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der Mobilfunkpolitik –
für Fortschritte
im Strahlenschutz
KRITISCH E BI LANZ NACH EI N EM
V I E R T E L JA H R H U N D E R T D E S M O B I L F U N K S
HEFT 10
Wirkungen des Mobil-
und Kommunikationsfunks
Eine Schriftenreihe der Kompetenzinitiative
zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e. V.
Herausgeber:
Prof. Dr. rer. nat. Klaus Buchner, Bernd Irmfrid Budzinski,
Dr. med. Horst Eger, Dr. med. Markus Kern, Dr. phil. Peter Ludwig,
Prof. Dr. phil. Karl Richter, Dr. rer. nat. Ulrich Warnke
Redaktion:
Prof. Karl Richter und Dr. Peter Ludwig
Gegen Irrwege
der Mobilfunkpolitik –
für Fortschritte
im Strahlenschutz
KRITISCH E BI LANZ NACH EI N EM
V I E R T E L JA H R H U N D E R T D E S M O B I L F U N K S
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
INHALT
Vorwort
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
Vorwort
Die Beiträge der hier vor- Aber müssen wir das? In ihrer den Erhalt von Kontrolle und
gelegten Schrift beobachten Neujahrsansprache vom 31. De- Steuerung des eigenen Lebens-
aktuelle Tendenzen einer aktio- zember 2016 hat Bundeskanz- umfelds.“ *
nistischen Mobilfunkpolitik, mit lerin Dr. Angela Merkel versi-
der der Schutz von Mensch und chert, unsere parlamentarische Die Verfasser dieser Schrift
Umwelt nicht Schritt gehalten Demokratie sei „stark“: „Sie er- teilen diese Einschätzungen.
hat. Strahlenschutzkommission möglicht Mitwirkung und Mit- Sie bekennen sich zum gewalt-
und Bundesregierung nehmen sprache. Sie akzeptiert, nein, sie freien Widerspruch und wollen
den Stand der internationa- fordert Widerspruch und Kritik. nicht, dass Gruppen von Men-
len Risikoforschung nur höchst Kritik, die friedlich und im Re- schen aus der Gesellschaft aus-
selektiv zur Kenntnis. Weit über- spekt vor dem einzelnen Men- gegrenzt werden. Sie beobachten
höhte Grenzwerte mit zwei- schen daherkommt, die Lösun- vielfältige Spannungsverhält-
felhafter Vorgeschichte werden gen und Kompromisse sucht nisse von ‚digitaler Revolution‘
festgehalten, weil man sich und nicht ganze Gruppen aus- und Menschenwürde, Mobil-
dann kaum Gedanken machen grenzt.“ Und in bemerkenswer- funkpolitik und Menschenrecht.
muss, was Menschen, die von ten Äußerungen anlässlich Aber sie halten die erreich-
den Wirkungen dieser Politik einer Tagung Rechts- und Wer- te Diskrepanz von Idee und
betroffen sind, möglicherweise teordnung in der digitalen Welt Wirklichkeit des demokratischen
angetan wird. Und Bürger, die (3. Juli 2017) sieht Justizminister Rechtsstaats auch für so groß
aus dem Kontakt zur internati- Heiko Maas die Gesellschaft auf- und so schmerzlich, dass sie den
onalen Forschungslage anders gerufen, die „Menschenwürde“ Mut zu demokratischem Wi–
informiert sind, sollen sich of- als „oberste Maxime unseres derstand als wichtige Bürgertu-
fenbar damit abfinden, dass so Zusammenlebens“ gegen Ge- gend werten, die wir zum Schutz
eben auch Demokratie heute fährdungen im Zuge der Digita– der Demokratie wie unserer Le-
funktioniert. lisierung zu verteidigen. Gerade benswelt dringend brauchen.
im häuslichen Umfeld müsse Und sie sehen eine zu große
jeder „den Grad und Zeitpunkt Nähe von Staat und Industrie
der Digitalisierung selbst be– für die beobachteten Defizite an
stimmen können“, und gebe es Aufklärung und Verbraucher-
ein Recht auf „den Respekt von schutz mit verantwortlich.
Privatsphäre und Freiheit durch
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
Der erste der folgenden Bei- Ein an die politisch Verant- Die Kompetenzinitiative zum
träge dieser Schrift bietet eine wortlichen gerichteter Appell Schutz von Mensch, Umwelt
allgemeiner gehaltene Kritik Gesundheit – ein Menschen- und Demokratie e. V., die diese
von Grundlagen und exempla– recht beschließt die Schrift. Schrift herausgibt, dankt den
rischen Folgen aktueller Mobil- zahlreichen mitunterzeichnen-
funkpolitik. Der zweite fragt am Adressaten der Schrift sind den Organisationen des Ge-
konkreten Beispiel des jüngsten die Instanzen der politischen sundheits- und Umweltschut-
Mobilfunkberichts der Bundes– Legislative und Exekutive, zes, die das Projekt zu einer
regierung an den Bundestag, ob die wir für die Standards des solidarischen Gemeinschafts-
solche Instrumente dem Ver- Gesundheits- und Umwelt- aktion gemacht haben.
fassungsauftrag gerecht wer- schutzes in besonderer Weise
Karl Richter
den, Politik und Öffentlichkeit zuständig und verantwortlich im Namen der
angemessen über mögliche Ri- sehen. Angesprochen werden Kompetenzinitiative e. V.
September 2017
siken der technologischen Ent– sollen aber auch all jene Kräfte,
wicklung aufzuklären. denen die Verfassung des
demokratischen Rechtsstaats
im Sinne der Gewaltenteilung
Korrektivfunktionen gegenüber
der politischen Exekutive zu-
schreibt – Medien und Justiz
vor allem. An die Repräsentan-
ten aller demokratischen Partei-
en wenden wir uns mit der Bitte,
die Überprüfung der geschilder-
ten Missstände mit in ihr Pro-
gramm aufzunehmen.
* Zur Rede von Heiko Maas und anschließenden Äußerungen im Gespräch s. die Pressemitteilung
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/07032017_digitales_Leben.html ;
den Text der Rede unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Reden/DE/2017/07032017_digitales_Leben.html;jsessionid=
DD7F73E43922911C8E13D3651360EBAE.1_cid289?nn=6705022
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
Gegen Irrwege
der Mobilfunkpolitik –
für Fortschritte im Strahlenschutz
Scheinwissenschaftlich legitimiertes staatliches Handeln und seine sozialen Folgen
Prof. Dr. phil. Karl Richter, Prof. Dr. med. Franz Adlkofer,
Prof. Dr. rer. nat. Mario Babilon, Prof. Dr. rer. nat. Klaus Buchner,
Prof. Dr. med. Karl Hecht, Prof. Dr. theol. Werner Thiede,
Dr. rer. nat. Ulrich Warnke
Die Verfasser danken Frank Berner, Barbara Dohmen, Dipl. Ing. Joachim Gertenbach, Peter Hensinger M.A.,
Dr. med. Markus Kern, Dr. med. Monika Krout, Dr. med. dent. Claus Scheingraber und Dr. med. Ortwin Zais für Hinweise
und hilfreiche Zusammenarbeit.
