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MODERNE BAU FORMEN 1907

MODERNE BAUFORMEN
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

HERAUSGEGEBEN VON
M J GRADL

VI JAHRGANG •
1907

JULIUS HOFFMANN
VERLAG STUTTGART
3
H 5
J> W^- (o

Druck der Hoffmannschen Buchdruckerei Felix Kraii in Stuttgart


INHALT

TEXTBEITRAGE
Seile

Leopold Bauer
von Dr. Franz Servaes-Wien 1-4

Edgar Wood
von Michael Bunney- London 49-51
Entwickelungstendenzen des modernen Stadthauses
von Prof. Karl Widmer-Karlsruhe 83, 84, 86
ProfessorHermann BiUing-Karlsruhe
von Architekt A. Lehmann-Mannlieim 89-91
Geseliius Lindgren & Saarinen 137
Zu den Bauten von E. Turner Powell
von Michael Bunney-London 168
Erstes Dresdener Künstlerheft 1907 177-216
Architektur auf der Jubiläumsausstellung Mannheim 1907
von Architekt A. Lehmann-Mannheim 217-220
Zweites Dresdener Künstlerheft 1907 265-304
Biedermeier als Erzieher
von Dr. Hans Schmidkunz, Berlin-Halensee 305-308
Rudolf Bitzan
von Gustav E. Pazaurek 308, 309
Arbeiten aus der Schule, von Prof. Alfred Grenander
von Max Creutz •,
>^16

Amerikanische Landhäuser und ihre Gärten


von Prof. Paul Schultze-Naumburg 335
Moderne Dänische Architektur
von Wilhelm Wanscher-Kopenhagen 345-348
Drittes Dresdener Künstlerheft 1907 393-432
Richard Berndl
von Dr. Philipp Maria Halm-München 433-435
Emil Schaudt
von Dr. Max Osborn-Berlin 473-475
Pfeifer & Grossmann
von Prof. Karl Widmer-Karlsruhe 503, 504
Unsere Bilder 48, 88, 392
NAMENVERZEICHNIS
Tafel Seite

Altherr, Alfred-Elberfeld 370


Bauer, Leopold-Wien 1-4 5-35
Beckert, Fritz-Dresden 48, 49 ö8, 72
Behrens, Peter, Prof.-Berlin (Düsseldorf) 248, 250, 261-264
Bembe, A. -Mainz 5
Bentsen, Jvar-Kopenhagen 348, 349
Bermann, C. A. -München 258
Berndl, Hermann-München 15
Berndl, Richard, ProF.-München 75-80 ........ 436-467
Benirschke, Max-Düsseldorf 60, 63 371, 372
Berger, Artur-Dresden 208
Billing, Hermann, Prof.-Karlsruhe 18-26, 39-44 . 92-136, 220-244, 246, 249
251-255, 258
Bitzan, Rudolf-Dresden 53, 54 310-315
Bosselt, Rudolf, Prof.-Düsseldorf 468
Boswau & Knauer-Berlin 485, 491
Cissarz, J. V., Prof.-Stuttgart 81
Clemmensen, A. -Kopenhagen 350, 352, 354, 355
Dochow, O. (Berlin) 317, 318, 327
Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst, Dresden 190, 191
Dülfer, Martin, Prof.-Dresden 393-402
Eberhardt, Hugo-Frankfurt a. M 46-48, 471
Eitel, Albert-Stuttgart 164-167
Ehrenlechner, Hermann-Dresden 208, 209
Ellwood, G. M.-London (i7

Erlwein, Hans-Dresden 47, 48, 49, 68, 72 . 283-287, 289-291, 415-424


432.
Eyre, Wilson-Philadelphia Pa 336, 340, 342, 343
Fehse, Alfred-(Berlin) 324
Fox, Grasse de-Bar-Harbour U.S.A 502
Franke, J.-(Berlin) 321, 322
Frejtag & Wurzbach-Hamburg 14 77-82
Friese, G.-(Berlin) 328
Gerson & Wolff-Stuttgart 124, 125
Gesellius, Lindgren & Saarinen-Helsingfors 27-34 138-162
Geyiing, Remigius-Wien 246
Geller, Josef-Dresden 288
Grenander, Alfred, Prof.-Berlin 6, 52-59 39, 317-328
Gross, Karl, Prof.-Dresden 206, 216, 268, 270-272, 273
274, 294, 298, 299, 409, 411
bis 413
Grossmann, J. P.-Dresden 70, 71 406, 408
Gussmann, Otto, Prof.-Dresden 3ö, 69, 73, 74 424, 426-428
Hahn, Hermann-München 256, 259
Halmhuber, Gustav, Prof.-Köln 16
Heller, Hans-Hamburg (Darmstadt) 17
Hempel, Oswin, Prof.-Dresden 35, 37 205, 429-431
Hessemer & Schmidt-München 87, 88
Hildebrand, Adolf von, Prof.-München 176
Hill, Max-Freiburg i. B 66
Hommes, Robert-Mainz (Stuttgart) 65
Hottenroth, Ernst, Prof.-Dresden 207, 284-286, 292, 418-422
Hudler, August, f-Dresden 212
KaufFmann, Hugo-Dresden 208
Kiörboe, Fr. -Kopenhagen 364
Kieinhempei, Erich-Dresden 195-204
Klint, P. W. J., Kopenhagen 61 364-369
Koch, Fritz, -f-Kopenhagen 361-363
Kubier, E.-(Berlin) 326
Kühne, Max, Hans-Dresden 38 177, 178
Leonhardt, C. F. W.-Frankfurt a. M 85, 86
Lohse, Rudolph-Dresden 208
Lossow, William-Dresden 179-185
Lossow & Kühne-Dresden 51
Lossow & Viehweger-Dresden ^ . . . . 293-304
Mallebrein, J.-Freiburg i. B 24 115, 116, 126
Mckim, Mead & White-New York 337, 341
Metzendorf, Heinrich, Prof.-Bensheim a. d. B. . . 373-392
Moelter Anton-(Berlin) ,,..... 55 . 318
Niemeyer, Adelbert-München ... . -. . .
. ' . . . . i . . .' . . . .
'
249
Nolte, E.-(Berlin) 57 . ... 324
Pechstein, Max-Dresden 47, 51
Peter, L. J. -Mannheim 111, 113
Pfeifer & Grossmann-Karlsruhe 88-90 504-520
Pfeiffer, E.-Berlin 6 39, 323
Pirner & Franz-Dresden '....,..... '
212
Platt, A. Charles-New York . \ '
. . . . 338,341,344
Plesner, Ulrik-Kopenhagen 351, 353, 356-,^60
Pössenbacher, Anton-München 62 • •

