir denken uns
einen Wirbelfaden entlang der Kurve (1:1 mit einem Moment rJ
gegeben und legen durch ihn eine Fläche ~1 (Abb. 19). Bilden
wir das Linienintegral von H, längs einer Kurve (1:2' die von der
einen Seite von ~1 bis zum entsprechenden Punkt auf der anderen
Seite von ~1 verläuft und ist ~2 eine in die Kurve (1:2 eingespannte
Fläche, so finden wir
§ SI. Das magnetische Feld I63

I H,dx, =~ H,dx, = I e"k o,Hkdl, ='YJ = u2 - Ul> (5 1,15)


1 ~

wenn U 2 und U 1 die entsprechenden Werte des Potentials von H,


sind. Das Potential von H, erleidet also in der Fläche 1)'1 einen
Sprung, dessen Betrag gleich dem Moment 'YJ des Wirbelfadens
ist. Um nun das Potential im ganzen wirbelfreien Raum aus diesem
Potentialsprung zu berechnen, umgeben wir 1)'1 mit einer Hülle,
bestehend aus zwei sich dicht an 1)'1 anschmiegenden Flächen
i>l und i>2 und außerdem das ganze Gebilde mit einer äußeren
Hülle 1)'. Im ganzen Raum außerhalb der Hüllen i>1 und i>2 ist das
Feld quellen- und wirbelfrei und daher auch in dem Raum zwischen
I)' und i>1 und i>2· Wir gehen von (47, 31) aus, wobei jetzt I)'
durch I)'+ +i>1 i>2 zu ersetzen ist; lassen wir I)' ins Unendliche
rücken, so verschwindet das Integral über I)' und es bleibt

4 n U(Pk) = ~ p,(xk) (U Oi g - g Oi U) dl,· (SI, 16)


Q1 + Q.
Wegen der verschiedenen Orientierung der Flächennormalen auf
i>1 und i>2 ist weiter

4n U(Pk) = I p,(xk) (U2 - U1 )Oig dli-


5'1

(SI, 17)

1 2
Dabei sind H, und H, die Werte von H i = 0i U auf den beiden
Hüllen i>1 und i>2.
2 1
Nun ist aber H, stetig, also H, = H" und daher verschwindet
das zweite Integral auf der rechten Seite von (SI, 17). Es bleibt

U(Pk) = ~IP,(Xk)'YJ o,gdl"


4n
(SI, 18)

also tatsächlich das Potential einer Doppelschicht mit der Belegung


p,(x k ) 'YJ. Die Größe dieser Belegung ist wohl proportional dem
Moment des ersetzten Wirbelfadens, aber nicht mehr konstant,
,,0
III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

sondern hängt wegen des Faktors fl von der Fläche ab, die wir
durch den Wirbelfaden gelegt haben. Aber nicht nur auf ver-
schiedenen Flächen, sondern selbst an verschiedenen Stellen einer
solchen Fläche müssen verschiedene Belegungen angebracht
werden. Es ist daher vorteilhafter, nicht von einem Ersatz des
Wirbelfadens durch eine Doppelquellenschicht, sondern von einem
Ersatz durch einen Potentialsprung zu sprechen. Man macht
von dieser Vorstellung bei den technischen Anwendungen vielfach
Gebrauch, indem man die Summe der Momente der einen Eisen-
kern umschließenden Wirbelfäden, die gleich ist der Summe der
Amperewindungen, als eingeprägte magnetische Spannung auffaßt.
Wir bemerken noch, daß die Greensche Funktion g in (51,18)
nicht identisch ist mit der oben in (SI, 10) verwendeten Greenschen
Funktion g. g ist ja eine Lösung der Differentialgleichung
o,(fl 0. g) = 0, (SI, 19)
während für g
0, (2_fl 0i g) = 0 (5 1 ,20)

gilt. (SI, 18) erlaubt uns nun, einen interessanten Zusammenhang


zwischen diesen beiden Funktionen zu gewinnen, in dem wir noch
die magnetische Feldstärke des Wirbelringes aus seinem durch
(48,32) gegebenen Vektorpotential

Z,(Pk) = - .!LJgdX. (5 1 ,21)


4n
[

berechnen. Es ist dann

und nach dem Stokesschen Satz


§ SI. Das magnetische Feld 165

Jl a
bzw.

H = - - I- - 'Y-
/ 2
g
---(jk- a2g ] dtk
• ,U(Ph) 4:n; ap, ax,' apk aXi .
\j

Wir nehmen jetzt den Wirbelring so klein an, daß der Ausdruck
unter dem Integralzeichen auf ~ als konstant angesehen werden
kann und setzen

(SI, 22)

dann bleibt

I [ a2g a2g ] (5 1,23)


4:n; H, = - fl(Ph) ap, ax, (j'k - apk aXi 'Y/k·
Aus (SI, 18) folgt anderseits unter den gleichen Voraussetzungen

Da (SI, 23) und (SI, 24) stets dasselbe Feld beschreiben, gleich-
gültig wie die Lage des Wirbelringes gewählt wird, so gilt ganz
allgemein

Überschiebt man mit (j.k' so folgt der bemerkenswerte Zusammen-


hang zwischen den Greenschen Funktionen zweier reziproker
Feldfaktoren mit

(SI, 26)

(SI, 25) und (SI, 26) müssen natürlich auch im Fall fl = konst.
erfüllt sein. Für g und g findet man dann z. B. wie in § 47, S. 123,

I - fl
g= g= -
x.l' Ip. - x.1
-~---c
fliP, -
und überzeugt sich leicht, daß diese beiden Funktionen den
Gleichungen (SI, 25) und (51, 26) genügen.
166 IIr. Anwendungen in Physik und Techmk

Wir können jetzt zeigen, daß jeder von emer Wirbeldichte y,


erfüllte Bereich ~ in seiner Wirkung auf den übrigen wirbelfreien
Bereich~' durch einen Dipolraum ersetzt werden kann. Im ganzen
Raum gilt nach (SI, 10) und (SI, 08)

B, = - ~el1k-!-JgYkdV.
4n up, (SI, 27)

\Vlr setzen nun

gYk = 'Yj J
<l:
g dX k = 17 J
!l'
e"k :!, dip (SI, 28)

d. h. wir denken uns das Yolumselement mit elementaren \Virbel-


ringen mit dem Moment 'Yj erfüllt. Es ist immer möglich, diesen
Ersatz durchzuführen, denn wenn nur tr genügend klein ist, so
gilt wegen (SI, 22)
_ og
g Yk = 'Yj, e"k -::;- . (SI, 29)
uX,

Sind g und Yk gegeben, so lassen sich aus den Gleichungen (SI, 29)
stets passende Werte für 'Yj/c ermitteln. Es ist demnach

B, = 4 n
I
e,jk
0
op, J ekhl
og
oX h 'Yjl dV
iB
oder

(SI, 3 0 )

(5 1 ,3 1 )

so daß

(SI, 3 2 )
§ 51. Das magnetische Feld

wird. Dieses Potential gilt aber nur im wirbelfreien Bereich 18',


denn bei der Herleitung von (SI, 25) war P. stets von x. ver-
schieden; da x. die Integrationsvariable des Raumintegrals (51,32)
ist, so gilt diese Gleichung nur für Punkte P., die außerhalb von 18
liegen. In den Außenraum wirkt also der mit Wirbeln erfüllte
Raum so, als ob er mit Dipolen der Dichte /h(x h ) 'Y/k erfüllt wäre.
Sind Il und 'Y/ in 18 konstant, so bleibt für die Wirkung nach außen
nur eine Belegung mit Quellen an der Oberfläche, wie wir dies
für einen Dipolraum bereits in § 28 gezeigt haben. Man kann
also in seiner Wirkung nach außen, auch wenn sich dort Materie
befindet, einen permanenten Magneten als Anhäufung von
magnetischen Quellen auffassen. Wie jedoch (51,32) zeigt, treten
diese magnetischen Quellen stets paarweise in Form von Dipolen
auf. Das Potentialfeld im Außenraum eines permanenten Magneten
ist also kein Nachweis für die Existenz von magnetischen Quellen,
da sich eben alle diese Erscheinungen auch auf das Bestehen
elementarer Wirbelfäden, d. h. also elementarer oder molekularer
Ströme zurückführen lassen.
Im wirbelfreien Gebiet kann man auch den Begriff der ma-
gnetischen Leitfähigkeit gemäß der Definition (47,49) verwenden,
genau so wie den Begriff des magnetischen Widerstandes nach
(47, SI), wenn die geometrische Form des Feldes dies zuläßt.
Diese Begriffe sind besonders dann gebräuchlich, wenn man die
Wirkungen der Ströme nach (SI, 15) durch eine magnetische
Spannung Versetzt. Längs jeder geschlossenen Linie gilt dann

V= J; B.dx.. (5 1 ,33)

3. Die Energie des magnetischen Feldes. Wir wenden uns nun


der Berechnung der Energie des magnetischen Feldes zu. Die Kraft
auf ein mit der Wirbeldichte Y. erfülltes Volumselement dV ist
nach (SI, 01)
dK. = C Z1 k y, Bk dV. (SI, 34)
Wird unter dem Einfluß dieser Kraft der Weg dX i zurückgelegt,
so wird eine Arbeit
dA = c.;kY, Bk dx. dV
geleistet. Wird das Volumselement aus dem Unendlichen in das
Feld an die Stelle x. gebracht, so ist die zu leistende Arbeit
168 III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

X$ x,
dA =dV J e'ikY, Bkdx,=dV J e'iky,ekpq opZqdxi =
co 00

x,

= dV J y,(o,Z, - o,Z,) dx,. (SI, 35)


co

Die gesamte Energie des Feldes ist dann


Xi x,
A=JdV J'JIiO,Zi dX , - JdV Jy,O,ZidXi. (5 1 ,36 )
co co

Wir zeigen zunächst, daß das zweite Integral rechts verschwindet.


Es ist
(5 1 ,37)
hier verschwindet der zweite Ausdruck rechts, weil y, quellenfrei
ist. Es bleibt daher
Xi xl-

J dV J o,(y,Z,) dx, = J dx, J o,(Yi Z ,) dV,


co co

denn es ist gleichgültig, ob wir die einzelnen Wirbel nacheinander


in das Feld bringen und dann über den ganzen Raum summieren
oder ob wir alle Wirbel gleichzeitig hineinschaffen. Mit Hilfe des
Gaußschen Satzes erhalten wir

denn Zi verschwindet ebenso wie y, im Unendlichen. Bei der


Integration des verbleibenden Teiles von (51,36) müssen wir
noch beachten, daß Z, selbst erst allmählich mit dem Hinein-
bringen der y, entsteht. Mit einer ähnlichen Überlegung wie im
Falle des elektrostatischen Feldes erhalten wir also

A= ~ Jy,Z,dJ·. (5 1 ,38)
§ 51. Das magnebsche Feld 169

Nun ist wegen (SI, 06)

A = ~J B'3k Z i °3 H k dV =

= ~J Bok Oj(Z, Hk) dV - ~ J B'3k Hk 03 Z, dV =

= ~J BO k H k Z ,d!3 - ~ J Bu /cH/ca3Z,dV. (SI, 39)

Das Flächenintegral verschwindet, weil im Unendlichen Z, = 0 ist.


Es bleibt daher

A~H H,B,dVI (SI,4 0 )

für die Energie des Feldes. Man kann nun analog zu dem ent-
sprechenden Ausdruck für das elektrostatische Feld jedem Punkt
eine Energiedichte

(SI, 4I )

zuschreiben.
4. Induktivität und Gegeninduktivität. Wir wollen noch die
Energie eines magnetischen Feldes berechnen, dessen Wirbel in
einer Anzahl geschlossener Wirbelfäden konzentriert sind. Dieser
Fall liegt in guter Näherung bei vielen Anwendungen vor, wenn
nämlich das magnetische Feld durch elektrische Ströme erzeugt
wird, die in Drähten fließen, deren Querschnitte klein sind im
Vergleich zu ihrer Länge.
Wir beginnen mit der Bestimmung der Energie des Feldes
eines einzelnen Wirbelfadens vom Querschnitt q, über den eine
Stromdichte y, verteilt ist. Der Gesamtstrom in diesem Faden ist

J= J"ö
q
d!,. (SI, 42)

Wir dürfen den Querschnitt q nicht verschwindend klein wählen,


weil dann H i und Bi in der Umgebung des Wirbelfadens über alle
Grenzen wachsen würden und damit die Feldenergie unendlich
17° III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

würde. \Vir denken uns nun den Raum m zwei Räume zerlegt.
Unter dem Außenraum wollen wir jenen verstehen, der alle
Feldlinien enthält, welche an keiner Stelle den Wirbelfaden selbst
durchsetzen. Für jede Feldlinie des Außenraumes gilt dann nach
(SI, 03)

PH,dX, = J. (5 1 ,43)

Die Feldlinien des Innenraumes durchsetzen den Wirbelfaden oder


liegen ganz in seinem Inneren. An die Stelle von (51,43) tritt

PH,dX, = f
q'
y,d/" (5 1 ,44)

wobeI q' den von der Feldlinie umschlossenen Teil des Quer-
schnittes des Wirbelfadens darstellt. Der Betrag der rechten Seite
von (SI, 44) wird im allgemeinen kleiner sein als IJI und es wird sich
dann eine im Wirbelfaden verlaufende Linie <r finden lassen,
auf der H, = 0 gilt. Diese Linie wollen wir die Mittellinie des
Wirbelfadens nennen.
Für die Energie Au des Außenraumes gilt (51,40). Wir denken
uns in den Wirbelfaden, genauer in seine Mittellinie <r, eine Fläche !J
eingespannt und führen die Integration in (SI, 40) für den Außen-
raum so durch, daß wir zunächst das Integral über die einzelnen
für H, und B, gebildeten Kraftröhren bilden und dann über die
Fläche !J integrieren. Es ist dann

(5 1 ,45)

Ist T, der Tangentenvektor der Feldlime, so 1st

dx'P = T'P ds
und
B,=BT,
und daher
§ 51. Das magnetische Feld I7 I

Da nun wegen (51,02) Bpd/p längs jeder Feldröhre konstant ist,


so folgt

oder

Aa = ~tPa J.
2

Dabei ist l]>a der Außenfluß des Wirbelfadens.


Die Energie Ai des inneren Feldes können wir nicht auf diese
allgemeine Weise berechnen, da wegen (51,44) die Verteilung
von y, dazu bekannt sein muß. Wir können aber einen vom
wirklichen Fluß im Innenraum abweichenden Fluß tP, dadurch
definieren, daß wir
I
A'=-tP'J (5 1 ,47)
2

setzen. Dann ist die gesamte Energie des Feldes

IA ~ -i (<I'" + "") J ~ +'" ].1


Ist nun rue Permeabilität im ganzen Raum unabhängig von H"
dann sind H, und B, an jeder Stelle proportional zu J und damit
ist es auch tP. Wir setzen dann

ItP=LJ; I (5 1 ,49)
dabei ist L der Selbstinduktionskoe//izient oder die Induktivität des
Wirbelringes. Er zerfällt in zwei Teile, La für den Außenraum und
Li für den Innenraum, die so wie die Energien getrennt zu be-
rechnen sind. Für die gesamte Energie ergibt sich dann der
Ausdruck

(5 1 ,5 0 )

Sind zwei Wirbelfäden cr:1 und cr:2 mit den Strömen J1 und J2
vorhanden, dann gilt unter der Voraussetzung, daß f.t von der
Feldstärke unabhängig ist, das Superpositionsgesetz und es ist
177. IU. Anwendungen 111 PhysIk und Techmk

2 A = J(B, + B,) (k + H,) dV =

= j' 1
B,H,dV +
1

+ j '12
B,H,dV+
j'21
B,H,dV+
j'22
B,H,dV, (SI, SI)

1 1 2 2
wobeI B, und H, vom Strom 11 und B, und H, vom Strom 12
stammen. Das erste und das letzte Integral stellen die von jedem
Strom allein stammenden Energien dar. Zur Berechnung des
2
zweiten Integrals denken wir uns eine zu den Feldlinien von H,
orthogonale Fläche in den Wirbelfaden (!;2 eingespannt. Es ist dann

und mit
2 2
H,=HT"
wird

A l2 = j'j' B,
1 H2 T, T1JdldX1J = J J B,
1 dl
l H1Jdx1J'
2

2
Nun ist IH 1J dX1J = 12 für alle Flächenelemente gleich und

JB,
lY.
dl, = W 12
ist der vom Strom 11 stammende, die Fläche ~2 des Wirbel-
fadens (!;2 durchsetzende Fluß. Wir erhalten also
A12 = W12 12' (SI, 52)
Bezeichnen WIr mIt Wab den vom \Virbelfaden astammenden,
die Fläche des Fadens b durchsetzenden Fluß, dann können wir

A = -Wn 11 + -Wl2 12 + -W21 11 + -W22 12 (5 1 ,53)


I I I I
2 2 2 2

schreIben. Wir haben in § 48 schon allgemein den Fluß eines


Wirbelfadens durch die Fläche eines anderen berechnet. Dieser
§ 51. Das magnetIsche Feld 173

ist, wenn wir den Ausdruck (48, 33), also die Gegeninduktivität
nunmehr mit L 12 bezeichnen,
<P12 = L 12 Jl·
Wir haben ferner festgestellt, daß L 12 = L 21 ist. Somit finden
wir jetzt für die Energie des Feldes zweier Wirbelfäden

(SI, 54)

Bei n Wirbelfäden erhalten wir

A = ~2 ~L(J.ßJ(J.Iß'
(J.,ß
(SI, 55)

d. h. die Energie des Feldes ist eine quadratische Form der Ströme.
Es 1st naheliegend, das magnetische Feld mit dem elektro-
statischen Feld zu vergleichen und für beide Felder einen analogen
Aufbau zu versuchen. Da das elektrostatische Feld ein Quellen-
feld, das magnetische Feld jedoch ein Wirbelfeid ist, so ergibt
sich für die Entsprechung von Quellen und Wirbeln folgende Ge-
genüberstellung:

Elektrostatisches Feld Magnetisches Feld


Quelldichte y Wirbeldichte y,
Elektrische Verschiebung Magnetische Feldstärke
0, D, = Y Edle 0) Hk = y,
Elektrische Feldstärke Magnetische Induktion
I
E,=-D, B, = IlH,
E

Keine Wirbel Keine Quellen


E'Jk 0) Eie = 0 o,B,=o
Elektrostatisches Potential U Magnetisches Vektorpotential Z,
E, = - 0, U B, = Eolt 0) Zk

Nur in Bereichen, wo beide Felder quellen- und wirbelfrei sind,


ist auch eine andere Gegenüberstellung möglich, nämlich
174 III. Anwendungen In Physik und Techmk

Elektrostatisches Feld Magnetisches Feld


Elektrische Verschiebung D, Magnetische Induktion B,
Elektrische Feldst<irke E, :\fagnetische Feldstärke H,
Dielektrizitätskonstante E Permeabilität 11
Elektrostatisches Potential [' Magnetisches Potential U
E,= - o,U H, = 0, U

§ 52+ Das elektrische Feld


1. Strom und Spannung. Unter elektrischen Feldern versteht
man die Felder der elektrischen Ströme. Ein elektrischer Strom
entsteht durch Bewegung elektrischer Ladungen. Bezeichnen wir
jetzt die Dichte des Stromes mit 5" so ist der durch eine ge-
schlossene Fläche nach außen fließende Strom gleich der zeitlichen
Abnahme der Ladungsdichte y in dem von der Fläche um-
schlossenen Raum, also

~ 5,#, = - :t J ydV (52, 01)

oder, da WIr auf der rechten Seite die DifferentIation und Inte-
gration vertauschen dürfen, und unter Anwendung des Gaußsehen
Satzes
oy
05
I I
= --.
ot (52, 02)

Man spricht von einem stationären elektrischen Feld, wenn die


Ströme und Ladungen zeitlich konstant sind, also wenn
0,5, = 0 (5 2,03)
ist. Konstante Ströme, die nicht innerhalb des Feldes in sich
zurückfließen, können nur von Null verschieden sein, wenn an
der Begrenzung des Feldes Ladungen zu- und abgeführt werden.
Elektrische Ladungen bewegen sich unter dem Einfluß der
Krafte eines elektrostatischen Feldes E,; je nach der Art der
das Feld erfüllenden Materie ergeben sich verschiedene Zusammen-
hänge zwischen der in einem Punkt herrschenden Feldstärke E,
und der dort anzutreffenden Stromdichte 5" In vielen Fällen,
z. B. in Metallen, aber auch in FlüssigkeIten, ist dIeser Zusammen-
hang sehr einfach, nämlich
§ 52. Das elektrische Feld I75

15, = a E,.I
Man nennt a die Leitfähigkeit der Materie und nennt (52,04)
das (differentielle) Ohmsehe Gesetz. Im stationären elektrischen
Feld wird die Feldstärke gewöhnlich durch die festgehaltenen
Potentiale der Begrenzungsflächen des Feldes geliefert. E, muß
dann auch die Bedingungen
(52, 05)
des elektrostatischen Feldes erfüllen. Die Gleichungen (52, 03)
bis (52,05) bestimmen nach § 47 ein quellen- und wirbelfreies
Doppelfeld, wobei E, das A-Feld, S, das B-Feld und ader Feld-
faktor ist.
V/ir bemerken noch, daß man gewöhnlich den Einfluß der
Raumladung auf die Ausbildung des Feldes vernachlässigt, ob-
wohl die obigen Beziehungen auch bei Berücksichtigung der Raum-
ladung gültig bleiben. Erfahrungsgemäß spielt die Raumladung
aber nur in Sonderfällen eine Rolle.
In vielen Fällen ist nicht sosehr die tatsächliche Form des
Feldes von Bedeutung, sondern nur der Zusammenhang zwischen
der Potentialdifferenz der das Feld begrenzenden Flächen, die
man elektrische Spannung nennt, und der gesamten Stromstärke.
Diese ist der Fluß der Stromdichte durch diese Flächen. Man ver-
wendet dann den Begriff der elektrischen Leitfähigkeit, wie wir
ihn in (47,49) eingeführt haben, oder den des elektrischen Wider-
standes nach (47,51) bzw. (47,52). Ist das Feld durch Flächen
verschiedenen Potentials begrenzt, so muß durch außerhalb des
Feldes wirksame Mittel dafür gesorgt werden, daß diese Potentiale
ständig erhalten und die Ströme stationär bleiben, d. h. es muß
den begrenzenden Flächen von außen so viel an Ladung zuge-
führt werden wie durch die Ströme abfließt.
2. Sprungflächen des Potentials. Erfahrungsgemäß gibt es
auch Fälle, bei denen die stationäre Strömung durch eine Sprung-
fläche des Potentials im Inneren des Feldes bewirkt wird. Solche
Sprungflächen des Potentials treten bei einer Berührung von
Körpern aus verschiedenem Material sowie durch chemische und
durch thermische Wirkungen auf.
Für die Berechnung der durch eine solche Sprungfläche !y
hervorgerufenen Strömung können wir (48, 08) heranziehen. Wir
III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

denken uns dabei die Sprungfläche durch zwei dicht anschließende


Flächen 0:1 und 0:2 aus dem Feld ausgeschlossen. Nach (48,08)
ist, wenn im ganzen betrachteten Raum keine Quellen vorhanden
sind.,

4n U(P/r) = J a(U o,G -Go, U)dj, =

r
<1',+5,


2 2
(a 2 Uo,G-a 1 Uo,G)dj , - .
1 1 j' (a Go,U-a Go,U)dj"
2
2 2
1
1 1

5 Ö
wobei die Normalen von 0:1 und 0:2 gegen 0: gerichtet sind und
die Normale von 0: in die Richtung 2 ->- I weist. Das zweite
Integral auf der rechten Seite verschwindet, weil G = G = 1st
1 2
°
auf 0:. G erfüllt aber auch die Potentialgleichung (47,09); d. h.
die Divergenz von a 0, G verschwindet und der Vektor a 0, G
durchsetzt die Sprungfläche mit stetiger Normalprojektion, so daß
2 1
a2 0, G dj, = a1 0, G dj, = a 0, G dj, (5 2 ,06)
2 1
ist. Da U auf 0:2 und U auf ~1 konstant ist, können wir bei Berück-
sichtigung der Orientierung der Flächennormalen

47r U(P/r) = (U - U) 2 IJ a 0, Gdj, (5 2 ,°7)


5
schreiben.
Ein solcher Potentialsprung im Feld verdient noch eine nähere
Betrachtung. Erfahrungsgemäß gilt (52,°3) auch auf einer Sprung-
fläche, d. h. der Strom durchsetzt die Sprungfläche. Während
er aber im übrigen Feld die gleiche Orientierung wie die Feld-
stärke hat, also wegen E, = - 0, U von Punkten höheren
Potentials zu solchen niedrigeren Potentials fließt, durchsetzt er
die Sprungfläche von der Seite des niedrigen Potentials zu der
des höheren. Die Ladungen bewegen sich also an dieser Stelle
entgegengesetzt zur OrientIerung der im Grenzfall einer Wirk-
lichen Sprungfläche sogar unendlich großen Feldstärke. Um die
Verhältnisse klarzulegen, wollen wir von der Abstraktion der
Sprungfläche jetzt absehen und an Ihre Stelle zwei Flächen
konstanten Potentials in geringem Abstand setzen. Verfolgen wir
§ 52. Das elektnsche Feld In

den Verlauf des Potentials und der Feldstärke längs einer das
Flächenpaar durchsetzenden Stromlinie, so können wir uns einen
Verlauf dieser Größen, wie in Abb. 20 gezeigt, vorstellen. Inner-
halb des Raumes zwischen ~l und ~2 besteht eine Potential-
2 1
schwelle und die Potentialdifferenz U - U wird dadurch auf-

---'"...--- ...........

Abb 20

rechterhalten, daß die auf ~l ankommenden Ladungen durch


irgendwelche (äußeren) Kräfte entgegen der Wirkung von E,
über diese Potentialschwelle gehoben werden. Solche äußeren

Abb.21

Kräfte können z. B. durch die Wärmebewegung der Moleküle


oder durch chemische Vorgänge zustande kommen.
In Abb. 21 sind die Niveauflächen des Potentials U in einem
Schnitt durch das Feld einer solchen "Sprungfläche" angedeutet.
An jeder Stelle ist ein eindeutiges Potential vorhanden und das
Feld ist überall wirbelfrei.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung In. 2 Auf!. 12
IH. Anwendungen In PhYSIk nnd Technik

3. Der Verschiebungsstrom. Ein ganz ähnliches Bild erhalten


wir, wenn wir ~I und ~2 als die Beläge eines geladenen Konden-
sators auffassen, wobei der Raum zwischen den Belägen nicht
leitend (a = 0) ist, während im Außenraum a *- 0 ist. Wir können
den Strom im Außenraum allerdings nicht konstant halten, weil
die Spannung zwischen den Belägen in folge der abnehmenden
Ladung sinkt. Man kann aber ein stationäres Feld wenigstens an-
genähert herstellen, wenn a im Außenraum genügend klein ist.
Um den allgemeinen Fall nicht stationärer Ströme zu untersuchen,
gehen wir von (52,01) bzw. (52,02) aus. Da die Ladungsdichte
die Divergenz der dielektrischen Verschiebung D, ist, so gilt

(52, 08)

oder

05=-0---.
oD,
(5 2,09)
" l ot
Die Vertauschung der Differentiationen nach Zeit und Ort ist
zulässig, wenn sich keine Materie bewegt, wenn also vor allem
OE
-=0 (52, 10)
of
ist. Man nennt
. oD,
D=~-
, ot (52, II)

den Verschiebungsstrom und die Summe aus ihm und dem Leitungs-
strom 5, den 5ummenstrom
C, = 5, + D,. (52, 12)
Für ihn gilt immer
(52, 13)
Führen wir beide Stroman teile auf die elektrische Feldstärke
zurück, so erhalten WIr
C, = a E, + E E,. (52, 14)
Die Bedeutung der beiden Teilströme erkennen wir, wenn WIr C,
an der Grenze von zwei Bereichen betrachten, von denen der
eine mit Materie guter Leitfähigkeit, aber niedriger Dielektrizitäts-
§ 52. Das elektrische Feld 179

konstante, also einem Leiter erfüllt ist, während in dem anderen


Bereich (j verschwindend klein angenommen ist, also ein Nicht-
leiter oder Isolator vorliegt (Abb. 22).
Im ersten Bereich ist der Strom praktisch ein reiner Leitungs-
strom, im zweiten ein reiner Verschiebungsstrom. Wegen (52, 13)
müssen die Ströme an der Grenzfläche stetig ineinander übergehen,
d. h. der Verschiebungsstrom ist die Fortsetzung des Leitungs-
stromes. WIr haben den Verschiebungsstrom zunächst aus rein
formalen Gründen eingeführt, damit auch für nichtstationäre
Ströme die Divergenz des Stromes ver-
schwindet. Viel zwingender ist aber die
Erfahrungstatsache, daß sich auch der
Verschiebungsstrom mit einem magne-
tischen Feld umgibt, genau so wie der
Leitungsstrom, d. h. der Summenstrom ist
die Wirbeldichte der magnetischen Feldstärke
IB.,k 0; Hk = (j E. + b •. I (52, 15)
Abb.22

Mit Hilfe des Verschiebungsstromes können wir auch die von


einem Strom im elektrischen Feld geleistete Arbeit berechnen.
I I
Wir betrachten dazu ein Feld mit den Anfangswerten U, E,
1 2 2 2
und D, zum Zeitpunkt t = 0 und mit den Werten U, Ei und D i
zur Zeit t. Dabei nehmen wir an, daß dem Feld keine Energie
von außen zugeführt wird, so daß die ganze durch die elektrischen
Ströme verbrauchte Energie aus der Energie des elektrostatischen
Feldes gedeckt werden muß. Wir setzen ferner voraus, daß B
und (j unabhängig von der Zeit sind, also e = Ö' = 0 ist. Wir
bilden nun das Integral des Produktes E. S, über den ganzen Raum
und berechnen die gesamte Änderung dieses Integrals während
der Zeit t. Zunächst gilt in jedem Zeitpunkt

-f E,Si dV = J S,o,UdV= J o,(US,)dV- J UOiSidV.