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
I
Sorgloser Aktionismus
statt Vorsorge und
Gefahrenabwehr
Es zeigt sich auch in der Die Forschungsberichte der BioInitiative Working Group, die Po-
Verteidigung von Grenz- und sition 46 des BUND, der Internationale Ärzte-Appell 2012 und der
Richtwerten, die auf überholten Internationale Wissenschaftler-Appell 2015 sehen übereinstimmend
wissenschaftlich-medizinischen mit den Technologien des Mobil- und Kommunikationsfunks ein
Annahmen beruhen, statt mit hohes Risikopotenzial verbunden. Auch die Resolution Nr. 1815 des
dem aktuellen Stand der Erkennt– Europarates (2011) und die Europäische Umweltagentur im zweiten
nis überfällige Maßnahmen der Teil ihrer Schrift Späte Lehren aus frühen Warnungen beurteilen das
Vorsorge und Gefahrenabwehr so. Und all diese Positionsbestimmungen gelangen zu der Folgerung,
zu verlangen. dass die fortschreitende Überfrachtung unserer Lebenswelt mit einer
Die Schwächen und Versäum- wachsenden Dichte und Vielfalt elektromagnetischer Felder nicht zu-
nisse im Gesundheits- und Um- kunftsfähig ist.
welt schutz gehen dabei Hand in Der von angesehenen Wissenschaftlern aus 42 Ländern unterzeich-
Hand mit beobachtbaren Defi- nete Internationale Wissenschaftler-Appell 2015 fasst die wichtig-
ziten der Verwirklichung des sten der bekannten Risiken zusammen:
demokratischen Rechtsstaats. Die Wirkungen umfassen ein erhöhtes Krebsrisiko, zellulären
Diese äußern sich in den Stress, einen Anstieg gesundheitsschädlicher freier Radikale, ge-
Einschränkungen notwendiger netische Schäden, Änderungen von Strukturen und Funktionen im
Kontrollfunktionen, die neue Reproduktionssystem, Defizite beim Lernen und Erinnern, neurolo-
technologische Entwicklungen gische Störungen und negative Auswirkungen auf das Allgemeinbe-
begleiten müssen, wenn sie nicht finden der Menschen. Wie die sich mehrenden Belege für schädliche
zu einer möglichen Gefahr für Auswirkungen auch auf die Pflanzen- und Tierwelt zeigen, reicht die
Gesundheit und Umwelt werden Bedrohung weit über die Menschheit hinaus.¹
sollen. Und sie zeigen sich vor
allem auch daran, dass gesetz- Der Appell sieht die internationale Politik wie diejenige der einzel-
liche Schutzzusagen für eine nen Länder bei dem Stand internationaler Erkenntnis aufgefordert,
wachsende Zahl von Menschen überfällige Maßnahmen wirksamer Vorsorge einzuleiten, die vom
brüchig geworden sind. Schutz für Kinder und Schwangere bis hin zur Einrichtung ‚weißer
Zonen‘ (strahlungsfreier Gebiete) für besonders elektrosensible Men-
schen reichen. Auch die einsetzende Erforschung der Langzeit–
wirkungen bietet mit ihren Erkenntnissen allen Anlass, die bisherigen
Einstellungen des Gesundheits- und Umweltschutzes zu überprüfen. ²
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
In einer Würdigung der im Doch die für die deutsche Mobilfunkpolitik Verantwortlichen
Sommer 2016 veröffentlicht- scheinen von all diesen Erkenntnissen noch weitgehend unberührt.
en US Regierungsstudie des Man beobachtet im Gegenteil einen sorglosen Aktionismus, der
National Toxicology Program verfährt, als gebe es weder Risiken noch besonders schutzbedürf-
(NTP-Studie), die das kanze- tige Gruppen der Gesellschaft. Um nur besonders markante aktuelle
rogene Potenzial elektromag- Beispiele einer solchen Politik aufzuführen:
netischer Strahlung mit neuer
Deutlichkeit bestätigt, folgert • Der sog. ‚Digital-Pakt‘ will - mit großem Beifall der Industrie - die
Ulrich Warnke: deutsche Bildungslandschaft flächendeckend digitalisieren, wobei
Wer als Verantwortlicher im WLAN nun offensichtlich auch in 40.000 Schulen gedrängt werden
Gesundheitswesen die aktuellen soll.
Studienergebnisse und die sich • Alle Bürger, ob Hauseigentümer oder Mieter, können oder sollen mit
daraus ergebenden potenziellen der Digitalpolitik offenbar auch gezwungen werden, sich mit Funk-
gesundheitsgefährdenden Kon- Zählern zu arrangieren – anders z. B. als in Österreich und Italien.
sequenzen kennt und dennoch • Die WLANisierung des öffentlichen Raums scheint dem Ziel zu fol-
die vollumfängliche Vorsorge hi- gen, Deutschland in einen einzigen Hotspot zu verwandeln, setzt
nauszögert, nimmt bewusst Ge- sich dabei aber nicht nur über jede Diskussion der WLAN-Risiken
sundheitsschädigungen der Be– hinweg, sondern schließt elektrohypersensible Menschen weitest-
völkerung in Kauf. ³ gehend von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aus.
Was der Forscher damit in Be- • Getreu dem bisherigen Stil der Mobilfunkpolitik soll auch die 5.
zug auf eine besonders wichtige Generation der Mobilfunktechnologien der Bevölkerung ohne vor-
Studie folgert, gilt mit Bezug herige Abklärung der Risiken zugemutet werden – ein neuerli-
auf die ganze Bandbreite vorlie- ches Experiment an der Gesamtheit der Bevölkerung, die angeblich
gender Erkenntnisse erst recht. schonender, aber in einem ganz wörtlichen Sinn auch umfassend-
Längst erscheinen dabei ‚Vor- er betroffen sein wird.
sorge‘ und ‚Gefahrenabwehr‘
nur fließend gegeneinander ab- Franz Adlkofer macht in einem Kommentar zu einem Kon-
grenzbar. ferenz-Bericht von Dariusz Leszczynski in Bezug auf diese jüngste
5G-Entwicklung deutlich:
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
II
Grenzwerte als Instrument
der Täuschung
Die politisch Verantwort- Industrie wie Politik haben das ganz offensichtlich als Aufforderung
lichen berufen sich auf die Er- gewertet, so schnell wie möglich den Funktechnologien weitere
kenntnisse und Bewertungen vor Räume unserer Lebenswelt zu erobern und einer sich verschärfenden
allem der von ihnen eingesetzten Risikodiskussion mit vollendeten Tatsachen zuvorzukommen.
Strahlenschutzkommission. Aber Die dubiose Vorgeschichte der Werte scheint die Verantwortlichen
sie sind sich dabei vielleicht nicht dabei so wenig zu interessieren wie die Tatsache, dass sowohl die
einmal bewusst, in welchem absolute Höhe der Werte wie die Parameter ihrer Festlegung bei dem
Umfang gerade dieses Gremium aktuellen Stand biowissenschaftlicher Erkenntnis einzigartige Ana-
beigetragen hat, den Stand chronismen darstellen:
internationaler Risikoerkenntnis
• Die Grenzwerte beurteilen die Wirkungen der Strahlung auf den
bis zur Unkenntlichkeit zu ver-
menschlichen Organismus überwiegend nach physikalischen Ge-
kürzen und Grenzwerte bzw.
setzen der Energieabsorption, die keinen grundlegenden Unter-
Richtwerte zu rechtfertigen, die
schied zwischen lebender und toter Materie machen. Die bekannten
dem verfügbaren Stand biophy-
vielfältigen biologischen Wirkungen bleiben dabei außer Acht.
sikalischer und biowissenschaft-
• Die These, dass nur thermische Wirkungen der elektromagnetischen
lich-medizinischer Kenntnis in
Felder zu schädigen vermögen, nur sie also auch bei der Grenz–
keiner Weise Rechnung tragen.5
wertfestlegung zu berücksichtigen sind, weil unterhalb dieser ther-
Die geltenden und von der
mischen Grenze gar keine gesundheitsrelevanten Wirkungen auf-
Strahlenschutzkommission ver-
träten, ist bei dem aktuellen Stand der Forschung nicht zu halten.