Prutscher, Otto-Wien 244-246, 256


Rammeiser, Paul-Karlsruhe 501
Ranninger, Jean-Breslau (Mainz) 8, 64
Rasch, A.-(Berlin) 56,-59
Rössler, Paul-Dresden 35, 50 ... . 194, 275, 290, 414
Salomon, E.-(Berlin) 320
Saxonia, Ofenfabrik-Dresden 206
Schaudt, Emil-Berlin 83-86 476-500
Schilling& Graebner-Dresden 45, 46 194, 213-215, 267-282, 425
Schmid, Rudolf-Freiburg B i. 329-334
Schmidt, Richard-Hamburg (Darmstadt) 7, 9 40
Schultz, Otto-(Berlin) '. -^25

Schultze-Naumburg, Paul, Prof.-Saaleck i. T 259, 260


Schumacher, Fritz, Prof.-Dresden 184-193, 208, 210-212


Seidl, Emanuel, von, Prof.-München 41-45, 163
Senf & Musch-Frankfurt a. M 82 470
Sing, Fritz-Karlsruhe 472
Staynes & Wolfe-London 87
Stuck, Franz von, Prof.-München 253
Tillessen,Rudolf-Mannheim 255, 257
Troost, Paul Ludwig-München 35-38
Tscharmann, H.-Dresden 70, 71 403-410, 413
Turner Powell E. -London 168-175
Vent, P.-(Berlin) 52, 58 319
Wilhelm-Karlsruhe
Vittali, . 121-125
Werner, Selmar-Dresden 429-431
Wood, Edgar-Manchester 10-13 51-76
Ziesel & Friederich-Köln a. Rh 81 468, 469

Berichtigungen:

Seite 219 rechte Spalte, Zeile 18 von unten — Niemeyer statt Niemayer
Tafel 5 Entwurf für die Diele im Hause Dr. M. Oechselhäuser in Berlin
statt Diele in der Kruppschen usw.
Tafel 48 Aquarell von Fritz Becken — statt Max Pechstein.
Tafel 65 Robert Hommes —
Rudolf Hommes.
statt ;

Tafel 68 zu ergänzen: Aquarell von Fritz Beckert-Dresden.


Tafel 72 zu ergänzen: Aquarell von Fritz Beckert-Dresden.
Aßy
LEOPOLD BRUER • WIEN
STUDIE ZU ElhER HALLE
,

v,i
MODERNE BAUFORA\EN ,

MONATSH EFTE FÜR ARCHITEKTUR

LEOPOLD BAUER
VON DR. FRANZ SERVAES-WIEN

Ein Wag-
deutlicher Sprosse aus der Schule Otto weiss er, dass alles Neue nur durch eine Notwendig-
ners, nimmt Leopold Bauer dennoch heute im werden kann und dass ohne die
keit gerechtfertigt
Wiener Kunstleben eine durchaus persönliche Kontrolle zwingender Bedürfnisse die phantasievolle
Stellung ein. Er ist nicht so typisch wie Josef Laune nur ein flüchtiges Spiel ist und nimmermehr
HofFmann und nicht so exotisch wie etwa Olbrich die Schöpferin bleibender, in die Zeit ragender
(der trotz Darmstadt seinen Wiener Ursprung nicht Werke werden kann. Keinem Künstler ist diese
verleugnen kann). Vielleicht könnte man sagen, er Erkenntnis so notwendig als dem Architekten.
sei wienerisch -typisch mit exotischem Einschlag. Denn keine Kunst derart den Jahrhunderten
ist

Doch wäre damit sein Wesen ebensowenig erschöpft, tributpflichtig, keine in solchem Grade an die kon-
als wenn man, gleichfalls mit Berechtigung, sich kretesten Bedürfnisse und Gewöhnungen der Men-
dahin auslassen wollte, dass Bauer ein Rationalist schen gebunden wie die seinige. Diese Bedürfnisse
mit phantastischem Einschlag oder dass er ein und Gewöhnungen aber sind, mögen auch noch so
Radikai-Moderner mit konservativem Einschlag sei. viele Hilfsmittel neuer Befriedigungen gefunden
Er ist alles dieses und ist mehr. Ist jedenfalls noch werden, seltsam konstant. Sie können verfeinert,
irgend etwas anderes, das der Formulierung wider- bereichert, veredelt werden, aber sie verlangen
strebt. Ist, kurz heraus, eine künstlerische Persön- immer wieder dasselbe —
auch wo modische Laune
lichkeit und ist vor allem ein im vollen Werdestrom die alten Forderungen mit bizarren Einfällen um-
sich rührender schöpferischer Mensch. A kleidet. Darum ist die Kunst des Architekten in ihren
V Also da gibt es keine Etikette. Da ist bei aller Grundelementen fast garnicht veränderlich. Und nur
Klarheit, Logik, Bestimmtheit doch zuviel Mystik. wo neue Materialanwendungen, wie das Eisen, oder
Zuviel Unbegreif barkeit, zuviel fröhlicher Selbst- neu zu lösende Aufgaben, wie die Schöpfung von
widerspruch, zuviel aufschiessende Laune, zuviel Bahnhöfen oder der Bau von Maschinen auftauchten,
spöttische Menschlichkeit. Und Menschlichkeit sah sie sich vor völlig unberührte Probleme gestellt.
heisst Veränderlichkeit, trotz aller Statik der Auch Museen, Parlamente, Theater erforderten die
Systeme, trotz aller Wucht kämpferischer Ueber- Aufstellung neuer Bautypen und sind in vielen
zeugungen. V Punkten auch heute noch nicht zu ihrer Vollendung
V Auf diese Doppelnatur im
vielseitig- schillernde gereift. Aber bei Kirchen, Wohnhäusern, Palästen,
^X'esen Leopold Bauers werden wir zu achten haben. Monumenten hat die Vergangenheit schon derartig
Als moderner Mensch ist er voller Entwürfe, Kom- feste Grundlinien gezogen, dass es sich nur um
binationen, Analogieschlüsse, experimentierender eine möglichst gescheite, praktische und feinfühlige
Ideen. Er stürzt sich mit Begeisterung in neue Anwendung auf die jeweilige Lebensweise der
Möglichkeiten, auf die verheissungsvoUe Anwendung Menschengeschlechter dabei handeln kann. In
neuer Techniken für neue Bedürfnisse und Ge- diesen Fällen - den weitaus häufigsten wird —
schmacksreizungen. Aber als historisch geschulter demnach der Ehrgeiz des Architekten sich zu be-
und besonnen abwägender Architekt besitzt er zu- scheiden haben. Doch je weiter seine künstlerische
gleich in sich das Zügelungsmittel: jenen tiefen Persönlichkeit reicht, desto weniger wird der Archi-
Respekt vor den dauernden Errungenschaften des tekt in dieser Selbstbescheidung eine Hemmung
geschichtlich Gewordenen, jenes fast religiöse Be- erblicken. Desto differenzierter werden sich ihm
wusstsein von der Unerschütterlichkeit und Heilig- die Aufgaben darstellen, die er im engen Anschluss
keit des in Jahrtausenden Erwachsenen. Und darum an das Gewordene und Ueberkommene mit leise
Leopold Bauer