Aus dem Gaußschen Satz folgt, daß das erste Integral rechts
verschwindet, weil im Unendlichen U = 0 ist.
Wegen (52,09) folgt weiter

-J EiS,dV = f U °ib,dV = f o,(U b.) dV - f DioiUdV.


180 III. Anwendungen m PhysIk lind Techmk

Das erste Integral verschwindet ähnlich wie oben und es bleibt

I E,5,dV = -~ I E,iJ,dV =- - I sE,E,dV. (5 2 ,16)

Die gesamte Änderung während der Zeit t ist

II .r I
t t

dt E, 5, dV = - dt s E, E, dV.
o 0

Wegen i: = 0 dürfen wir die Reihenfolge der Integrationen ver-


tauschen und erhalten

II I I I
t t

dt E, 5, dV == - s dV E, E, dt = - ~ (E, D,)~ dV
o 0

1I22
und daher für die von den Strömen verbrauchte Energie

A = -2 (E,D,-E,D,)dJ-.
11
(52, 17)

Diese Beziehung gilt allerdmgs nur mit der Einschränkung,


die wir schon oben machten, daß die Ströme während der Zeit t
angenähert als konstant betrachtet werden können, da wir bei
der Herleitung von (52, 17) die magnetische Energie außer Be-
tracht gelassen haben. Im Feld veränderlicher Ströme ist (52, 05)
nicht erfüllt.
Aus den Gleichungen
Y = o,D, = o,(sE,) (52, 18)
und
y= - 0i 5, = - o,(a E,) (52, 19)
kann man unter der Voraussetzung räumlicher konstanter Werte
von sund a berechnen, wie eine in einem Körper anfänglich vor-
handene Ladung der Dichte Yo in folge des Leitungsstromes all-
mählich zerfließt. Es ist

(52, 20)

und daher
(52, 21)
§ 53. Das elektromagnetische Feld 181

Die Zeit

nennt man die Relaxationszeit.

§ 53- Das elektromagnetische Feld


1. Das Induktionsgesetz. In (52, 15) haben wir eine Ver-
knüpfung zwischen dem magnetischen und elektrischen Feld
kennengelernt, bei der die zeitliche Veränderung des elektrischen
Feldes mitbestimmend für die Größe des magnetischen Feldes ist.
Das Induktionsgesetz stellt eine ähnliche Verbindung zwischen der
zeitlichen Änderung des magnetischen Feldes mit dem elektrischen
Feld her. Es lautet in der Integralform

I~ E. dx; ~ - 4t f B. dl. i (53,01)

und besagt, daß das Linienintegral der elektrischen Feldstärke


längs einer geschlossenen Linie proportional ist der Änderung des
magnetischen Flusses durch eine in diese Linie eingespannte
Fläche. Bei entsprechender Wahl der Einheiten von E t und B t
ist der Proportionalitätsfaktor gleich eins. Die Vorzeichen sind
so gewählt, daß der Umlaufsinn auf der Randkurve mit der
Flächennormale eine Rechtsschraubung ergibt. (53,01) gilt all-
gemein auch für den Fall, daß die Randkurve selbst zeitlichen Ver-
änderungen unterworfen ist. Ist das nicht der Fall, dann kann
man die Reihenfolge von Differentiation und Integration auf der
rechten Seite von (53,01) vertauschen und erhalt

~E t dX t = - Jo!' df, (53, 02)

oder nach Anwendung des Stokesschen Satzes

Das ist das Induktionsgesetz in differentieller Form; es gilt nur


fiir ruhende Körper.
18z 111. Anwendungen m PhysIk und Techlllk

Das Induktionsgesetz liefert nur eine Aussage über dIe Wirbel-


dichte des elektrischen Feldes, nicht aber über die Verteilung
der Feldstärke selbst. Diese hängt nicht nur von eventuell noch
vorhandenen Quellen und Senken der Feldstärke im betrachteten
Bereich oder den Randwerten der Normalprojektionen, sondern
auch noch von der Dielektrizitätskonstante und der Leitfähigkeit
ab. Man erhält die Verteilung der elektrischen Feldstärke erst
nach Integration der Differentialgleichungen (53, 03) und (50, 07)
zusammen mit (50,°9), (51,°4) und (52, 15). Wir zeigen den Ein-
fluß der Materialeigenschaften an einigen einfachen Beispielen.
a) Das Feld der magnetIschen InduktlOn erfulle emen unendhch langen
Krelszylmder so, daß dIe Feldhlllen achsen parallel verlaufen. Der Fluß
durch einen Schmtt senkrecht zur Achse sei (P. Gesucht 1st das elektnsche
Feld außerhalb des Zyhnders, wenn SIch (p zelthch nach emem vorge-
schnebenen Gesetz imdert. Der ganze Raum seI frei von Quellen und außer-
halb des Zylmders mit emem homogenen Matenal erfullt. Wegen der
Rotationssymmetrie hangt E = IEil nur vom Abstand r von der Achse des
Zyhnders ab. Legen WIr um den Zyhnder emen konzentnschen Zylmder,
so darf wegen des Fehlens von Quellen dIeser Zyhnder von kemem Fluß
von Ei durchsetzt werden, d. h. dIe Feldhlllen von E, mussen tangentIal
zu jedem KreIS um dIe Achse verlaufen. (53, 01) ergIbt dann

znrE= -(p

oder

r •
E(r) = - - - W.
2 nr

DIe Äqmpotentialflachen smd dIe Mendlancbenen In Abb. 23 a 1St em


zur Zylmderachse senkrechter Schmtt durch das Feld gezeIgt. D,e Potential-
flachen sind mit 0 bIS II bezeIchnet. Bel emem vollstanchgen Umlauf von
obis 0 mmmt das PotentIal um ci> zu
b) W,r setzen das gleiche Magnetfeld voraus wie unter a, legen aber jetzt
m eme zur Achse senkrechte Ebene emen krelsformlgen Leiter konstanten
Querschlllttes mIt dem spezIfischen WIderstand (!, so daß sem l\üttelpunkt
m die Zylmderachse fallt. In dIesem Leiter gIlt dann
Ei = gS,
und wegen der Rotationssymmetne

oder
r
S=-----q,
2 nrg
§ 53. Das elektromagnetische Feld

Wir erhalten also die gleiche Verteilung von Si Wie Im Falle a fur E,. Die
eben behandelte Anordnung dient oft zum Nachweis des Induktionsgesetzes,
da sich die Wirkungen eines Stromes leichter nachweisen lassen als die
emer elektnschen Feldstärke. Es ISt aber zu beachten, daß die bei diesem
Versuch festgestellte Verteilung der elektnschen Feldstärke nur bei voll-
standlger Symmetne der Anordnung auftntt und keinesfalls auf andere
Falle ubertragen werden darf. Zu beachten ISt ferner, daß der m dem
Leiter fheßende Strom selbst wieder ein Magnetfeld erzeugt, und daß ~
das resultierende Feld darstellt.
c) Wir behalten die Form des Magnetfeldes wie unter a bel. Der Raum
außerhalb des Zylinders sei mit leitender Matene erfullt, und zwar so,
daß der speZIfische Widerstand mnerhalb zweier Mendlanhalbebenen, die
(J

!(J
.P---+--+3 Ef-+---J
s

Abb 23

den Wmkel 'P emschheßen, gleich (!J, Im übngen Raum e2 sei. Auch m
diesem Fall sind die Feldhmen von E, und S, konzentnsche Kreise um die
Zylinderachse. In den Bereichen el = konst. und es = konst. gilt die
Laplacesche DifferentialgleIChung. Wir haben bereits in § Z7 das Feld
behandelt, bei dem das Potential m Jeder Mendlan-Ebene konstant ISt.
Diese Lösung gilt auch Im vorliegenden Fall, nur erhalt man in den belden
Bereichen verschiedene Proporbonahtatsfaktoren. Wenn die Feldhmen
konzentrische Kreise sind, dann muß der Betrag der Stromdichte wegen
des Kontinmtätsgesetzes langs Jeder Feldhme konstant sem. Wir fmden
daher fur das Lmlenintegral der Feldstärke
Sr rtpel +
(zn - tp) e 2 1 = -~.
Der Betrag der Feldstarke mnerhalb des Wmkels tp, ISt dann
1 I el .
E= - - ~
r tp el + (2 n - tp) es
und Im Bereich des Wmkels z n - tp
2
E=
In. Anwendungen m Physik und TechnIk

DIe Richtung der Feldstarke stImmt zwar uberall mit der der Tangente
an die koaxialen Kreise uberein, der Betrag der Feldstarke 1St aber m den
belden TeIlbereIchen verschieden. Abb. 23 b zeigt emen Schnitt durch das
Feld fur den Fall (!J = 2 e2' Man erkennt, daß die AqUlpotentIalflachen
Im BereIch el dichter gedrangt verlaufen, wie das der großeren Feldstarke
entspncht Das gleiche ErgebnIS erhalten Wir, wenn Wir, statt den ganzen
Raum mit leItender Matene zu erfullen, emen krelsformlgen Leiter ver-
schiedenen spezIfischen WIderstandes um den Zyhnder legen. WIr mussen
allerdmgs dann noch voraussetzen, daß q, konstant ISt, so daß außerhalb
des Leiters kem VerschIebungsstrom fheßen kann.
d) Bel der gleIchen Anordnung des magnetIschen Feldes sei der Raum
des \Vmkels q; von emem NIchtleiter mit der Dlelektnzltatskonstanten <,
der Raum des Wmkels 2 n - q; von emem Leiter mit dem Widerstand e
erfullt. Innerhalb von q; 1St dann
eE,=D,
und mnerhalb von 2 n - q; gIlt
Ei = eS,.
Aus den gleichen Uberlegungen wie im Fall c folgt, daß auch hier die Feld-
hnIen konzentrische Kreise smd. Daher ISt

~ E, dX i = re S(2 n - q;) + ~ D r q;.


Nun gIlt auf den Meridianebenen, welche die bei den TeIlgebiete trennen,
wegen (52, I3)
S=D
und wir erhalten die DIfferentIalgleichung

• I
e r(2n-q;)D+-rq;D= rp.
e
Wir nehmen an, daß rp = - K konstant ISt und setzen

ee 2 n - q; T,
q;
dann ISt

ellle Losung der DIfferentIalgleichung. War 1m Zeitpunkt t = 0 kem


elektnsches Feld vorhanden, so bestimmt sich die IntegratIOnskonstante so,
daß
§ 53. Das elektromagnetische Feld 18 5

~ach e1l1er Zeit, die groß Ist 1m VergleIch zur Zelt konstanten T, gIlt

}{
E oo ~-
rIP
und der negatIve AnteIl des Llmen1l1tegrals der Feldstarke Im BereIch
von IP, das Ist also dIe Spannung, die zWIschen den belden Mendmn-
ebenen herrscht, wird dann

U = - j' ,. ~ ci>'
E dx·

wahrend langs des LeIters dIe Spannung verschw1l1det. Das behandelte


BeispIel entspncht weitgehend dem Fall der offenen Sekundärwicklung
e1l1es Transformators Auch bel diesem tntt praktisch die ganze mduzlerte

- t/

5
17 ---+-t--i ~r-+--_7

1{1 8
t=OZ86 T
.9
b c
Abb. 2+

Spannung an den offenen Klemmen der Sekundarwlcklung auf. DIe Zeit-


konstante T Ist von der Großenordnung der m (52, 22) deflmerten
Relaxationszelt. SIe Ist bei allen technischen Ausfuhrungen verschwindend
klem gegenuber den Penodendauern der techmschen Wechselfelder.
In Abb. 24 Ist dIe Lage der ÄquipotentIalflachen fur den Fall dreier
Tellni.ume angedeutet. Ist der BereIch des Wmkels IPI mIt emem Leiter des
spezifischen Widerstands (!I' der Wmkel IP2 mit emem solchen des spe-
ZIfischen Widerstands (!2 und der verbleIbende Tell mit emem Isolator
mit der Dlelektrizitatskonstanten E erfullt, so erhalt man m ahnhcher
Weise wIe oben
1 2 3
r [IPI E + IP2 E + (2 n - IPI - IP2) E] ~ - <P,
123
wobei E, E, E dIe Betrage der Feldstarken m den TeIlbereIchen smd.
Man gelangt schließlich zu
r86 III. Anwendungen 111 Physik und Techmk

~ c= - ; 9'1 (11 ~ ~;e~ exp ( - ; ) ,

~ == - ; ~I (ll~~~;-(l2 exp ( - ~,)


und

wobet
l' = E('PI (11 + 'P2 (12)
2 n - 'PI - 9'2
die ZeItkonstante Ist. DIe AbbIldung zeigt nun fur (11 = 2 (12' wie zur Zelt
t = 0 der NIchtleiter feldfreI ISt und wIe SIch dIe Potenttalvertetlung al1~
mahheh verandert, bIS Im Endzustand die ganze PotentIaldifferenz an dem
Isolator hegt, wahrend belde LeIter feld freI s1I1d.
Unsere bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf ruhende
Körper. Um die (53, 03) entsprechende Form für bewegte Körper
- also für zeitliche Veränderun-
gen der Randkurve - aus (53, 01)
herzuleiten, bestimmen WIr die
!IJt: zeitliche Änderung eines Flächen-
mtegrals

Abb 25
q) = J
ß'
A,dj"

wenn sich dIe Punkte der Randkurve li: von g; rmt GeschwindIg-
keiten v, bewegen. Nach einer Zeit Llt hat jeder Punkt der Rand-
kurve und damit auch der eingespannten Fläche eine Strecke
v, I1t zurückgelegt und die Kurve ist in die Kurve li:', die Fläche
m die Fläche g;' übergegangen (Abb. 25). Hat sich A, während
der Zeit ebenfalls geändert, so ist

rp' = rp + Llrp =
iV
J A,(t + Llt) df, (53, 05)

Die Fläche hat dabei einen Bereich überstrichen, der von den
Flächen g; und g;' und von einer Mantelfläche m begrenzt wird.
Zeigt die Flächennormale auf m ebenso wie die von g;' nach außen,
so ist
§ 53. Das elektromagnetische Feld

~ Aidli = J A,dli + J A,dl, - J Aidl, = J o,A, dV.


ll" IDl ll'
(53,06)
Das Integral über \IR läßt sich auf em Linienintegral über (I; zurück-
führen. Auf \IR gilt bei kleinem Llt
dl, = 8.,k dx, Vk Llt
und, wenn Ai ein passend gewählter Mittelwert auf Vi Llt ist,

J A, dl, = Llt J A, 8"k Vk dx,. (53,07)


IDl (!:

Für die Änderung Ll (/) finden wir

Ll(/) = J (A, + 0:e' Llt) dl, - J Ai dl,


ll" ~

und wegen (53,06), (53,07) und dV = v, dl j Llt

Ll(/) = - Llt J A, 8"k Vk dx, + Llt J 0:e' dl, + Llt J 0i Ai dl, v,;
(!: ll" ll'
daher ist

d(/) =
-dt l'1m Ll(/)
~ = J - - dl, + J 8.,k A, v, dXk + J 0, A,dl; v,.
oA,
~t~O LJt ot
ll' (!: ll'
(53,08)
Wir verwandeln das zweite Integral rechts in ein Flächenintegral.
Es ist

und daher

: = J[O~'+8"k8'Pqko,(A'Pvq) +ViO;A;]dl,. (53,°9)


ll'
Ist A, der Vektor der magnetischen Induktion B" so verschwindet
das letzte Glied rechts und es bleibt
18il HI. Anwendungen In Physik und Techmk

~ E, dx, = - I l0:, +
lI'
B'Jk Bkpq J
o)(B p V q) dj, (53, 10)

oder in differentieller Form, auch für bewegte Körper gültig

(53, II)

Zu dem von der zeitlichen Änderung des Feldes stammenden


Anteil kommt noch ein geschwindigkeitsabhängiger Anteil hinzu.
Wir wenden noch die gleiche Betrachtung auf den in § 52
behandelten Zusammenhang zwischen magnetischen und elektri-
schen Feldern an, indem wir jetzt die durch (52, 10) gemachte
Einschränkung auf ruhende Körper fallen lassen. Es gilt dann

~H,dX, = :t I D,dj, + 15,dl,; (53,12)

wir formen das erste Integral rechts gemäß (53,09) um und erhalten

~ H, dx, = Ilo~, + Buk Bkpq o)(D p V q) + V, 0) D) -+- 5,] dj,

(53,13)
oder an Stelle von (52, 15)

(53,14)

Die ersten beiden Ausdrücke stellen die Wirkungen des Ver-


schiebungsstromes dar, und zwar der erste den Anteil der zeitlichen
Änderung des elektrischen Feldes und der zweite den EinHuß der
Bewegung. Der vorletzte Ausdruck kommt durch dIe Bewegung
der Fläche relativ zu den Ladungen zustande. Der letzte Aus-
druck 5, ist der Leitungsstrom, gemes~en in bezug auf dIe bewegte
Fläche Die Bewegung geladener Materie wirkt gen au so wie
eIn Leitungsstrom. Man nennt diesen Anteil den KOl1vektwlls-
strom oder nach seInem Entdecker den Rimtgenstrom.
2. Die lllaxwellschen Gleichungen. Wir verfügen jetzt über alle
Beziehungen zur Beschreibung des elektromagnetischen Felde;,
In ihrer Gesamtheit werden sie gewöhnlich als die M axwellsche1l
§ 53. Das elektromagnetische Feld 18 9

Gleichungen bezeichnet. Wir stellen sie noch einmal in der allge-


memen Integralform zusammen 1.

I: ~ Hf dx, ~ I D, d/, + I 5, d/"


= (53, r5)

II: ~ E, dx, ~ I E,d/"


= - (53, r6)

III: ~D,d/,=IYdl" (53, 17)

IV: ~ E,d/, = 0, (53, r8)

V: 5, = a Ei, (53, r9)


VI: D, = cE" (53, 20)
VII: E, = ,uH,. (53, 2r)

Die ersten vier Gleichungen gelten immer. Die weiteren zeigen


den Einfluß der Materie und gelten in der angegebenen Form nur
für isotrope Medien. Für bewegte Körper ist die differentielle
Form von I und II durch (53, r4) und (53, TI) gegeben. Für
ruhende Körper gehen sie wegen v, = 0 in

I' : (53,22)

und

II' :

über.
Die Gleichungen (53, 22) und (53, 23) gestatten uns, eme
allgemeine Energiebeziehung für das elektromagnetische Feld
ruhender Körper aufzustellen. Überschieben wir die erste Glei-
chung mit E" die zweite mit H" so folgt

1 Vgl. der ReIhe nach (53, 12), (53,01), (5°,06), (51,02), (52,°4)' (5°,°9)
und (51,°4).
19° III. Anwendungen 10 Physik und Techmk

und

Vertauschen wir in der zweiten Gleichung links i und kund


subtrahieren wir sie dann von der ersten, so ergibt sich

eZ3 k O,(E ,Hk) = E , S ,+E,Tt+H,Tt·


oD, oB,

Wir integrieren über einen Bereich lB und wenden auf der linken
Seite den Gaußschen Satz an, wobei wir ausnahmsweise die
Flächennormale nach innen orientieren. Es folgt

ODi f oB, T
f e?Jk E, Hkdl,= f E,S,dV+ f E,TtdV+ H,TtdT.
(53,25)
Sind 10 und fl zeitlich konstant, so ist
E oD, = ~e o(E,E,) = ~ o(E,D,)
'ot 2 ot 2 ot
und
H oB, _ ~ o(H, H,) _ ~ o(H, B,)
, ot - 2 fl ot - 2 ot
Ist der Rand \J von lB fest, so dürfen wir die Differentiation
nach t mit der Integration vertauschen und erhalten

fe"kE,Hkdl, = r

E,S,dV+ ~ : t f E'D'dV+) (53,26)

+~ ! f H,B,dV.
Wir erkennen rechts im ersten Integral die von den Strömen ver-
brauchte Energie, die sogenannte ] aulesche Arbeit, die in Wärme
umgesetzt wird, im zweiten Integral die Zunahme der elektrischen
und im dritten die Zunahme der magnetischen Energie. Die
rechte Seite von (53,26) stellt also die Summe der in lB ver-
brauchten bzw. gespeicherten Energie dar. Man kann daher die
linke Seite als Energiefluß durch die Oberfläche deuten und nennt

(53,27)
§ 53. Das elektromagnetische Feld 191

den Vektor der Energieströmung, auch Poyntingschen Vektor. Aus


(53, 26) folgt
0 0
= E, 5, + 2 ot (E, D,) + 2 ot (H, B,).
I I
- 0, P, (53, 28)

Der Vektor P, bildet ein Quellenfeld, dessen Senken und Quellen


sich an jenen Stellen befinden, wo dem Feld Energie zugeführt
oder entnommen wird. P, ist durch (53,28) bis auf einen quellen-
freien Anteil bestimmt. Ergibt (53, 27) einen solchen quellen-
ireien Anteil von P" so ist dieser für die Energieströmung belang-
los. Dieser Fall tritt z. B. ein, wenn in einem Raum ein elektro-
statisches und ein magnetostatisches wirbelfreies Feld gleichzeitig
bestehen. Es ist dann wohl im allgemeinen P, 0:/= 0, aber überall
(53,29)
3. Bewegte Körper. Die Formeln (53, rr) und (53, 14) für be-
wegte Körper verlangen noch eine besondere Betrachtung. Wir
haben bei der Herleitung der ihnen zugrunde liegenden Formel
(53, 09) die Geschwindigkeit relativ zum Koordinatensystem ein-
geführt und bei den partiellen Differentialquotienten nach der Zeit
eben dieses System als konstant angesehen. Wegen des Tensor-
charakters aller in den Gleichungen vorkommenden Größen sind
keine Schwierigkeiten zu erwarten, wenn wir zu einem anderen
Koordinatensystem übergehen, welches gegenüber dem ersten
System ruht. Anders wird dies aber, wenn wir die Frage nach der
Transformation von (53, rr) und (53, 14) in ein System stellen,
welches gegenüber dem ursprünglichen beliebig bewegt ist. Wir be-
schränken uns zunächst auf die Behandlung der einfacher ge-
bauten Formel (53, rr), also auf das Induktionsgesetz. Um die
dabei notwendigen Gedankengänge übersichtlicher zu gestalten,
betrachten wir zuerst die Transformation in ein Koordinaten-
system Xi' welches sich gegenüber dem System x, in einer gerad-
linigen Translationsbewegung befindet. Es gilt dann
X, = X, + b,(t). (53,30)
Mit
db,
(jj= U, (53, 3 1 )
folgt dann aus (53,30)
V,=v,+U.; (53, 32)
III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

V, ist dabei die Geschwindigkeit eines Punktes gegenüber dem


System X,. Aus
H,(x 1J , t) = E,(x 1J , t)
erhalten wir durch partielle Differentiation nach

0l!~ __ oE, d E OXk


ot - ot + k ! ot '
o
wo dk =:;-:- bedeutet. Aus (53, 30) folgt
uXk

OX, ox,
Tt=o= Tt+ u ,
und daher
oB, _ oE i _ d E
ot - ot Uk k ,. (53,33)

o~ o~
ot (bei konstantem x,) und Tl (bei konstantem x,) sind zwei
wesentlich verschiedene Vektoren; man kann sich den Unter-
schied leicht deutlich machen, wenn man den Fall betrachtet,
daß B, im System x, zeitlich, aber nicht räumlich konstant ist;
oB,
- - verschwindet dann in diesem System. Bei der Bewegung
ot
des Systems X, läuft ein Punkt mit festem x, über Stellen ver-
oE,
schiedener Werte von E, hinweg und - verschwindet nicht.
ot
Unter den zeitlichen Differentialquotienten der Induktion sind
im folgenden immer die durch (53, 33) verbundenen Größen zu
verstehen.
Bei der Transformation (53,30) ist jedenfalls
B'Jk oJ E k = B"k dJE k ; (53,34)
Aus (53, rr) folgt daher

oE, >; _ _ _ - (53,35)


= -Tt-B"kBk1JQOJ(B1Jvq)+UkOkB,-
- B"k Bk1Jq dJ (E1J u q).
§ 53. Das elektromagnetische Feld 193

Der letzte Ausdruck rechts ist


B.,k Bk'])q oAB']) u q) = ä,(B. Ui) - 0, (Bi u.) =
= ui 0, Bi - U, 0, Bi,
weil U, nur von der Zeit, aber nicht vom Ort abhängt. Wegen
0, B, = ä, Bi = 0 folgt aus (53,35)

C'ik
ä -
, Ek
oB. -
= - Tl c"k Ck,])q
'5 - -
u,(B']) v q),

was formal mit (53, II) vollständig identisch ist, obwohl die
beiden Ausdrücke rechts in den beiden Formeln verschiedene
Vektoren darstellen. Hat es sich bei (53, II) z. B. um die gerad-
linige Bewegung eines starren Körpers gehandelt (was wir aber
dort keineswegs voraussetzten), so können wir das quergestrichene
System mit diesem Körper starr verbinden. Dann verschwindet vq
und mit ihm der zweite Ausdruck in (53, 36), d. h. die Aufteilung
der Wirbeldichte des elektrischen Feldes auf die zeitliche Ver-
änderung der Induktion und auf die Bewegung hängen ganz von
der Wahl des Bezugssystems ab. In allen Fällen ergibt sich aber
dieselbe Wirbeldichte.
Es ist noch zu zeigen, daß diese Invarianz des Induktions-
gesetzes nicht nur für geradlinige, sondern für beliebige Be-
wegungen des Koordinatensystems gilt. Wir legen also die all-
gemeine Transformation
(53,37)
zugrunde, wobei jetzt die a'i und b. Funktionen von t sind. Für
den Rotor der elektrischen Feldstärke gilt

ebenso ist

diese beiden Relationen sind die wohlbekannten Transformations-


gesetze für Vektoren und Tensoren zweiter Stufe. Für die Ge-
schwindigkeit gilt jedoch
_ oa., _
v. = a" Vi + Tl Xi + Ui
Duschek-Hochrainer, Tensorrechnung IU, 2. Anfl. 13
194 III. Anwendungen in Physik und Technik

oder, wenn WIr

aal} = A
at lJ
(53,4 0 )

setzen,
(53,4 1 )
Wegen
B,(x p, t) = a,ß) B}(x p, t)
ist der zeitliche Differentialquotient der Induktion
aB, - aB} ax k ,,-
Tl = A" B} + a" Tl + a'}Tl 0k B}. (53,4 2 )

Aus (53, 37) folgt

oder
aXk _
Tl = - ahk(A hl XI + u h)·
Damit erhalten WIr
aB,
Tl = al}
aB,
at- + Al} B,_ - a'l ahk(A hl
_" -
+
Uh) 0k B,; (53,45)
XI

diese Gleichung tritt jetzt an Stelle von (53,33). Wir haben


noch den Rotor des Vektorproduktes, also das letzte Glied auf der
rechten Seite von (53, II) umzuformen. Wegen (53, 39) und
(53, 4 1 ) erhalten wir
E,jkEkpqa,(Bpvq) =
= azr aqS ET}k Ekps o,[Bp(aqh vh A qh Xh + + u q)] =
= azr ET}k Ekph o}(B p vh) +
+
azr aqS ErJk Ekps [(A qh Xh u q) o} B p+ + A q, B p] =
= azrEnkEkph O}(BpVh) +
a,paq}(AqhX h + ~6q) o} B p +
+
a,P aqJ A q, B p - A,j B r
Wegen a qJ a qJ = 3 ist aq} A qj = 0 und es bleibt
lOok Ek1'q a, (B l' v q) = a,r Er,k Ekph o} (E l' vh) +
+ alJ ahk(A hl Xl +Uh) 0k B} - A ij E}.
§ 53. Das elektromagnetische Feld 195

Addieren wir das zu (53,45), so heben sich die beiden letzten


Glieder auf den rechten Seiten fort und wir erhalten schließlich
als Ergebnis der Umformung von (53, II)
- - GB r - - _
erst GsEt = - Tl - eTJkelepq GJ(Bpv q).