teidigten Grenz- und Richtwerte
• Zu den gravierenden Schwächen der Grenz- und Richtwerte für
sind zu einer der wirksamsten
Hochfrequenz-Techniken gehört weiter die Tatsache, dass sie den
Barrieren geworden, die ein-
Zeitfaktor nicht berücksichtigen und bereits vorliegende Erkennt-
en zeitgemäßen Strahlenschutz
nisse von Langzeitwirkungen ignorieren.
verhindern. Entsprechend fa-
• Für die biologische Wirkung bedeutsame Aspekte wie z. B. die
tal hat es sich ausgewirkt, dass
Modulation der Strahlung werden bislang nicht berücksichtigt.
sie – gegen alle Widerstände
und kritischen Stellungnahmen Selbst die immer wieder zu Recht geforderte drastische Senkung
– mit der Novellierung der 26. der Grenzwerte bleibt unzureichend, wenn nicht zugleich damit die
BImSchV für genehmigungs– überholten Parameter der Begründung aufgegeben und die Grenz-
pflichtige Anlagen bestätigt und und Richtwerte im aktuellen Stand wissenschaftlich-medizinischer
fortgeschrieben worden sind. Erkenntnis fundiert werden. Der wissenschaftliche ,Nachweis‘ eines
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
III
Der Umgang
mit elektrohypersensiblen Menschen
und dem Grundgesetz
Wenn der Staat keinen An- denen auch gehört, dass häufig Unantastbarkeit der Menschen-
lass sieht, seine Schutzpflicht mehrere Umweltnoxen zusam- würde gemäß Artikel 1 GG, das
gemäß Artikel 2.2 GG zu erfül- menwirken. Zwar gibt es in die- wohl zentralste und umfassend-
len, oder wenn er den an sich sem Punkt noch immer erhebli- ste aller Menschenrechte, ge-
geschützten Raum der eigenen chen Forschungsbedarf; längst blieben? Haben sich die politisch
vier Wände nicht vor Strah- liegen aber auch sehr deutliche Verantwortlichen je gefragt, was
lungsintensitäten bewahrt, die Erkenntnisse dazu vor.8 es für die Entwicklung einer Ge-
nach dem Stand der Erkennt- Die Leitlinie 2016 macht zu– sellschaft längerfristig bedeutet,
nis gesundheitsschädigend sein gleich deutlich, wie absurd und wenn immer mehr Bürger durch
können, beispielsweise nach der inhuman es bei dem Stand der Staat und Industrie zu einem
Einstufung der WHO Krebs ver- Erkenntnis wie im internatio- menschenunwürdigen Leben in
ursachen könnten, so tangiert nalen Vergleich erscheint, wenn Kellern oder zur verzweifelten
das die Grundrechte jedes Bür- der deutsche Staat diese Gruppe Suche nach letzten Funklöchern
gers. Besonders hart von diesen seiner Bürger pauschal zu ein- gezwungen und von der Teil-
Einstellungen der Mobilfunkpo- er Ansammlung von Hypochon- habe am gesellschaftlichen Le-
litik betroffen ist aber die wach- dern und eingebildeten Kranken ben weitgehend ausgeschlossen
sende Minderheit elektrohyper- erklärt. Strahlenbedingt Kran- werden?
sensibler Menschen. ke soll es offenbar nicht geb-
Mit Recht widmet ihnen die en, weil sie rücksichtsvollere Nach den beobachtbaren Ein-
neue medizinische Leitlinie Einstellungen der Technikpoli- stellungen des Umgangs mit
2016 zur Prävention, Diagnos- tik fordern würden.9 Und ‚weiße elektrohypersensiblen Men-
tik und Therapie EMF-bedingter Kreise‘ mit geringer Strahlen- schen erscheint die betrie-
Beschwerden und Krankheit- belastung widersprechen dem bene Mobilfunkpolitik als ein
en der Europäischen Akademie entgegengesetzten Programm unzureichend informiertes Pro-
für Umweltmedizin e. V. (EURO- von Staat und Industrie, noch gramm staatlicher Technik- und
PAEM) besondere Aufmerksam- bestehende letzte Funklöcher Wirtschaftspolitik, das den Ro-
keit.7 Das Kapitel dazu referiert möglichst rasch zu schließen.10 busten zur gewünschten Norm
den Stand vorliegender Erkennt- Wo ist in solchen Vorgängen erhebt, sensibleren Menschen
nis. Es räumt besondere Schwie– der gesetzliche Schutz von Min- aber mehr oder minder diskret
rigkeiten der Diagnostik ein, zu derheiten, wo die vielberufene mitteilt, dass sie weder er-
wünscht sind noch gebraucht
werden.
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
IV
Fortschritt ohne Zukunft
Geradezu zynisch aber ver fährt Die Schutzpflicht des Staates gemäß Artikel 2.2 GG und der Vor-
diese Politik, wo elektrohy- sorgeanspruch mit Art. 191 AEUV (aus Artikel 174 des EG-Vertrags)
persensiblen Menschen, die werden in Artikel 20a GG um die Zukunftsverantwortung des Staates
ihre Kellerräume zu einem ergänzt: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künfti-
letzten Ort der Zuflucht ge- gen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im
macht haben, nun in der Etage Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung.“14
dieser innerstaatlichen Emi- Vorliegende Schriften zeigen am Beispiel der Tiere und Pflanzen,
gration Funkzähler zur Über- wie Hinweise auf Schädigungen übergangen und unterdrückt werden
tragung von Messdaten zum und die Entsorgung der Risiken sogar mit der Behauptung perfektion-
Strom- und Wasserverbrauch iert wird, dass es weiterer Forschung in dieser Frage nicht bedarf.15
aufgezwungen werden sollen.12 Doch auch der Generation der Kinder und Jugendlichen, deren be-
Der australische Journalist Don sondere Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft wohl kaum
Maisch beobachtet im Wir- in Frage steht, ergeht es nicht so grundsätzlich anders. Staat und
kungsbereich der Mobilfunk- Industrie geben sich überzeugt, mit dem kürzlich geschlossenen
politik Tendenzen eines öko- ‚Digital-Pakt‘ der Zukunft zu dienen, wenn sie die Digitalisierung
nomischen Machiavellismus, der zum vornehmsten Bildungsziel erheben und im Dienste dieses neuen
sich kommerziellen Interessen Bildungsideals WLAN in die Schulen tragen. Vertreter verschieden-
zuliebe von Geboten der Moral er wissenschaftlicher Disziplinen sehen dagegen Kinder und Zukunft
und Menschlichkeit freispricht gleich von drei Seiten aus gefährdet: durch überholte Pädagogikvor-
und eine schleichende Entrech- stellungen; durch Beeinträchtigung der Entwicklung wichtiger
tung von Bürgern billigend in Gehirn-Areale („digitale Demenz“); durch mögliche Gesundheitsfol-
Kauf nimmt. Deutlicher als im gen aufgrund der WLAN-Strahlung, um die es uns hier vor allem zu
Umgang mit elektrohypersensi- tun ist.16 Denn diese Strahlung überlagert mit ihrer Art und Inten-
blen Menschen kann dieser Poli- sität das natürlich vorgegebene Strahlenspektrum, das die Evolution
tikstil kaum in Erscheinung tre- lebender Systeme begleitet und prägt, in einer höchst unnatürlichen
ten.13 Weise – im Widerspruch zum Schutz der „natürlichen Lebensgrund-
lagen“, wie ihn Art. 20a GG vom Staat verlangt.
