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Didaktik und Lehrpraxis der Musikphysiologie 04.03.

2019
Christina Fuxjäger

1. Thema:
"Lösen vor Tun"
Warum ist Lösen vor tun "schwierig" und nicht selbstverständlich im Unterricht?

 Unterricht ist wie das Musizieren selbst mehr auf Ziele ausgerichtet und oft weniger
auf den Weg dorthin
o Ziel ist jedoch leichter zu erreichen mit der Regel "Lösen vor Tun"
o der Unterricht soll in Ruhe beginnen, von Null weg, Restspannungen müssen
gelöst werden
 unterschiedlich wichtig für SchülerInnen
o LehrerIn soll dies herausfinden
 LehrerIn ist in der Unterrichtsroutine (mehrere SchülerInnen hintereinander)
o Lösen/ Entspannen wird oft vergessen

Entspannungsübungen vor dem Unterricht:

 "Woodstock":
o im Sitzen: Hände streichen abwechselnd an den Oberschenkeln auf und ab
o Schulterblätter kommen mit, Schultern sind frei
o Kopf bleibt gerade, in Balance
o Gähnen kommt oft automatisch dazu
-> WICHTIG: Emotion dabei
-> Autosuggestion: Psyche wird beeinflusst; Unterbewusstsein wird trainiert
▪ durch 1-2 gleich bleibende Sätze wie z.B. "Mir ist alles völlig Wurst"
▪ vgl. autogenes Training
▪ Satz selber finden; muss zur Person passen
▪ ist oft nicht passend für den Schüler -> Schüler muss eigenen
passenden Satz finden

 Strecken und Sinken:


o Arme nach oben strecken -> Weite (dazu kommt oft ein Gähnen), danach
Arme und Oberkörper mit dem Ausatmen hinunter sinken lassen (Arme und
Kopf hängen ganz locker nach unten), danach Wirbel für Wirbel wieder
aufrichten
o didaktische Kniffe:
▪ auf Sprache/ Formulierung achten: "sinken" ist didaktisch besser
formuliert als "fallen"
▪ je weniger reden desto besser (gilt für alle Übungen)
 Sprache löst Willkürlichkeit aus; Nachahmung ist instinktiver
 Vorzeigen mit Überzeugung (mit Emotion); Worte werden
unwichtig
 WICHTIG: Emotion soll Aktivität auslösen ->
Bewegungsantrieb kommt aus der Emotion
 deshalb ist es wichtig, wie ich die paar Worte, die ich zur
Erklärung brauche, sage: Stimmklang soll entspannt und gelöst
sein

 Ruhig atmen:
o im Sitzen Augen schließen
o zuerst bewusst atmen -> danach zur natürlichen Atmung finden
o ACHTUNG: Einatmung ist immer heikel (Hochatmung, Stressatmung,
Schnappen)
-> deshalb zuerst mit dem Ausatmen beginnen und den Fokus darauf legen
-> Emotion hineinlegen, z.B. “Seufzen"
Didaktik und Lehrpraxis der Musikphysiologie 11.03.2019
Stefanie Grubbauer

Übung: “Atem kommen lassen”


sitzend oder stehend die Schultern kreisend hochziehen und dabei entspannt und ruhig
einatmen

Postisometrische Relaxation: ein Muskel wird dabei gezielt angespannt und danach wieder
entspannt – sehr bekannt: Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen
-> große Vorteile fürs Instrument - “Kraft genau am Punkt” einsetzen lernen (Abbau
von Mitinnervation überflüssiger Muskelgruppen)
mögliche Kritik an Jacobsen: der fehlende mentale Aspekt, die Vernetzung von Geist
und Körper oft sehr wesentlich für die Übernahme in Bewegungsgewohnheiten und
Körperbild

Übung für Weite/Aktivität des Atemraums im unteren Brustkorb- und Flankenbereich:


Ausgangsposition: Halbsitz, ein Sitzbeinknochen am Sessel, die andere Beckenhälfte
ist frei beweglich, wichtig ist auch ein guter Bodenkontakt beider Füße

• Beginn: das Becken der freien Körperhälfte sinkt in Richtung Boden, während man
beide Arme diagonal zur anderen Seite dehnt, um eine Länge der Flanke zu
erreichen

• anschließend kommt man aktiv, ausatmend auf “sch” in den aufrechten Sitz hoch – im
Hinuntersinken strömt der Atem von selbst (über Schwerkraft) in den
gedehnten Atemraum unterer Brustkorb/Flanke ein.
Ziel: Erleben des „Atem kommt von selbst“

• Die Abfolge der Aus- und Einatmung kann in dieser Übung auch anders laufen, dann
entsteht aber ein völlig anderes Ziel:
entweder das Entspannen beim Ausatmen, ev. mit Seufzer
oder aktives Ausatmen mit „sch“, löst Zwerchfelldehnung aus

o Bewegung des Beckens wie oben, doch mit Ausholbewegung der Hand auf der freien
Beckenseite (mit guter Schulterblatt-Becken-Verbindung)

o noch intensiver: die Hand zielt nach unten und außen - aktiviert die Zwerchfellatmung und
den Bodenkontakt

Wiederholung aus den Vorlesungen - Vorteile der Aktivierung des Latissimus dorsi
• Wichtige Haltungsunterstützung, Unterstützung der Offenheit und Durchlässigkeit des
Schultergürtels

• Unterstützt den Bodenkontakt

“Dysbalancen im Körper”, siehe Vorlesung


man unterscheidet 3 verschiedene Ebenen der Spannungsverhältnisse im Körpers:
im hinteren und vorderen Bereich des Körpers, in der Symmetrie des Körpers und nicht zu
vergessen im oberen und unteren Körperbereich
-> stimmt zum Beispiel das Spannungsverhältnis des oberen und unteren Körperbereiches
nicht (ganz typisch im „Stress“), wird keine tiefe natürliche Zwerchfellatmung möglich sein
– durch die Verbindung der Achse Schulterblatt-Becken wird der Schultergürtel frei und
das Kraftzentrum - “Energie unten” kann aktiviert werden
“Mehr WOLLEN als ich KANN” - Spannung durch zu viel Wollen (!)
Stressreflex – durch zu große Herausforderung oder Belastung entstehen Anspannungen
und Verspannungen im Körper
“Lösen vor Tun” sehr wichtig, da das TUN meist mit zu viel WOLLEN passiert – der
gezielte Krafteinsatz muss der daher gelernt werden, um eine gute und angemessene
Spannung für das instrumentale Spiel (oder Singen) aufbauen zu können

Übung: “Gezielter Krafteinsatz”


Zunächst ein Lösen mit autosuggestivem Satz: “Ich bin ganz ruhig, ruhig und
entspannt” und anschließendem gezielten Krafteinsatz, z.B. zwei Varianten:

• Hand zur Faust ballen

• Gezielter Krafteinsatz eines Fingers mithilfe des Daumens (körpersprachliches


Symbol für Konzentration)

Dabei die Beobachtung der anderen Körperteile und Muskeln: Ist mein Schultergürtel
angespannt? Ist mein Kiefer frei beweglich? Sind meine anderen Finger angespannt? Etc.
Didaktik und Lehrpraxis der Musikphysiologie 18.03.2019
Marcell Milán Ivony

“OA” Übung = Verbindung von Lösen und Tun in der Atmung (bzw Lösen vor Tun)

O für Offenheit und Lösen – O wird geformt:


• Mit den Händen, über dem Kopf, oder vor dem Körper (Raumgefühl), Handflächen nach
innen
• mit dem Mund (Kiefer locker)
• mit dem “Hals” – Hals als Rohr wahrnehmen, Atem ohne Hindernisse
• Nackenmassage, um das “Rohrgefühl” zu fördern
• Hals- (Ansatz-) rohr wird durch die Hände “verlängert”, Atemzug wird durch
Handbewegungen symbolisiert / begleitet

A für Aktivität und Intensität


Beim schnellen Einatmen ohne vorbereitendes Lösen und Kontaktaufbau zum Boden “bleibt
die Luft eher oben“ (erhöhter Muskeltonus der Atemhilfsmuskel, die unteren sind inaktiv)
vgl. Stressatmung.