Damit ist gezeigt, daß das Induktionsgesetz auch gegen eine


beliebige Bewegung des Koordinatensystems invariant ist. Auch
(53, 14) behält seine Form beim Übergang zu einem beliebig
bewegten Koordinatensystem, aber nur, wenn die Stromdichte Si
durch die Bewegung von Ladungen der Dichte y zustande kommt.
Dann ist
S, = qi Y = q, GJ D, (53, 47)
und wenn wir
V, + qi = W,

setzen, nimmt (53, 14) die Gestalt

eijk GJ Hk =
GD,
Tl + eok ekpq GJ(D p V q) + W i Gj D j
(
53,49)

an. W , transformiert sich in gleicher Weise wie Vi' also nach


(53, 4 1 ) und daher ist
(53, 50)
Die ersten beiden Glieder auf der rechten Seite von (53, 49) trans-
formieren sich in gleicher Weise wie die entsprechenden Glieder
von (53, II), wobei aber zu berücksichtigen ist, daß Gi D i nicht
verschwindet. Wir erhalten daher
e'Jk '0, Hk = alT erik Oj 11k =
GD r
+ alT eTJk ekpq Gj(D p V q) -
_ - _
= alT Tl

- (A,s Xs + u,) 0k D + alT wr 0k Die +


k

+ (A X, + u,) Oie Die


,j

und daher
I96 III. Anwendungen In Physik und Technik

also dasselbe wie (53,49). Im allgemeinen gilt aber (53,49)


nicht, da die Stromdichte aus der Bewegung von positiven und
negativen Ladungen resultiert, die sich ganz oder teilweise auf-
heben können. Dann ist (53, 14) nicht mehr invariant gegen eine
Bewegung des Koordinatensystems.

§ 54. Quasistationäre elektromagnetische Vorgänge


1. Widerstände, Kondensatoren, Drosselspulen. Das Wort
"quasistationär" bedeutet hier einen Hinweis auf gewisse, in der
praktischen Elektrotechnik übliche Methoden der Behandlung
elektromagnetischer Vorgänge, bei denen es sich um Näherungen
handelt, die durch die spezielle Ausbildung der elektrischen Ein-
richtungen nahegelegt werden und oft von erstaunlicher Genauig-
keit sind. Die Bezeichnung quasistationär stammt von der - im
Grund natürlich unzutreffenden - Vorstellung, daß die Aus-
breitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Zustände in
den betrachteten Räumen unendlich groß ist, so daß man so vor-
gehen kann, als ob "in jedem Zeitpunkt" stationäre Felder vor-
lägen. Dabei werden die Wirkungen der zeitlichen Änderungen
keineswegs vernachlässigt; man berechnet nach diesen Verfahren
auch echte Ausbreitungsvorgänge, wie z. B. die Wanderwellen-
Vorgänge auf Leitungen und ähnliches. Die verwendeten Nä-
herungen bestehen vielmehr darin, daß man je nach den unter-
suchten Anordnungen bestimmte Annahmen über die Material-
konstanten trifft, und zwar in der Weise, daß man einen Teil der
Materialkonstanten e, ft und (] entweder gleich Null oder gleich
Unendlich setzt. Es führt dies dazu, daß man sich den unendlichen
Raum in einzelne Teilräume zerlegt denkt, in jedem einzelnen von
ihnen gewisse Materialkonstanten und damit die durch sie ver-
ursachten Auswirkungen vernachlässigt und schließlich annimmt,
daß die in den Teilräumen wirksamen Felder in den Nachbar-
räumen ganz oder zum Teil unwirksam sind. Man geht dabei oft
so weit, daß man die die Teilräume begrenzenden Flächen ent-
weder so wählt, daß auf ihnen mit Ausnahme einer endlichen An-
zahl von Punkten die Beträge der Normalprojektionen der Feld-
stärken verschwinden, oder daß man einfach festsetzt, daß dies
auf den begrenzenden Flächen so sein soll. In den Ausnahms-
punkten läßt man im allgemeinen nur Komponenten der elek-
§ 54. Quasistationäre elektromagnetische Vorgänge 197

trischen Feldstärke und der Stromdichte zu. An die Stelle der


Punkte können auch genügend kleine Flächenstücke treten, auf
denen die Normalprojektionen als konstant angesehen werden
können. Ist die Zahl der Ausnahmspunkte gleich zwei, dann
spricht man von einem Zweipol, im allgemeinen von einem n-Pol.
Typische Fälle solcher Zweipole sind Widerstände, Konden-
satoren und Drosselspulen. Bei einem Widerstand ist (J in einem
langgestreckten Zylinder mit gerader oder gekrümmter Achse
und einem zur Länge der Achse kleinen Durchmesser endlich,
während außerhalb des Zylinders (J = 0 gilt. Innerhalb und außer-
halb des Zylinders verschwinden e und fl, so daß wegen (53,20)
und (53, 21) Bi und D i verschwinden und nur (53, 19) verbleibt.
Mit Hilfe von (47,51) ergibt sich dann die Beziehung

J
2

u= - E.dxi=] R,
1

wenn mit I und 2 die Endflächen des Widerstandes bezeichnet


werden. Man nennt U die Spannung, die an dem Widerstand liegt.
Beim Kondensator betrachtet man das elektrostatische Feld
zwischen zwei plattenförmigen Körpern, wobei zwischen diesen
Platten e =F 0 ist, während im ganzen Raum fl = (J = 0 gilt. Es
gilt dann für den Raum zwischen den Platten nur (53,20). In
den Platten selbst nimmt man (J = 00, es verschwindet also Ei
in ihnen. Wie in § 52 auseinandergesetzt, gilt für die Strom-
dichte Si innerhalb der leitenden Körper, unmittelbar an der
Oberfläche,
S. = Di
und mit Hilfe von (50, 33) ergibt sich der Zusammenhang

J=C dU
dt
zwischen dem den Platten zufließenden Strom und der Spannung
zwischen ihnen.
Bei einer Drossel liegt ein Leiter ähnlicher Form vor wie bei
dem Widerstand, doch wird im Leiter (J = 00 gesetzt; im ganzen
Raum ist e = 0, während in einem zumindest den ganzen Leiter
umfassenden, einfach zusammenhängenden Bereich fl =F gelten °
I98 III. Anwendungen in Physik und Techmk

soll (Abb. 26). Zur Anwendung von (53, 16) ergänzt man die
Mittellinie des Leiters der Drosselspule durch einen außerhalb der
Drossel befindlichen Weg des Stromes zu einem geschlossenen Weg.
Wegen Ei = 0 im Leiter der Drossel liefert nur der Außenweg
einen Beitrag zu dem Linienintegral.
,... ---------...,, Es ist dann

f :t f
I

:J I
(]] I
I
I
:
I
J
U 21 = E, dx, = - B,d/,.
I I
I
I
J
:
Benutzen wir die Definition (51,49) des
2. : Gesamtflusses, so können wir schreiben
I I
,
.... _-------_ ... I
Abb. 26

U 21 ist das Linienintegral über den Weg des Stromes außerhalb


der Drosselspule. Nun haben wir oben bei Widerstand und
Kapazität für die Festlegung der Spannung immer das negative
Linienintegral der Feldstärke im betrachteten Element benutzt.
Im vorliegenden Fall verschwindet dieses Linienintegral. Man hat
es aber zweckmäßig gefunden, als Spannung U an der Drossel
den negativen Wert von U 21 zu verwenden, so daß

U=- U 21 = L -
dJ
dt
wird. Wenn nämlich, wie man immer annimmt, die Wirkung des
magnetischen Feldes auf den Raum der Drossel beschränkt bleibt,
dann muß im äußeren Raum das Linienintegral der Feldstärke
längs jedes geschlossenen Weges verschwinden. Man kann diesen
Satz auch auf einen Weg, der zwischen den Punkten I und 2
durch den Drosselraum hindurchführt, anwenden, wenn man
voraussetzt, daß auf diesem Weg die Spannung U nach (54, 04)
wirksam ist. Man nennt dann U die in der Drossel induzierte
Spannung.
In ähnlicher Weise läßt sich die Spannung ausdrücken, die
durch das Magnetfeld einer Drossel in einer benachbarten Wick-
lung einer Spule induziert wird. Man findet dann

wenn L 12 die durch (48, 33) definierte gegenseitige Induktivität ist.


§ 54. QuasistatIonäre elektromagnetische Vorgänge 199

2. Die Kirchhoffschen Regeln. Die bei den quasistationären


Vorgängen angewendete Zerlegung des Gesamtbereiches in einzelne
Teilbereiche mit begrenzter Wirkung eines Teilbereiches auf den
anderen und die bei der Behandlung der Drossel erwähnte Ein-
führung der induzierten Spannung ermöglicht es nun, einfache
Regeln für die Verknüpfung der Teilräume aufzustellen.
Da die Teilräume aufeinander nur in einzelnen Punkten
wirken, kann man jeden Teilraum mit zwei solchen Punkten
(Zweipol) durch ein Linienstück zwischen diesen beiden Punkten
ersetzen, wobei man diesem Linienstück einen bestimmten Zu-
sammenhang zwischen Strom und Spannung, wie beispielsweise
(54,01), (54, 02), (54, 04) und gegebenenfalls auch mit dem Strom
eines benachbarten Leiters nach (54,05), zuschreiben kann. Diese
Linienstücke sind nun mit ihren Endpunkten irgendwie mit-
einander verbunden, sie bilden ein sogenanntes Netz. Die Ver-
bindungspunkte nennt man die Knoten des Netzes, während man

*" °
jeden möglichen geschlossenen Weg durch eine Anzahl der Linien-
stücke als Masche bezeichnet. Da Ladungsdichten y nur
innerhalb der Teilräume, aber nicht an den Endpunkten der
Linienstücke angenommen werden, so gilt für jeden Knotenpunkt
0, D, = °
und wegen (52, 19) auch
0, Si = 0, (54,06)
d. h. die Summe der einem Knotenpunkt zu- und abfließenden
Ströme muß verschwinden. Es ist also
""'22J=o,
die erste K irchhotfsche Regel.
Da die Wirkung der magnetischen Felder auf die Teilräume
beschränkt bleibt und sich nach den oben aufgestellten Richt-
linien die Kraftlinien jedes magnetischen Feldes innerhalb des
zugehörigen Teilraumes schließen, gilt für jede Masche

~ Ei dXi ° = (54, 08)

oder, wenn wir dieses Linienintegral aus den Teilspannungen der


einzelnen Linienstücke zusammensetzen
""'22U=o. (54,°9)
200 III. Anwendungen m Physik und Techmk

Dabei ist zu beachten, daß für die Teilspannungen von Drossel-


spulen die induzierten Spannungen entsprechend (54, 04) oder
gegebenenfalls (54, 05) einzusetzen sind. (54, 09) ist die zweite
Kirchhoffsche Regel.
3. Die elektromotorische Kraft. Gelegentlich macht die Be-
handlung von Sprungflächen des Potentials, wie sie durch die Ein-
wirkung nicht-elektrischer Kräfte entstehen, Schwierigkeiten.
Aus den Überlegungen von § 52 (S. 176) geht hervor, daß (54,08)
auch in diesem Fall gilt, wenn man an der Definition der Spannung
als negatives Linienintegral der Feldstärke festhält. Es entstehen
jedoch Fehler, wenn man an Stelle des Linienintegrals der elek-
trischen Feldstärke das Linienintegral der entgegengesetzt
orientierten "eingeprägten Feldstärke" heranzieht. Unter der ein-
geprägten Feldstärke versteht man dabei eine fiktive Feldstärke,
deren negatives Linienintegral die Potentialdifferenz an der
Sprungfläche liefert. Man bezeichnet diese Potentialdifferenz als
die eingeprägte Spannung ue und muß dann an Stelle von (54,09)

(54,10)
schreiben.
Man kann jedoch auch durchaus mit Potentialdifferenzen statt
mit eingeprägten Spannungen rechnen. Man führt zu diesem
Zweck den Begriff der elektromotorischen Kraft (EMK) ein; sie ist -
unter Beibehaltung der Zerlegung in Teilbereiche - die Differenz
der Potentiale von Ein- und Austrittspunkt des Stromes in den
bzw. aus dem Teilbereich, wobei diese Potentialdifferenz durch
das positiv genommene Linienintegral der Feldstärke vom Aus-
trittspunkt zum Eintrittspunkt entlang einer beliebigen, in der
Grenzfläche des Teilraumes verlaufenden Linie zu bestimmen ist.
Wie man leicht überprüft, ergibt sich dann in jedem Fall für die
elektromotorische Kraft
K=-U (54, II)
und damit geht (54, 09) in
~K=o (54, 12)
über. Im Fall des Potentialsprunges ist dann K = ue.
Es ist noch zu erwähnen, daß man in all den Fällen, in denen
eine so einfache Darstellung der Zusammenhänge innerhalb eines
§ 55. Schnell veränderllche elektromagnetische Felder 201

Teilraumes, wie wir sie oben verwendeten, nicht möglich ist,


versucht, den Teilraum durch die Reihen- oder Parallelschaltung
von mehreren Teilräumen verschiedener Eigenschaften zu ersetzen.
So wird beispielsweise der nicht vernachlässigbare Widerstand
einer Drossel dadurch berücksichtigt, daß man eine widerstands-
lose Drossel in Reihe mit einem induktions freien Widerstand an-
ordnet.

§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische


Felder
1. Die retardierten Potentiale. Man spricht von schnell ver-
änderlichen elektromagnetischen Feldern immer dann, wenn es
wegen der Änderungsgeschwindigkeit der Feldgrößen D. und Bi
und wegen der vorliegenden besonderen Werte der Material-
konstanten 8 und ft notwendig ist, Lösungen des ganzen Systems
der Maxwellschen Gleichungen zu suchen. Wir beschränken uns
bei diesen Betrachtungen auf den Fall ruhender Körper und
werden auch gewisse Annahmen über die Werte von 8 und ft ein-
führen, um zu speziellen Lösungen vordringen zu können. Es
gelten dann (53,22) und (53,23). Wegen (53, 18) läßt sich
B, = 8.ik 0; A k (55, 01)
als Rotor eines Vektorpotentials Ai darstellen. Da wir ein ruhendes
System betrachten, dürfen wir die räumliche mit der zeitlichen
Differentiation vertauschen, so daß
(55,02)
gilt und aus (53, 23)
(55,°3)
folgt, d. h. E k + Ak läßt sich als Gradient eines skalaren Potentials
P darstellen, also
+
E. Ai = - 0i P. (55, 04)
Bei konstantem 8, ft und a folgt aus (53, 22) und (53, 21)
0i 0, Ai - 0, Oj At = ft Dt + ft S,
oder wegen (53, 19), (53, 20) und (55, 04)
0i 0, A j - Oj Oj Ai =
= - ft8 O. tp - ft8Ä i - fta 0iP- ftaA •. (55,05)
202 III. Anwendungen In Physik und Techmk

Wie immer bei der Einführung eines Vektorpotentials haben


wir noch die Möglichkeit, über die Divergenz des Vektorpotentials
frei zu verfügen. Eine dieser Möglichkeiten besteht in der soge-
nannten Lorentzkonvention
0, A, = - fl e '1'. (55,06)
Damit erhalten wir aus (55, 05) die Gleichung
0, o,A, - fleX, = - flS" (55,07)
wenn wir nach (55,04) wieder

setzen.
a(o, P +
A,) = a E, = S,
Aus (55,04) folgt ferner
oiE, + o,A,= - o,o,P
oder wegen (55, 06)
o,E'-fleP= - o,o,P.
Nach (53, I7) ist
0, E, = -1 0, D, = -Y
e e
so daß schließlich

I'. '. 'P - ~, .p ~ - f I (55,08)

(55,07) und (55, 08) haben die gleiche Gestalt, nur bezieht sich
(55,07) auf einen Vektor, (55,08) hingegen auf einen Skalar.
Wir zeigen nun, daß die Potentiale

A,(Pk,t) = .LJ~s,
2:n; r
(xk,t -~) dV
v
(55,09)
und
(55, IO)

im Punkt Pk zur Zeit t Lösungen der Differentialgleichungen


(55, 06) bis (55, 08) sind. Dabei ist
r 2 = (x, - P,) (x, - P,) (55, rr)
und
2 _ I
v --, (55, I2)
während fle
S, = S,(x k , t) (55, I3)
und
Y = Y(x k , t) (55, I4)
§ 55. Schnell veranderliehe elektromagnetische Felder 203

die vorgegebenen Verteilungen der Stromdichte und der Ladungs-


dichte in Abhängigkeit von der Zeit sind.
Wir beginnen mit dem Potential lJf und berechnen zuerst
o 0 y(x k , t - (rjv))
--
op, op, r
Es ist

und
o 0 Y ( r.) 0 0 I r . . or 0 I
op, op, r = Y+ v- Y op, op, r - 172 Y op, oPi r·
Das erste Glied rechts verschwindet wegen
001 I
---=,1-=0
op, ap, r r '
es bleibt also

(55, 15)
oder wegen (55, 12)

Y 0 Y 2
L1-=,ue--. (55, 16)
r 2 ot r
Gehört der Punkt Pk dem Integrationsgebiet nicht an, so ist
überall r =1= 0, wir können Integration und Differentiation ver-
tauschen, so daß
I
L1lJf=-
4ne
Y
L1-dV=,ue-
r
J 02lJf
ot2 • (55, 17)

Damit ist die Gleichung (55, 08) erfüllt für Y = 0, also außerhalb
der Ladungen und Ströme.
Liegt der Punkt Pk aber im Integrationsgebiet, so werden die
Integrale uneigentlich und Differentiation und Integration sind
nicht mehr ohne weiteres vertauschbar. Wir setzen
(55,18)

J
wobei
lJI = _1_ Y(X k , t) dV (55,19)
1 4 ne r
III. Anwendungen In Physlk und Techmk

und

'P2 = 4: 8 f: [Y(Xk,t - :) -Y(Xk,t)] dV (55,20)

ist. Dann wird


(55,21)
In 'PI können wir die Zeit t als Parameter ansehen und erhalten
nach (48, II) mit a = L
8

(55,22)

'P2 wird für r = 0 nicht mehr unendlich, wir können die Dif-

f [Lt
ferentiation nach Pk und die Integration vertauschen und erhalten

LtlP = _1_ Y(X k , t - (rlv)) _ Lt y(x k , t)] dV.


2 4 n8 r r _
Der zweite Ausdruck rechts verschwindet, denn bei der Dif-
I
ferentiation nach p, ist Y(Xk' t) konstant und Lt - = o.
r

f'
Wegen (55, 16) ist
I
LtlP = _1_ I Lt y(x k , t - (rlv)) I dV =

k,
2 4n8 r

= -1-f~ y(x t - (rlv)) dV


4n 8 at 2 r
oder, weil die Differentiation nach der Zeit mit der räumlichen
Integration vertauscht werden kann, mit Hilfe von (55, ro)
a2'P
Lt'P2 = ft 8 at 2 • (55,23)

Aus (55, 18), (55, 22) und (55, 23) folgt dann (55, 08).
Auf genau dieselbe Art kann man beweisen, daß (55, 09) eme
Lösung von (55,07) ist.
Um noch die Relation (55,06) nachzuweisen, bilden wir

aA, = Lf~ S,(Xk' t - (rlv)) dV. (55,24)


ap, 4n ap, r
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder 205

Man überlegt sofort, daß hier Integration und Differentiation


vertauschbar sind. Wegen
or or
op, OX,
ist
o S,(x k , t - (r/v))
OPi r
o S,(x k , t - (r/v)) 1 (OS,)
= - OX, r . +r OX, t- (rlv) = konst.
(55, 25)

Wir setzen in (55,24) ein und wenden auf den ersten Summan-
den den Gaußschen Satz an. Daß der Gaußsche Satz hier anwend-
bar ist, läßt sich zeigen, indem man die singuläre Stelle r = 0
durch eine Kugel aus dem Integrationsgebiet herausnimmt und
dann die Kugel auf den Punkt p, zusammenschrumpfen läßt.
Wegen (52, 02), d. h.
oy
05=--
" ot
erhalten wir dann

(55,26)

Das Flächenintegral ist dabei über eine das ganze Integrations-


gebiet umschließende Fläche ~ und über alle Leiteroberflächen zu
erstrecken. Lassen wir ~ genügend weit herausrücken, so treten
keine Ströme mehr durch ~ hindurch und das Flächenintegral
über ~ verschwindet. Ferner bedeutet wegen 5, = iJ, und nach
(50, 05) 5, dt, die Elektrizitätsmenge, die in der Zeiteinheit auf
oa
das Flächenelement dji strömt und ist daher gleich 8t dt. Dann
folgt aber aus (55,26) wegen (55, 10) sofort (55, 06).
Man nennt die Potentiale Ai und lJ1 retardiert, weil die Größen 5,
und y nicht auf den Zeitpunkt t, sondern auf einen früheren Zeit-
r
punkt t - - bezogen sind. Die zu den einzelnen Werten der
v
Ladungs- und der Stromdichte gehörigen, aus der Poissonschen
Gleichung folgenden Potentiale treten gewissermaßen in der Ent-
206 111. Anwendungen In PhYSIk und Techmk

r
fernung r erst um die Zeit - verspätet auf. Die Auswirkungen
t'
irgendwelcher Änderungen von y oder 5, zeigen sich nicht an allen
Stellen des Raumes sofort, sondern breiten sich mit der durch
(55, 12) gegebenen endlichen Geschwindigkeit aus.
Sogenannte avancierte Potentiale, entsprechend der Funktion

t (t + :) sind ebenfalls Lösungen der Gleichungen (55, 07) und


(55,08). Sie können z. B. auftreten, wenn eine Kugelwelle an einer
konzentrischen Kugelschale zum Ausgangspunkt reflektiert wird.
2. Eindeutigkeit. Es stellt sich noch die Frage, ob die Lösungen
(55,09) und (55, IO) auch eindeutig sind, wenn die Verteilungen
der Ladungs- und der Stromdichte, die Anfangswerte der Felder
für t = 0 und schließlich eine geeignete Randbedingung auf der
Begrenzung des betrachteten Bereiches gegeben sind. Nehmen
11112222
wir an, es gäbe zwei Feldergruppen E" D" H" B, und E" D" H" B"
welche beide denselben oben genannten Voraussetzungen genügen,
so genügen auch die Differenzfelder E" lJ" H" B, den Maxwell-
schen Gleichungen; die zugehörigen Ladungs- und Stromdichten,
Anfangs- und Randwerte verschwinden jedoch. Stellen wir für
diese Differenzfelder dIe Energiebeziehung (53, 26) auf, so ver-
schwindet die linke Seite dieser Gleichungen und es bleibt

~ :t J(E, lJ, + H, B,) dV = - J E, 5, dV = 0, (55, 27)

da 5, = ist. Die gesamte elektromagnetische Energie

J
0

w= ~ (E, lJ, + H, B,) dV


bleibt also konstant. Waren die Feldergruppen zur Zeit t = 0
identisch, dann war in diesem Zeitpunkt w = o. Wegen (55,27)
gilt dies auch für alle späteren Zeitpunkte. Da die Energiedichte
nicht negativ ist, so folgt, daß die beiden Feldergruppen zu allen
Zeiten identisch sind.
3. Der Hertzsehe Vektor. Eine andere Möglichkeit, über die
Divergenz des Vektorpotentials A, zu verfügen, besteht darin,
daß wir
(55,28)
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder 207

setzen. Damit heben sich die Gradienten auf beiden Seiten von
(55,05) fort und es bleibt
0, o;A. - fleÄ', - flaA. = 0 (55,29)
und aus (55, 28) erhalten wir wegen (55, 04) und (55, 17)

1a, a, 'P - ~,ip - p «P ~ - ~ ·1 (55.3 0 )

(55, 29) und (55,30) gleichen sich in der Gestalt genau so wie
(55, 07) und (55, 08) und auch jetzt bezieht sich die eine Gleichung
auf einen Vektor und die andere auf einen Skalar. Im Falle y = 0
ist (55,30) die sogenannte Telegraphengleichung.
Die Bedingung (55, 28) ist erfüllt, wenn A, und lJf den Ansätzen
lJf = - o,Z, (55, 3 1 )
und
A, = flaZ, + flet, (55,32)
genügen. Damit geht (55, 30) in
. .. y
0, 0, 0, Z, - fl a 0, Z, - fl e 0, Z, = -
e
über. Beschränken wir uns jetzt auf den Fall y = 0, so ist
0, (0) o,Z, - flat, - flei,) = 0

und diese Gleichung ist immer erfüllt, wenn


0, o)Z, -!leZ, - flat, = 0 (55,33)
ist, also wenn Z, selbst der Telegraphengleichung genügt. Die
weitere Auswahl spezieller Lösungen wird durch Rand- oder
Symmetriebedingungen getroffen. Beschränken wir uns weiter auf
Nichtleiter (a = 0), so bleibt die Gleichung

1°, o,Z, = fl eZ" I (55,34)


die als Wellengleichung bezeichnet wird. Man überzeugt sich
leicht, daß

(55,35)
208 111. Anwendungen In Physik und Techmk

eine Lösung von (55,34) ist, wobei P, ein konstanter Vektor,


r der Abstand des betrachteten Punktes vom Ursprung des
Koordinatensystems, nach (55, I2)

r
und I eine beliebige Funktion von t - - ist. Z, heißt Hertz-
v
scher Vektor. Wir betrachten die Gesamtheit der Vektoren r Z,
zu einem bestimmten Zeitpunkt t, ihre Anfangspunkte verlegen
wir auf die Kugelfläche mit dem Radius r. Im Zeitpunkt t +
Llt
wird man wegen (55, 35) einen gleichen Vektor auf demselben
Radiusvektor, aber in der Entfernung r +
v Llt vom Mittelpunkt
vorfinden, so daß man sagen kann, daß der Vektor r Z, um das
Stück v Llt nach außen gewandert ist. Da dies für alle Vektoren
auf der ganzen Kugelfläche gilt, hat sich die Kugel auf den Radius
r+ v Llt vergrößert und dabei die angehefteten Vektoren mit-
genommen. Die Gesamtheit der Vektoren r Z, bildet also eine
Kugelwelle, die sich mit der Geschwindigkeit v vom Ursprung
entfernt. Aus (55, 35) folgt dann das Potential

ljI = _ a,z, = _ az, a,r, (55,36)


ar
x
a, r = ~r = 'Yj, ist der Einsvektor vom Ursprung zum Aufpunkt X,.
Setzen wir noch