Der Schweizer Bundesrat hatte bereits 2015 festgestellt, die Beein-
flussung der Hirnströme durch elektromagnetische Felder sei „aus-
reichend wissenschaftlich erwiesen“.17
14
FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
Mit besonderem Bezug auf Das alles sind nur einige der vorliegenden Hinweise, die auf ein aus-
WLAN stellt eine Review von geprägtes Risikopotenzial von WLAN schließen lassen. Aber sie soll-
Naziroglu/Akman (2014) Effects ten ausreichen, die – möglichst sogar flächendeckende - Ausstattung
of Cellular Phone- and Wi-Fi- von Klassenzimmern mit WLAN durch die deutsche Bundesregierung
Induced Electromagnetic Radi- als unverantwortliches gesundheitspolitisches Abenteuer erscheinen
ation on Oxidative Stress and zu lassen.
Molecular Pathways in Brain Eine solche Einschätzung wird auch durch Informationen unter-
im angesehenen Springer-Ref- strichen, die der Arztreport der Barmer Ersatzkasse soeben pub-
erence-Book Systems Biology lik gemacht hat: In der Grundschule leidet jedes zweite Kind unter
of Free Radicals and Antioxi- Kopfschmerzen, und 40% der 9- bis 19-Jährigen nehmen Tabletten
dants fest, dass selbst schwache ein, was einem Anstieg um 42% in den letzten zehn Jahren entspricht. 21
WLAN-Strahlung gesundheits- Nach Beobachtungen vieler Ärzte ist der ausufernde Umgang mit
schädliche Effekte auslösen Handys und Smartphones eine der wesentlichsten Ursachen dieser
kann.18 Eine Studie in den Scien- Entwicklung. Eine zukunftsbewusste Gesundheitspolitik hätte jeden-
tific Reports, herausgegeben von falls die Aufgabe, den Ursachen der beunruhigenden Statistik weiter
der Nature-Gruppe, zeigt, dass nachzugehen – statt die Generation heutiger Schüler einem neuen
auch ‚niedrige‘ Strahlenbelastung möglichen Stressfaktor auszusetzen, dem sie sich nicht entziehen
schon nach wenigen Minuten können.
der Einwirkung zu irregulären Doch sofern sich die zuständige Bildungsministerin überhaupt mit
Reaktionen an der Zellmem- Fragen auch der Gesundheit konfrontiert sah, vertraute sie offenbar
bran führen kann, deren Ursa- der verharmlosenden Risikoabklärung, wie sie in Deutschland seit Ein-
che die Polarisation der Strah- führung der Funk-Technologien üblich ist. Aus dem Deutschen Mo-
lung ist.19 Wie leichtfertig der bilfunk Forschungsprogramm hatte man das heikle Thema ‚Kinder‘
Staat Gesundheit und Umwelt zunächst ausgespart. Und als es verzögert doch noch von bekannt
hohen Risiken aussetzt, haben ‚verlässlicher‘ Seite in Angriff genommen wird, führt dies zu einer –
Franz Adlkofer und Lebrecht von beinahe vorhersehbaren – Dementierung besonderer Risiken für
Klitzing in ihrem jüngst er- Kinder. Und zugleich mit der Versicherung, dass hinsichtlich mögli-
schienenen Beitrag Das WLAN- cher Strahlungsrisiken kein Unterschied zwischen Kindern und
Experiment. Ein globaler Feld- Erwachsenen gemacht werden muss, finden auch die geltenden
versuch auf Kosten von Mensch Grenzwerte eine nachdrückliche Bestätigung.22
und Natur gezeigt.20
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
Doch angesichts zahlreich vorliegender Studien, die eine Wer aber haftet für die mögli-
besondere Empfindlichkeit des kindlichen Organismus gegen- chen Folgen? Die bereits zitier-
über elektromagnetischer Strahlung bestätigen, scheint nicht nur ten Analysen zum deutschen
die These unverantwortlich, dass Kinder und Erwachsene keine Strahlenschutz (s. Anm. 5) zei-
unterschiedlichen Einstellungen des Schutzniveaus brauchen. gen an exemplarischen Fällen
Unverantwortlich scheinen uns auch hybride Digitalisierungs- die lobbyistischen Vernetzungen
phantasien schlecht informierter Politiker und Technokraten, die zwischen Mobilfunkindustrie
dafür eintreten, Kinder schon früh – ‚digitaler Bildung‘ zuliebe - und deutschem Strahlenschutz.
den Wirkungen der Strahlung auszusetzen. Das ist kein Programm Die ‚Minimierung‘ des Risikos für
eines zukunftsbewussten Fortschritts, sondern ein unverantwortli- Kinder sehen sie als eine der ex-
cher Freilandversuch an der Generation der Kinder und Jugendlichen, emplarischen Folgen solcher Ver-
der die gesunde Zukunft unserer Gesellschaft an einer der verletz- netzungen. Sichtbar wird deren
barsten Stellen gefährdet. Wirkung, wenn Wissenschaft-
ler mit der richtigen Meinung -
Cindy Sage, Mitherausgeberin des Forschungsreports der BioInitia- d. h. für Entwarnungen, Unbe-
tive Working Group, folgert schon vor Jahren: „Vorsorge ist besser, bil- denklichkeitsbescheinigungen
liger und weniger schmerzhaft als eine sonst mit hoher Wahrschein- und Grenzwertbestätigungen
lichkeit zu erwartende Nachsorge, die vieles nicht mehr gut machen eintretend - auf einflussreiche
kann!“23
Posten im deutschen Strahlen-
Wie wichtig die Beachtung des Vorsorgeprinzips auch sonst für den
schutz gelangen, wie das in
Weg der Gesellschaft in eine gesunde Zukunft ist, stellt die Europäische
diesen Schriften ebenfalls am
Umweltagentur in ihrer Schrift Späte Lehren aus frühen Warnun-
konkreten Beispiel beobachtet
gen: Das Vorsorgeprinzip 1896-2000 klar. Im Hinblick auf „horrende“
volkswirtschaftliche Schäden und - im wörtlichen Sinne - „unermess-
und beschrieben wird.
liche“ Schäden an Leib und Leben fordert die Schrift ein politisches
Handeln, das der Bevölkerung die entsprechenden Konsequenzen
erspart.24 Doch der aktionistischen Mobilfunkpolitik von heute schei-
nen die Lehren aus versäumter Vorsorge von gestern so unbekannt
wie das Wissen um die besondere Gefährdung von Kindern.
16
FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
V
Die ‚Digitale Agenda‘ und ein
Bericht der Bundesregierung
an den Bundestag
Es ist letztlich der Staat, der ei– Wir werfen im Folgenden einen Blick auf den siebenten und ge-
ne solche Berufungspolitik zu we– genwärtig jüngsten Bericht der Bundesregierung über die Forschungs-
nig kontrolliert. Selbst eine vom ergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der
Bundesministerium für Bildung gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche
und Forschung 2014 herausge- Auswirkungen vom 14. Dezember 2016. 26 Uns interessiert dabei nicht
gebene Schrift Sachverständige nur die Frage nach den aktuellen Grundlagen und Zielen der betriebe-
Politikberatung im Spiegel des nen Mobilfunkpolitik, sondern ebenso, was unseren Volksvertretern,
Haftungsrechts lässt den Schluss aber auch Kommunen, Gerichten und der allgemeinen Öffentlichkeit
zu, dass die haftungsrechtliche als ‚staatlich geprüfter‘ Stand der Erkenntnis an die Hand gegeben
Verantwortung für die Folgen wird.