umgestaltender Hand und feinfühlig nachspürendem verstieg sich eine „monumentale Architekturphan-
Geist zu lösen hat: ein steter Erfinder und Neu- weniger bezweckte, als alle Gebäude,
tasie", die nichts
schöpfer in hundert Kleinigkeiten, die im einzelnen die sich auf dem Felsen von Monaco befinden, kurzer-
nur dem geübten Blick sich enthüllen, die aber, hand zu rasieren und dorthin einen pompösen
wo sie insgesamt befriedigt wurden, auch dem un- „Fürstensitz" als steile Warte ins Meer hinaus zu
geschulten Auge den Anblick von —
sagen wir bauen: Palast, Theater, Kirche, Spielhölle, alles
einem neuen Kleide gewähren, mit dem der alte friedlich beieinander und alles durch einen einheit-
Körper sich geschmückt hat. V lichen Kunstplan sozusagen unter einen gemeinsamen
V In Leopold Bauers Entwickelung können wir Hut gebracht. Also eine Art neuer Akropolis!
dieses allmähliche Reifwerden für die individuelle Darunter tat es dieser junge Stürmer und Dränger
Lösung kleinerer Aufgaben verfolgen, ohne dass nicht. Im Gegensatz dazu verrät uns der vom
deshalb die grossen Ziele, denen er in seiner Jugend Künstler selbst beigefügte Text, dass sein Geist mit
schwelgerisch zustrebte, aus seinem Gesichtskreise lauter praktischen und sehr modernen Ideen erfüllt
ganz verschwinden. Vielleicht aber wird man kon- war und dass hier die nächsten realen Aufgaben
statieren dürfen, dass die Schule des Kleinen ihm liegen müssten, denen er sich zuwenden würde.
auch für die Lösung des Grossen neue fruchtbare V Wo ein modernes Haus als individuelle Kunst-
Gesichtspunkte geschenkt hat. V leistung zustande kommen soll, müssen zwei Kräfte
V Junge Architekten, die noch nichts zu bauen gleichwertig zusammenwirken, der Bauherr und der
haben, toben sich gewöhnlich zuerst auf dem Papier Architekt. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, dass
aus. Ungeheuere Bogen bedecken sie mit unge- letzterer allein nach selbstherrlicher Willkür das
heueren Entwürfen. Ganze Städte möchten sie Künstlerisch-Beste zu leisten vermöge. Im Gegen-
niederreissen, um dafür neue, nie dagewesene empor- teil, er bedarf, um aus der Abstraktion und dem

zuzaubern. V vagen Rausch herauszukommen, des scharf formu-


V So waren auch die Anfänge Leopold Bauers. lierenden und klar fordernden Gegenwillens des
Als junger Mann gab er ein Publikationswerk Bestellers. Darum wird ein kluger Architekt stets
„Verschiedene Skizzen, Ent-
heraus, das sich den Auftraggeber zu lebhafter Mitarbeit auffordern
würfe und Studien" betitelte (Wien, Anton Schroll und wird nicht müde werden, dessen Wünsche und
1899) und das in Ausdrücken überschwänglicher Neigungen bis ins Kleinste zu erhorchen. Alles,
VerehrungOtto Wagner gewidmet war. Doch überall was er auf diese Weise erfährt, wird ihm eine un-
erkennt man: Otto Wagner plus Barocke und plus schätzbare Anregung zur Schaffung einer streng-
Antike! Das geht noch in wilder Gärung durch- persönlichen Kunstleistung sein. Gewiss werden
einander, mitunter von eigenen neuen Einfällen auf diese Weise die Schwierigkeiten sich mehren.
frohlockend übertönt. Da wird gelegentlich einmal Aber ein Künstler wünscht sich nichts
fähiger
der Parthenon „zitiert", oder die römische Peters- Besseres. stärkerem Masse seine Kraft heraus-
In je
kirche und die Wiener Karlskirche, und selbst die gefordert wird, desto leistungsfähiger wird sie sich
Wiener Hofoper spuken nach. Die ganze Welt- erweisen. Und aus der angespanntesten Energie
geschichte der Architektur wird und
verarbeitet springen dann die leichtesten und elegantesten
muss Motive liefern, um den Phantasiegängen dieses Lösungen hervor. V
jungen Himmelstürmers zu dienen. Immerhin man V Man darf es Bauer nachrühmen, dass er von
sieht: hier ist Einer, der Neues schaffen kann, der besonderer geistiger Schmiegsamkeit ist und dass
dazu berechtigt ist —
denn, er hat den bisherigen er darum niemals dem Bauherrn die Mitarbeit ver-
Entwickelungskreis in sich vollendet. Mag auch kümmert. Sobald er einmal erst als Fisch ins
noch hunderterlei in seinem Kopf herumspuken, es Wasser geworfen war, verstand er sich auch bereits
wird sich klären. So ging dieser junge Baukünstler auf das sehr reale Element, in dem er fortan zu
im Geist auf die Lösung lauter kolossalisch gestellter schwimmen hatte. In verschiedenen österreichischen
Aufgaben los. Da sollten „Heldengräber" und „fürst- Ländern, in Mähren, in Schlesien und in Böhmen
liche Badehäuser" errichtet werden. Da wurde mit- stehen bereits zahlreiche Häuser, die Leopold Bauer
konkurriert um das Völkerschlachtdenkmal für Leip- nach aussen und nach innen bis ins letzte Detail
zig, oder es wurde eine grosse in hoher Einsamkeit vollendet hat. Er hat verschiedentlich in Städten
gelegene Konzerthalle geplant, „zur Aufführung von gebaut, mehr noch auf dem Lande, wo, ohne den
Beethovens und Brückners Symphonien". Das Zwang des Einreihens in eine uniforme Strassen-
Musikalische, z. B. das Gesetz vom „Thema und linie, durch das Freistehen innerhalb einer Land-
Gegenthema" hat auf Bauers Produktion direkten schaft weit günstigere künstlerische Bedingungen
Einfluss gewonnen. Am höchsten von allem aber gewährt sind. Die drei ländlichen Häuser, die in
Leopold Bauer