(55,37)
so folgt
aF
ljI= - P,'Yj,-. (55,38)
ar
Ferner ist nach (55,32) wegen a = 0

I. I .
A'=2 Z P ,F (55,39)
v '=2
11

und daher
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder 209

oder

(55,40)

d. h. B, hat die Richtung der Tangente an den Kreis, der durch


den betrachteten Punkt geht, dessen Mittelpunkt auf der in der
Richtung von P, durch den Ursprung gehenden Geraden liegt
und dessen Ebene senkrecht zu dieser Geraden ist.
Für die elektrische Feldstärke erhalten wir nach (55, 04)

E, = P, 0, rJ, -( OF)
or -
I
-2
v
..
Pi F

oder

E, = P, ( rar
I F) + rJ,rJ, P, (o2F
oF - V2 OF)
or rar· 2 -
I
(55,4 I )

Die elektrische Feldstärke liegt also in der durch Pi und rJ, be-
stimmten Ebene durch den Ursprung. Aus (55, 40) und (55, 4I)
folgt, daß das dargestellte Feld rotationssymmetrisch ist mit der
durch den Ursprung in der Richtung von P, verlaufenden Geraden
als Achse. Die elektrische Feldstärke liegt in der Meridian-Ebene,
der Vektor der magnetischen Induktion berührt die Parallelkreise.
Ei und B, stehen aufeinander senkrecht.
4. Der Hertzsehe Dipol. Wir knüpfen wieder an die Gleichung
(55,34) und den Hertzschen Vektor (55,35) an. Aus (55, OI),
(55,04)' (55,3I ), (55, 32) mit (J = 0 und (55, I2) folgt bei kon-
stantem fl und e
I ..
E, = 0, O,Zj - 2Z,.
v
(55,42)

Stellt Z, einen harmonischen Schwingungsvorgang dar, so können


wir mit Benutzung der komplexen Darstellung in (55, 35)
I(t) = exp f w t (55,43)
setzen. Dann wird

r v
r)
Z i = -P, exp 1. w ( t - - = -Pi exp 1. (w t - k r,)
r
Duschek·Hochramer, Tensorrechnung III, 2 Auf!.
210 III. Anwendungen m Phvslk nnd Technik

(I)
wo k = ist. Der Vektor Z, stellt dann den sogenannten
Hertzsehen Dzpo[ dar l . Es folgt

0) Zh = - rj} Pie (:2 + j :) exp J ((I) t - "r) ;

ist dabei der Einsvektor in der Richtung von r"


rj, Für die
magnetische Feldstärke folgt aus (55, 42)

H,=-]c(I)CtJkrj'P k
. (1. ,,) .
r + 7 r exp7(wt-kr).
2 (55, 45)

Hz steht also senkrecht auf 17J und P k . Ferner ist

0, 0, Z) =c - P, lV2 + +) j 0, rj, -

- ( -r2 + J.k)
3 r rj, rl
-- 2 }.
- 1k (1--1'2 + J''')
- l'
rj, rj
)
I '(
exp J w t - k r) ;

wegen
1
0, rj, = - (b" - rj,17,)
r
folgt weiter

0, 0) ZJ =
rTJz TJ, P, (Y33 -+ 3 J Y2k - r1<2) -
L
- P, (r~ +j :2)J exp 7 ((I) t - kr)

und somit

E, = l (+1} , TI
• /J
3
P ) --
r3
k - -k 2 ) -
37. -r2 r

- P, ( 1 --+ 1-- k )J exp7.(wt-k1').


k -- 2
r
1'3 l' 2

E, hegt in der durch P, und rj, bestimmten Ebene und steht


senkrecht auf H,. Ferner ist

I Es handelt sIch hIer um emen DIpol, dessen Enden Aufladungen der


Form C exp J w t haben.
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder 2I I

wenn WIr mit


2n v
}.=-
(!)

die Wellenlänge bezeichnen.


In (55, 45) überwiegt das Glied mit r- 2 bzw. f kr-I, je nach-
dem, ob kr « I bzw. II r » I ist, d. h. nach (55,47) je nachdem,
ob r« A bzw. r »A ist. Man pflegt eine Nahzone r« A und eine
Fernzone r » A zu unterscheiden. Für die Nahzone vernachlässigt
man in (55,45) das Glied mit r- 1 gegenüber dem Glied mit r- 2
und in (55, 46) die Glieder mit r- 2 und r- 1 gegenüber dem
Glied mit r- 3 . In der Fernzone kann man die Glieder mit r- 3
und r- 2 gegen die mit r- 1 vernachlässigen. Es ist dann in der
Fernzone

und

Hier steht E, auch senkrecht auf 1),. Elektrische und magnetische


Feldstärke sind in Phase. Ist P = IPil und {} der Winkel zwischen
P, und 17" so sind die Amplituden der Feldstärken

IH,I
,
= sW~Psin{}
r
und
k2
IE,j =
,.
-
r
P sin {},

Vs
d. h. es ist

IH,I
IE,I = sv = -';'
Wir kehren nun nochmals zur Telegraphengleichung (55, 33)
zurück, wollen also jetzt auch die endliche Leitfähigkeit a =I=- 0 be-
212 III. Anwendungen m Physik und Technik

rücksichtigen. Die Integration von (55, 33) läßt sich nicht all-
gemein durchführen. Wir suchen eine periodische Lösung, in-
dem wir
Z, = P, exp J w t (55,49)
setzen, wobei P, unabhängig von der Zeit sein soll. Aus (55,33)
folgt dann
0, 0, P, + ft B w 2 P, - j II (J W P, = 0

oder, wenn WIr


(55,5 0 )
setzen,
(55, 51)
Für eine zentrisch-symmetrische Lösung P, = P,(r) erhalten wir
daraus
d2
dr 2 (r P,) + k 2 (r P,) = 0,
also
r P, = A, exp (- j k r) + B, exp j k r.
(55,52)
Ist k die Wurzel aus (55, 50) mit negativem Imaginärteil, so
liefert das erste Glied rechts eine physikalisch sinnvolle Lösung
(andernfalls das zweite). Wir können somit

Z, = ~expj
r
(wt - kr) (55, 53)

setzen. Diese Lösung ist analog zu (55,44)' nur mIt dem Unter-
schied, daß k jetzt komplex ist.
5. Zylindrische Felder, Hohlleiter. Bei der Herleitung von
(55,44) und (55,53) haben wir die zentrische Symmetrie vorge-
schrieben und erhielten durch die Einführung einer zeitlichen
Periodizität entsprechende Wellenfelder. Von besonderem
Interesse sind die Wellen felder zylindrischer Symmetrie, bei denen
die Fortpflanzung in einer bevorzugten Richtung stattfindet.
Diese Richtung ist durch die Verteilung der Materialkonstanten
vorgeschrieben, beispielsweise durch die Anordnung eines zylind-
rischen Drahtes. In solchen Fällen empfiehlt es sich, der speziellen
geometrischen Anordnung durch Einführung eines passenden
§ 55. Schnell veränderhche elektromagnetische Felder 213

Koordinatensystems Rechnung zu tragen und die Abhängigkeit


der verschiedenen Größen in der Richtung der Zylinderachse und
in den dazu orthogonalen Flächen voneinander zu trennen. Wir
stellen dazu die Maxwellschen Gleichungen in krummlinigen
Koordinaten (§ 33) auf und spezialisieren sie dann für den Fall der
Zylindersymmetrie l .
An die Stelle von (53,22) tritt nach (38, 12) die Gleichung
B'Jk gJP bp Hk = iJ, + S, (55,54)
und an die Stelle von (53, 23)
B'Jk gip bp Ek = - B,. (55,55)
Für (53, r8) schreiben wir in Differentialform
b, B' = 0, (55, 56)
was wir durch den Ansatz
B, = B"kgJP bpAk (55,57)
befriedigen können. Aus (55, 57) und (55, 55) folgt
B.,k giP bp (Ek + Ak) = 0
und aus (55, 04)
Ek = - gkP bp lJ' - Ak. (55,58)
An die Stelle von (55,29) und (55,30) treten die Gleichungen
(55,59)
und

g'l b, bJ lJ' - fl BP - fl a tp = - L. (55,60)


B

Wir gehen nunmehr zu den zylindrischen Feldern über. Wir


verwenden orthogonale Koordinaten, für die (38, 01) gilt, und
nehmen an, daß die Flächen xa = konst. parallele Ebenen, die
Flächen Xl = konst. und x 2 = konst. orthogonale Zylinderflächen
sind, deren Erzeugende auf den Ebenen xa = konst. senkrecht
stehen 2 • Dann ist
gaa = I. (55, 61)
1 Fur dIe folgende Rechnung seImsbesondere auf dIe Formeln (38, 08)
und (38, II) sowie auf den Satz von Rlccl (35, 26) und (35, 28) verwiesen.
2 D. h. daß dIe Koordmaten 10 den Ebenen x a = konst. allgemeine
orthogonale Koordmaten, also nIcht notwendig ebene Polarkoordinaten sind.
!Ir. Anwendungen 1ll Physik und Techlllk

Wenn wir noch wie m § 3I vereinbaren, daß griechische Indizes


Repräsentanten der Zahlen I und 2 sein sollen, so können wir
an Stelle von (55,60)

grxß b", bß lJ1 + a3 a3 lJ1 - !1 c P - fl a P= - L (55, 62)


f:

schreiben. Daß sich der \Vellenvorgang allein in der x 3-Richtung


fortpflanzt, drücken wir dadurch aus, daß wir

setzen. Wir nehmen an, daß keine Ladungen vorhanden sind,


also y = 0 ist und finden
g'l.ß b", bß W - h 2 W + 11, C w 2 cP - i fl a w (JJ = o. (55, 64)
Mit der schon durch (55, 50) eingeführten Konstanten k 2 erhalten
wir weiter
(55, 65)
als Differentialgleichung für die allein von Xl und x 2 abhängige
Funktion W. In ganz analoger Weise können wir mit (55, 59)
verfahren, so daß wir zu einer Darstellung
(55, 66)
des Vektorpotentials gelangen. Aus (55,57) und (55,58) ergibt
sich eine entsprechende Darstellung der Feldstärke und der
Induktion

bzw.
B, = Bi (xl> x 2 ) exp j (w t - h xa). (55, 68)
Aus (55, 55) folgt damit
- i wB, exp f (w t - h x a) = C'J/.: gJP bp Ek.
Wir entwickeln jetzt den auf der rechten Seite stehenden Rotor
nach den Koordinaten x'" und xa. 'Wegen c"'ßy = 0 (es sind minde-
stens zwei Indizes gleich!), g33 = g33 ~~ I und (55, 6I) folgt
R", = C",ß gßY by E3 - C'l.y b3 EY, (55, 69)
wo c"ß = c"'ß3 ist, und
§ 55. Schnell veränderliche elektromagnetische Felder 215

Ersetzen wir E. durch (55,67) und lassen wir im Ergebnis den


durch die Exponentialfunktion ausgedrückten Phasenfaktor weg,
so finden wir
(55, 7 1 )
und
- j w Ba = 8rx ß grx y byEß. (55,72)
In (55, 48) ersetzen wir lJ. durch 8 E. = JW 8 E. exp 1 (w t - h xa)
und S. durch a E., so daß
lJ, + Si = E, (j W 8 + a) exp 1 (w t - h xa) =

=jwE.(8+ 1:)ex Pj (wt-hX a) =

=jW 8' E, exp j (w t - h xa)


wird, wobei
, a
8 = 8 + -. (55, 73)
W1
eine komplexe DielektrizItätskonstante ist. Wir erhalten
(55,74)
und
] W 8' Ea = 8rx ß grx y by Eß. (55, 75)
(55, 7 1 ) und (55, 74) gestatten uns nun, die transversalen Kom-
ponenten E rx und E rx durch die longitudinalen Ea und l1a auszu-
drücken. Ersetzen wir beispielsweise in (55,7 1 ) Brx durch fl H rx
und drücken wir EY gemäß (55,72) aus, so gelangen wir zu
- j w 2 !l8' H rx = W 8' 8 rx ß gßY byEa + h 8rxy 8ya ba Ha +
+ j h 2 8rxy 8~ß Hß. (55,76)
Kun lautet (31,22) im Riemannschen R 2
8rxß8yß = grxygßd - grxdgßY;
Überschiebung mit gßY gibt wegen gßy gßY = 2

ß
8rxß8.ß = - ga.d

und nochmalige Überschiebung mit gßa

8a.ß 8ßa = - (jrxa.


216 IH. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Somit wird aus (55,76) schließlich


i (k 2 - h2) H" = - ws' s"ßgßl' bl'E3 + h b"H3 (55,77)
und ganz ähnlich
i (k 2 - h2) E" = W ftS"ßgßl' bl'R3 + h b"E3. (55,78)
Je nach dem vorgegebenen Problem kann man dann für die Er-
füllung der Randbedingungen geeignete Koordinaten Xl und x 2
wählen. Es genügt, einen passenden Ansatz für E3 und H3 zu
finden, um die anderen Koordinaten der Feldgrößen zu bestimmen.
Ein einfaches Beispiel ist das des zylindrischen Hohlleiters. Die
Wellen ausbreitung geschieht dabei in einem zylindrischen Di-
elektrikum, das von einem vollkommenen Leiter umgeben ist.
Für die Koordinaten Xl und x 2 wählen wir zweckmäßigerweise
die Polarkoordinaten e und Cf! in der zur Achse senkrechten Ebene.
Da (jj und jede Koordinate D, der Gleichung (55,65) genügen,
so gilt dies auch für E' und insbesondere für E3. Nach (38,28)
ist mit E = E3

Wir untersuchen zunächst den Fall der symmetrischen elektrIschen


Welle, bei dem E eine Funktion von e allein ist und H = R3
verschwindet. Aus (55, 65) folgt dann

-
I
-0 (e-
e oe
OE) +(k
oe
2 -h 2 )E=0; (55,79)

die Substitution
r = Vk2 - h2e (55,80)
gibt die Besselsche Differentialgleichung

2. ~ (r dE) + E= 0 (55, 81)


r dr dr
mit der für r = 0 stetigen Lösung
E = C 10 (r). (55,82)
Ist R der RadIUS des zylindrischen Hohlleiters, so muß wegen
der Stetigkeit E = 0 sein für e = R. Wir haben daher
10 W~2 -h 2 R) = 0 (55,83)
§ 56. Spezielle Relat1Vltatstheone I 21 7

zu setzen und finden aus den Wurzeln dieser Gleichung die zu


einer gegebenen Frequenz W gehörige Fortpflanzungsgeschwindig-
keit. Aus (55, 77) erhalten wir die Koordinaten von B" mit
- J (k 2 - h 2 ) BI = W e e12 g22 b2 E = 0

und
- i (k 2 - h 2 ) B 2 = wee21g 11 b1 E.
Nach (38, rr) ist
e12 = - e21 = v:g-
und g = e2 nach (38,26). Ferner ist gn = I, 0,0 daß

i(k 2 - h 2) B 2 = We e ~i = W e e lo'(r) Vk2-= h2


und
B __ j Wer lo'(r)
2 - k2 _ h 2
bleibt. Die magnetischen Feldlinien sind Kreise um die Achse.
In ähnlicher Weise findet man

E1 = - J Vh h k 1'(
2 _
)
2 0 r , (55, 85)

während E2 verschwindet.
Setzt man E3 = 0 und B 3 = H(e), so erhält man in ganz
analoger Weise die symmetrische magnetische Welle. E3 = E(e, rp)
und B 3 = 0 liefert die unsymmetrischen elektrischen, H 3 = H(e, rp)
und E3 = 0 die unsymmetrischen magnetischen Wellen.

§ 56. Spezielle Relativitätstheorie I


1. Die Lorentztransformation. Wir betrachten zweI physi-
kalische Systeme 5 und S, die sich gegeneinander mit einer kon-
stanten Geschwindigkeit v bewegen. Unter einem physikalischen
System wollen wir dabei irgendeinen starren Körper verstehen,
den wir am einfachsten durch ein Cartesisches Koordinaten-
system darstellen; in jedem System befinde sich ein Beobachter,
der mit Meßinstrumenten, vor allem mit Maßstäben und Uhren
ausgestattet ist. Wenn wir noch annehmen, daß die entsprechen-
2I8 IlI. Anwendungen 1ll Physik und Techmk

den Achsen der beiden Koordinatensysteme 5 und'" parallel sind


und daß der Vektor
1\ = 'Ve" t' > 0, e,e, = 1 (56,01)
dIe Geschwindigkeit von S relativ zu 5 ist, so gelten für die
Koordinaten eines Punktes in bezug auf die beiden Systeme die
Relationen

I x, = x, - v, t, l = t. I (56,02)

Zur Zeit t = 0 fallen die beiden Koordinatensysteme 5 und S


zusammen. Man bezeichnet (56, 02) als Galileitransformatioll.
Sie entspricht der Auffassung der klassischen Physik über die
Begriffe Raum und Zeit, insbesondere bringt die letzte Gleichung
l = t die Existenz einer absoluten, vom Bewegungszustand des
Systems unabhängigen Zeitmessung zum Ausdruck.
In § 39 haben wir gezeigt, daß das Newtonsche Grundgesetz
und damit auch die übrigen Gesetze der Mechanik invariant
gegenüber den Transformationen (56, 02) sind, mit anderen
\Vorten, daß alle mechanischen Experimente in den beiden
Systemen 5 und S in durchaus gleicher Weise verlaufen. Keiner
der beiden Beobachter ist imstande, aus dem Ablauf der Versuche
innerhalb seines Systems irgend etwas über den Bewegungszustand
seines Systems auszusagen, natürlich immer unter Beschränkung
auf geradlinige gleichförmige Translationsbewegungen ; diese Tat-
sache bringt das sogenannte Galileische Relativitätsprinzip zum
Ausdruck.
Der Ausgangspunkt der speziellen Relativitätstheorie 1st eine
Verallgemeinerung des Galileischen Relativitätsprinzips, das jetzt
für alle physikalischen Vorgänge gelten soll, also nicht nur für die
mechanischen, sondern insbesondere auch für elektromagnetische
Vorgänge. Man pflegt diese Verallgemeinerung als Einsteinsches
RelativitätsprinzIp zu bezeichnen; ihre Einführung geschieht
natürlich nicht willkürlich, sondern mit guten Gründen: Eine
ganze Reihe von Experimenten hat gezeigt, daß elektromagnetIsche
Vorgänge in den beiden Systemen 5 und ..;; genau wie die
mechanischen Vorgänge in völlig gleicher Weise verlaufen. Aller-
dmgs sind dIe elektromagnetischen Gesetze, also die Maxwellschen
Gleichungen gegenüber der Galileitransformation (56,02) nicht
invariant. Man muß, um diese Invarianz herzustellen, die Trans-
§ 56. Spezlelle Relahvltatstheone I 21 9

formationen (56,02) in einer ganz bestimmten Weise modifizieren.


Diese modifizierten Transformationen werden nach einem Vor-
schlag EINSTEINS als Lorentztransjormationen bezeichnet. Wie
EINSTEIN gezeigt hat, genügt es, das Ergebnis der Versuche von
MICHELSON und MORLEY zu verwenden, um die Lorentztrans-
formation herzuleiten, womit der entscheidende Schritt für den
Aufbau der speziellen Relativitätstheorie getan ist. Diese Ex-
perimente betreffen eine allen Menschen wohlvertraute elektro-
magnetische Erscheinung, nämlich die Ausbreitung des Lichtes;
sie haben einwandfrei ergeben, daß die Ausbreitungsgeschwindig-
keit im leeren Raum, die man in der Regel mit c bezeichnet und
die rund 3' 105 km sec! beträgt, sowohl vom Bewegungszustand
des Beobachters als auch von dem der Lichtquelle völlig unabhängig
ist, natürlich immer unter Beschränkung auf geradlinige gleich-
förmige Translationsbewegungen.
Man sieht leicht ein, daß diese Konstanz der Lichtgeschwindig-
keit mit der Galileitransformation (56, 02) nicht verträglich ist.
Der wesentlichste Unterschied der Lorentztransformation be-
steht nun darin, daß nicht mehr 1 = t ist, sondern daß lauch
von den Punktkoordinaten x. abhängt, wodurch die Zeitmessung
vom Bewegungszustand des Beobachters abhängig wird. Eine
verhältnismäßig einfache geometrische Deutung der Lorentztrans-
formation bekommt man, wenn man nach MINKOWSKI die Zeit-
koordinate t gleichberechtigt neben die Raumkoordinaten x, stellt,
also einen vierdimensionalen Raum, die Raum-Zeit-Welt, wie man
zu sagen pflegt, für die Beschreibung der physikalischen Vorgänge
verwendet. Wir bezeichnen diese Minkowskische Welt im folgen-
den mit W 4 • Die "Punkte" der W 4 sind "Ereignisse", die eben
durch drei Raumkoordinaten und eine Zeitkoordinate festgelegt
sind. Die Systeme Sund S ergänzen wir demgemäß durch Hinzu-
fügen je einer Zeitachse zu vierdimensionalen Systemen I und I.
Die Lorentztransformationen bilden eine Gruppe von Ko-
ordinatentransformationen in der W 4 . Auf Grund des Relativitäts-
prinzips sind alle, in entsprechender Weise in der W 4 definierten
physikalischen Größen Invarianten dieser Gruppe!, so daß wir im

1 Das muß also kemeswegs fur dle uns gelauftgen, m eukhdlschen Ra


defmlerten Großen der klassischen Physlk zutreffen; so smd zum Beisplel
Zelt und Masse keme Invananten m der relahvlstischen Physlk.
220 III. Anwendungen In PhysIk und Techmk

folgenden an geläufige Begriffe anknüpfen können. WIr bemerken


noch, daß sICh die Lorentztransformationen für kleine Ge-
schwindigkeiten - klein im Vergleich zur Lichtgeschwindig-
keit c -- nur sehr wenig von den Transformationen (56, 02)
unterscheiden werden, bei größeren Geschwindigkeiten aber ganz
erheblich davon abweichen.
Bei der Herleitung der Lorentztransformation wollen wir uns
die Rechnung möglichst einfach machen, indem wir spezielle
Koordinatensysteme wählen. Da uns die Invarianz physikalischer
Größen gegenüber Bewegungen des Koordinatensystems im R 3
geläufig ist, halten wir an der Parallelität der beiden Koordinaten-
systeme 5 und S fest; irgendeine Verdrehung des einen Systems
gegenüber dem anderen würde nichts Neues bringen. Wir verein-
fachen uns die Rechnung aber zunächst noch weiter, indem wir
die Koordinatensysteme so wählen, daß die Bewegungsrichtung
m die I-Richtung fällt, d. h. daß der Einsvektor e" der die Be-
wegungsrichtung festlegt, die Richtung der I-Achse hat, so daß
e, = 0li
wird. Wir denken uns die Drehung des Koordinatensystems, die
das bewirkt, durchgeführt; wir kommen später noch darauf zurück.
Ein Lichtsignal, das im Ursprung (also zur Zeit t = l = 0
im Punkt x, = x, = 0) gegeben wird, befinde sich zu der im
System 5 gemessenen Zeit t im Punkt X,. Dann ist
c2 t2 - X, X, = 0

und diese Gleichung muß invarianten Charakter haben, d. h.


für die neuen Koordinaten l, X, wegen c = c (Konstanz der Licht-
geschwindigkeit) in
C 2 [2 - X, X, = 0

übergehen (das gIlt noch ganz allgemein für eme beliebige Be-
wegungsrichtung e,). Man sieht sofort, daß das für die Trans-
formationen (56,02) nur im Fall v, = 0 zutrifft, in Widerspruch
zum Relativitätsprinzip. Da sich alle sinnvollen physikalischen
Gesetze mathematisch durch das Verschwinden von Tensoren
(Vektoren, Invarianten) ausdrücken, muß für die neue Trans-
formation der Ausdruck
(56,03)
§ 56. Spezielle RelativItätstheorie I 221

eine Invariante sein. Wir nennen a den "Abstand" eines Welt-


punktes oder Ereignisses mit den Koordinaten (t, x.) vom Ur-
sprung t = x, = 0; s ist der "räumliche" Abstand (im euklidischen
R 3 ) des Punktes x. vom Ursprung x, = o. An Stelle von (56, 03)
schreiben wir auch allgemeiner

wobei ader raumzeitliche und s der räumliche Abstand zweier


beliebiger Ereignisse (t, x,) und (T, ~,) ist, oder einfacher mit
Differentialen
(56, 05)
was besonders für den Übergang zu allgemeineren Koordinaten
zweckmäßig ist. Zur Vereinfachung der Schreibweise führen wir
durch
Xo = ct (56, 06)
an Stelle der üblichen eine neue Zeitmessung ein, indem wir statt
der Zeit t den Weg X o angeben, den das Licht in dieser Zeit zurück-
legt. Da sowohl die Invariante (56, 03) wie auch die Trans-
formationen (56,02) homogen in den Veränderlichen t und x,
sind, liegt es nahe, die neue Transformation ebenfalls homogen
und linear
:3
Xc< = L
ß=O
arxß Xß, rJ.. = 0, I, 2,3 (56,07)

anzusetzen. Die Koeffizienten arxß versuchen wir nun ähnlich


wie am Schluß von § 9 aus der Invarianz des Ausdrucks

(56, 08)
zu ermitteln, der jetzt wegen (56, 06) an Stelle von (56, 03) tritt.
Wie schon angekündigt, nehmen wir zunächst an, daß die
durch (56, 07) dargestellte Bewegung in der Richtung der I-Achse
vor sich geht, so daß jedenfalls x 2 = x2 ' x 3 = x3 ist. Wir können
von den Koordinaten x 2 und x 3 also ganz absehen, d. h. die weitere
Überlegung allein in der o,I-Ebene deuten. Die beiden Systeme
Sund S bestehen jetzt nur mehr aus den beiden I-Achsen, die
auf ein- und derselben Geraden liegen und sich gegeneinander
mit der Geschwindigkeit v bewegen. L: und L: sind Ebenen,
222 II!. Anwendungen m Physik und Techmk

deren Achsensysteme einen gemeinsamen Ursprung haben. Aus


(56, 07) wird jetzt
Xo = a oo X o + a Ol Xl' (56,09)
mit der Bedingung
-2 -2_.2 2.
Xo - Xl --- X o - Xl ,

setzt man für Xo und ;i\ em, <;0 folgt


(ao0 2 - a 10 2) X02 + 2 (aoo a Ol - a lO an) X o Xl + (a01 2 - a n 2) X1 2 =
= X0 2 - %1 2 ,

was dann und nur dann eine Identität ist, wenn

ist. Die erste Gleichung können wir durch 1


aoo = ch u, a lO = sh u
erfüllen. Aus der zweiten folgt

also
a Ol = (! sh U, an = (! ch 2t
und daraus wegen der dritten Gleichung (!2 = I, also (! = ± 1.
Wir wählen 2 (} = I, so daß (56,09) in
Xo = Xo ch U Xl sh U, + (56,10)
übergeht. Man zeIgt nun sofort, daß diese Transformationen eine
Gruppe bilden. Sie enthalten für u = 0 die identische Trans-
formation Xo = xo, Xl = Xl; zu jeder Transformation existiert
die inverse (Auflösung nach xo, Xl); um zu zeigen, daß zwei Trans-
formationen zusammengesetzt wieder eine Transformation der
Gestalt (56, 10) geben, sei