einer die Risiken verharmlosen- „Die Ergebnisse des DMF geben insgesamt keinen Anlass, die
den Information sowohl den Schutzwirkung der bestehenden Grenzwerte in Zweifel zu ziehen“,
eingestellten Berater als auch heißt es lapidar in dem Bericht. Wie viel an Kritik besonders wichtige
den für die Einstellung verant- Teile des zwischen 2002 und 2008 durchgeführten Deutschen Mobil-
wortlichen Staat trifft.25 Un- funk Forschungsprogramms (DMF) inzwischen erfahren haben, wird
sere Beobachtungen zur deut- den Abgeordneten nicht gesagt. Und auch von den eingangs benann-
schen Mobilfunkpolitik lassen ten jüngeren Erkenntnissen der internationalen Risiko-Forschung er-
jedenfalls eine Abklärung der fahren sie nichts. Wenn z. B. von besonderen Unsicherheiten hin-
Haftungsfragen als überfällig sichtlich der Langzeitrisiken die Rede ist, könnte auf Lennart Hardells
erscheinen. Erkenntnisse einer deutlichen Zunahme von Gehirntumoren hinge-
wiesen werden. Und auch Karl Hechts Forschungsrecherche, die auf
der Grundlage von 878 russischen Studien deutliche Folgen der Lang-
zeiteinwirkung elektromagnetischer Felder beschreibt, hat inzwischen
weltweit große Beachtung gefunden.27
Anerkannt sei immerhin, wie vielfältigen Forschungsbedarf der
Bericht angesichts vorliegender Hinweise auf Risiken einräumt. Auch
dass er offen benennt, auf welche Vermehrung der Strahlenbelastung
sich die Bevölkerung einzustellen hat – nicht zuletzt im Gefolge der
,Digitalen Agenda‘:
17
GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
Viele Projekte der Digitalen Immerhin wird beschwichtigend hinzugefügt, dass die „volle
Agenda sind aber mit dem Ein- Entwicklung aller technischen Möglichkeiten“ auch dem „Gedanken
satz elektromagnetischer Felder der Vorsorge“ eine neue Bedeutung gebe.
verbunden und führen damit Aber das offene Eingeständnis dessen, was da unserer Gesundheit
auch zu einer insgesamt höheren und Umwelt alles zugedacht ist, zeigt im Kontext des ganzen Berichts
Belastung der Bevölkerung. So auch die Selbstwidersprüche, in die wir die deutsche Mobilfunkpoli-
wird die Entwicklung der Städte tik verstrickt sehen. Die einst verheißene und im Text immer wieder
hin zu Smart Cities einen erheb– bemühte Suche nach „Emissionsminderungsmöglichkeiten“ wird an-
lichen Ausbau kabelloser Infor- gesprochen, doch die programmierte Praxis des technikpolitischen
mations- und Kommunikations– Handelns ist die einer fortschreitenden elektromagnetischen Auf-
technologie zur Folge haben. rüstung unserer Lebenswelt. „Aufklärung“ wird gefordert, Erkennt-
Damit verbunden ist der Ausbau nis aber unterdrückt oder in ferner Zukunft gesucht - was weiteren
der digitalen Infrastruktur wie z. Fortschreibungen der Grenzwerte die Wege ebnet. Gravierende Lücken
B. die Entwicklung der fünften der Erkenntnis werden eingeräumt, die Ausweitung der Strahlen-
Generation des Mobilfunks. In belastung aber für notwendig und legitim erklärt.
Zukunft wird die Anzahl der An-
lagen und Geräte stark zuneh-
men – auch solcher Geräte, die
in der Nähe des Menschen be-
trieben werden.
18
FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
19
GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
VI
Für Fortschritte im Strahlenschutz
und einer gesunden Entwicklung
der Gesellschaft
Lange Zeit war man über- Wir sehen alle damit betonten Kontrollfunktionen und Korrektive in
zeugt, dass technischer Fort- der Mobilfunkentwicklung in verhängnisvoller Weise eingeschränkt.
schritt immer auch sozialen
Fortschritt bedeutet. Doch seit Die Gemeinschaft der unterzeichnenden Organisationen hält in
dem 19. und 20. Jahrhundert hat dieser Situation die wichtigsten Forderungen fest, die sich aus der
sich immer deutlicher gezeigt, obigen Analyse ergeben und die ihr im Interesse eines gesunden
dass beides nicht automatisch Fortschritts unverzichtbar erscheinen:
zusammengeht. Je größer der
naturwissenschaftlich-techni- • Der international verfügbare Stand der Risikoforschung fordert ef-
sche Fortschritt, desto größer fektive Vorsorge und Gefahrenabwehr. Wir sehen die Politik in der
oft auch die ihn begleitenden Pflicht, in diesem Sinne tätig zu werden und die Aufklärung der
Risiken für Mensch und Umwelt. Bevölkerung nicht der Mobilfunkindustrie und ihren lobbyistischen
Führende Naturwissenschaft- Helfern zu überlassen.
ler haben deshalb immer wie- • Von zentraler Bedeutung für einen zeitgemäßen Schutz von Ge-
der betont, dass wissenschaft- sundheit und Umwelt wäre es, dass der deutsche Strahlenschutz
lich-technischer Fortschritt der zu seiner genuinen Aufgabe zurückfindet, Bevölkerung und Um-
Kontrolle bedarf, wenn er sich welt zu schützen. Unverzichtbar erscheint in diesem Zusammen-
nicht menschen- und lebens- hang, was die an sich gute Satzung der Strahlenschutzkommission
feindlich auswirken soll: der von den Mitgliedern des Gremiums verlangt: Freiheit – und ggf. Of-
Kontrolle durch eine von mili- fenlegung – von Interessenkonflikten und ‚ausgewogene‘ Kenntnis-
tärischen und ökonomischen nahme der Ergebnisse vorliegender Risikoforschung.
Interessen unabhängige For- • An die Stelle physikalisch inspirierter Grenzwerte, die lebendigen
schung, die mögliche Risiken Organismen keinen Schutz bieten können, muss eine Regelung tre-
erkundet; durch ausgewogene ten, die sich an den biologischen und biophysikalischen Bedingun-
Information und eine Ethik der gen des Lebens orientiert. Auch das Dogma der grundlegenden Un-
Verantwortung auf Seiten der terschiede von ionisierender und nicht-ionisierender Strahlung ist
politisch Handelnden; durch in diesem Zusammenhang zu überprüfen, weil oxidativer Stress als
eine Demokratie mit funktio- Wirkmechanismus möglicher Schädigung beiden Strahlungsarten
nierender Gewaltenteilung, die gemeinsam ist und die Zerstörungspotenziale beider Strahlungsar-
möglicher Willkür der exeku- ten nicht ganz so verschieden sind, wie behauptet wird.28
tiven Macht entgegenwirkt.
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
Anmerkungen und
Literaturhinweise
Vorbemerkung: Soweit sich - Zur Geschichte und Problematik 10 In ihrem Aufsatz Weiße Zonen
der obige Text auf Analysen und der Grenzwerte u. a. Warum Grenz- – irreal oder rechtlich geboten?
Dokumentationen in den beiden werte schädigen, nicht schützen beleuchten Bernd Irmfrid Budzinski
Publikationsreihen der Kompetenz- – aber aufrechterhalten werden und Wilfried Kühling die diesbe-
initiative – die Broschürenreihe (Broschürenreihe, H. 4/2009) und züglich höchst defizitäre deutsche
Wirkungen des Mobil- und Kommu- Karl Hecht: Der Wert der Grenzwerte Situation aus wissenschaftlich-tech-
nikationsfunks und die Reihe der für Handystrahlungen (Forschungs- nischen wie juristischen Perspekti-
Forschungsberichte – stützt, wird berichte, 2009). ven. (Neue Zeitschrift für Verwal-
auf die Beigabe von Internet-Links tungsrecht 20/2015, S. 1410-1416).
verzichtet. Die Online-Versionen der 6 Sarah J. Starkey: Inaccurate S. auch: B. B. und W. K.: Wann
Texte sind unter den entsprechenden official assessment of radio- kommen endlich die Weißen Zonen?