dieser Zeitschrift in zahlreichen Aufnahmen ver- stimmt, erscheint sodann das Wohnhaus des Baron
öffentlichtwerden, sind sehr geeignet, uns das, was Spaun in Klostermühle (Böhmen). Halle und Schlaf-
Bauer auf diesem Gebiete zu leisten vermag, zu zimmer, Küche und Kinderstube sind ungemein
veranschaulichen. Sie sind vor allem in dem Sinne anheimelnd gestaltet und laden zum Verweilen ein.
individuelle Schöpfungen, als darin die Individua- Wo bleibt gegenüber solchen Leistungen die alberne
lität des Künstlers den individuellen Ansprüchen hergebrachte Fabel von der Unwohnlichkeit und
des Bestellers gerecht zu werden verstand. V Bizarrerie „sezessionistischer" Wohnräume! Ge-
V Bei Schloss Zlin in Mähren wird dieses schon wiss, Bauer ist Sezessionist, nicht bloss weil er der
aus der vortrefflichen Art ersichtlich, in der der Wiener Sezession angehört, sondern in weit stärke-
moderne Architekt sich in den bereits bestehenden rem und tieferem Sinne deshalb, weil er aus den
alten Bau zwanglos hineinzubauen verstand. Hier Niederungen der herrschenden Stilverwirrung und
wird auch das schärfste Auge nicht den Eindruck Geschmacklosigkeit auf den heiligen Berg neu-
von etwas Zusammengestückeltem bekommen. Die schöpferischer Kunsttätigkeit entwichen, „sezediert"
Linien laufen so eben und gleichmässig, die Bau- ist. Aber gerade hier zeigt sich der Segen seiner
teile schliessen sich so harmonisch zusammen, als historischen Schulung. Er war viel zu gut geschult,
ob alles völlig aus einem Gusse wäre. Dabei sind um in eklektischer Formennachahmung oder will-
die Wirkungen überall ebenso diskret als gefällig, kürlicher Formenverzierung sich gefallen zu können.
vom Geist einer vornehmen Einfachheit diktiert. Vielmehr suchte er, gleich so manchen Anderen,
Wie schlicht ist und doch wie
dieser Schlosshof, die heutzutage das Richtige wittern, eine besonnene
reizvoll! Die schönen Bogenabschlüsse der Um- und organische Anknüpfung dort, wo vor dem Ein-
gänge und der Fenster bilden, um auf Bauers alte bruch des Eklektizismus der Faden der natürlichen
Musikneigungen zu exemplifizieren, das taktmässig geschichtlichen Entwickelung frivol abgerissen wor-
wiederkehrende Hauptthema, dem dann die schlanken den war, beim Biedermeierstil. Man mag über
schmalen Mauerpfeiler als aufstrebendes Gegen- diesen Stil urteilen wie man' will, man mag ihn
thema antworten. Und der kreisförmig vorspringende philiströs, beschränkt, schwunglos schelten doch —
Erker nimmt das Rundmotiv noch einmal auf und ist er auch naiv, gemütvoll und behaglich, der echte

führt es kontrastierend durch. Besonders gelungen Ausdruck einer bürgerlichen Kultur. Jedenfalls
in der Raumwirkung erscheint die Halle und das gibt es für den Innenkünstler, der auf historische
sich daran anschliessende Treppenhaus. Hier ist Kontinuität hält, heute keinen anderen Stil, an den
die grosse Uebersichtlichkeit und breite Entfaltung er fortbildend anknüpfen könnte. Aber freilich liegt
zugleich durch versteckte Reize, wie den gewun- die Anknüpfung um gut zwei Menschenalter zurück,
denen Treppenaufgang in der Ecke, anmutig belebt. und diese bedeutende Zeitkluft muss überbrückt
Nicht minder erscheint auch die obere Mündung werden. Aus der Postkutschenzeit in die Epoche
der Treppe recht glücklich in die Hallenbogen- der Funkentelegraphie, das ist ein gewaltiger Sprung.
formen des Flurhauses hineingelegt. Ais niedliches Und so ist denn also auch hier nicht möglich, mit
kokettes Anhängsel wirkt das als Abschluss der Formennachahmungen zu arbeiten. Man kann nicht
Kegelbahn dienende anmutende Gartenhäuschen. mehr beibehalten alsElemente, sozusagen
die
V Beim Hause des Herrn von Kralik in Winterberg einen Stimmungsakkord und ein Stückchen Form-
war Bauer Gelegenheit geboten, auch das Aeussere grammatik —
alles übrige muss neu erfunden werden,
reicher durchzubilden. Er tat dies in völlig un- mit den Mitteln unserer Zeit für die Bedürfnisse
konventioneller Art, nicht mit den Mitteln des aus unserer Zeit. In diesem Sinne arbeitet Leopold
dem Musterbuch schöpfenden Ornamentikers, son- Bauer, und gerade im Spaunschen Hause können
dern mit denen des Architekten, der sorglich die wir ihn hiebei beobachten. Ein Schimmer von
Betonungen abwägt. Wie die Umrisslinien geführt Biedermeiertraulichkeit ist da, doch kaum mehr!
und wie die Fenster angeordnet sind, auch wie die Alles voller Einfachheit, Schlichtheit, Behaglich-
Terrasse des oberen Stockwerks sich ins Ganze keit - dabei eine Knappheit und Bestimmtheit
fügt, das sind die entscheidenden Punkte. Eine in der Sprache der Formen, die nichts mehr hat
dekorative Ausgestaltung weisen alsdann bloss das von der umständlichen Breite und Redseligkeit
Einfahrtstor und der Dachübergang auf; Gegenden, unserer Vorväter. Und bei aller Phrasenlosigkeit
die eine stärkere ornamentale Akzentuierung wohl spürt man doch auch Phantasie, spürt Farbenfreude
herausfordern. Und dieser sparsame Schmuck be- und jene instinktive Abneigung des echten Künst-
schäftigt umso willkommener das Auge. V lers gegen alles, was Alltäglichkeit heisst. V
V Mit besonderer Liebe durchgebildet und ganz V Freilich wird man sagen dürfen, dass gerade in
auf die Reize einer behaglichen Häuslichkeit ge- diesem Falle sich das persönliche Zusammenwirken
Leopold Bauer