I I eU _ e-u
I chu = - (e" -I- e- U ). shu = - (eU _ e-U). thu= - - -
2 2 eU -I- e- u
smd dIe HyperbelfunktIonen.
2 Die TransformatIOnen nut !! = - I ,tehen zu Jenen mit (! = -I- I
m emer ahnhchen BeZiehung. wie die Umlegungen zu den Bewegungen Im
euklidischen Raum
§ 56. Spezielle RelatIvltätstheone I 223

Xo = Xo ch v + Xl sh V, Xl = Xo sh v + Xl ch v

eine zweite Transformation; eine einfache Rechnung gibt dann


die zusammengesetzte Transformation
Xo = X o ch (u + v) + Xl sh (u + v),
Xl = X o sh (u + v) + Xl ch (u + v),
die wieder von der Gestalt (56, ro) ist, nur mit u + v statt u.
Die Geometrie in der o,r-Ebene, die zu dieser Transformations-
gruppe gehört, wird als pseudoeuklidische Geometrie bezeichnet. Das
Quadrat des Abstands zweier Punkte (xo' Xl) und (Yo, YI) ist durch
a 2 = (x o - YO)2 - (Xl - YI)2

gegeben, das Quadrat des Abstands des Punktes (x o' Xl) vom
Ursprung insbesondere durch
(56, rr)
Alle Punkte der beiden Geraden X o = ± Xl haben vom Ursprung
den Abstand Null. Man nennt sie die isotropen Geraden durch den
Ursprungi. Die Bewegung eines Punktes längs der r-Achse von 5
ist durch eine Gleichung Xl = <p(xo) gegeben. Die Kurve in der
o,r-Ebene mit dieser Gleichung heißt die Weltlinie des bewegten
Punktes. Bewegt sich der Punkt gleichförmig, ist also
Xl = ß xo,
so ist a2 > 0, solange IßI < r, d. h., wie wir im folgenden zei-
gen werden, solange die Geschwindigkeit des Punktes kleiner
ist als die Lichtgeschwindigkeit, und da diese eine Grenzgeschwin-
digkeit darstellt, wie WIr später noch des näheren zeigen werden,
verlaufen alle physikalisch möglichen Bewegungen in dem von
den Geraden Xl = ± X o begrenzten und die o-Achse enthaltenden
Winkelraum. Die Weltlinien der Lichtstrahlen sind die beiden
isotropen Geraden Xl = ± x o'

1 Wir werden dementsprechend spater auch Isotrope Vektoren be-


trachten, das smd Vektoren mit der Länge Null, die aber keme Null-
vektoren smd, d. h. deren Koordmaten mcht alle verschwmden. Die Be-
zeichnung Nullvektoren (und analog Nulltensoren) sollte man ausschließlich
fur solche Vektoren und Tensoren vorbehalten, deren Koordmaten alle
Null smd. In der euklidischen Geometne gibt es, solange man SICh auf
die Betrachtung reeller Gebilde beschrankt, weder Isotrope Geraden noch
isotrope Vektoren, so daß jeder Vektor der Länge Null em Nullvektor ISt.
!II. Anwendungen m Physik und Techmk

Die Gleichung (56, rr) stellt eine Hyperbelschar dar, wenn


wir a als variablen Parameter ansehen. Die Hyperbel mit a = I
wird gelegentlich auch als Maßhyperbel bezeichnet; sie über-
nimmt die Rolle des Einheitskreises der euklidischen Geometrie.
Da Xo die Zeit und Xl eine Raumkoordinate ist, handelt es sich
bei den Gleichungen (56, 10) um eine Bewegung, die längs der
I-Achse (Raumachse) vor sich geht. Setzen wir Xl = 0, so folgt
aus der zweiten Gleichung (56, 10)

Xl Xl
-
Xo
= -
ct
= - th u = ß, IßI< I; (56, 12)

da

1'= Xl (56, 13)


t
die im System 5 gemessene Geschwindigkeit des Ursprungs von S
ist, folgt aus (56, 12)
LI
ß=-·
c
Anderseits ist
I I
eh 1t = VI -_ th 2 Ü= VI-=-,82 = A,

thu - ß
sh u = V ~ th
I 2u = VI -1/1. = - ß A,
wo

t'
I
A = (I - ß2) - (1/2) = -jC-=
V2 (56, r5)
Ir - -
c2

gesetzt ist und alle Wurzeln positiv zu nehmen smd, so daß wir
die Transformation (56, 10) auch in der Gestalt

(56, r6)
oder ausführlich, wenn wir wieder zu den alten Bezeichnungen
zurückkehren, in der Gestalt
§ 56. Spezielle Relativitätstheorie I 225

v
t - -C2xI '

t=R'
_

1-~
C2

(56,17)
erhalten. Diese Gleichungen sind die Lorentztransjormation in der
v
einfachsten Form. Gilt v« c, so daß der Quotient - vernach-
C
lässigt werden kann (oder genauer l : im Grenzfall c --->- 00), so geht
(56, 17) über in
1 = t,
oder einfach

also in die Galileitransformation (56, 02) mit ei = <51<.


Die Gleichungen (56, 16) oder (56, 17) zeigen auch den Charakter
von c als Grenzgeschwindigkeit ; für v --->- c werden Ä, Xo und Xl
unendlich und für v > c ist Ä und damit auch die Transformation
imaginär.
2. Vierdimensionale Tensorreehnung. Wir kommen zur all-
gemeinen Lorentztransformation (56,07). Schreibt man (56, 08)
in der Gestalt
3
a2 = ~ gaß X a Xß,
a,ß=O

so ist die Matrix des Maßtensors

(: -~
o
o
0
0
-I
~ ~).
0-1
0

Damit läßt sich zwar die elementare Tensorrechnung dem vier-


dimensionalen pseudoeuklidischen Raum ohne besondere

1 Der Grenzubergang c ->- 00 1st naturlIch physIkalIsch smnlos, ist aber


sehr gut geeIgnet, den Tatbestand v« c mathematisch exakt auszudrücken.
Duschek· Hochramer. Tensorrechnung In, 2 Aufl. I5
226 III. Anwendungen m Physik und Techmk

Schwierigkeiten anpassen, wir ziehen es aber vor, jetzt an Stelle


von (56,06) die rein imaginäre Koordinate
X 4 = j ct = J X o (56, r8)
einzuführen. Verwenden wir jetzt griechIsche Indizes als Re-
präsentanten der Zahlen r, 2, 3, 4 und lassen wir für sie ebenfalls
das Summationsübereinkommen gelten, so kommen wir formal
zu genau denselben Formeln und Beziehungen, die in einem
vierdimensionalen euklidischen Raum gelten; inhaltlich bleibt
der Raum natürlich wegen der imaginären Koordinate x 4 ein
pseudoeuklidischer mit einer indefiniten Maßbestimmung. An
Stelle von (56, 08) gilt jetzt
- a 2 = x'" x'" = fJ'Xß x'" xß (56, r9)
mit dem euklidischen Maßtensor

b~~ (~ ~)
0 0
r 0
(56,20)
0 r
0 0

Die allgemeine Lorentztransformation wird


X'" = a"'ß xß, (56,2r)
mit
a",yaßy = ay'X ayß = (56,22)
fJ"'ß'
Das Transformationsgesetz für Vektoren, die man im R4 oft als
Vierervektoren bezeichnet, stimmt mit (56, 2r) überein. Das
innere Produkt zweier Vektoren A", und B", ist die Invariante
A",B""
die beiden Vektoren sind orthogonal oder senkrecht, wenn A", B", = 0
ist. Die Norm (Längenquadrat) von A" ist
A2 = A",A",;
der Vektor A", heißt zeitartig, raumartig oder isotrop, je nachdem
(bei reellen Al' A 2, A 3 und rem imaginärem A 4 )
>0 oder =0

ist!. Vier Vektoren %", bilden ein normiertes Vierbein, wenn


1 Entsprechend (56,19) wird oft auch A2 = - A", .1" als Norm von A",
bezeichnet.
§ 56. Spezielle RelatIvitätstheone I 227

(56,23)
ist; es gilt dann auch
(56,24)
Die Definition des e-Tensors ist völlig analog zu (rr, 07), nämlich

3 333
(56,25)
e", ep ey eß
4 4 4 4
e", ep ey eß
er ist ein Tensor vierter Stufe, der in jedem Paar von Indizes
alternierend ist und hat daher 4! = 24 unabhängige, von Null
verschiedene Koordinaten, die gleich +
I oder - I sind, je nach-
dem IX, ß, y, 15 eine gerade oder ungerade Permutation der Zahlen
I, 2, 3, 4 ist.
Durch eine ganz ähnliche Rechnung wie zur Gewinnung des
Entwicklungssatzes (rr, I5) ergibt sich für die einfache Über-
schiebung zweier c-Tensoren
C"'ßyb CQaTh = !5"'Q !5ß(1 !5YT + 15"'(1 !5ßT !5y€! + !5"'T !5p (! 151'(1 - !5"'Q !5PT 151'(1 -
- !5"'T !5P(1 !5y €! - !5"'(1!5߀! !5yT (56, 26)
und für die doppelte Überschiebung
(56, 27)
Das äußere Produkt von zwei Vektoren wird ein alternierender
Tensor zweiter Stufe
G"'ß = C"'ßyh Al' B ß, (56, 28)
das äußere Produkt von drei Vektoren ist ein Vektor
D", = C"'ßyb Aß B y Gh. (56, 29)
Zu jedem alternierenden Tensor zweiter Stufe A"'ß gibt es einen
dualen Tensor

(56,3 0 )

Bildet man zu Aocß nochmals den dualen Tensor A",p, so folgt


wegen (56,27)
228 III. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

I
= - (Aa;ß - Aßa;) = Aa;ß· (56,3 I )
2

Für den dualen Tensor von (56, 28) folgt

C- a;ß = 2I ca;ßyd Cy6ea A e Ba }


(56,3 2 )
= A",Bß - Aß Ba;;
C"'ß stimmt nicht mit Ca;ß überein (es ist z. B. in einem positiv
orientierten Koordinatensystem C12 = A a B 4 - A 4 Ba' aber
C12 = Al B 2 - A 2 BI)' wird aber doch im R4 oft auch als äußeres
Produkt der Vektoren Aa; und Ba; bezeichnet. Der alternierende
Tensor zweiter Stufe hat im R 4 nur sechs unabhängige, von Null
verschiedene Koordinaten. Die oft verwendete Bezeichnung
"Sechservektor" ist irreführend - sie ließe eher, analog zum
Vierervektor, einen Vektor des R s vermuten - und sollte daher
vermieden werden. Die Bezeichnung dürfte aus dem auch heute
noch nicht ganz überwundenen Aberglauben entstanden sein, daß
der alternierende Tensor zweiter Stufe im Ra' der nur drei unab-
hängige Koordinaten hat, ein Vektor sei.
Der Gradient eines Skalarfeldes und die Divergenz eines Vektor-
feldes werden im R 4 ebenso wie im Ra definiert. Der Rotor eines
Vektors Aa; wird zu einem alternierenden Tensor zweiter Stufe

Ra;ß = ca;ßy6 ay A 6. (56,33)


Oft wird auch der duale Tensor

(56,34)

als Rotor bezeichnet. Unter dem Rotor eznes Tensors zweiter


Stufe Aa;ß versteht man den Vektor
R", = caßy6 aß A yd . (56, 35)
Wir versuchen schließlich noch, unter Beschränkung auf
parallele Koordinatensysteme Sund S über die Gestalt der all-
§ 56. Spezielle Relativi tatstheone I 229

gemeinen Lorentztransformation (56,21), (56,22) Aufschluß zu


bekommen. Wir schreiben zunächst die spezielle Transformation
(56, 16) mit den Abkürzungen

ß=~,
c
unter Berücksichtigung von (56, 18) in der Gestalt
X4 =A(-jßX1 +X4 )·
(56, 36)
Die Matrix dieser Transformation ist
o
o
(56, 37)
I

o
Die allgemeine :rransformation bekommen wir, wenn wir an Stelle
der Bewegung längs der I-Achse eine Bewegung in einer beliebigen
Richtung e, mit e, e, = I zugrunde legen; die Geschwindigkeit
sei wieder v, so daß an Stelle des Geschwindigkeitsvektors Val,
jetzt der Vektor v, = v e, tritt. Wir lösen diese Aufgabe dadurch,
daß wir zunächst vom System S durch eine einfache Drehung,
die die Richtung ei in 01< überführt, zu einem System S' über-
gehen, von diesem durch die Transformation (56, 37) zu einem
System S" und von diesem wieder durch die Rückdrehung, die
01< wieder in e, überführt, zum System S. Die Drehung, die 01,
in ei überführt, können wir gemäß (n, 30) durch einen Dreh-
tensor bi ; beschreiben, dessen Drehachse
'fj, = e eLJk 01/ e k = (! e,lk ek

mit einem Normierungsfaktor (! ist und dessen Drehwinkel {}


sich aus

bestimmt, wir finden


171 = 0,
I I
e=·
V2 +
~=~
e 2 e2 3
sin {}
23° III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

und damit
bij = ~i1 el + (I - el ) 'YJ. 'YJ, + e'12 ea - e'la e2·

Für die Transformation in R 4 ergibt sich daher die Matrix


Cl - c2 - Ca 0

e +_a_
e 2 C2 ea
e2 - - - 0
I 1+ el 1+ e l
baß = C2 e a e 2
(56,38)
ea --- e +_2_ 0
1+ el I 1+ el
0 0 0 I)

und für die inverse Drehung (Vorzeichenwechsel bei {}), die e, in


~l, dreht,

el C2 ea 0
e2 e 2 ea
- e2 C + a -~~
0
I 1+ el I +el
baß(-I) = (56,39)
a e e C 2
- Ca - -2 - C
I
+ 2
1+ el
0
1+ e l
0 0 0 I

Die Koeffizienten a(1.ß der allgemeinen Lorentztransformation


x(1. = a(1.ß X~ erscheinen somit in der Form

a(1.~ = baß Cßy byi- l ),

die sich durch Zusammensetzung der Transformationen


Xß" = cßy xy',

ergibt. Die Rechnung (56,40) führen wir am einfachsten als


Matrizenmultiplikation aus; zunächst wird
AC I Ae2 Aea iß A
e2 C2 ea
- e2 C + _a --- 0
1 I + Cl 1+ el
Cßy byß(-l) = ea
e2 Ca
-ea ----- C +~2_ 0
1+ el I I + Cl
-1ß),e1 - f ß Ae2 -1 ß Ae!3 A
dann
§ 56. Spezielle Relativltatstheone I 23 1

wofür wir auch kurz (lateinische Indizes laufen wie immer von
I bis 3)

(56,41)

schreiben können. Ausführlich lautet die Transformation mit der


Matrix (56, 41)
Xi = Xi + (A.- I) e, e, X, +j ßA.e,X4, (56,42)
X4 = - j ß A. e, Xi + A. X4 ·
Die inverse Matrix ergibt sich aus (56,41) durch einen Vorzeichen-
wechsel bei v bzw. ß = v/c; die inverse Transformation lautet
daher
X, = X, + (A. - I) e, e, Xj - j ß A. e, X4 ,
(56,43)
X4 = j ß A. e, Xi + A. X4·

Die Orthogonalitätsbedingungen (56,22) sind leicht nachzu-


weisen, wenn man sie in drei Teile
a,y aly = a,k a,k + a,4 a14 = (j'i>
a,y a4y = a,k a4k + a,4 a44 = 0
und

zerlegt. Für ei = (jli geht (56, 41) in (56, 37) über, für ß ~ 0
wegen A. ~ I in aaß = (jaß; setzt man aber x 4 = jet, x4 = j c i,
so folgt wegen c ß = v für c ~ 00
Xi = Xi - V e, t = X, - v, t, i= t
also gerade (56,02).
Wir wiederholen, daß (56,42) noch nicht die allgemeinste
Lorentztransformation ist, diese würde sich erst ergeben, wenn
23 2 III. Anwendungen m Physik und Techmk

wir etwa das System S durch eine Bewegung (Drehung im R 3 ) in


eine allgemeine Lage zum System S brächten, was aber phYSI-
kalisch völlig belanglos ist.

§ 57. Spezielle Relativitätstheorie II


1. Diskussion der Lorentztransformation. Wir knüpfen an die
spezielle Lorentztransformation (56, 17) oder

t = A (- :2 Xl + t) ,
(57,01)

wo wieder A = (1 - ~:) -1/2 gesetzt ist, an. Auflösung nach den


Koordinaten in l: gibt

Xl = A (Xl + V t), X2 = X2 , X3 = X3 , t= A (:2 Xl + t). (57,02)

Nach dem Relativitätsprinzip ist es klar, daß diese Auflösung


lediglich auf einen Vorzeichenwechsel bei v hinauskommt. Wir
verwenden also wieder die Koordinaten (xl> x 2 ' x3 ' t) statt (xl> x 2 '
x 3 ' x 4 = i c t).
Für den Beobachter B in S (oder l:, vgl. S. 219) ist S das
Ruhsystem und S (l:) das bewegte System, umgekehrt für den
Beobachter B in S.
1. Es seien (0, 0, 0, 0) und (ä, 0, 0, 0) die Koordinaten zweier

Ereignisse, bezogen auf l:. Für B sind die beiden Ereignisse


gleichzeitig, weil sie dieselbe Zeitkoordinate t = haben. Nach °
(57,02) sind die Koordinaten in l: gleich (0, 0, 0, 0) bzw. (A ä, 0, 0,
A c~ ä). Dem Beobachter B erscheinen die beiden Ereignisse
nicht gleichzeitig (Relativierung des Begriffs der Gleichzeitigkeit).
Gehen wir umgekehrt von zwei In l: gleichzeitigen Ereignissen
(0, 0, 0, 0) und (a, 0, 0, 0) aus, so sind ihre Koordinaten In l: gleich
(0, 0, 0, 0) und (A a, 0, 0, - Act~ a). Was für B gleIchzeitig ist,
ist es nicht für B.
§ 57. SpezIelle Relabvltatstheone II 233

2. Die Endpunkte einer Strecke auf der xl-Achse, die relativ


zu S ruht (z. B. ein Maßstab des Beobachters B), haben die
Koordinaten Xl = p, Xl = ij > p, so daß s = ij - P ihre Länge
in S ist. Mißt B von S aus zu einer Zeit t diese Strecke, die sich
relativ zu S mit der Geschwindigkeit v bewegt, so folgt aus (57, 01)
P= A (P - vt), ij = A (q - v t),
wo p und q die Koordinaten der Endpunkte der Strecke im
System S zur Zeit t sind, und daher für ihre Länge in S
I _ I
S = q - p = ;: (ij - P) = ;: s < s.
Die bewegte Strecke erscheint dem Beobachter B verkürzt. Genau
dasselbe gilt für eine in S ruhende Strecke von der Länge s, deren
_ I
Länge in S gleich s = ;: s < s wird. Man sagt: "Bewegte Maß-
stäbe erscheinen verkürzt" oder "Bewegte Körper erfahren eine
Verkürzung in der Bewegungsrichtung" (Lorentzkontraktion).
3. Wir betrachten zwei Ereignisse in E, die am selben Ort
(räumlich), nämlich im Ursprung von S zu den Zeiten 'i = 0 und
f stattfinden. Es möge sich etwa um zwei Ablesungen einer im
Ursprung von S befindlichen Uhr handeln. Ihre Koordinaten in
E sind (0,0,0,0) und (0,0, 0, 'i). Ihr raum zeitlicher Abstand c 'i
stimmt bis auf den Faktor c mit dem rein zeitlichen Abstand 'i
der beiden Ereignisse überein. Ihre KoordinateninE sind (0, 0, 0, 0)
und (A v 'i, 0, 0, A'i). Daß für B die beiden Ereignisse nicht am
selben, sondern an verschiedenen Orten stattfinden, ist wegen des
Bewegungszustandes von S keineswegs neu und überraschend;
neu und überraschend ist nur, daß der rein zeitliche Abstand
für B nicht 'i, sondern t = Al> l, also größer ist; man sagt:
"Bewegte Uhren scheinen langsamer zu gehen" I. Genau dasselbe
stellt B für eine in S ruhende Uhr fest; sie ist für B eine bewegte
Uhr und scheint ihm langsamer zu gehen.
4. Aus 2 folgt insbesondere für das räumliche Volumselement

I Es seI etwa;' = 1,1, was emer Geschwmdlgkelt v = 1,25' 105 km/sec


entspncht, und I = 10 sec, dann Ist t = 11 sec.
234 III. Anwendungen m Physlk und Techmk

wahrend das vierdimensionale Volumselement


dX I dX 2 dX 3 dX 4 = dlT' = dW = dX I dX 2 dX 3 dX 4 (57,04)
gemäß 2 und 3 eine Invariante ist.
5. In S bewege sich ein Punkt gemäß

also mit der Geschwindigkeit u längs der I-Achse von S; Anfangs-


lage für l = 0 ist der Ursprung von S. Für den Beobachter B
in 5 folgt aus (57, 01)

A (Xl - V t) = u A (- :~ + t)
Xl

und daher für dIe resultierende Geschwindigkeit

W -- XI _ u+v (57,05)
-
t uv
1+-
c2
das Additionstheorem der Geschwindigkeiten. Für u ->- c oder v ->- c
folgt aus (57,05) auch w ->- c; auch hier erweist sich c wieder
als Grenzgeschwindigkeit 1 .
6. Im System S, d. h. in einem euklidischen R3 bewege sich
ein Punkt P gleichförmig und geradlinig:
o
x,=x,+v,t;
dx, .
v, = v ei = dt 1st der (gewöhnliche) Geschwindigkeitsvektor
von P. Wir betrachten ein zweites System S, das für t = mit 5 °
zusammenfällt und mit P fest verbunden ist, d. h. die Koordinaten
von P in S sind nicht nur zur Zeit t = 0, sondern immer durch

I NImmt man u> c (Uberhchtgeschwindlgkelt), etwa u = c -1- h,


"> 0, so folgt aus (57,05) wegen v/c < 1

c+v+h
w=c---->c,
v
c+v+-h
c
d. h. dIe Uberhchtgeschwmdlgkclt bleibt auf Jeden Fall Uberhchtgeschwm-
dlgkelt, auch wenn v negativ wlrd (gegenlauflge Bewegung).
§ 57. Spezielle RelatIvltatstheorie II 235

o
x, = Xi gegeben. Dann ist dx, = 0 und aus (56, 43) folgt durch
Differentiation
dx, = - j ß ;. e, dx4 , (57,06)
oder für dX 4 = je dt, dX4 = je dl wegen c ß = v
dt =;. dl. (57,07)
dx
Elimination von l gibt noch dx, = Vi dt, also de' = Vi wie oben.
Für das quadrierte Bogenelement (56,05) in der W 4 folgt
(57,08)
also bei geeigneter Wahl des Anfangspunktes der Zeitmessung

(57,09)

Man nennt (1 die Eigenzeit des bewegten Punktes P; sie ist bis auf
den konstanten Faktor c die Angabe l einer mit P mitbewegten
Uhr, also einer Uhr, deren Weltlinie mit der von P übereinstimmtl.
Es sei nun Xi = Xi(t) die beliebige Bahnkurve G: eines Punktes P
im System S. Der Geschwindigkeitsvektor von ist
dx
P d;
= v, = ve,
wie oben, aber jetzt sind v., V und e, im allgemeinen nicht konstant,
sondern Funktionen von t. Wir können dem Punkt P jetzt in
jeder seiner Lagen längs G: ein anderes System S(t) zuordnen,
das sich relativ zu S mit der Geschwindigkeit Vi bewegt. Für
alle diese Systeme gelten die Gleichungen (57, 06) bis (57,08),
während an Stelle von (57,09) jetzt

(57, 10)

tritt, weil auch;' nicht mehr konstant ist. (1 ist in genau demselben
Sinn wie oben die Eigenzeit von P. Wir bemerken, daß aus
(57, 08) noch

a
1 a hat die DimenSIOn emer Lange; man nennt daher oft auch T =- = f
die Eigenzeit von P. C
IH. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

da = c di = ~ dt = - j dX 4 = - ~ dX 4 (57, rr)

folgt. Im System 5 wird wegen (57,07)


da 2 = - dXrzdxrz = - dx, dx, - dX42 = ß2 ")..2dx4 2 - ")..2dx42 = - dX 42
wie in (57,08), was natürlich nur eine Probe auf die RichtigkeIt
der Rechnung ist.
7. Mit Hilfe der Eigenzeit läßt sich der Geschwindigkeitsvektor
emes bewegten Punktes in der W 4 zweckmäßig definieren. Die
dx
Ausdrücke de"" sind nicht brauchbar, weil teine Koordmate in
der W 4 , also keine Invariante ist. Es liegt aber nahe, in den
Bewegungsgleichungen die durch (57, ro) definierte Eigenzeit
als Parameter einzuführen und

(57, 1Z)

als den Geschwindigkeitsvektor von P zu erklären. Der Faktor c


dx
ist dabei gesetzt, damit 1J!,', ->- - l' für c ->- 00 wird. Wegen (57, rr)
d
wird

also

(57, 13)

Der Vektor Wrz der W 4 läßt sich also in einen Vektor").. v, des R 3
und in einen Skalar je").. zerlegen. Das gilt ganz allgemein für
jeden Vektor der W 4 , weil die vierte Koordinate unverändert
bleibt, wenn man sich auf Transformationen des R 3 in sich,
also auf gegeneinander ruhende Systeme 5 und .') beschränkt.
Für die Norm von Wrz finden wir

lL'rz 1st also ein zeztarhger Vektor.


§ 57. Spezielle Relativitätstheorie II 237

2. Relativistische Mechanik. Wir beschränken uns hier darauf.


einige der wichtigsten Begriffe auf die Raum-Zeit-Welt W 4 zu
übertragen. Wir erklären zunächst den relativistischen Impuls
einer bewegten Partikel (Massenpunkt) durch

dxrx.
Jrx. = mowrx.= moc--. (57. 14)
da
Daraus folgt
J, = Amov, = mv" (57. 15)
man pflegt
(57. 16 )
als Masse der bewegten Partikel zu bezeichnen und von der Ruh-
masse mo zu unterscheiden: Die Masse der bewegten Partikel
nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit zu.
Analog zum Newtonschen Grundgesetz für den R 3 erklären
WIr die relativistische Kralt durch

(57. 17)

es folgt

F rx. = mo c2 d~ (d~rx. :;) = c :a (mo A d~rx.) = c :a (m d~rx.) =


= A :t (m d~rx.). (57.18)
also
d
F, = Adi (mv,).
wobei
F, d ( )
T=K,= dt mv,

die Newtonsche Kraft als zeitliche Änderung des Impulses ist.