Rubriken der Homepage www.kom- frequenca safety by the Advisory (Politische Ökologie 145/2016, S.
petenzinitiative.net leicht auffindbar. Group on Non-ionising Radiation, 135-145). - Zu juristischen und
in: Rev. Environ. Health 2016, 31 medizinischen Dimensionen des
1 Internationaler Wissenschaft- (4), S. 493-503; Übers.: Fehlerhafte Themas grundlegend auch Bernd
ler-Appell 2015: www.kompetenz- offizielle Bewertung der Sicher- Irmfrid Budzinski und Karl Hecht in
initiative.net/KIT/KIT/internationa- heit von Funkstrahlung durch die ihrem Beitrag Elektrohypersensibili-
ler-wissenschaftler-appell Beratergruppe für nicht-ionisierende tät – Phantom oder Anzeichen einer
Strahlung: http://www.diagno- Gemeingefahr? (Zeitschrift Natur
2 Vgl. Karl Hecht: Zu den Folgen se-funk.org/publikationen/artikel/ und Recht, Juli 2016, S. 463-473).
der Langzeiteinwirkungen von detail?newsid=1163
Elektrosmog (Broschürenreihe, H. 11 Eine demnächst als Heft 11 der
6/2012) und Langzeitrisiken des 7 Leitlinie 2016 zur Prävention, Broschürenreihe der Kompetenziniti-
Mobil- und Kommunikationsfunks. Diagnostik und Therapie EMF- ative erscheinende Schrift wird sich
Vorträge der Tagung vom 5. April bedingter Beschwerden und Krank- ausführlich mit dem Thema der Elek-
2014 in Würzburg (Broschürenreihe, heiten der Europäischen Akademie trohypersensibilität befassen: Elekt-
H. 9/2014). für Umweltmedizin (EUROPAEM); rohypersensibilität. Gesellschaftliche
(engl. Originalveröffentlichung: Situation – Aus der Forschung und
3 Interview mit Ulrich Warnke EUROPAEM EMF Guideline 2016 ärztlichen Praxis – Zum Recht auf
Gesundheitsrisiken des Mobil- for the prevention, diagnosis and Schutz, Gesundheit und Vorsorge.
und Kommunikationsfunks sind treatment of EMF-related health
wahrscheinlich, 6. Januar 2017: problems and illnesses) http://www. 12 Dazu eingehender Werner Thie-
http://kompetenzinitiative.net/KIT/ aerzte-und-mobilfunk.eu/euro- de: Akzeptanzzwang zu funkba-
KIT/gesundheitsrisiken-des-mo- paem-emf-guideline-2016/ sierten Messsystemen? Ein No-Go
bil-und-kommunikations- für Freiheitsliebende, Gesundheits-
funks-sind-wahrscheinlich/ 8 Z. B. in den Forschungen von Dr. bewusste und Elektrosensible, in:
med. Joachim Mutter und Dr. med. umwelt – medizin – gesellschaft
4 Report Science & Wireless 2016 Kurt Müller. 2/2017, S. 33-41.
von Dariusz Leszczynski, kommen-
tiert von Franz Adlkofer: http:// 9 Offizielle Doktrin des Bundes- 13 Dazu Strahlenschutz im Wider-
kompetenzinitiative.net/KIT/KIT/ amtes für Strahlenschutz noch spruch zur Wissenschaft (Broschü-
report-science-wireless-2016/ immer: „Die Wissenschaft ver- renreihe, H. 5/2011), S. 56-59. – Zu
sucht seit langem, dem Phänomen den „totalitären Tendenzen“ im
5 Dazu die Schriften Was ist vom ‚Elektrosensibilität‘ auf die Spur zu Gefolge der Mobilfunkentwicklung
Strahlenschutz-Auftrag geblieben? kommen. Fazit der zahlreichen bisher vgl. auch Werner Thiede: Mythos
Eine Dokumentation zur deutschen durchgeführten Studien ist, dass Mobilfunk. Kritik der strahlenden
Mobilfunk-Politik (Broschürenreihe, ein ursächlicher Zusammenhang Vernunft, München 2012, S. 89-98.
H. 8/2013) und Strahlenschutz im zwischen elektrischen und magneti-
Widerspruch zur Wissenschaft. Eine schen Feldern und den Beschwerden
Dokumentation (Broschürenreihe, H. elektrosensibler Personen mit hoher
5/2011). Wahrscheinlichkeit auszuschließen
ist.“ www.bfs.de/DE/themen/emf/
netzausbau/wirkung/diskutiert/dis-
22 kutiert_node.html
FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
5. Verschwiegen wird die frü- Fehlfunktionen sonstiger ‚Unterrichtung von Volk und
her noch erwähnte Fest stellung technischer Geräte (z.B. Funk- Parlament’ nichts verloren. Sie
der Strahlenschutzkommission, mikrofone, Fernbedienungen, führt selbst in Gerichtsverfah-
dass die Grenzwerte für klei- elektronische Steuerungen), die ren seit Jahren zu Verwirrung
ne Personen und Kinder „schon schon oberhalb 3 V/m eintre- (siehe schon BGH 2004).
physikalisch aus Resonanzgrün- ten können und auch berichtet
den“ nicht immer Sicherheit ge- wurden, werden ebenfalls nicht a) Bezüglich nicht-ther-
währleisten könnten. Was umso ausgeschlos sen. mischer Wirkungen auch un-
mehr der Berücksichtigung be- terhalb der Grenzwerte besteht
darf, als Kinder auch medizi- 7 . Grundsätzlich enthält der demgegenüber – wie vorsorglich
nisch „empfindlicher auf hoch- Bericht mindestens sprachlich festzuhalten ist - schon seit
frequente elektromagnetische schwere Unstimmigkeiten und dem oben genannten Bericht
Felder reagieren könnten als Ungereimtheiten: von 2003 wörtlich „ein relati-
Erwachsene“, wie der Bericht ver Konsens" dahingehend, “dass
selbst sagt (Seite 2). Beides aber Die aus früheren Berichten er- einige nervliche Effekte" sogar
ergibt einen zwingenden Grund neut wiederholte Behauptung, „nachgewiesen“ sind. Auch die
für einen höheren Sicherheits- dass im Mobilfunkfrequenz- ansonsten von der Bundes-
faktor, wie im Ergebnis auch bereich nicht-thermische Wir- regierung maßgeblich zu Rate
schon ICNIRP 2002 feststellte kungen „erst bei wesentlich gezogene ICNIRP ging ange-
(Notfalls „Eigene Werte für Kin- höheren Intensitäten als die sichts der relativ stärkeren
der“). thermischen Wirkungen“ auf- Wirkung bei Pulsung (1998) von
träten (d.h. – so versteht das der nicht-thermischen Wirkungen
6. Der Bericht lässt weiterhin Leser -, dass es unterhalb der aus. Im Einzelnen wurden
zu, dass Träger von Herzschritt- thermisch ausgelegten Grenz- damals folgende Wirkungen –
machern jederzeit einer 6-fach werte überhaupt keine Wirkun- auch unterhalb der thermischen
höheren Strahlung ausgesetzt gen gäbe) ist falsch. Dieser Satz Schwelle - für den Bundestag
werden dürfen, als dies deren bezieht sich objektiv bei zügigem festgehalten:
sichere und durch einen eigenen Lesen nicht nur auf die beispiel-
Grenzwert geschützte Funk- haft genannten Kraftwirkun-
tionsweise zulässt (nur 10 V/m gen, sondern auf „sie“, näm-
statt 40 - 60 V/m). lich alle zuvor angesprochenen
nicht-thermischen Wirkungen.