ersten Preis. Der Friedenspalast als turmbewehrter


zwischen Bauherrn und Baumeister besonders kund-
Festungsbau eine tödlichere Ironie ist garnicht
tut. Baron Spaun ist ja nicht der erste Beste.
denkbar! Bauers Projekt aber war nicht im min-
Er ist der Inhaber jener Fabrikwerke für farbige
desten beachtet worden. Es erhielt nicht nur keinen
Glasbereitung, die in ihrer Art die erste, wonicht
österreichischen Landen ist. Dem der zehn Preise, es befand sich nicht einmal unter
die einzige in
Beispiele Tiffanys folgend, doch sehr rasch zur den achtzig(!) Entwürfen, die in die engere Auswahl
kamen. Freilich hat diese verantwortungsvolle
Selbständigkeit erwachsend, hat Baron Spaun es
Riesenarbeit damals in drei Tagen erledigt werden
verstanden, die bezauberndsten tropischen Farben-
spiele von wahrhaft berückendem Lüsterglanz
in müssen —
man sieht mit welchem Erfolg! V
V Ueber die künstlerischen Leistungen der in Haag
Glasform nachzubilden. Und das verdient darum
damit eingereichten Projekte bin ich naturgemäss nicht
an dieser Stelle erwähnt zu werden, weil er
unterrichtet. Wahrscheinlich stammten sie von
dem Architekten Bauer in der Form von bunten
lauter Göttern und Genies, dass eine Arbeit wie
Glaskacheln ein Material an die Hand gegeben hat,
mit die Bauersche kurzerhand in die Ecke geschoben
das dieser mit besonderer Vorliebe und oft
grossem Glück verwendet. Ganze Kaminwände hat werden konnte. Doch lassen wir alle Vergleiche mit
Bauer gelegentlich mit diesen Glaskacheln ausge- den Arbeiten Anderer. Vergleichen wir den Entwurf
man vergleiche die hier publizierte lediglich mit dem, was Bauer selbst bis dahin ge-
schlagen
Farbenskizze zu einem Hallenprojekt — oder er konnt hat. In den „Skizzen und Entwürfen" be-
die weissverputzte findet sich der Plan zu einem Parlament für Mexiko.
zieht sie friesartig hin, als in
lockeren Farbenstreifen. In Dieser ist in seiner ganzen Anlage mit dem Projekt
Wand eingelassenen
für Haag aufs nächste verwandt. Er ist gleichsam
Bauers ganze Art, die nach wie vor entschieden
dessen Vater. Aber um wieviel geklärter, durch-
auf das Farbige gerichtet ist, passt diese Verwendung
dachter, eleganter und selbständiger ist Zug für Zug
der Spaunschen Lüsterkacheln sehr gut hinein und
erhöht ihre individuelle Ausdrucksweise. V das Haager Projekt! V
Weise die Elastizität V Was an dem neuen Entwurf vor allem befriedigt,
V Während Bauer auf diese
Dieser ist ebenso feierlich und
ist der Grundriss.
seines künstlerischen Könnens an den kleineren
repräsentativ als praktisch und lichtvoll. Die sehr klar
Aufgaben des Alltags verfeinerte und geschmeidigte,
disponierten Korridore bilden eine fast unübertreff-
Hess er doch seine grossen Ziele, die auf die Er-
bare Kommunikation zwischen den einzelnen Teilen.
richtung von Monumentalbauten gerichtet sind,
keineswegs aus den Augen. Bis jetzt ist er, was die Und stolz lagert in der Mitte der überdachte Lichthof.
Alle Bequemlichkeiten, alle Auskunftsstellen sind
materiellen Resultate angeht, freilich auf diesem Ge-
gleich zur Hand. Dabei trotzdem eine imposante
Total-
biete nur wenig vom Glück begünstigtgewesen. Kürz-
Schlesien den Auftrag wirkung. Die Fassade vermöchte man sich ja wohl
lich erhielt er für Bielitz in
Kirchenbau: das ist alles, was er bis jetzt noch schwungvoller auszudenken. Aber auch sie ist
für einen
erreicht hat.Wieviel aber sahen wir daneben in im Aufbau vorzüglich, mit der die Mitte beherrschen-
Plänen und Projekten bei ihm sich entwickeln: die den, empfangsfrohen Mosaiknische, mit den breit
auseinandergelegten Flügeln, mit dem überragenden
Jubiläumskirche für Wien, ein Postamt für Inns-
Mittelrundbau an Stelle einer Kuppel. Vor allem
bruck, ein Schützenhaus für Jägerndorf, eine Han-
aber entspricht die Gesamtanlage durchaus der
Idee,
dels- und Gewerbekammer abermals für Wien,
und
den Friedenspalast für Haag. Alle die durch diesen Monumentalbau gefeiert werden
jetzt zuletzt,
diese Bauten stehen auf dem Papier ein trauriges Man fühlt im Anblick dieser ruhigsich strecken-
sollte.

den Formen die versöhnende, völkerverbindende


Los für einen so schöpferisch veranlagten und taten- "^
Wohltat des Friedens.
durstigen Architekten. Besonders schade ist es um
auch wenn es ad acta gelegt
den Haager Friedenspalast, eine wirklich ungewöhn- V Mit diesem Projekt,

und schön durchgebildete Schöpfung.


lich reife, klar
werden muss, hat Bauer jedenfalls einen glänzen-
den Befähigungsnachweis erbracht. Und darum
V Man kennt das Resultat der ausgeschriebenen
der
Konkurrenz, das kläglichste seit Jahrzehnten. Die wird es ihm, das glauben wir fest, sehr bald an
Zwingburg eines französischen Ar- Möglichkeit zur praktischen Ausführung von Monu-
mittelalterliche
dem Rezept- mentalbauten nicht fehlen. Er ist da und die —
chitekten, ein geist- und sinnlos aus
Zeit wird sich seiner erinnern!
V
buch zusammengestückeltes Machwerk, erhielt den

V V V V V V V
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Haus Spann

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Haus Spann : Kindei:imiucr und Küche
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LEOPOLD BAUER-W'IEN
Sdiloss Zlin : (hinlcrobc unter der Hiinplfrrppc
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Sdiloss Ztin : Haupttirppe und Kegelbahn
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Konkurrenz zum tiaager Friedenspalast : Erägesc/iossgriauirLs
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Koiikiincti: zum Ifuimer l'riedenspalast : Ohi'ri;i'S(iiossgriintin's
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Koiiküirni: :iiin Hihii;rr Ericilrnspalast : Schnitt i/iiir/i dt-ii giossrii (jfiiditssaal
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LEOPOLD BAUER- WIE


Dokumeiitenschrank
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LEOPOLD BAUER-WIEN
Haus Kralik : Einfahrt
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LEOPOLD BAUER -\r/t.\


Haus Kralik : Halle
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Leopold Bauer-Wien. Grundrisse des Hauses Kralik in Winterberg (Böhmen)

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Paul Ludwig Troost-Mündien, Grundrisse des umgebauten Wo/inliauses in der Georgenstrasse in AUlndien
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PAUL LUDWIÜ TROOST- MÜNCHEN


Haus in der Georgenstrasse zu Miindicn
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PAUL LUDWIG TRÜOST-MÜNCHBN


Umbau eines Wohnhauses in der Georgenstrasse zu Milndieu
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PAUL LUUWIÜ IRUUST-.\U'.\(:ill:.\


Gartenseite des Hauses in der Georgenstrasse zu Mündwn
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PROr/iSSOU liMASUlil. VON SHIDL WCNCIIEN -

Haus Lauteiibachcr in Mündwii-Sdiwahiiii' : Ciaitcniinsidit


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PROF. EMANUEL VON SEI DL- MÜNCHEN


Haus Lautenhacher: AnfalirtshalU'
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HUGO EBBRHARDT- FRANKFURT am.