Nur für konstantes m wird daraus
IH. Anwendungen m PhYSIk und Techmk

Für die vierte Koordinate folgt aus (57, 17) wegen (57, II)

F4 = m o c2 d dX 4 = J m c2 :l}' = j c2 d~ = j _~E
da da 0 da da da
E = c 2 m ist die Gesamtener{!,t"e der bewegten Partikel; wegen
(57, 16) und

2 dx, dx,
v =Ttdt'
folgt
3 v 4
E -~ m o c
2
+ -2I m o l'
2
-+- ü-0
Ino ---., + ...
C"

oder

(57, 19)
Dabei ist

(57,20)
die Energie der ruhenden Partikel und E kln die kinetische EnergiE'
der bewegten Partikel; für v «c ist
I .
E km = -mo Z,2
2

wie in der klassischen Physik. (57,20) ist die bekannte Einstein-


sehe Aussage über die Äquivalenz von Masse und Energie.
Wir betrachten schließlich noch den Fall beliebig im Raum
verteilter Materie. Die Geschwindigkeit Irgend eines Punktes P
dx,
der Materie sei l', = dt' bezogen auf ein beliebiges Cartesisches
System S. Ähnlich wie bei der Einführung der Eigenzeit betrachten
wir ein zweites, zu 5 paralleles Koordinatensystem S, dessen
Ursprung zur Zeit t = to mit P zusammenfalle und das sich mit
der Geschwindigkeit 1', relativ zu 5 bewege, so daß für t = to
die Geschwindigkeit von P relativ zu .5

v,o = (d~'- ) 0 = 0
§ 57. Spezielle RelatIvltätstheone II 239

ist. Die Dichte der Materie im Punkt 0, bezogen auf das System 5,
ist zur Zeit t = to
dmo
eo=~·
dVo
Für das System S setzen wir analog
dm
e=av;
1
wegen dm = A, dmo (57, 16), dV = ;: dVo (57,03) ist

Ie= A,2 eo·1 (57,21)


Die Bewegung der Materie wird in der klassischen Mechanik
durch dIe Kontinuitätsgleichung (45,26), d. h.
oe
Te + 0J(e v,) = 0,

und durch die Gleichung l von Navier-Stokes (46,02)

)
g, = e ( OV.
ot' +v J 0, v, - 0, (J"

beschrieben. Wir formen die letztere um, indem wir (45, 26)
mit Vi multiplizieren und zur rechten Seite von (46,02) addieren;
das gibt
o(e Vi)
g, = -o-t- + 0) (e V, V, - (J,,); (57, 22)

wir suchen die relativistische Form dieser Gleichungen. Wir


führen dazu, bezogen auf das System E und für den Punkt P,
folgende Größen der W 4 ein: erstens den Vierervektor der Ge-
schwindigkeit gemäß (57, 13)
tel, = A,V"
o 0
der für P die Koordinaten W, = 0, w4 = 1 c hat, zweitens den
Vektor Irr. der Kraftdichte, für den in P
1 gi 1st hier die Kraftdichte (Kraft Je VolumsemheIt) und entspncht
also der Große e gi von (46,02), wo gi die auf die Masse bezogene Kraft
war.
III. Anwendungen m Physik und Techmk

f. = g" f~ = 0
und drittens einen symmetrischen Tensor zweiter Stufe L xß '
der in P die Koordinaten

hat. Damit wird aus (57,22) zunächst in t und für den Punkt P 1

lrx = äß ((20 Wrx wß - ~rxß)'


denn es ist wegen x4 = f cl und (57,2r)
li = ä; ((20 A2 V, V, - G,,) + ä4 ((20 A2 v,' f c) =
_ (
= Oj (2 V, v, - Gi') + 010 ((2 v,)
und
14 = 0 = ä, ((2oA 2 f cvJ + ä4 ( - Qo A2 C2) =
=f c [ä,((2v)) + ~~l
Das sind aber genau die Gleichungen (57,22) und (45,26), die
letztere nur abgesehen vom Faktor j c. Nun ist aber (57,23)
eine tensorielle, gegenüber der Lorentztransformation (56,42) in-
variante Relation in der W 4 • Wir schreiben (57, 23) für ein
beliebiges System in der Form

(57,24)
wo

(57,25)
der Energie-Impulstensor der Materie ist. Für inkohärente Materie,
in der keinerlei Spannungen oder Drücke auftreten, z. B. für
feinen Staub 2 im Vakuum, ist in (57,25) natürlich 1:rxß = 0 zu
setzen.

1 Man beachte, daß die Ableitungen von v, 111 P Im allgememen mcht


verschw1l1den, d. h. daß man m (57, 23) erst nach Ausfuhrung der DIf-
ferentIatIonen v, = 0 setzen kann!
2 "Fe1l1" heißt dabei, daß dIe Durchmesser der StaubpartIkel klem
gegenuber Ihren Entfernungen smd
§ 57. Spezielle Relativitätstheorie Ir

3. Relativistische Elektrodynamik. Wir suchen zunächst eine


Darstellung der Größen des elektromagnetischen Feldes in der W 4
und benützen dabei vor allem die schon bei der Einführung des
Geschwindigkeitsvektors hervorgehobene Tatsache, daß jeder
Vektor der W 4 (Vierervektor) in einen Vektor des R 3 und in einen
Skalar zerfällt. Es ist naheliegend, einen Vierervektor aus dem
Vektorpotential A, (55,01) und dem skalaren PotentiallJf (55, 04)
in der Form l

A", = (Al' A 2, A 3, ~ lJf)


zu bilden. Mit dem Vektor A", bilden wir den Feldtensor

(57,26)
F",p ist ein alternierender Tensor zweiter Stufe in der W4 ; ins-
besondere ist

Wegen

folgt
(57, 27)
und
(57, 28)
Schließlich ist

= -B"k
i i
0k lJf - B"kAk-;- = -B"k (Ok lJf + Ak)
1
c 1c C

oder wegen (55,04)

(57, 29)

1 Die vierte Koordinate A 4 muß naturhch Wie %4 = ict Imaginar sem;


I
der Faktor - ist aus Zweckmaßlgkeltsgninden gesetzt und wird durch
c
die folgenden Formeln gerechtfertigt.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung III, 2 Auf!. 16
IH. Anwendungen In Physik und Technik

Für den dualen Feldtensor F"p finden wir

oder
(57,3 0 )
und

oder
- T" E,
F'4 = - r 4' = -:-- . (57,31)
1e
Der Übersichtlichkeit halber schreiben wir die beiden Tensoren
noch in Matrizenform an:

E3 E2
0 BI
Je ie
E3 EI
0 B2 (57,32)
F"p= 1e ]e
E2 EI 0 B3
1e ]e
-BI - B2 -B3 0

0 B3 - B2 EI
ie
E2
-B3 0 BI
ie
P"p= (57,33)
E3
B2 - BI 0
ie
EI _ E2 E3
o
ie 1e 1e
Die Gleichungen (57,27) bis (57,33) gelten nur im Ruh-
system. Sie verlieren ihre Gültigkeit, wenn wir zu dem bewegten
System übergehen, wie wir noch sehen werden. Sie gelten aber
für alle Arten des Ruhsystems, d. h. sie bleiben erhalten, wenn
§ 57. Spezielle Relativitätstheone 11 243

wir eine Transformation im Ra durchführen, also eine Trans-


formation, bei der die 4-Achse ungeändert bleibt und somit von
den Transformationskoeffizienten aaP nur die Werte a i , und
a44 = I von Null verschieden sind. Obwohl die Feldvektoren als
Koordinaten eines Tensors 2. Stufe erscheinen, transformieren sie
sich dabei doch als Vektoren. Bei den Koordinaten F 4i und F'4
deshalb, weil diese Größen im Ra als Vektoren erscheinen. Bei
E
den übrigen Koordinaten, weil i ~ der Vektor des Tensors F"
c
ist und diese Relation zwischen Vektor und Tensor invariant ist.
Da wir F a.P als Rotor des Viererpotentials Aa. dargestellt haben,
so muß die Divergenz von F a.P verschwinden, also

(57,34)
sein. Wir spalten in die räumlichen und zeitlichen Koordinaten
auf. Es ist dann
a.Fa., + a4 Fa4 = o.
Ist hier IX = 4, so erhalten wir wegen F 44 = 0
a. B, = 0,

also die IV. Maxwellsche Gleichung (53, 18). Ist IX = i =1= 4, so folgt

oder

die H. Maxwellsche Gleichung (53,23). Somit ist (57,34) die


vierdimensionale Darstellung der H. und IV. Maxwell-Gleichung.
Für den Rotor des dualen Tensors F ap folgt aus (56,30),
(56, 27) und (57, 34)
(57,35)
Während nach (57, 34) die Divergenz des Feldtensors verschwindet,
muß nach (57,35) der Rotor des dualen Feldtensors gleich
Null sein.
Es ist naheliegend, einen zweiten Tensor lap in ganz analoger
Weise aus den Vektoren D, und H, zu bilden, indem man
(57,36)
16*
UI. Anwendungen m Physik und Techmk

und
1'4 = - 14, = b H, (57,37)
setzt. Die Werte für a und b sind so zu wählen, daß (53,22) und
(53, I7) erfüllt sind. WIr bilden dazu den Rotor von I rx.ß und
finden
RIY. = elY.ßyd oß Iyd =
== elY.iyd o,lyd + eIY.4kl 04 /lel =
= ert.1kl 0, llel + eIY.j41 0,/41 + e(x1M 0, IM + ert.4kl 04Ikl'
also

Damit wird
a
R, = eokl 0, I Ifl + 2 b lOok 0, Hk + -.-
Je
e,kl ele Im Dm.

Das erste Glied auf der rechten Seite verschwindet, da bei der
Beschränkung der Indizes des e-Tensors auf Werte bis 3 zwei
Indizes gleich sein müssen. Es bleibt, wenn wir auf das letzte
Glied rechts den Entwicklungssatz anwenden

R, = 2 b etJ ,. 0) Hk + 2a
-.-D,.
1C
(57,39)

Setzen wir a = - je und b = I, so folgt aus (53, 22)

R, = 2 S,. (57,40)
Es bleibt noch zu untersuchen, welche Bedeutung R 4 hat. Wir
finden
R4 = e4jkl 0, I'ci = - a e,kl 0, eklm Dm
= - 2 a 0, D) = 2 j ey.
Die Zusammenfassung von D, und H, zu dem Tensor IIY.ß' den
man den Erregungstensor nennt, befriedigt (53,22) und (53, I7),
wenn wir gleichzeitig den Vektor der Vierer-Stromdichte

einführen. An die Stelle von (53,22) und (53, I7) tritt dann

(57,43)
§ 57. Spezielle Relativitatstheone II

als vierdimensionale Darstellung der 1. und III. Maxwellsehen


Gleichung. (57,43) vereinfacht sich, wenn wir zu dem dualen
Tensor trl.ß übergehen. Es ist dann wegen (56,27)

oder

(57,44)
Der Zusammenhang zwischen den elektrischen und den
magnetischen Feldgrößen, der durch die Feldfaktoren e und #
bestimmt ist, zeigt sich in der vierdimensionalen Darstellung in
der Form eines Tensors 4. Stufe Trl.ßyß oder
(57,45)
Trl.ßyß ist alternierend in den Indizes ot und ß bzw. y und 6. Wenn
wir (57,45) in die Indizes I bis 3 und 4 aufspalten, erhalten wir

und

Daraus folgt
T'4kl = T'ik4 = 0,

d. h. es verschwindet jede Koordinate, bel der ein Index den


Wert 4 annimmt. Ebenso verschwinden alle Koordinaten, wo
mehr als zwei Indizes gleich 4 sind. Es verbleibt

und

(57,47)

Beschränken WIr uns auf den Fall des Feldes im Vakuum, wo


IH. Anwendungen m Physik und Techmk

gilt, dann lassen sich (57,46) und (57,47) durch den Ansatz

befriedigen. An Stelle des Faktors fh kann man auch


setzen. Dieser Faktor reduziert sich auf die Wurzel allein, wenn
man, wie dies oft geschieht, cF"ß als Feldtensor verwendet.
Wir stellen uns schließlich die Aufgabe, die Maxwellschen
Gleichungen für bewegte Körper aufzustellen. Damit ist folgendes
gemeint: Die Gleichungen des § 53 gelten für ruhende Körper,
d. h. in einem System 5, das mit der das Feld erfüllenden und die
elektrischen und magnetischen Ladungen tragenden Materie fest
verbunden ist und daher als Ruhsystem bezeichnet wird. Wir
betrachten nun ein System 5, das sich gegen 5 geradlinig und
gleichförmig bewegt, so daß 5 und 5 durch die Lorentztrans-
formationen (56, 42) und (56, 43) verknüpft sind. Da die Maxwell-
schen Gleichungen nach dem Relativitätsprinzip gegenüber
Lorentztransformationen invariant und in den in 5 geltenden
Relationen (57,34) und (57,44) enthalten sind, haben wir nichts
anderes zu tun, als die Tensoren F"ß und l"ß in das System 5 zu
transformieren und die transformierten Tensoren in ihre räum-
lichen und zeitlichen Koordinaten aufzuspalten, um die Maxwell-
schen Gleichungen für bewegte Körper zu erhalten.
Wenn die a"ß durch (56, 41) gegeben sind, so ist
P"ß = a"yaß~Fy6
oder
F" = a'ha'kFhk + a'4a'kF4k + a,haI4Fh4 + a,4aI4F44.
Das letzte Glied verschwindet wegen (57,26), das zweite und das
dritte lassen sich zusammenfassen, so daß
P" = a,h a,k F hk + (a'4 a'k - a14 a'k) F 4k

oder wegen (57,28) und (57,29)

Wir berechnen die Koeffizienten einzeln


§ 57. Spezielle Relativltatstheorie II 247

a,h a,k fhk! = [<'l'h + (). - I) e, eh] [<'l'k + (A - I) ej ek] fhk! =


= [<'lih <'l'k + (A - I) (e, eh <'l'k + e, ek <'lih)] fhk! =
=~ f,j! + (A - I) eh ep (<'l,p <'l'k - <'l,p <'l'k) fhk! =
= fi,! + (A - I) eh ep ftjq fpkq fhk! =
= ftj! + (A - I) eh ep (<'lph <'lq! - <'lp! <'lqh) f,jq =

= f,,! + (A - I) (fti! - f"h eh e!) =


= f"h [A <'lh! - (A - I) eh e!],
a,4 aJk - a74 a,k = j ß A e, [<'l)k + (A - I) e, ek] - j ß A e, [<'l'k +
+ (A - I) ei ek] = j ß A Ce, <'l)k - e, <'l'k] =
= j ß A eh (<'l'h <'l'k - <'l'k <'l'h) = j ß A eh fi'! fhk! =
= j ß A et f,jh ftkh'
v
Damit wird aus (57,50) wegen ß = -
c

Wegen (57,29) ist also


E h = [A<'lht-(A-I)ehet]Et-AfhktBkVt· (57,5 1 )
Für c ---+ 00 wird daraus

Eh=Eh-fhktBkVt· (57,5 2)
Für die magnetische Induktion im System 5 ergibt sich

wegen

und
a" a44 - a,4 a41 = [<'l" + (A - I) e, e,] A - ß2 A2 e, e, =
= A<'lt) - (A - I) e,e)
wird weiter
III. Anwendungen m Physik und Techmk

oder
- ~ A
Bi = [A U'l - (A - I) e, eJ ] B J + 2"
C
e,hk Eh V", (57,53)
was auch

B, = fl, {[A J" - (A - I) e, eJ ] H J + C--/'-


fl, e
e'hkDh Vk}

geschrieben werden kann. Für c -+ 00 folgt daraus wegen c2 fl, e = I

B, = fl,(H, + e,hk D h Vk)


und daher

analog zu (57,52).
Für den Zusammenhang zwischen elektrischer Verschiebung D,
und magnetischer Feldstärke H i ergeben sich dieselben Formeln
(57, 51) und (57,53), wo nur E, durch D, und B, durch H, zu
ersetzen ist. Die Maxwellschen Gleichungen für bewegte Körper
gehen aus den Gleichungen für ruhende Körper hervor, wenn
man in ihnen die Feldgrößen durch ihre transformierten nach
(57,51) und (57,53) ersetzt. Aus (57, 52) folgt (53, II), wenn man

e h G, Eh = _ G~,
" Gt
setzt und beachtet, daß in (53, II) auf der hnken Seite dIe im
bewegten Körper festgestellte Feldstärke, also nach unserer
jetzigen Bezeichnung E, steht.
Aus (57,42) folgt ferner wegen (56,41) 1m bewegten System
.5, = a'k Sk + a,4 S4 = [J'k + (A - I) e, e" SkJ - AY V;
und daraus für c -+ 00 nach (53, 17)
S, = Si - Y Vi = S, - V, GJ DJ"
Damit folgt aus (57,54) und (53,22)
- GD,
e"k G; Hk = Ti + Si + e"kekpf/ G,(D pV q) =
GD, -
= Ti + e';k ekpq GJ(D p 'V q) + V, G D + S, J J

in Übereinstimmung mit (53, 14), wobeI man deuthch sieht, daß


S, (dort S,) der Strom in bezug auf das bewegte System ist.
§ 58. Allgememe RelatIvItätstheone 249

§ 58. Allgemeine Relativitätstheorie


1. Die Krümmuug des Riemannschen Raumes. Wir beginnen
mit einigen rein mathematischen Ergänzungen zu § 36, die wir
im folgenden brauchen werden. Aus (36, 05) oder
h
(bk b l - b l bk ) A J = - R. Jkt A h (58, 01)

folgt durch nochmalige kovariante Differentiation


h h
b,(b lc b l - b l bk) A J = - b, R. Jkl A h - R. Jkl b, A h
und daraus durch zyklische Vertauschung der Indizes i, k, l

und
h h
bl(b, bk - bk b,) A J = - b l R. nk A h - R.J'k bl A h'
Addition ergibt
(bk b l - b l bk) b, A J + (bI b, -- b, b l) bk A J + (b, bk - bk bi ) b l A J =

= - (b, R~Jkl + bk R\l' + bl R~"k) A h -


h h h
- R. JTeI b, A h - R. Jl , bk A h - R."k b l A h' (58, 02)
Anderseits gibt eine ähnliche Rechnung wie die, die uns in § 36
zu (36, 05) geführt hat, für einen Tensor zweiter Stufe A,j

(bk b l - b l bk) At) = - R~'TeI A hJ - R\kl A'h;


für A" = b i A j wird daraus
(bk b l - b l bk ) b, A J = - RJ~'kl b h A J - R':,kl b, A h.
Setzen WIr diesen und die daraus durch zyklische Vertauschung
von i, k, l entstehenden Ausdrücke auf der linken Seite von (58, 02)
ein, so folgt wegen

R.'kl R. kli
h
R.l'k = 0, + h
+ h

(was im wesentlichen mit der dritten Gleichung (36, 10) überein-


stimmt)
( bi R.h Jkl +b k R.h JI , +b l .nk A h = 0.
Rh)
Da das für jeden beliebigen Vektor A h gilt, muß

I bi R~Jkl + bk R~J!i + b R~Jlk = °I l (58,03)


III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

sem und nach Überschiebung mit ghp

1b, Rp'kl +b k R ml, +b l R p"" = 0·1 (58, 04)


Die Gleichungen (58, 03) und (58,04) heißen die Identitäten von
Bianchi.
Die Verjüngung des gemischten Krilmmungstensors gibt emen
kovarianten Tensor zweiter Stufe

IR'k = R~'k' = g'l R"kl' I (58, 05)


der gelegentlich auch als Riccitensor bezeichnet wird. Man beachte
dabei, daß

und

R~HI = - R~'l' = - R'l


ist; beides folgt aus der Symmetrierelation R' Jk! = - R'.'!k'
vgl. (36, 10). Die beiden anderen möglichen Verjüngungen geben
also nichts Neues. Die Invariante
IR - gi k R ,k - gil g,k R i,kl 1 (58 ,06)
wird als Krümmungsinvariante bezeichnet.
Aus (36, 03) folgt

R'k = °k {i i}j - {i} + {i}{ll


0, j k
{il{l}
k I i j J- i I J j k .
Dabei ist

{21.i.} = g'h [i j, hJ = 2..z g'h (o,gh' + 0, gih - 0hg,,) = 2.. g'h o,g'h;
z
anderseits ist g g'h das algebraische Komplement von g'h in der
Entwicklung der Determinante g = det gi, und daher ist nach
der Regel für die Differentiation einer Determinante
opg = g g,hopg,h
und somIt

J..1 } = - I 0, g =
1 0, In V-g.
1] zg
§ 58. Allgememe RelatIvltätstheone 25 I

Damit ergibt sich

RJk = V-
GJ Gk In g - G, fi l}
fhik } + { ki 1} 1 {l}k GI In V-g,
i-i (5 8,08)

woraus man unmittelbar


RJI.; = R k ), (58, 09)
die Symmetrie des Riccitensors entnimmt.
Ein Raum, in dem
R)J.; = J' gJk
mit einer Invariante J gilt, heißt ein Einsteinseher Raum; aus
R = gJk R J1C = gJk gJk J= nJ
folgt

J=R
n
und daher

(58, 10)

Es seien in einem Punkt P zwei kontravariante Vektoren


A' und B' gegeben, wir bilden mit ihnen die Invariante
(58, u)
Die beiden Vektoren A, und B, bestimmen eine Ebenenstellung V 2
(zweidimensionaler Vektorraum) in P; dieselbe V 2 ist aber auch
durch zwei Vektoren
D' = y A' + <5 B' (58, 12)
bestimmt, wenn IX <5 - ß y *- 0 ist; bilden wir mit den Vektoren Ci
und Di die Invariante (58, u), so folgt nach einfacher Rechnung
wegen (36, 10)
Cf = R,jkl Ci Ck DJ DI =
= RZJkdlX Ai + ß B') (IX A k + ß Bk) (y A J + <5 BJ) (y AI + <5 BI) =
= (IX <5 - ßy)2 R,jkl Ai Ak Bj BI = (IX <5 - ßy)2C,
d. h. C ist eine relative Invariante gegenüber den Vektortrans-
formationen (58, 12). Wir suchen eine absolute Invariante, also
einen Ausdruck, der nur von der V 2 in P (und natürlich vom
25 2 IIl. Anwendungen 111 PhYSIk und Techmk

Punkt P selbst) abhängt, aber nicht von der Wahl der besonderen
Vektoren, die diese V 2 aufspannen. Eine solche absolute Invariante
erhalten wir sofort, wenn wir eine zweite relative Invariante an-
geben können, die sich bei der Transformation (58, 12) ebenfalls
mit dem Quadrat der Transformationsdeterminante multipliziert.
Da nun der Tensor vierter Stufe

wie man sofort einsieht, dieselben Symmetrieeigenschaften (36, 10)


hat wie R"kl' so ist
H = (g'k g,l - g'l gik) A' A k B' BI
eme derartige Invariante; in der Tat 1st
H' = (g'k g,l - g,1 g,k) C' Ck D' Dl =
= (g'kg'l- g,lgik) (cxA' + ß B') (CXAk + ß Bk) .

. (y A' + b BI) (y AI + b BI) =


= (cxb - ßy)2H
und daher

K _ G _ R"kl A' Ak Bi BI
(58, 1 3)
- H- (g;;:g--;;-~g,;g-;;JA'AkffiBi

eine Invariante der gesuchten Art; sie wird als die zum Punkt P
und zu der (durch die Vektoren A' und B' aufgespannten) V 2
in P gehörige Riemannsche Krümmung bezeichnet.
Ist n = 2, so gibt es in jedem Punkt nur eine einzige V 2 ,
nämlich die Tangentenebene in P; WIr können daher A' = (1,0)
und B' = (0,1) wahlen, dann ergibt (58, 13)

K = R 1212 ,
g
d. h. die Riemannsche Krümmung geht in die Gaußsche Krüm-
mung im Punkt P über. An die Einführung der Riemannschen
Krümmung knüpfen sich sofort einige Fragen. Die erste ist,
welche Räume durch verschwindende Riemannsche Krümmung
K = 0 gekennzeichnet sind. Aus
R1JkI A ' Ak B' BI = 0, (58, 1 4)
§ 58. Allgememe Relativitätstheorie 253

gültig für beliebige Vektoren A' und B', können wir aber nicht
sofort auf R'3k! = 0 schließen, da in der Vierfachsumme links i
und k, j und I vertauschbar sind, so daß also zunächst nur l
R'3k! + R kj2 ! + R'!k3 + R khi = 0
folgt (alle diese Koeffizienten sind mit Ai A k B3 B! multipliziert).
Hier stimmt wegen (36, 10) (zweite Zeile) der erste mit dem
vierten und der zweite mit dem dritten Summanden überein,
also ist
R'3k! + R'!k3 = o. (58, 15)
Addieren wir dazu die letzte Gleichung (36, 10), d. h.
R'Jk! + R ik !3 + R'hk = 0,

so folgt wegen R'!ki + R'!3k = 0

2 R'3k! + R'k!i = o. (58,16)


Vertauschen wir In (58,15) j und k, so folgt
R'kJ! + R i !3k = 0

und wenn wir das zur Summe von (58,15) und (58,16) addieren,
bleibt
3 R'3k! = 0,
weil nach (36, 10) R'!k3 + R'!3k = R'k!3 + R'k3/ = 0 ist.
Zusammen mit dem am Schluß von § 36 bewiesenen Satz
folgt also: Die Räume verschwindender Riemannscher Krümmung
sind euklidische Räume.
Die zweite Frage, die wir uns stellen, geht nach jenen Räumen,
für die K nur vom Punkt P, nicht aber von der Ebenenstellung V 2
durch P abhängt. Für solche Räume gilt wegen (58,13)
[K (g'k g3! - g,! gik) - R'3k!J A' Ak Bi B! = 0

für alle Vektoren A' und B', so daß gemäß der eben durchgeführten
Überlegung

1 Aus dem identischen Verschwinden der mit emem behebigen Tensor B.j
gebildeten quadratischen Form B'3 A' A1 folgt zunachst auch nur, daß
B'3 + Bj2 = 0, d. h. Bi) altermerend ist. Nur wenn B'3 von vornherem
symmetnsch war, folgt B'3 = o. Man konnte demgemaß, wenn Wir (58, 14)
zunächst als quadratische Form m Bi ansehen, auf (R.1kl + RUkl) A' Ak = 0
und aus dieser Identitat dann m derselben Weise auf die obige Gleichung
schheßen.
254 III. Anwendungen m Physik und Techmk

ist. Kovariante Differentiation gibt wegen


bhg" = 0, bllK = G"K
b h R"lel == (g,le gJI - g'l g'k) Gh K;
In die Bianchische Identität (58,04) eingesetzt, gibt das
(g'k g,l - g,l g'k) Gh K + (g'l gJh - g'h g'l) Gk K +
+ (g'h gJk - g'k g,,,) GI K = °
und nach Überschiebung mit g'k' gJl
(n 2 - n) Gh K + (1 - n) o~ Gk K + (1 - n) o~ GI K = °
oder
I(n -- 1) (n - 2) Gh K = 0.1 (58, 17)
Das gibt den Satz von SCHUR:
Ist die Riemannsche Krümmung eines Rn, n> 2, in fedem
Punkt P unabhängig von der Ebenenstellung in P, so ist sie über-
haupt konstant.
Die Riemannschen R 2 , die wir immer als Flächen im euklidi-
schen Raum deuten können, nehmen nur scheinbar eine Sonder-
stellung ein. Es gibt ja hier in jedem Punkt P nur eine einzige V 2 ,
nämlich die Tangentenebene in P, mit der man die Riemannsche
Krümmung berechnen kann; daß diese mit der Gaußschen
Krümmung übereinstimmt, haben wir schon oben gezeigt.
Für das Folgende brauchen wir noch den Tensor zweiter Stufe

1
G" = R" - -2 R g", (58, 18)

der als Einsteintensor bezeichnet wird. Dabei ist R" der Ricci-
tensor (58,05) und R die Krümmungsinvariante (58,06). Aus
der Bianchischen Identität (58, 04) folgt durch Überschiebung
mit gPk Ii'l
- b, R gPk bk R,m+ gJI b l R" = 0, +
so daß wegen R1) = R]l
b, R = 2 g'k b k R,j' (58, 19)
Differentiation von (58, 18) gibt
§ 58. Allgemeine RelatIvltätstheone 255

überschiebt man das mit glk, so folgt weiter

ba}k b tG·.k-- balk bkRo - ~ b·tR,


bkGn-- k
Z

also wegen (58, 19) die wichtige Relation

(58, zo)
2. Die Einsteinsehe Gravitationstheorie. So bedeutungsvoll die
Ergebnisse der speziellen Relativitätstheorie auch für unser
physikalisches Weltbild sind, so bleiben doch einige recht wesent-
liche Fragen offen, Fragen, die zum Teil durch die spezielle
Relativitätstheorie selbst aufgerollt werden und deren Beant-
wortung sich durch eine konsequente Weiterentwicklung ihrer
Grundgedanken ergibt. Es ist vor allem die Beschränkung auf
gleichförmige Bewegungen, die willkürlich erscheint und nicht in
befriedigender Weise erklärt ist. Das Prinzip von der Gleichheit von
schwerer und träger Massel macht es unmöglich, festzustellen, ob
ein System im Schwerfeld gravitierender Massen ruht oder ob es
sich in einem feldfreien Raum beschleunigt bewegt. Die allgemeine
Relativitätstheorie stellt sich die Aufgabe, die physikalischen Ge-
setze so zu formulieren, daß sie gegenüber beliebigen, nicht nur
gleichförmigen Bewegungen des Bezugssystems invariant sind.
An Stelle der Lorentztransformationen treten alle zulässigen 2
Koordinatentransformationen in der W 4 , an Stelle der durch (56,19)
gegebenen Minkowskischen Maßbestimmung
(58, Z1)
der auf die reellen Koordinaten Xl' X2 ' Xa' X4 = c t bezogenen W 4
tritt die allgemeine Riemannsche Maßbestimmung