Eine solchermaßen doppelsin-
nige Behauptung hat in einer
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
Von den Studien an mensch- Und ebenso belegen in den Die pausenlose und dauer-
lichen Probanden erbrachten daselbst genannten Tier-Studien hafte Beeinträchtigung des Ge-
79% positive Befunde. Die des Bundesamts für Strahlen- hirns und Nervensystems be-
meisten Effekte betreffen das schutz die „signifikanten tumor- deutet zudem zumindest Stress
Nervensystem oder das Gehirn fördernden Effekte beim nied- und ist damit schon an sich eine
(86%), es folgen Effekte im Zu- rigsten SAR-Wert 0,04 W/kg“ gesundheitliche Störung – auch
sammenhang mit Krebs (64%) ausdrücklich “nicht-thermische im Sinne des Gesetzes. Schädlich
(BT-Drucks. 15/14032). Wirkungen“ (Seite 6). und zu vermeiden sind hier-
nach schon bloße „erhebliche
b) Inzwischen gelten 8. Die weitere Behauptung, Belästigungen“, also auch Stress
nicht-thermische Wirkungen dass im Mobilfunkfrequenz- (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Noch
– beispielsweise die Beeinflus- bereich gleichwohl „gesund- mehr gilt dies für Brüche und
sung der Hirnströme – über den heitliche Beeinträchtigungen Veränderungen der DNA bzw.
„relativen Konsens“ hinaus als infolge dieser nicht-thermischen „Effekte im Zusammenhang mit
wissenschaftlich gesichert. Sie Wirkungen“ (!) bisher „nicht Krebs“. Die Hoffnung auf „regel-
sind ohne jede ‚Relativierung’ nachgewiesen werden konnten“, mäßige Reparaturen“ der DNA
„nach wissenschaftlichen Krite- ist durch die wiederholt sicher – letztlich ein Roulet te-Spiel -
rien ausreichend nachgewiesen“ beobachteten nervlichen und macht den Schaden nicht un-
(Schweizerisches Mobilfunkfor- genotoxischen Wirkungen klar geschehen; sie setzt außerdem
schungsprogramm – Auswertung widerlegt. Denn diese sind schon Erholungspausen voraus, die bei
der Schweiz. Regierung 2015). In ihrer Art nach von gesundheit- ‚pausenloser’ Bestrahlung feh-
Übereinstimmung damit wur- licher Relevanz. Und entgegen len.
den auch schon „im Rahmen des wiederholter Behauptung sind
DMF Veränderungen im EEG bei auch ganz praktisch die Krebs- Das Aufteilen und sodann
gesunden jungen Männern un- zahlen selbst unter Kindern und doppelsinnige Ausweichen von
ter einer Exposition mit GSM Jugendlichen im Steigen begrif- einer Argumentationsebene auf
und UMTS gefunden“. Das sagt fen (USA „signifikant“, England eine andere (erst ‚nicht-ther-
der 7. Bericht der Bundesregie- 10 Jahre >„50%“, 2010). misch‘ (7) gegen dann ‚gesund-
rung einige Seiten später selbst heitlich‘ (8)) zieht im Übrigen die
(Seite 7). methodische Seriosität der re-
gierungsamtlichen „Aufklärung“
in Zweifel.
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
9. Die in diesem Zusammen- Auf diese fehlende restliche Zusammenhang zwischen der
hang verstärkend gebrauchte Kenntnis kann es rechtlich und Exposition durch hochfrequente
Behauptung, die dargestellten für den Schutz der Bürger je- Strahlung und dem beobachte-
Schadwirkungen seien jedenfalls doch nicht ankommen. ten biologischen Effekt besteht“,
„nicht nachgewiesen“, ist erneut wie zum Mobilfunk der erwähn-
irreführend. Sie weckt bei land- a) Der Wirkungsmechanismus te Konsens schon 2003 wörtlich
läufigem Ver ständnis den Ein- dient nur dazu, verbleibende festhielt (TAB-Arbeitsbericht,
druck, biologische Organismen Kenntnisunsicherheiten zu be- a.a.O.).
hät ten auf Funk strahlung in heben und das Forschungser-
Tausenden von Ver suchen unter- gebnis in den gesicherten Stand b) Das ist in rechtlichem Sinne,
halb der Grenzwerte keinerlei wissenschaftlicher Erkenntnis zu falls sich andere Ursachen aus–
Reaktion gezeigt, es sei also re- überführen. Er ist aber nicht not- schließen las sen, so gut wie ein
gelmäßig ,nichts passiert‘ bzw. wendig, wenn keine Unsicherhei- Nachweis auch in wissenschaft-
‚nichts gefunden’ worden. Dieser ten bezüglich des tatsächlichen lich erarbeitetem Sinne, weil
Eindruck kann sich jedoch ledig- Auftretens des Effekts beste- es im täglichen (Rechts) Leben
lich durch einen irreführenden hen, beispielsweise weil der Ef- für die Zuordnung von Verant-
Gebrauch der Begriffe ‚Nach- fekt ‚immer‘ auftritt. So ver- wortlichkeiten und Ansprüchen
weis‘ und ‚nachgewiesen‘ ein- hält es sich hier, denn z.B. die nicht auf die Bestätigung durch
stellen, der von Regierung und Beeinflussung der Hirnströme eine unumstößliche natur-
Betreibern - ohne dies kenntlich durch Funk wird mit Hilfe der wissenschaftliche Gewissheit an-
zu machen - nicht nach allge- Elektroenzephalografie (EEG) kommt und ankommen kann.
meinem Sprachgebrauch, son- „immer“ festgestellt (Schweiz.
dern in naturwissenschaftlich Mobilfunkforschungsprogramm Das hat auch und erst recht für
fachspezifischer Bedeutung, 2011). den Schutz der Bevölkerung zu
nämlich unter der Bedingung gelten (vgl. Kühling/Budzinski,
der Kenntnis eines ‚Wirkungs- Noch weniger kann es auf Politische Ökologie 145, oekom
mechanismus‘, gemeint ist. Auf die Herleitung durch einen verlag 2016, S. 135-139)
diese Weise werden ständig er- Wirkungsmechanismus ankom-
folgreiche und etwa zu 79% men, wenn ein „offensichtlicher
(s.o.) positive Ver suchsergebnis-
se nur deshalb nicht berück-
sichtigt, weil man nicht (ge-
nau) weiß, warum sie eintreten.