Erhhniilinus Lniilrnschlager in Frankfurt aj M.
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UNSERE BILDER
V Das von P. L. Troost entworfene Haus, ein getrachtet, dieRäume schon durch die Art der Fenster-
reiner Putzbau, ist aus einem Umbau hervorge- stellung und Fensterteilung zu charakterisieren,
gangen. Dabei konnte der Architekt allerdings die ferner durch die Lage der Räume untereinander.
Fassaden und die innere Einteilung vollständig neu Grösstenteils mit gewölbten oder einfachen, orna-
entwerfen, hatte aber immerhin mit den bestehenden mentierten Stuckdecken versehen, haben die Zimmer
Verhältnissen zu rechnen, wodurch die Aufgabe fast durchgehends schablonierte Wände, deren Kon-

bedeutend erschwert war. So wurden unter anderem traste sich in hellen, grauen, braunen Tönen und in
die Haupt- und Nebentreppe, deren Lage auf die dunkeln satten Abstufungen bewegen. Täfelungen,
weitere Grundrissgestaltung bestimmend einwirkten, Kamine u. dgl. vervollständigen den inneren Ausbau.
ganz neu eingebaut. Es mag noch angefügt werden, V Hugo Eberhard t stützt sich bei der Archi-
dass das Projekt für einen alleinstehenden Herrn, tektur desHauses Lautenschlagerauf baroke Erinner-
einen Komponisten ausgearbeitet war. Aber durch ungen und es gelingt ihm mit diesen Formen und
dessen Tod und den folgenden Verkauf veränderte den farbigen Werten der Baumittel dem kleinen
sich nicht nur die Raumbestimmung des ersten Hause ein zugleich vornehmes und behagliches Aus-
Stockwerkes, es wurde auch von der geplanten sehen zu geben. Ausser dem gelblichen Verputz
architektonischen Gartenanlage abgesehen und, sind noch Basalt für den Sockel und weissgrauer
was am meisten zu bedauern ist, die Ausgestaltung Sandstein für die Fensterumrahmungen und sons-
des Inneren nicht ausgeführt. In der fünften tigen Architekturglieder verwendet; dazu kommen
Nummer des vorigen Jahrgangs konnten wir einige das rote Biberschwanzdach, das weisse Fensterholz
dieser Innenräume reproduzieren; man beachte den und grüne Läden. Die innere Einteilung ist sehr
Einklang der strengen Aussen-Architektur mit den geschickt gelöst; durch eine geräumige Garderobe
abgeklärten Formen der Raumausstattung. V betritt man entweder die Wohndiele oder das
V dem Hause in Schwabing betonte Professor
Bei Treppenhaus, das in der warmen Jahreszeit durch
Emanuel von Seidl die malerische Wirkung. Offnen der breiten Schiebtüre der Diele angegliedert
Hiefür sprachen schon die landschaftliche Lage des wird. Hier, als dem Hauptwohnraum, bilden an-
Grundstückes im Strassenbild, sowie deralte Garten- schliessend an einen Gaskamin aus holländischen
bestand. Jedoch nicht allein in der glücklichen Klinkern mit eisernem Helm eine Anzahl Truhen-
Gruppierung der Baumassen, sondern auch in der bänke eine gemütliche Nische, während das neben-
Behandlung der Mauerflächen mit rauhem Putz an liegende Empfangszimmer eine Ausstattung im
und rötlichgrauen Hau- und Kunststeinen, kommt Sinne der Biedermeierzeit erhalten hat. Bemerkens-
dieses Bestreben zum Ausdruck. Seine Steigerung wert ist, wie der Architekt in diesem Zimmer den
findet es in der Verwendung von farbigen Fenster- gewünschten tiefen Erker schuf, der ihm an der Fas-
läden und vielfachen Spalierbildungen. Einige gute sade untunlich erschien. Auch die übrigen Räume
Plastiken schmücken die durchaus sachliche Archi- zeigen eine ähnliche gediegene Ausstattung. Die
tektur, in schönem Gegensatz zu den grossen, Baukosten beliefen sich einschliesslich der Warm-
glatten Flächen. Im Inneren ist ebenfalls darnach wasserheizung nicht über 40000 Mark. V

Hugo Eberhardt- Frankfurt aXl. Grundrisse des Hauses Lautenschlager

X'erantvvortlicher Herausgeber: M. J. ÜRADL- Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.


Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmaunsche Budidruckerei Felix Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck .iller in dieser Nummer cutlialteneu Artikel uud Bilder ist verboten.)
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EDQRR WOOD • MRhCHESTER