*
da 2 = gcxß dxrJ, dXß, }
(58, zz)
g'X.ß = gßcx, g = det grt,ß 0,

1 Diese Gleichheit war m der klaSSischen Mechamk lange Zeit als mcht
weiter erwähnenswerte Selbstverstandlichkelt angenommen worden und
man hat erst recht spät erkannt, daß es sich hier um zwei grundsätzlich
vblhg verschiedene Begnffe handelt. Äußerst prazise Experimente von
EÖTvos haben gezeigt, daß bel geeigneter Wahl der Maßeinheiten träge
und schwere Masse emes Korpers tatsächhch gleich smd.
2 Das heißt umkehrbar eindeutIg und mindestens zweimal stetig
differenzierbar.
256 III. Anwendungen !TI Physik und Techmk

wobei die g(f.ß die Bedeutung tensorieller Gravitationspotentiale


haben. Die in der physikalischen Welt W 4 (wir behalten diese
Bezeichnung auch im allgemeinen Fall bei) geltende Geometrie
hängt also von der Verteilung gravitierender Massen im Welt-
raum ab. Nur in einer von Materie völlig freien Welt, oder an-
nähernd in sehr großer Entfernung von gravitierenden Massen
läßt sich (58,22) durch Wahl geeigneter Koordinaten auf die
Form (58,21) bringen. In diesem Fall sprechen wir im folgenden
von einer ebenen W 4 • An die Stelle des Gravitationsfeldes der
klassischen Mechanik tritt die besondere, durch (58, 22) bestimmte
geometrische Struktur der vVelt. Dieser Gedanke muß aber, um
physikalisch fruchtbar zu sein, noch durch ein weiteres Prinzip
ergänzt werden.
In der ebenen W 4 sind die Weltlinien freier Partikel "Gerade".
Die "Geraden" sind die Geodätischen der W 4 , d. h. mit anderen
Worten, die Extremalen des Variationsproblems der durch (58, 21)
definierten Eigenzeit a. Sie sind für materielle Partikel zeit artig
(da 2 > 0), für Lichtstrahlen Nullgeodätische (da 2 = 0), die in der
Metrik (58,21) reell sind und deren Tangenten isotrope Gerade
durch den Berührungspunkt sind.
Da die Geodätischen unter gewissen Voraussetzungen die
"kürzesten" (d. h. a = Min.) Verbindungslinien zweier Welt-
punkte sind, ist es naheliegend (zumindest nachträglich läßt sich
das ganz leicht sagen), diese in der ebenen W 4 charakteristischen
Eigenschaften der Weltlinien von Partikeln und der Lichtstrahlen
auch für den allgemeinen Fall zu postulieren, was durch das
Einsteinsche Prinzip der geodätischen Linien geschieht:
Die Weltlinien materieller, nur der Gravitationskraft unter-
worfener Partikel sind stets zeitartige Geodätische, die Lichtstrahlen
Nullgeodätische der Maßbestimmung (58,22).
Die allgemeine Relativitätstheorie ist somit, vor allem histo-
risch gesehen, in erster Linie eine Gravitationstheorie und wir
wollen sie im folgenden auch nur von diesem Gesichtspunkt aus
darstellen und einige Folgerungen kosmologischer Art diskutieren.
Einen kurzen Exkurs über einige Begriffe der Variationsrechnung
und das Problem der Geodätischen eines Riemannschen Raumes
bnngen wir 1m folgenden Paragraphen.
Bei emer zulässigen Koordinatentransformation
(58,23)
§ 58. Allgemeine Relativitätstheorie 257

transformieren sich die ga.ß als kovarianter Tensor zweiter Stufe:


_ OXA oX p
ga.P = gAp -;-=- --;-=- .
uXa. uXp
Für die Koordinatendifferentiale folgt aus (58, 23)
_ oXa.
dxa.= -,,-dXA, (58,24)
uXA
es handelt sich also um eine lineare Transformation der quadrati-
schen Form (58,22) mit nicht verschwindender Determinante.
In der Algebra wird gezeigt, daß bei reellen Transformationen -
und (58, 24) ist reell, weil (58, 23) es ist - die sogenannte Signatur
der quadratischen Form eine Invariante ist. Man kann die
Transformation (58, 23) stets so bestimmen, daß in den xa. für
einen bestimmten Punkt (nicht für die ganze W4 , die sonst
eben wäre)
ga.P=o,
ist, so daß (58, 22) in eine Summe von Quadraten übergeht, wo-
bei man noch erreichen kann, daß die Koeffizienten der Quadrate
die Werte +1 oder - 1 annehmen. Aber die Differenz der Zahl
der positiven und der negativen Quadrate ist stets dieselbe, wie
immer man diese Transformation auch durchführt, und da man
als Signatur die Hälfte dieser Differenz bezeichnet, ist die Signatur
eine Invariante. Da ferner für den materiefreien Raum (58,22)
bei geeigneter Wahl der Koordinaten in (58, 21) übergeht, ist die
Signatur von (58,22) stets gleich - 1 1.

I Die TransformatIOn (58, 24) Ist eine aff~ne Transformation der


Differentiale; fur orthogonale Transformationen ist der Satz von der In-
varianz der Signatur m dem Satz von der Invananz der Eigenwerte ent-
halten (§ 13); bel orthogonalen Transformationen Ist es Im allgememen
mcht möghch, die KoeffiZienten der Quadrate gleich ± I zu machen. Wir
bemerken noch, daß Sich fur die KoeffiZienten der Quadrate die folgenden
Möglichkeiten (bis auf die Reihenfolge) ergeben:
1. 2
2. -I
3· -I -I 0

4· -I -I -I -I
5· -I -I -I -2 -I
rechts neben dem Stnch stehen die zugehörigen Signaturen; die Formen
vom Typus I und 5 smd pOSItiV bzw. negativ defmIt, die vom Typus 2, 3 und 4
indefImt. Die Form (58, 21) ist vom Typus 4 und hat also Signatur - 1.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung III, 2 Auf!. 17
258 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Die Geometrie mIt der MaßbestImmung (58,22) ist also in-


soweit keine Riemannsche Geometrie, als der Maß tensor grxß nicht
wie bei dieser positiv definit, sondern indefinit mit der Signatur
- rist; die verallgemeinerte Welt geometrie verhält sich zur
Riemannschen also ebenso wie die pseudoeuklidische zur euklidi-
schen Geometrie. In den folgenden Betrachtungen spielt dieser
Unterschied aber so gut wie keine Rolle.
Im Weltraum ist die Materie äußerst spärlich verteilt, die
Durchmesser selbst der größten bekannten Sterne sind um viele
Größenordnungen kleiner als ihre Entfernungen, so daß wir die
einzelnen Sterne als materielle PartIkel von sehr kleinem Durch-
messer betrachten können. Der Energie-Impuls-Tensor hat die
für inkohärente Materie gültige Form
T rxß = l!owrxwß,
vgl. (57,25). Da die Gravitationskräfte 1m Maßtensor berück-
sichtigt sind und da wir nach aller Erfahrung von anderen,
zwischen den Weltkörpern wirkenden Kräften etwa elektro-
magnetischen Ursprungs absehen können, gilt an Stelle von
(57,24) jetzt

I bß T/ = I 0, (58,25)
wo wir natürlich, mit Rücksicht auf die jetzt verwendeten all-
gemeinen Koordinaten die kovariante Differentiation verwenden
und T rxß durch den gemischten Tensor T/ ersetzen müssen; in
der ebenen W 4 ist natürlich wieder brx = 0rx.
Gemäß (58,20) genügt der durch (58, r8) definierte Einstein-
tensor

(58,26)

der wegen (58,09) so wie R rxß symmetrisch ist, der identischen


Relation

I bßG/=o·1 (58,27)

Für den leeren, von Materie völlig freien Raum ist T'Y.ß = 0
Anderseits folgt aus (58, 26) wegen gr>.ß ga.ß = = 4 b:
ga.ß Grxß = G~ rx = R - 2 R = - R
§ 58. Allgemeine Relativitätstheorie 259

und daher folgt RaP = 0 aus GaP = °


und umgekehrt. RaP = °
charakterisiert aber, wie wir zu Beginn des Paragraphen gezeigt
haben, die ebene Welt. Die beiden Tensoren GaP und T aP ver-
schwinden somit gleichzeitig. Das legt den Ansatz

I G! = - " T",p I (5 8,28)


nahe, der bereits die einfachste Form des Einsteinschen Gravi-
tationsgesetzes darstellt. Für die Konstante " ergibt sich aus der
Überlegung, daß die Newtonsche Theorie eine erste Annäherung
der Einsteinschen sein muß, der Wert
,,= 8nyo c-4, (58,29)
wo Yo die Newtonsche Gravitationskonstante ist. Aus Yo =
= 6,664' 10-8 cm 3 S-2 g-l und c = 2,998 ' 10 10 cm S-l folgt!
" = 2,073' 10-48 cm- 1 S2 g-l.
Es ist klar, daß in jenen Teilen der Welt, die von größeren Massen
entsprechend weit entfernt sind, wegen dieser besonderen Klein-
heit von" schon G",p = °
oder, was dasselbe ist,

(58,30 )
eine brauchbare Annäherung für (58, 28) sein wird.
Einen etwas allgemeineren Ansatz als (58,28) erhält man,
wenn man auf der linken Seite noch ein Glied A gaP mit konstantem
A *- ° hinzufügt; wegen by gaP = 0 bleibt (58, 27) auch für
+
H! = G;8 Ab! bestehen. Aus
(58, 31 )
oder ausführlich
I
RaP - - g",p (R - 2 A) = - "T ap
2
folgt durch Überschiebung mit gaP
R- 2 R + 4 A= - "g"'P T ",p.
Setzen wir

1 Die numerischen Werte sind entnommen aus B. SPAIN, Tensor Calculus,


Edinburgh 1943.
17·
260 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

so folgt
R-4,Ä,=xT.
In Bereichen, die von Materie weit genug entfernt sind, können
wir wieder T(1,ß = 0 setzen; dann ist auch T = 0, also R = 4 A
konstant und aus (58,31) folgt

IR(1,ß = ,Ä, g(1,ß·1 (58,3 2 )


Dieser Ansatz führt also auch für den völlig leeren Raum nicht zu
einer ebenen, sondern wegen R = 4,Ä, zu einer gekrümmten Welt.

§ 59- Spezielle Lösungen


der Gravitationsgleichungen
1. Die Schwarzschildsche Lösung der Gleichung R(1,ß = o. Wir
versuchen, das Feld einer dauernd im Ursprung des Koordinaten-
systems ruhenden materiellen Partikel zu ermitteln. Es ist nahe-
liegend, dabei von der Maßbestimmung einer ebenen Welt aus-
zugehen, die auf die räumlichen Polarkoordinaten Xl = r, x 2 = {},
xa = q; und die Zeitkoordinate x 4 = [t bezogen ist und für die
da 2 = - dr 2 - r 2 d{}2 - r 2 sin 2 {} dq;2 [2 dt 2 +
(59,01)
gilt. Die Randbedingungen für die Lösung bestehen also einerseits
aus der durch die gravitierende Partikel im Ursprung hervorge-
rufenen Singularität und anderseits aus der Gültigkeit der Maß-
bestimmung (59, 01) im Unendlichen. Es ist somit im ganzen
Raum mit Ausnahme des Ursprungs T(1,ß = 0, so daß wir die
Gleichungen (58,30) zugrunde legen können. Man kann nun
zeigen, daß es im wesentlichen nur eine Möglichkeit gibt, die
Maßbestimmung (59,01) so zu verallgemeinern, daß alle Symme-
trien erhalten bleiben, nämlich I
da 2 = - e(1, dr 2 - r2 d{}2 - r2 sin 2 {} dq;2 + eß [2 dt 2, (59, 02)
1 Der etwas allgememere Ansatz
da 2 = - e'" dr 2 - eY r 2 (d{}2 + sm 2 {} drp2) + eß c 2 dt 2
laßt SIch durch die SubsbtutlOn eY y 2 = Y1 2 auf (59,02) zuruckfuhren,
da eY nahe bel I hegen muß (ebenso Wie naturhch auch e(1, und eß), w1rd s1ch Y1
nur wemg von y unterscheIden und man kann r l ebensogut als Radms-
vektor der Polarkoordmabon ansehen WIe Y. DIeser Radmsvektor 1st Ja
ledlghch eme fikbve (Koordmaten-) Größe und mcht eme obJekbv meßbare
physlkahsche Große.
§ 59. Spezielle Losungen der Gravitationsgleichungen 26r

wo rx und ß Funktionen von r allein sind, die der Bedingung


lim rx= lim ß=o
r ---+ 00 r ---+ 00

genügen müssen. Aus (38, 05) findet man leicht

VI} = ~rx', L:} =- r e-rx , L~} = - r e- rx sin 2 ß,

C:}=~efJ-aß" {I~}=~' {3~}= -sinßcosß,


{I~} = :' L~} = cotß, {144} = ~ß',2

wo die Striche Ableitungen nach r bedeuten. Alle übrigen Klam-

mern haben entweder wegen {A~J = t.l(JA} die obigen Werte


oder verschwinden. Aus (58,08), wo nur Vi durch
V- g = r 2 sin ß Ve rx +/3
zu ersetzen ist, folgt dann

R =!... ß" - !... rx' ß' + !... ß'2 - ~ ,


11 2 4 4 r

R 22 = e- rx [I + ~ r (ß' - rx')J - I, (59, 05)


R 33 = sin 2 ß R 22 ,

R = efJ - rx (- !...ß" + !...rx' ß' _!... ß'2 - P'..-),


44 2 4 4 r
während alle übrigen R rxfJ = °
sind. Die Gleichungen (58,30),
d. h. R afJ = °
reduzieren sich also auf die drei
I I, I, I 1'2 (X'
-ß --rx ß +-ß --=0,
2 4 4 r

e-rx [I + ~- r (ß' - rx')J - I 0,= (59, 06)

- !...ß" +!...rx' ß· - ~ß'2 - P'..- = 0.


2 4 4 r
262 III. Anwendungen m PhysIk und Techmk

Aus der ersten und dritten folgt durch Addition a.' + ß' = 0,
also wegen (59,03) a. + ß = o. Setzen wir noch eß = y, so wird
die zweite Gleichung (59,06)
y+r)"=1,
woraus durch Integration
2m
y=1-- (59,07)
c2 r
2m
mit der Integrationskonstanten -2 folgt. m ist dabei, WIe sich
c
noch des näheren zeigen wird, der Masse der gravitierenden
Partikel im Ursprung proportional. Man überzeugt sich leicht, daß
damit alle Gleichungen (59,06) erfüllt sind. (59,02) geht über in

Ida = - y-I dr
2 2 - r2 diP - r 2 sin 2 {} drp2 + Y c2dt2, I (59, 08)
die von SCHWARZSCHILD angegebene partikuläre Lösung der
Gravitationsgleichungen (58,30).
2. Die Geodätischen der W 4: In der Variationsrechnung wird
gezeigt, daß ein Integral
b

J= It(Xe, i e) du, (59,09)


a

. dx e .
wo xe = du 1st, für eine Kurve x'" = x",(u) nur dann emen
extremen Wert annimmt, wenn die Eulerschen Gleichungen

at- - -d- -at- = 0 (59, IO)


ax", du ai('/.
oder ausführlich
2at .Xß -
-c-:----:-
a2t ..
-- - - x ß = 0 (59, n)
ai", aXß ai", aiß
erfüllt sind. Die Integralkurven dieser DIfferentialgleichungen
zweiter Ordnung heißen die Extremalen des Variationsproblems
(59,09); sie verleIhen dem Integral J jedenfalls einen stationären
§ 59. SpezIelle Lösungen der GravItatIOnsgleIchungen 263

Wert, der unter gewissen zusätzlichen Voraussetzungen, auf die


wir hier nicht näher eingehen können, ein Extremum ist l .
Nur wenn
02/
det o'x'" o'xp :cF 0

ist, lassen sich die Gleichungen (59, II) auf die Normal/arm
x",= F ",(xe, xe)
bringen.
Bei VIelen geometrischen Aufgaben verlangt man, daß der
Integrand I in (59, 09) in den xe positiv homogen von erster
Ordnung ist, damit] von der Wahl des Parameters u unabhängig
ist. Es ist dann
I(x e, A xe) = A I(x e, xe)
für alle ). > 0 oder (Eulersche Differentialgleichung der homogenen
Funktionen)
01 .
~x",=I·
uX",

Differentiation nach xp gibt


021 .
ox'" oXp X'" = 0,

so daß
021
det == 0
oXa.oxp
ist. Somit liegt hier gerade der Fall vor, daß die Gleichungen
(59, II) nicht auf die Normalform gebracht werden können. Man
kann diese Schwierigkeit dadurch umgehen, daß man an Stelle
von I(xe, xe) den Integranden
cp(xe, xe) == [f(xe, xe)J2

1 Ebenso wIe eme FunktIon t(x e) emen stabonaren Wert annimmt,


wenn oa. t = 0 Ist; dieser statIOn are Wert Ist unter gewissen zusatzlichen
Voraussetzungen em Extremum der Funktion t. Näheres über dIe Her-
leItung der Eulerschen Gleichungen (59,10) und Ergänzungen zu den
folgenden Ausfuhrungen fmdet man bel A. DUSCHEK, Vorlesungen uber
hohere MathematIk, Band III (WIen 1953, 2. Auf!. 1960).
III. Anwendungen m Physik und Techmk

(oder allgemeiner ((J = IP mit p > I) betrachtet. Die Eulerschen


Gleichungen für das Variationsproblem

f
b

11 = ((J(x e, x Q) dtt
a

sind

O((J _
oX a
~ o((J
du oX a
= 2/(~
oX
_ ~~) _ 2!:l.~ =
du oX du oX
o'
'
(59,12)
a a a
gibt es also einen Parameter u, für den I = konst. =F- 0 ist, so
stimmen die Extremalen von 11 mit denen von I überein; ((J ist
aber in den xe positiv homogen von der Ordnung 2, also ist
O((J .
-0' Xa =2((J,
Xa

daher

und im allgemeinen
02((J
det o'X 0xß =F- o.
a

Ist aber für den besonderen Parameter I = 0, so ist der Übergang


zum Variationsproblem 11 nicht möglich. Die Kurven mit 1=0,
die den Eulerschen Gleichungen (59, 10) genügen, heißen Null-
extremalen des Variationsproblems (59,09).
Die Geodätischen der W 4 sind die Extremalen des Variations-
problems

f f
b b

1= da = Vgaß xaxßdu (59, 13)


a a
der Eigenzeit a. Der Integrand

I= V gaß Xa~Xß
ist in den xe positiv homogen von der Ordnung 1; WIr betrachten
also an Stelle von (59, 13) das Variationsproblem
§ 59. Spezielle Lösungen der Gravltatlonsglelchungen 265

J J
b b

11= rpdu= ga.pxa.xpdu;


a a

ein Parameter, für den rp und damit auch t konstant ist, ist die
..
Eigenzeit u = f t du, für die
a

1st, wo die Striche Ableitungen nach u bedeuten. Die Eulerschen


Gleichungen (59, II) werden, gleich für den Parameter u ange-
schrieben,

" d ,
01' gaP Xa. Xp - 2 du ga.1' Xa.

= (01'ga.P - 2 op ga.1') Xa' Xp' - =0 2 ga.1' Xa."


oder, wenn wir im mittleren Glied einmal a.' und ß vertauschen,
- [a. ß, yJ xa.' xp' - ga.1' x a" = o.
überschiebung mit g1'A gibt die Normalform

X ,,+I1a.JeßI1x'x'-0
A a. ß - (59,15)

oder

(59, 16)

In der letzten Form sagen diese Gleichungen, wie wir schon in


§ 35 erwähnten, daß der Tangentenvektor x/ längs einer Geo-
dätischen parallel verschoben ist.
Aus (59, 14) folgt wegen
oga.P
--=0
ou
(Satz von RICCI, § 35) durch Differentiation nach u
,OXp'
ga.P Xa. - -
ou = 0,

d. h. die vier Gleichungen (59, 16) sind nicht unabhängig; man


kann stets eine von ihnen durch (59, 14) ersetzen.
266 UI. Anwendungen III PhYSIk und Techmk

Die Nullextremalen heißen jetzt Nullgeodätischel, sie sind


dle Bahnkurven der Lichtteilchen und durch

bx",
--=0 (59, 17)
bu
definiert.
3. Planetenbewegung und Perihelverschiebung. Bekanntlich
war die auf Grund der Newtonschen Theorie vergeblich gesuchte
Erklärung der Perihelverschiebung des Merkur eines der ersten
Ergebnisse der Einsteinschen Theorie. Wir versuchen zunächst
auf Grund der letzteren die Bahn eines Planeten zu berechnen.
\Venn wir annehmen, daß die Masse des Planeten so klein ist, daß
Sle die Metrik nicht beeinflußt, so können wir die Schwarzschildsche
Maßbestimmung (59,08) verwenden, mit einem Koordinaten-
system, dessen Ursprung im Mittelpunkt der Sonne liegt. Die
Planetenbahn ist dann eine Geodätische dieser W 4 . Die Christoffel-
klammern entnehmen wir aus (59, 04), wo nur

zu setzen ist. Die Gleichungen (59, 15) gehen liber in

:;: -:~ (::f -ry(~!r -rYSm219u:r +


+ C2Yi(~)2
2 da = 0,

+ -r2 -da
dr -d ß
da
- .sm {} cos 19 (dCP)2
-
da
= 0, ( (59, 18)

dr d(p d{) dcp


+ -2r-da
_ . - 1 - 2 cot { } - - =
da ' da da
()
'
2
d t y' dr dt
+---=0
da 2 y da da '

1 Nach der III § 56 verwendeten Termlllologle handelt es SIch um Isotrope


Geodatische; da aber hIer kClll l\'llßverstandms zu be furchten 1St WIe beIm
,,::Xullvcktor", wollcn WIr beIm llbhchen Sprachgebrauch "Nll11geoclatische"
bleIben.
§ 59. Spezielle Losungen der Gravltationsgleichungen 267

, dy 2m
wo y = dr = c2 r 2 ist. Eine dieser Gleichungen, am besten die
erste, lassen wir weg und ersetzen sie durch (59, 14), d. h.

_ ~ (dr)2 _
Y da da
2
r2 (dD)2 _ r 2sin D (dCP)2 + Y c2
da da
(!!-.)2 = 1.

(59,19)
Als Anfangsbedingung schreiben wir vor, daß der Planet seine
n
Bewegung in der Ebene D = - beginnen soll, so daß
2

(~!)o = 0, (cosD)o = 0

ist. Dann folgt aus der zweiten Gleichung (59, 18)

(~:~)o=o,
und durch wiederholte Differentiation von (59, 18) ergibt sich, daß

(~:~t = 0
n
ist für alle k = 1,2,. .. Daher ist dauernd D = - .
2
(59, 19) und die dritte Gleichung (59, 18) gehen über in

-y _1 (dr)2
da -r2(dCP)2
da +c2 y (dt)2
da =1 (59,20)
und
d 2cp 2 dr dcp
-+ ---=0. (59, 21)
da r da da
2

Die vierte Gleichung (59, 18) bleibt unverändert; sie läßt sich
ebenso wie (59,21) unmittelbar integrieren. Wir erhalten
2 dcp h dt_ k
r da=c' Yda- (59,22)
mit den Integrationskonstanten hund k. Eliminiert man aus
(59, 20) und (59, 22) t und a, so folgt

(59,23)
z6il III. ..\nwendungen III Physik und Techlllk

I
Setzen wir hier -- = u so ergibt sich durch Differentiation
r '
nach cp und eine einfache Umformung wegen (59, 07)

d 2u m 3 mu 2
dcp2 +It = h;i +~ (59,24)

während nach der Newtonschen Theorie

(59, 25)

3 mu 2
gilt, was sich von (59, 24) nur durch das sehr kleine Glied --2
c
unterscheidet. Es wird daher die Lösung!

u = :z [I + E COS (cp - OJ) i (59, 26)

von (59, 25) eine brauchbare Näherung für die Lösung von (59, 24)
sein, die wir noch nach der Methode der sukzessiven Approxi-
mationen um einen Schritt verbessern. Setzt man (59,26) auf
der rechten Seite von (59, 24) ein, so folgt

(59, 27)

Hier hat neben dem ersten nur das dntte Glied rechts noch einen
innerhalb der Beobachtungsgrenzen liegenden Einfluß auf die
Lösung 2 , der sich wegen der eintretenden Resonanz im Laufe der
Zeit verstärkt. Da

u = ~ A cp sin (cp - OJ)


2

I E ISt die numerzsche Exzentrzz!tat der Bahnellipse und die Perzhel-


lange (J) der Willkel zWischen emer festen Richtung m der Bahnebene und
der Verbmdungsgeraden von Sonne und dem als Perihel bezeichneten,
der Sonne zumichst hegendem Scheitelpunkt der Bahnellipse.
2 Wegen der Klemheit von c; es 1St fur den Merkur c = 0,2056, fm
alle anderen Planeten 1St ewesentlich klciller.
§ 59. Spezielle Lösungen der GravItationsgleichungen 269

ein partikuläres Integral von


d 2u
dq;2 + t6 = A cos (q; - w)

ist, tritt zu der Lösung (59,26) ein Korrekturglied


3 m3 .
c2h4 8 q; sm (q; - w)
hinzu, so daß

oder
m
tt = h2 [I + 8 COS (q; - w - &v)~ (59,28)

die Lösung von (59, 24) ist, wobei wir

3 m2
15w = c2 h2 q; (59,29)

gesetzt und höhere Potenzen von 15w vernachlässigt haben. Für


einen vollen Umlauf q; = 2 n folgt daraus die Perihelverschiebung

15w = 6nm 2 = 6nm (59,3 0 )


c2 h 2 c2 a (I - 8 2)

wo a die Länge der großen Halbachse der Bahnellipse ist!. Da


ferner nach dem dritten Keplerschen Gesetz

m = (2;f a3

ist, wo T die Umlaufzeit bedeutet, kann man (59, 30) auch auf
die Form
24 n 3 a2
15w=~==--,-----~
c2 T2 (I - 8 2)
bringen. Die Perihelverschiebung ist nur für den Planeten Merkur
praktisch merklich; die obige Formel gibt für einen Zeitraum
von 100 Jahren den Wert 15w = 42,9", was mit den Beobachtungen
gut übereinstimmt.
I Es ist h 2 = m a (1 - 8 2), WIe sIch leicht aus (59, 26) ergIbt. Vgl.
hierzu auch A. DUSCHEK, Vorlesungen uber höhere Mathematik III, S. 273·
27° IH. Anwendungen m Physik und Techmk

4. Die Ablenkung der Lichtstrahlen. Ein weiteres Ergebni:;


der Einsteinschen Theorie war, daß ein Lichtstrahl im Feld einer
materiellen Partikel eine Ablenkung erfährt; die Rechnung ergibt
für einen knapp an der Sonne vorbeigehenden Strahl eine Ab-
lenkung, die noch innerhalb der Beobachtungsmöglichkeiten liegt.
Für die Rechnung legen wir dieselben Annahmen zugrunde wie
bei der Berechnung der Planetenbahn; betrachten aber an Stelle
des materiellen Planeten ein Lichtteilchen, das sich längs einer
Nullgeodätischen bewegt. Es gelten also die Gleichungen (59, I8)
unverändert, während in (59, I9) rechts I durch 0 zu ersetzen ist,
a bedeutet jetzt selbstverständlich nicht mehr die Eigenzeit,
n
sondern irgendeinen geeignet gewählten Parameter. Für {} = -
2

r-r~
gilt wie oben (59,22), während (59,23) in

- r~ (:i y -+- ~~~2 = 0 (59, 3 1 )

I
übergeht. Setzt man hier wieder - = U, so gibt die Differentiation
r
nach q; schließlich

(59, 3 2 )

Vernachlässigt man hier zunächst wieder den kleinen Ausdruck


rechts, so wird
I
U = Jjcosq;

eine Lösung der Näherungsgleichung mit der Integrations-


I
konstanten R ; setzt man sie auf der rechten Seite von (59,32)
ein, so folgt als zweite Näherung

m ( . 2 )
Jj cos q; + + sm
I
1t = ~2R2 I q; .