Alle solche Übungen sind für die Aktivierung der Körpermitte günstig, die hinunter
fokussieren, z.B. beim Stehen über die Aktivierung des Latissimus dorsi (die Hände in der
Diagonale hinter dem Körper nach hinten und unten führen, kann auf der Ausatmung mit
Silben, sch oder ff, aber auch auf einer sammelnden Einatmung gespürt werden.

Zu vergleichen auch bekannte Zwerchfellaktivierungsübungen im Chor (auf : s-s, f-f, sch-


sch)

Gut geeignet zur Aktivierung des Zwerchfells ist auch das Symbolisieren der
Zwerchfellbewegung mit der Hand, gut zu zeigen anhand eines Skelets oder einer
Zwerchfellabbildung von der Seite.

Die Finger bis Handrücken bilden die Zwerchfellkuppe, das Handgelenk den
Zwerchfellschenkel
• Einatmen: das Gewölbe der Hand flacht sich ab, das Handgelenk zieht nach unten
• Ausatmen: die Hand kehrt zur Kuppelstellung zurück

In der Folge Lösen / Fluss und Sammeln / Intensität als Ablauf, z.B. metrisch eingeordnet
mit der Symbolik O – A einsetzen.
Im Unterricht ist zu erkennen, auf welchen Bereich des Atemablaufes das Hauptaugenmerk
zu legen ist (hängt vom Schüler/Schülerin ab!)

Kraftaufbau dosieren und Überspannungen erkennen


• Aus der Einstellung der Durchlässigkeit heraus, über “Wasserpflanze”, oder Autosuggestion
etc. heraus Kraft einsetzen (–> “Packe zu!”, oder “Yeah!”) und dabei spüren, ob die Kraft
genau dort eingesetzt wird, wo sie gebraucht wird (vgl. schon letzte Stunde)
• Aktivität dabei schrittweise aufbauen/vorbereiten (nicht gleich von 0 auf 100…), am
Anfang reicht “und bin da!”
• im Unterricht: bei zu viel WOLLEN (unnötige Spannung, siehe 2. Stunde) eher ein
Schritt zurück in Richtung Lösen/Entspannen
• auf der Stelle gehend, mit geschlossenen Fingerspitzen am besten Daumen-Mittelfinger
oder Daumen-Zeigefinger (“italienische” Handhaltung ;-) diagonal auf den Oberschenkel
zielen

Vorbereitende Übung am Boden für Fließenlassen in der Atmung:


Auf dem Rücken liegend Knie aufstellen (die Fußsohle hat Kontakt mit dem Boden), dann die
Knie auf eine Seite legen. Wie kann ich die Beine mit möglichst wenig Kraft auf die andere
Seite drehen?
• die zwei Beine gleichzeitig: braucht viel Spannung, meist Verspannungen im Beckengürtel.
(kann aber auch Ausdruck von viel Intensität sein)
• nur ein Bein drehen, das andere kommt “von selbst” mit (Öffnung)
Diese Übung dann schrittweise erweitern, so dass der ganze Körper sich in der Bewegung der
Knie immer mehr auf die Seiten dreht.
Schlussendlich gleitet der nachgezogene Arm über den Körper nach und gleitet über den Kopf
auf die andere Seite. Jetzt folgt der andere Arm und gleitet über den Körper.
Davon mehr das nächste Mal.

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