STUDIE ZU EIMER HRLLE MIT KORRIDOR
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VI MODERNE BAUFORA\EN
vnONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
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EDGAR WOOD
VON MICHAEL BUNNEY-LONDON
Kein ausübender Künstler, der in der letzten gleich mitdenen die Fortentwicklung unserer Zeit
Hälftedes neunzehnten und zu Beginn des geradezu schwächlich genannt werden muss. V
zwanzigsten Jahrhunderts in England gelebt hat, V Darin, dass er das Beste, was diese Bewegungen
konnte sich dem Einfluss der umwälzenden Anschau- lehren konnten, aufnahm und ihren Geist mit allem
ungen in der Architektur entziehen, die das Viktoria- verwob, was seiner Hand entsprang,liegt der Keim
nische Zeitalter kennzeichnen. In verschiedener zu Woods Erfolgen als Architekt. Sein Eklektizis-
Weise hat sich dieser Einfluss von dem ersten mus — wenn man diesen Ausdruck überhaupt auf
grossen Anstoss an, den das Wiedererwachen der seine Arbeiten anwenden darf —
war der denkbar
Gotik gebracht hat, geltend gemacht, während all höchststehende; denn stets war er ebenso bereit
der mannigfachen ästhetischen Erscheinungsformen, wie fähig zur rechten Wertschäjzung der verschie-
der Morrisepoche, l'Art nouveau, des \'oyseykultus, denen Kunstauffassungen, mochten diese der Ver-
und schliesslich auch bei dem, was unsere Tage, gangenheit angehören oder von Zeitgenossen aus-
Neues erdenkend oder auf der Fährte des Her- gehen. Erlernte mit seinerzeit! Damit soll nicht
gebrachten wandelnd, geschaffen haben. Mehr oder gesagt werden, dass er nicht ein durchaus originaler
minder gerieten alle unter den Bann: Der leiden- Geist sei — alle seine Werke
sind durchaus sein
schaftliche Parteigänger, vor dessen Augen nichts Eigentum und zeugen
von einer schöpferischen
Gnade findet, was nicht aus der eignen Schule her- Kraft ersten Ranges. Die daraus sich ergebende
vorgegangen ist, wie der gleichgültige Praktiker Vortreffiichkeit seiner Arbeiten reiht sie ohne wei-
ohne grosses Talent und ohne hohen Flug, der teres nach Stil und Ausführung in die zeitgenössi-
nach einem Stil oder doch nach etwas Stilartigem schen Meisterwerke ein. V
sucht, das seinen Bedürfnissen am besten entspricht V Wood hat erkannt, dass man die Individualität
und das die geringsten Ansprüche an seinen Fleiss nicht zu weit treiben soll, dass die Architektur und
und an seine Tätigkeit stellt. Nachdem er einmal in gewissem Masse jede Kunst nur in beschränk-
angefangen hat, will er blindlings darauf losarbeiten, tem Sinne lokal sein darf und dass die ausführen-
ohne sich bei einer neu aufkommenden Geschmacks- den Künstler Fühlung untereinander haben müssen,
richtung grosse geistige Anstrengungen zuzumuten. um die Tradition der britischen Hausarchitektur
V Andrerseits war dieses gewaltige Ringen nach lebendig zu erhalten, wenn anders eine gedeihliche
einer neuen künstlerischen Ausdrucksweise bald voll Weiterentwicklung möglich sein soll. Er stimmt
Leidenschaft und Temperament, bald voll Tiefe und auch der Ansicht bei, dass das Sachliche, das Zu-
Gelassenheit, doch darum nicht minder kraftvoll; rückhaltende und das Stattliche an einem Werk,
für empfängliche Geister geradezu das Herzblut und mag es auch noch so bescheiden sein, einen
ihrer Kunst. Auf diesem Grunde erwuchsen die machtvolleren, echteren und dauernderen künstle-
besten modernen Arbeiten; mögen sie auch hier rischen Einfluss ausübt als die zufälligen Phan-
und da, vom akademischen Standpunkt aus be- tastereien jener auf unbedingte Originalität bedach-
trachtet, in der Tat nicht vollkommen sein, so sind ten Künstler, deren Welt nur zu oft ausschliesslich
sie dreifach kostbar, weil sich gerade in ihren ihre eigene ist. V
Unvollkommenheiten Spuren jenes Ringens
die V Es mag darauf hingewiesen werden, dass ihn
offenbaren. In der Geschichte der Kunst wird es beständig eine Neigung zum Einfachen leitet, sowie
kein fesselnderes Blatt geben, als das, auf dem die Absicht, lokale Baumittel in der landesüblichen
diese gewaltigen Regungen verzeichnet sind, im Ver- Weise zu verwenden , so dass die \i'irkung seiner
50

Edgar Wood
Bauten mehr durch die angemessene Verwendung ohne den Strassenverkehr zu behindern; eine An-
des Materials als durch den Plan an sich und einen lage, die regelmässig gemacht wurde, als die Gast-
von vornherein erstrebten Effekt zum Ausdruct; häuser noch tatsächlich Herbergen und nicht bloss
kommt. Hierher gehört die ungezwungene Tren- Schenken waren. Dieser Platz wird von einem
nung der von ihm in Lancashire und Yorkshire Balken mit dem Wirtshausschilde überragt. V
errichteten Gebäude in zwei durch die lokale Be- V In Middleton liegt Woods eigenes Haus, ein be-
handlung sich unterscheidende Gruppen. Die Mis- sonders reizvolles Beispiel seiner früheren Bau-
sionskirche in Marland, das Gasthaus „St. Georg weise. Hier wie bei einem Landhause gegenüber
mit dem Drachen" und Herrn Brierlys Haus sind wendet er noch Verputz an, ein Material, bei dem
so zweifellos im Geist der überlieferten Bauweise die Auffrischung geringe Kosten verursacht und
von Lancashire gehalten, als das Torhaus in Lind- das hier dazu dient, einer im übrigen trübseligen
ley und die Häuser in Huddersfield nach Yorkshire Vorstadtgegend einen heiteren Anstrich zu geben.
gehören, ohne doch den Stempel von Woods Per- Ein Blick auf den Plan zeigt, dass Wood aus einem
sönlichkeit zu vermissen. Es haftet ihnen der etwas beschränkten Gartenraum das Menschenmög-
ortsübliche Charakter an, ohne dass dadurch die liche gemacht Innen finden sich manche glück-
hat.
Erfindungskraft oder die Originalität irgendwie zu liche Lösungen, besonders im Haus- und Treppen-
kurz gekommen wären. V flur, wo die Wände auf weissem Grunde ein Muster

V Lancashire ist nichts weniger als eine lachende von spriessendem Laube zeigen, das schon weit
Gegend; Rauch und Russ herrschen rings um offen und ziemlich langgestielt ist. Auch die Be-
Manchester, und weiter draussen ist die Landschaft handlung des Speisezimmers verrät eine glückliche
rauh und wenig einladend. Es empfiehlt sich da- Hand; alles ist bemalt: die Wände zeigen ein
her doppelt, so zu bauen, dass die Einwirkung stumpfes Blaugrün, der Fries ein fortlaufendes
dieser Umgebung auf das Material sich in der Folge dekoratives Motiv, das im ganzen den Eindruck
eher förderlich als schädlich erweist, und nur wer eines graublauen und graugrünen Gobelins macht,
gesehen hat, wie unzulänglich andere Bauweisen die Decke ist weiss mit grünen Flecken und hat
sind, die man in nicht geringer Zahl verwendet in der Mitte einen grossen flachen vergoldeten
findet, vermag die Bedeutung dieses Gesichts- Knopf, aus dem die elektrischen Lichter herab-
punktes zu ermessen. Von dem Gebäude der Man- hängen. Auch auf dem breiten Getäfel und auf
chester & Salford-Bank und einigen Teilen der wes- den Bilderrahmen tritt die Vergoldung stark hervor
leyanischen Kapelle abgesehen, die aus Stein sind, und bringt einen reichen und weichen Ton in das
hat Wood klugerweise den rauhen, unansehnlichen, Bild. Der Wert dekorativer Goldflächen, mit dem
dort gebrannten Backstein benutzt, dessen einzige die alten Mosaikkünstler so wohl vertraut waren,
gute Seite ein gewisses robustes Gefüge ist. Sein wurde verkannt, so lange die Vergoldung keinem
Aussehen verbessert sich bei der Verwitterung eher andern Zwecke diente, als zu prunken. Die Eigen-
als dass es sich verschlechtert. An Herrn Brierlys art Woods im Ausbau des Inneren zeigt sich treff-
Hause, wo die Backsteinwände zur oberen Hälfte ge- lich in unseren farbigen Beilagen. V
tüncht sind,ist die Verwendung eines ausgesprochen V Weitere bedeutende Werke unseres Meisters
lokalen Backsteinmusters von guter Wirkung, was finden sich in Middleton. Ausser einigen Gebäuden,
im Verein mit den Backsteingewänden der Fenster die Handelszwecken dienen, sind dies die neue wes-
und den grauen Dachplatten das durchaus moderne leyanische Kapelle und die Schulhäuser. Wie wir aus
Haus in völliger Harmonie mit seiner Umgebung dem Plane ersehen, umschliessen die Kapelle und die
erscheinen lässt. Dicht bei diesem Hause finden Schulen auf drei Seiten einen Hofraum, eine archi-
wir die kleine Mariander Missionskirche, die in tektonische Anlage einfachster Form. Auf der
bezug auf Behandlung derselben Gruppe angehört Strassenseite läuft eine Schutzmauer mit einem
und die, in der Wirkung ausser allem Verhältnis kühn geschwungenen offenen Portal, wodurch der
zu den geringen Kosten und den einfachen Mitteln, Hofraum, ohne dass der Zutritt verwehrt wäre,
unser bauliches Interesse erregt. Bei St. Georg doch das Gefühl des Abgeschlossenen hervorruft.
mit dem Drachen, einer Gastwirtschaft weiter nach Die Kapelle ist aus rotem Sandstein und Ziegeln
Manchestei' zu, ist Wood wieder der Ueberlieferung erbaut und mit Steinplatten gedeckt. Herbe Ein-—
gefolgt und zwar nicht nur beim Bau selbst, sondern fachheit beherrscht das Innere. Mit seinen wohl
auch in der Art, wie er diesen in Beziehung zur abgewogenen Verhältnissen macht der Bau einen
Landstrasse gebracht hat. So finden wir unter ehrwürdigen und doch anmutenden Eindruck. Die
anderm zwischen dem Fussweg und dem Wirtshaus einfach getünchten Schulgebäude mit ihren breiten
einen freien Raum, wo Fuhrwerke halten können. Fenstern und strengen Umrissen erinnern an die
51