Führt man hier wieder r an Stelle von u ein, so wird daraus

_
R - r cos q;
.
+ cmr
2 R
(
I + sm. 2
q;
)
§ 59. Spezielle Lösungen der Gravitabonsglelchungen 27I

oder in Cartesischen Koordinaten


m X 2 + 2y2
x=R-- . (59,33)
c2RVX2 + y2
Die Bildkurve dieser Gleichung ähnelt sehr stark einem Hyperbel-
ast mit dem Scheitel in (R, 0) und den Achsen y = 0 und x = R;
die Asymptoten bekommt man, wenn man y gegen x sehr groß
annimmt, als
2m
x= R±c2 R y,
so daß der Winkel zwischen den Asymptoten im Bogenmaß

IX = ~; beträgt. Die Rechnung ergibt (R ist der Sonnenradius)

IX = I,75",
was ebenfalls gut mit den nachträglich bei verschiedenen Gelegen-
heiten beobachteten Werten übereinstimmt.
5. Die sphärische Welt von De Sitter. Wir versuchen, unter
denselben Annahmen wie bei der Ermittlung der Schwarzschild-
schen Maßbestimmung die allgemeineren Gleichungen (58,32) zu
lösen. An Stelle von (59,06) treten jetzt die Gleichungen

I , ß' +-
-I ß" --IX I ß'2 - -IX'- -
_ 1 cx
I\e ,
2 4 4 r

e-"[I +: r (ß' - IX')] - I = - Är 2, (59,34)

eß - " ( --ß"+-IX'ß'--ß'2--
2
l I
4
I
4
=
r
ß') Äe ß.

Aus der ersten und dritten Gleichung folgt wieder IX' ß' = 0; +
wir können auch hier IX = - ß setzen, da eine additive Konstante
sich nur als Änderung der Zeiteinheit auswirken würde. Setzen
wir wieder eß = y, so wird die zweite Gleichung
y + r y' = I - Ä r2
mit dem Integral
2m Ä 2
y=I-----r. (59,35)
c2 r 3
272 III. Anwendungen m Physik und Techmk

Setzen wir hier m = 0, so verschwindet die materielle Partikel


im Ursprung und wir erhalten

3
wo noch a 2 = 1" (a > 0) gesetzt wurde. Diese Lösung von
(58,32) wurde von DE SITTER angegeben; sie gilt für einen voll-
ständig leeren Raum. Für r = a ergibt sich eine nicht übersteig-
bare Schranke der Welt, die man auch als Horizont bezeichnet.
Für eine ruhende (r, {J, g; konst.) Uhr ist

da = c V I - :: dt, (59,37)

d. h. aber nichts anderes, als daß für einen Beobachter im Ur-


sprung die Dauer eines Umlaufes des Uhrzeigers mit wachsendem r
zunimmt, bis schließlich am Horizont r = a der Uhrzeiger und
alles physikalische Geschehen zum Stillstand kommt. Da aber
wegen der Symmetrie von (59,36) jeder Punkt zum Ursprung
gemacht werden kann, kann es auch keinen Unterschied zwischen
den Ereignissen am Horizont und im Ursprung geben. Ein
Beobachter, der sich, vom Ursprung aus gesehen, am Horizont
befindet, hat seinen Horizont in der Entfernung r = a, wo für ihn
alles stillstehend erscheint. Für ein Lichtteilchen, das sich in der
'TC
Ebene g; = 0, {J = - vom Ursprung zum Horizont bewegt,
2
ist nach (59,36)

_ (I - ::) -1dr2 + (I _ ::) c2 dt2 0, =

also

dt = ± (1-:2
2)-1 d:;
das Lichtsignal braucht eine unendlich lange Zeit, um vom Ur-
sprung zum Horizont zu gelangen.
§ 59. Spezielle Lösungen der Gravitationsgleichungen 273

Die Gleichungen der Geodätischen (59, 18) und (59, 19) gelten
y2
unverändert, wenn jetzt y = I - 2 gesetzt wird. Wir nehmen
a
n
wieder die Anfangsbedingung {} = -, so daß (59, 19) und die
2
dritte Gleichung (59, 18) in (59, 20) und (59, 21) übergehen. Für
eine ruhende Partikel ist
dr dcp
-=-=0
da da
und daher nach (59, 20)

C2(~)2 =~,
da y
so daß die erste Gleichung (59, 18) in
d 2y I
da2 + zY' = 0

oder

übergeht. Eine zu Beginn ruhende, nicht im Ursprung y = 0


befindliche Partikel bleibt also nicht in Ruhe, sondern bewegt
sich vom Ursprung fort. Eine Gruppe von ursprünglich ruhenden
Partikeln wird auseinanderstreben, sofern ihre gegenseitige An-
ziehung nicht stark genug ist, um dieses Auseinanderstreben zu
kompensieren. Für den Durchmesser eines Sternsystems (Milch-
straße, Spiralnebel) wird es also eine obere Grenze geben, bei der
die Gravitationskräfte dem Auseinanderstreben gerade das Gleich-
gewicht halten. Alle bekannten Spiralnebel bewegen sich mit
wenigen Ausnahmen vom Sonnensystem weg, und zwar mit einer
mittleren Radialgeschwindigkeit, die in einer Entfernung von
3' 1019 km etwa 260 km' S-1 beträgt. Dafür gibt also die
De Sittersche Theorie eine gewisse Erklärung!.

1 Anderselts folgt aus (59, 37) eme Rotverschlebung der Spektrallmien


weit entfernter Objekte, dle durch das Langsamerwerden der Schwmgungen
entsteht, so daß die beobachteten Bewegungen der Splralnebel auch
bloß auf emer unrichtigen Interpretation beruhen könnten.
Duschek-Hochramer, Tensorrechnung IU, 2 Auf!. r8
274 111. Anwendungen 10 PhysIk und Technik

Zur De Sitterschen Welt kann man auch durch folgende


Überlegung kommen: Das Bogenelement auf einer Kugel vom
Radius a im euklidischen Raum E a ist

ds 2 = a 2 (d{}2 + sin 2 {} dcp2);


entsprechend ist das Bogenelement einer dreidimensionalen
Kugel K 3 in einem euklidischen E 4

ds 2 = a 2 [dX 2 + sin 2 X (d{}2 + sin 2 {}dcp2)], (59,39)


was sich leicht aus der Parameterdarstellung
Xl = a cos cp sin {} sin X, X2 = a sin cp sin {} sin X,
x 3 = a cos {} sin X, X 4 = acos X

der K 3 ergibt. Gehen wir noch einen Schritt weiter, so ergibt


sich das Bogenelement
ds 2 = a 2 {dw 2 + sin 2 w [dX 2 + sin 2 X (d{}2 + sin 2 {} dcp2)]} (59,40)
einer vierdimensionalen Kugel K 4 in einem euklidischen Es. Mit
(59,39) werden wir uns im nächsten Abschnitt noch kurz be-
schäftigen. Führt man in (59,40) an Stelle von w und X neue
Variable 'IjJ und t durch die Substitution
. t . jct
cos w = cos 'IjJ cos ~ , cot X = cot 'IjJ sm -
a a
ein, deren Umkehrung
. t
sin'IjJ = sin X sin w, tan ~ = cos X tan w (59,4 1 )
a

lautet, so folgt
da 2 = - ds 2 = - a 2 d'IjJ2 - a 2 sin 2 'IjJ (d{}2 + sin 2 {} dcp2) +
(59, 4 2 )
Setzt man hier noch a sin 'IjJ = r, so kommt man wieder zur
De Sitterschen Maßbestimmung (59,36). Die De Sittersche Welt,
die große Ähnlichkeiten mit einer vierdimensionalen Kugel hat,
bezeichnet man auch als sphärische W cU. Sie ist ein Einsteinscher
Raum (58, 10) mit der konstanten Krümmung a- 2 .
§ 59. Spezielle Lösungen der Gravitationsgleichungen 275

6. Die Einsteinsche W clt. Eine wesentlich andere Lösung der


Gravitationsgleichungen hat EINSTEIN angegeben. Wir gehen von
(59, 39) aus und versuchen den Ansatz
da 2 = - ds 2 + c2 dt 2
= - a 2 dX 2 - a 2 sin 2 X (di)2 + sin 2 D drp2) + c 2 dt 2. (59,43)
Setzen wir wie oben
a sin X = r,
so folgt

da2 = _ (I _::)-1 dr2 _ r2 (dD2 + sin2Ddrp2) + c2 dt 2.


Entsprechend der Herleitung aus (59,39) nennt man diese Ein-
steinsche Welt auch eine zylindrische Welt. In (59,02) ist jetzt

r
ß = 0 zu setzen, während

e~ = (I - :: 1 ;
ist wie bei der De Sitterschen Lösung, womit aber nicht gesagt
ist, daß die Konstante a in beiden Fällen denselben Wert hat.
Aus (59, 05) folgt jetzt
~ 2 2
Rn = - - = - -- = - ---=------oc
r a2 y a2 - r 2 '

R 22 = Y (I - a2r- r2) _ I =
2
_ 2
a
:2, j (59,45)
2 r2 • 2
R 33 = - -2- sm D,
a
R 44 = 0

und daher
6
R = g~ß R~ß = -2 .
a
Wegen R 44 = 0 kann die Einsteinsche Welt keine leere Welt
sein, denn aus (58,32) würde sonst g44 = 0 in Widerspruch zu
(59, 44) folgen; es muß T ~ß -=1= 0 sein und daher ist der Ansatz
(58,31) zu verwenden. Das gibt
,s·
III. Anwendungen m Physik und Techmk

(59,47)

Der Energieimpulstensor ist nach (57,25) wegen Lrxß = ° und


(57, 12)
_ 2 dxrx dXß .
T rxß - C eo da da'
nehmen wir an, daß dIe Geschwindigkeiten der Weltkörper klem
sind im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit, so können wir
T .. R:I 0, T. 4 R;j 0, T 44 = c2 eo
setzen (man beachte, daß jetzt x 4 = c t ist und nicht X4 = 1ct
wie in § 57), so daß die Gleichungen (59,47) mit
" I 2 _ 2
/. = a2 ' Y. C eo - a2

erfüllt sind. Wegen (58, 29) folgt noch


c
a=-==
2 Vnyoeo
für den "Radius" der Einsteinschen Welt. Für das, wegen g44 = I
von tunabhängige Gesamtvolumen der Welt finden wir

V = {lI V-

g dr dß dcp = 2 n {
• Vy
()
a

r~ dr

0
"

{sin ß dß = n 2 a3,

so daß die Gesamtmasse


c2 a n
M = n2a3eo =-~
4Yo
wird, was rund einer Trillion Sonnenmassen entspricht. Man ist
geneigt, anzunehmen, daß die Einsteinsche Welt der Grenzfall
§ 59. Spezielle Lösungen der GravitatlOnsglelchungen 277

einer Welt ist, die soviel Materie enthält, als überhaupt möglich
ist, während die De Sittersche Welt den Grenzfall einer völlig
leeren Welt darstellt.
Für die Lichtstrahlen, also für die Nullgeodätischen, ergeben
sich aus (59, 15) die Gleichungen (a ist wieder nicht die Eigenzeit)
d 2{} 2 dr d{}.
--+-----sm{)cos{} (drp)2
- =0
da 2 rdada da'
d 2rp 2 dr drp df} drp
-d 2
ara a
+
--d -d +2cotf}-d -d =
a a
0, (59,49)

wo wir die erste (Ä. = I) Gleichung weggelassen haben, und aus


g"ß x,,' xp' = 0

- (I - -r2
a2
)-1 (dr)2
da
- - r2 (df})2
-
da
- r2 sin 2 {} (d)2
~ + c2 (dt
da
-
da
)2 = 0;

(59,5 0 )
n
mit f} = - reduzieren sie sich auf
2
d 2rp 2 dr drp
-+---=0 (59, SI)
da 2

r r- ~: r r
rdada '
und

- (I - :: 1(~: r2 ( +c 2 ( :; = o. (59, 52)

Integration von (59, SI) ergibt


drp h
2
r-=-, ~=k
da c da
mit den Konstanten hund k, und die Elimination von t und a
aus diesen Gleichungen und (59,52) schließlich

Eine einfache Rechnung gibt die Lösung


I I c4 k 2
-;2 = a2 cos2 (rp - w) + V sin2 (rp - w)
27 8 III. Anwendungen in PhysIk und Techmk

I
mit der Integrationskonstanten w. ist somit eine mit n
r2
periodische Funktion von q;, die Lichtstrahlen sind geschlossene
Kurven. Aus (59, 53) folgt
dt _ ck 2
dq; - T r ,

so daß die Zeit T, die ein Lichtteilchen für einen vollen Umlauf
braucht,

T = a2 c k h f
o
"
h2 cos 2 (q; - w) +dq;a c
2 4 k 2 sin 2 (q; - w)
= a;;r
c

wird. Wir erwähnen noch, daß die Einsteinsche Welt weder ein
Einsteinscher Raum (58,10) noch ein Raum konstanter Krüm-
mung ist.
Anhang

Lösungen der Aufgaben


§ 39
1. Es ist
w· = (e, rp, i)
Aus Aufgabe 2 des § 33 entnehmen wir

g,. ~ (~
und daher folgt aus (39, r6)
W(l) = e, w(3)=i.
2. Es ist
W· = (r, rp, ß).
Aus (38, r7) entnehmen wir
gll = r,
und daher ist
W(l) = r, W(2) = rsin{}rp, W(3)=rß.
3. Es ist
r.
V3 x
1_ . _ .
W - u
1 - Xl - 2'

w2 U - -.:.... .
-
- 2 - V3X2'
w3 = u3 = x3 •
Nach (33, 24) ist

t
o
r
~)
und daher sind die physikalischen Koordinaten w(,) gleich den w'.
280 Losungen der Aufgaben zu § 39

4. Aus
e= konst.,
rp = 0) t,
z = k t2
folgt
10' = (0,0),2 k t).

Da von den Christoffelklammern zweiter Art, WIe das Beispiel


auf S. 8 zeigt, nur

nicht verschwinden, erhalten wir nach (39, 22)


a1 = °+ {:2} 10 2 10 2 = - e 0)2,

a2 = ° + {r: } 10 1 10 2 + {2~ }10 2 10 1 = 0,


a3 = 2 k.
Zur Berechnung nach (39, 26) bilden Wlf

-- ~
2 (a
2
1>22 10 10
2 +g 2
23 10 10
3 +g 32 10
3 w2 +u 1>33 10 3 1( 3 )

Es ist
oS oS _ 2 oS
a10 1 = 0, 010 2 - e ()), -'l =
010'
41! t.

Ferner ist

ci
dt
(OS) ci (OS)
OW 1 = dt 0102 = 0,
Losungen der Aufgaben zu § 4I 28I

und
as
--=0 ~- =
as 2k.
aU 2 ' aU3

Somit erhalten wir aus (39, 26)


a2 = 0, a3 = 4h - 2 k = 2 k.
Die kovarianten Koordinaten der Beschleunigung stimmen mit
den kontravarianten überein, da wir ein orthogonales Koordinaten-
system benutzt haben.

1. Nach (41, 07) ist

Der Massenpunkt im Abstand +a hat die Koordinaten


x, = (a, 0, 0).
Für seinen Anteil an der Summe (41,07) findet man
1
8n = In a 2 6n - a 2 = 0,

1
022 = In a 2 622 = In a 2,
1
()33 = In a 2 633 = In a2•
Alle Koordinaten (),j für i cF j verschwinden. Analog gilt für
2
den Anteil ()iJ des zweiten Massenpunktes mit den Koordinaten
X, = (- a, 0, 0),
2
()n = In a 2 6n - a 2 = 0,

2 2
()22 = ()33 = In a2
und daher
o
21n a2 o ) .
o 2 In a 2
282 Losung der Aufgabe zu § 43

2. a) Für das Trägheitsmoment um die I-Achse verwenden


wir den Einsvektor
el = (1,0,0)
daher ist
() = ()lJ e, e, = o.
b) Für das Trägheitsmoment um die 2-Achse benutzen wir den
Einsvektor
e, = (0,1,0).
Es ist
() = ()" e, e, = 2 m a2 .
c) Für das Trägheitsmoment um die 3-Achse benutzen wir den
Einsvektor
CI = (0,0,1)
und es folgt

§ 43
Man benutzt ebene Polarkoordinaten
q, = (r, cp).
Der Verschiebungsvektor ist dann durch
Ur=U'=(er,o) mit e=()(- 1

bestimmt. Von den Christoffelklammern sind nach Aufgabe 1


von § 35 nur die folgenden drei von Null verschieden:

J2 } 1
112 r' =

Die absoluten Ableitungen des Verschiebungsvektors ver-


schwinden mit Ausnahme von
Lösung der Aufgabe zu § 43

Daraus folgt
2 Yll= 28+ 8 2 = 0(.2 - r,
2Y22 = 28r 2 + 8 2 r 2 = (0(.2 - r) r2

und

Y,s = : (0(.2 ~r (0(.2 _0 r) r2


o 0

Man kann zu dem gleichen Ergebnis auch direkt von (43, 49)
kommen. Nach Aufgabe 2 von § 33 ist

g" ~ (~ ~
Bei der Deformation wird jede Strecke in der Ebene im Verhältnis
r gedehnt, daher muß gelten
0(. :

ds 2 = 0(.2 dr dr + 0(.2 r 2 drp drp + dz dz,


d. h. es ist

und nach (43, 49)


o
(0(.2 - r) r 2
o
Sachverzeichnis
Abkuhlungsformel (="ewtonsche) '3S DruckpotentJal 102
.\bsolutbeschleunigung '4 DynamIk 16
.\dditionstheorem der GeschWlll(lIg-
kelten 233 ~EIgenschwmgungen 47
.\msotrop 75 EIgenzeIt 235
.\rbelt 19 Em gepragte Feldstar kc 200
,\ vanClerte PotentIale z00 Spannung zoo
Emsternsche Welt 275
UahnlIme 89 I Ernstelllscher Ranm 25'
BernoullIsche GleIchung 102 , Emstemsches Gra vrtatIOnsgesetz 259
Beschleumgung 2 RelatrvrtatspnnZIp 2 I 8
Bewegtes System 232 Emstcmtensor 254
BIAXCHI, Identrtaten HlIl 25" ElastIsche Aufstellung 43
Schwmgungen 83
f'onohsbeschleumgung 1-1- Elastrsches Potentral 82
CoriolIskraft 17 ElastIzrtatskonstante 7ö
Couette-Strömung 9:) Elastrzrtatsmodul 76
Coulombsches Gesetz 151> Elastrzrtatstensor 7-1-
Elastrzrtatstheone 70
DeformatIOn 50, ho --, Fundamentalsatz der 73
-, rnfrmteslmale 61 ElektrIsche Feldstarke '45
-, rerne 58 Spannung '75
DeformatIOnsgeschwmdIgkert 9() Verscll1ebung '4()
DeformatIOnstensor S', 64 Elektromotonsche Kratt 200
Dehnung, lmeare SI, 61 EnergIe, kmetrsche 20
Dlelektnzltatskonstante '4S -, potentrelle 2 I
DIfferentialquotIent, kOl1\'ektn;er 89 Energlcdlch te '.5 2
-, lokaler 9 I Energle-Impulstensor 240
~-, su bstan heller S9 Erhaltungssatz der EnergIe 21
DIlatatIOn, gleIchmaßIge 57 - \Vlrbel 103, 106
-, kubIsche 54 Erregung, magnetrsche '59
-, scheibenfbrmIge 57 Erregungstensor 244
DIssIpatIOnsfunktIOn '44 Eulersche DIfferentIalgleIchungen
Doppelfeld 106 (KreIsel) 43
Drall 19 GleIchung (Hydrodvnamlk) S9,
Drehachse 40 100
Drehmoment '9 Extremale 2h2
-, resultrerendcs 27
Drehung 104 Federmoment 44
Drehvektor 9 -, quadratrsches 45
Drehwmkel 44 Feldfaktor 106
Druck 78, 86 Feldtensor 242
Druckfeld 87 Fernwlrkungstheone 152
Sachverzelchms

Fernzone 2I1 Impulsmom'ent 18, 27


FIgurenachse 40 - des starren Korpers 33
Flachengeschwmdlgkelt 9, 27 Induktion, magnetische 159
Flachensatz 26 InduktIonsgesetz 181
FlusslgkeIt 85 InduktIonskoeffizIent 126
mkompresslble 86 Inertialsystem 17, 27
kompressible 86 InfImteslmale Verzerrung 61
reibungslose 100 Influenz 146
ruhende 87 Influenzkonstante 148
Fortpflanzungsgeschwmdlgkelt 84 Inkoharente Matene 240
Fuhrungsbeschleunigung 14 Inkompressible Flüssigkeit 86
Fuhrungsgeschwmdlgkeit 13 Isolator 146
Isotrop 75
Gahleisches RelatIvItatspnnZip 218 Isotrope Gerade (Vektoren) 223
Galileitransformation 218
Gegeninduktivität 133 Joulesche Arbeit 190
Gesamtenergie 21
GesamtImpuls 24 KapazItat 121, 132, 148
Gesamtmasse 25 Keplersches Gesetz, zweites 22
GesamtsteIfIgkeIt 44 KmematIk 2, 88
Geschichtete Felder 108 - m krummhmgen Koordmaten 4
GeschwmdigkeIt 2 Kmetische Energie 20
-, absolute 13 Klrchhoffsche Regeln 173
-, relative 13 KompatJblhtatsbedmgungen 64
Geschwindigkeitsfeld 95 KompressIble FlusslgkeIt 86
GeschwmdlgkeItspotentlal 103 KompressIOnsmodul 78
Gesetz von Wirkung und Gegen- KompressIOnswellen 84
wirkung 23 Konservative Krafte 21
Gleichzeitigkeit 232 KontmUltatsgleIchung 92, 103
GravitatIOnsgesetz 21 Konvektion 137, 141
-, Emsteinsches 259 KonvektIOnsstrom 188
Greensche Formel, dntte 115 Konvektiver DIfferentialquotient 89
Grenzschichttheorie 101 Kraft 15
Grundgesetz (Newtonsches) der außere 23, 27
Mechamk 16 mnere 23
konservative 21
HauptdeformatlOnsnchtungen 56 relatiVistische 237
Hauptspannungsnchtungen 76 Krafteparallelogramm 17
Hertzscher Dipol 2 I 0 Kraftfeld 20
- Vektor 208 Kreisel 40
Homogene Verschiebung 58 Krummung, Rlemannsche 252
Hookesches Gesetz 74 Krummungsmvanante 250
HOrIzont 272 Kubische DilatatIon 54
Hydrostatischer Druck 87
I,adung 126, 148
Impuls 18 Ladungsdichte 126
-, relativistischer 237 Lagrangesche Gleichung 88
286 Sachverzelchm~

Lamesche Konstante 76 Physlkahsche Koordmaten 4


Lamescher Elastizitätsmodul 77 Plattenkondensator 108
Leistung 20 POlssonsche Konstante 77
Leiter 146 Polarisation 134
Leitfahigkelt 175 PotentIal, elastIsches 82
Lmeare Dehnung 51, 61 PotentIalstrbmung 93, 10 3
Lokaler DifferentIalquotIent 91 PotentIelle Energie 21
Longltudmalwelle 85 Poyntingscher Vektor 191
LorentzkontraktlOn 233 PrazesslOn 41
LorentzkonventIon 202 Pseudocukhdlsche Geometne 223
LorentztransformatIon 219, 232
QuaslstatlOnar 196
MagnetIsche Erregung 159 QuerkontraktIon 77
Feldstarke 136
InduktIon 159 RaumartIg 226
Influenz 161 Raum-Zelt-Welt 219
Spannung 167 Rf'ibungslose Flussigkelt 100
Suszeptiblhtat 161 RelatIvbeschleumgung 14
Magnetisierung 161 RelatIvbewegungen 13
Masse 15 RelatIvistIsche Kraft 237
-, stetIg verteIlte 36 RelatIvltätsprmzip, Emstemsches
Massenkraft 7 I 218
Massenmittelpunkt 25 Relaxa tlOnszert 181
Maßhyperbel 224 ResultIerende emer Kraft 18
Maxwellsche Gleichungen 189 Resultierendes Drehmoment 27
Maxwellscher Spannungstensor 159 Retardiertes PotentIal 205
Moment der Geschwmdlgkelt 18 Rezlprozltatsgesetz der Elektro-
- Kraft 19 statik 149
-, statIsches 25 RlccltensOT 250
Riemannsche Krummung 252
Nahwirkungstheone 152 Rontgenstrom 188
Nahzone 211 RotatIonskorper 37
Navier-Stokessche Gleichung 96, 99 Ruhmasse 237
Newtonsche Abkuhlungsformel 138 Ruhsystem 232
N ewtonsches Grundgesetz 12
Nichtleiter 146 Samt Venantsche Gleichung 64
Normalspannung 70 Schelbenformlge DilatatIOn 57
Nullextremale 264 Schiebung 54, 79
~ullgeodatIsche 256, 266 Schubbeanspruchung 78
Schubmodul 79
Ohmsches Gesetz 175 Schubspannung 70, 79
SCHUR, Satz von 254
1'arallelogramm der Geschwindig- Schwarzschlldsche Metnk 262
keiten J 3 Schwerpunkt 25
Penhel 268 Schwerpunktsatz 26
Permanentmagnet 162 Sechservektor 228
Permeablhtat 160 SelhstmduktlOnskoefflzlent 17'
Sachverzeichms

Signatur emer quadratischen Form Verschiebungskonstante 148


257 Verschiebungsstrom 178
De Sittersche Welt 274 Verschiebungstensor 50
Spannung 70, 197 Verschiebungsvektor 49
emgeprägte 200 Verzerrung 50
-, elektrische 197 -, infmitesimale 61
-, magnetische 167 Verzerrungstensor 51
Spannungstensor 70, 74 Vlerervektor 226
-, Maxwellscher 159 VolumsdllatatlOn 54
SpezIfische Wärme 139 Volumskraft 71
Spharische Welt 274
Starrer Korper 30 Wärmefeld 137
Stationäre Strömung 92 -, nichtstatlOnäres 139
Stabsches Moment 25 WärmeleitfähigkeIt 137
SteifIgkeitstensor 43 Warmeleitung 137
Stemerscher Satz 34 WärmelCltungsgleichung 139
Stromlmien 89 Warmestrom 137
Stromung 90 Wärmelibergangszahl 138
Substantieller DIfferentialquotient WärmewIderstand 138
9° Welle, longitudmale 85
Summenstrom 178 Wellengleichung 84, 207
SuszeptibIlItät 161 Welthme 223
Widerstand 124, 146
Tangentialbeschleumgung 3 Winkelbeschleunigung 12
Tangenbalspannung 70 Wmkeigeschwmdigkeit 9, 3 I
Telegraphengleichung 207 Wrrbelfaden 133
Temperaturfeld 138 Wrrbelhnien 104
Temperaturgradient 137 Wirbelströmung 93
Tetraeder 71 Wirbelung 104
Tragheitsgesetz 17 Wirkung und GegenwIrkung, Satz
Trägheitsmoment 35 von 23
Trägheitstensor 32
Transversalschwmgung 85 Zähigkeit 98
Zeitartig 226
Verschiebung, elektrische 146 Zentripetalbeschleumgllng 3
-, homogene 58 Zylindrische Welt 275

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