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
c) Ein Eingehen auf wissen- a) Den tatsächlichen Zusam- b) Eine seit Jahren an-
schaftlich bekannte Wirkungs- menhang belegt indessen das wachsende Kopfwehwelle unter
mechanismen (oxidativer Stress, sichere Ansprechen des Ner- (Schul-)Kindern sowie allgemein
Calzium-Ionen-Kanal, Polarisa- vensystems. Außerdem werden der höchste Krankenstand seit
tion) lässt der Bericht bedauer- weltweit und seit Jahren dazu 20 Jahren mit 80% Schlaflosen
licher Weise vermissen, was passende Beschwerden laut, (sich verdoppelnd parallel zum
umso mehr verwundert, als er die offensichtlich expositions- Ausbau des Mobilfunks, UMTS
die Kenntnis von Wirkmechanis- abhängig sind und von zahl- 2004 – 2014) stützen zusätz-
men ja für unumgänglich hält. reichen Studien gestützt wer- lich die Erkenntnisse der For-
den, so schon der Kinder- schung (DAK- und Barmer Ge-
10. Die weitere undifferen- und Jugendstudie des DMF: sundheitsreporte 2017), zumal
zierte Behauptung, ein „kausaler „Die Ergebnisse bestätigen die nervliche Effekte offenbar die
Zusammenhang“ zwischen den von anderen teilweise beschrie- Grundlage der Elektrohypersen-
Beschwerden elektrosensibler benen Zusammenhänge“ … so sibilität bilden. Das anerkennen
Personen und Funkfrequenzen etwa „signifikant häufiger chro- inzwischen auch ausländische
sei „nicht nachweisbar“, lässt nische Kopfschmerzen … oder Gerichte in Entscheidungen zu-
einmal mehr nichts von einer Gereiztheit“ (S. 180). In der Tat gunsten Elektrosensibler und
schützenden ‚Begleitung’ der beschrieben und belegten seit Funkgeschädigter, wozu der
der „unkontrollierten Exposition Jahrzehnten zahlreiche Forscher 7. Zweijahresbericht erneut
ausgesetzten Bevölkerung“ (BfS derartige nervliche Effekte, so schweigt.
2005) verspüren. Auch hier fehlt von Schliephake 1932 bis Yaku-
nicht der Zusammenhang, son- menko et al. 2014. 11. Die Berufung der Bun-
dern wiederum nur seine (end- desregierung auf das 12 Jahre
gültige, ,kausale‘) wissenschaft- alte und unter fragwürdigen
liche Einordnung durch einen Umständen zustande gekom-
Wirkungsmechanismus, der in mene „fact sheet No 296“ der
der (Neuro-)Medizin aber kaum WHO ist demgegenüber medi-
zwingend dargestellt werden zinisch unhaltbar und politisch
kann. skandalös. Dieses empfiehlt
ernsthaft, aber wis senschaftlich
ungesichert, Elektrosensible
weiterer – auch noch anwach-
sender – Funkexposition allein
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
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GEGEN IRRWEGE IN DER MOBILFUNKPOLITIK
III. Forderungen
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FÜR FORTSCHRITTE IM STRAHLENSCHUTZ
Gesundheit -
ein Menschenrecht
Ein Appell an die politisch Verantwortlichen *
Am 10.12.1948 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen Wir wenden uns mit die-
die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. In Ar- sem Appell insbesondere an die
tikel 25 dieser Menschenrechtscharta wird das Recht auf Gesund- Bundesregierung und alle im
heit als Menschenrecht definiert. Es heißt darin: „Jeder hat das Recht Deutschen Bundestag vertre-
auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit tenen demokratischen Parteien.
und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, Und wir berufen uns dabei auch
ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen“. Wie in die- auf den Wortlaut des Amtseids,
ser Schrift gezeigt wurde, verstößt die Politik des Mobil- und Kom- den führende Politiker bei ihrem
munikationsfunks, wie sie gegenwärtig betrieben wird, gegen dieses Amtsantritt zu leisten haben:
Recht auf Gesundheit. Sie tut es durch die Aufrechterhaltung von Ich schwöre, dass ich meine
Grenzwerten, die bei dem Stand lebenswissenschaftlicher Erkenntnis Kraft dem Wohle des deutschen
einen pseudowissenschaftlichen Anachronismus darstellen und die Volkes widmen, seinen Nutzen
Bevölkerung gefährden. Und sie tut es in besonderer Weise, wo sie mehren, Schaden von ihm wen-
Elektrohypersensiblen und Kindern nicht jenen besonderen Schutz den, das Grundgesetz und die
gewährt, auf den sie angewiesen sind. Gesetze des Bundes wahren
und verteidigen, meine Pflich-
Die Verfasser, die Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, ten gewissenhaft erfüllen und
Umwelt und Demokratie e. V. sowie alle mitunterzeichnend an Gerechtigkeit gegen jedermann
dieser Schrift beteiligten Organisationen appellieren an die politisch üben werde.
Verantwortlichen:
· Sorgen Sie für eine unabhängige Forschung, die den Schutz der
Bevölkerung nicht dem Schutz kommerzieller Interessen unterordnet!
· Sorgen Sie für Grenzwerte, die wissenschaftlich zeitgemäß und
zukunftspolitisch verantwortbar sind!
· Und sorgen Sie für eine Mobilfunk-Politik, die das Menschenrecht
auf Gesundheit respektiert!
* Appell von Prof. Dr. med. Hecht, erstmals publiziert von der Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und
Demokratie e. V. in der Schrift Zu den Folgen der Langzeiteinwirkungen von Elektrosmog (Broschürenreihe H. 6, 2012);
hier, leicht verändert, nochmals in Erinnerung gebracht.
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ÜBER DIE KOMPE TENZINITIATIVE
Kompetenzinitiative
zum Schutz von Mensch,
Umwelt und Demokratie e.V.
Informationen
http://kompetenzinitiative.net/
http://www.aerzte-und-mobilfunk.eu/
Kontakt
Kompetenzinitiative e.V.
Geschäftsstelle
Parallelstr. 50
66125 Saarbrücken
sekretariat@kompetenzinitiative.net
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Langzeitrisiken des Mobil- und Kommunikationsfunks
Vorträge der Tagung vom 5. April 2014 in Würzburg
Mit Beiträgen von Lennart Hardell und Michael Carlberg, Michael Kundi, Ulrich
Warnke, Karl Braun-von Gladiß, Franz Adlkofer, Wilfried Kühling und Bernd Irm-
frid Budzinski
Die Schrift dokumentiert die Vorträge der wohl ersten Tagung zu den Langzeit-
risiken des Mobil- und Kommunikationsfunks. Die biowissenschaftlich-medizi-
nischen Vorträge eines internationalen Teams von Experten belegen Risikopo-
tenziale der wachsenden Dichte elektromagnetischer Felder an der Zunahme
von Gehirntumoren, dem Um-sich-Greifen von Entzündungen, den besonderen
Risiken für Kinder und Elektrosensible. Gesellschaftskritische und juristische
Einschätzungen zeigen aber auch, wie unzeitgemäß ein angeblicher staatlicher
‘Strahlenschutz’ mit den Risiken umgeht.
Karl Hecht
Der erste Teil dieser Schrift dokumentiert die Anstrengungen eines leitenden
deutschen Strahlenschutzbeauftragten, für Industrie und Staat unbequeme
Erkenntnisse gentoxischer Wirkungen aus dem Weg zu räumen. Die weiteren
Teile des Heftes belegen aber auch, wie weit sich der deutsche Strahlenschutz
dabei vom Stand internationaler Erkenntnis entfernt hat – auch mit Projekten des
Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms.
Mit Beiträgen von Franz Adlkofer, Karl Hecht, Lebrecht von Klitzing, Klaus Kniep,
Wilhelm Mosgoeller, Karl Richter, Hans-Christoph Scheiner, Ulrich Warnke
Die in dem Heft vereinten Beiträge konvergieren in dem klaren Ergebnis, dass die
geltenden Grenzwerte niemanden schützen, weil sie maßlos überhöht sind und
nach anachronistischen Gesichtspunkten festgelegt wurden. Die Schrift gelangt
damit aber auch zu dem Urteil, dass der betriebenen Politik des Mobil- und Kom-
munikationsfunks die wissenschaftliche, die demokratische und die menschen-
rechtliche Legitimation fehlt.
AU S D E M VO RWO R T D E R S C H R I F T