Edgar "Wood

Architektur der Baumwollfabriken, in deren Nähe V Als charakteristisch für die neueste Richtung, die
sie stehen und für deren Arbeiterschaft sie be- Woods Genius eingeschlagen hat, interessiert die
stimmt sind. Ein weiteres bemerkenswertes Bei- Reihe von Gebäuden, die erst kürzlich in Bowdon
spiel eines Kirchenhaus ist die erst jüngst vollendete erstanden sind. Hier fällt wieder die liebevolle
erste „Christ-Scientisf'-Kirche zu Manchester. V Behandlung der Türen und des Holzwerks auf, wo-
V In Yorkshire hat Wood in der Gegend von bei die verschwenderische Ausstattung der ersteren
Huddersfield viele Häuser gebaut. Hier stehen mit Messing und Kupfer und daneben die Ver-
seit alters vorzügliche Bausteine zur Verfügung; wendung glänzender Stücke von bleigefasstem Glas
infolgedessen zeugen die Bauten ringsum von einer in Rosa und Violett die Hauptrolle spielen. Der
kräftigen architektonischen Ueberiieferung, die un- Gesamteindruck all dieser Häuser in Bowdon ist der
ser Meister trefflich mit seiner Eigenart verwoben der breiten Behandlung und der Einfachheit sowohl
hat, sogar mit Einschluss der hölzernen Dachrinnen. im Material wie im Entwurf. V
Almondbury besonderem Masse den Cha-
zeigt in V Wie ausübenden Künstlern steht oder
bei allen
rakter der Rauheit, der für den Häuserbau jener fällt Edgar Wood und sein Künstlerruhm mit dem

nördlichen Bezirke so typisch ist. V begründeten Urteil über seine Werke; dieses Ur-
V In eine ganz andere Klasse gehört der Gedächtnis- teil muss aber dahin lauten, dass wir hier einen

Glockenturm in Lindley, denn hier war Wood Künstler voll fruchtbarer Phantasie vor uns haben,
gänzlich auf seine eigenen Wege angewiesen. Er der ihre Ueberfülle sowohl durch den Zügel der
ging sie mit bewundernswertem Erfolg und schuf Vernunft wie den der künstlerischen Tradition zu
ein stattliches und feines Bauwerk ohne alle un- beschränken vermag und dabei einen Mann voll jener
nötige Zier, aber auserlesen in allem, was ge- Seelentiefe, ohne die zum mindesten kein Archi-
boten wird. Die Skulpturen stammen von dem tekt ein wahrhaft schönes oder den menschlichen
Bildhauer Stirling. V Gesetzen sich fügendes Werk zu schaffen vermag.

EDO AR WOOD -MANCHESTER


Missionskirdie in Marland
52

EDGAR WOOD MANCHESTER


-

liincres der Maiianäcr Missionskirdie in Laue


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i:i)(lAU WOOD - MASCIil-SrHR


Ciduindr tlrr ..Mniulirstrr- >(• Salfanl-Hniili- in .Widdicton
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HD GAR WOOD MANCHESTER


-

Wesleyanische Kapelle in Middleton


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EDGAR WOOD
Grundriss der
W'esleyanisdien
Kapelle und Schulen

HE ROCHOALE RO/i D

P/.AN OF WESLEYAN CHAPEL AND SCHOOLS /VI/öbLETON LANCS-

EDGAR WOOD
Grnndriss von
Woods eigenem
Wohnhause
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r.DüAR WOOn-MANCHHSTIiR
Inneres einer Kirdie in Middleton
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THE FIRST CHVRCH OF CHRIST SCIENTIST MANCHESTER. -=-


PLAN-

Edgar Wood: üniiidriss der .,C/irist-SciciUist-Kircin-' in Ahuichester


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EDCjAR WOOD- manch F.Sri:R
Haiipttor (Irr ..Christ-Scirntist-Kirchr in Moiichester
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liÜGAR WOOD MASCHI-STER


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Cuisthiiiis ,.St. ücorg mit dem Dradien" in Castlelon. l.ancashire


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EDGAR WOOD -MANCHESTER


Huddersfield
Halle in einem Hause in
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EDGAR WOOD- MANCHESTER


Haus in Rriar Court - Hnddersfield
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EDGAR WOOD- MANCHESTER


Olo(t:entitnn in Lindley bei Huddersfield
JfipCAK ^WdodI 1905

EDQRR WOOD • MRhCHESTER


STUDIE ZU ElhER HALLE
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EDGAR WOOD- MANCHESTER. Prof. Collirr's Hans in Bowdon

Wohnzimnifr im oben abefbitdcU'n Haust


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Geschäftshaus Gertig in Hamburg
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Frejtag & Wiirzbacli- Hamburg, üniiidrisse des Gesdiäftshnuses üertig (Hrdgesdwss und Stodiwerkel
WURZBRCH HRMBURQ
FREJTnC5 &
KRÜFHRUS QERTIQ IN HRMBURC5
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FREJrAü & WURZBACH -HAMBURG


Geschäftshaus Gertig: Vestibül
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Gesdtäftshaus Gertig: Treppenhaus


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ENTWICKLUNGSTENDENZEN DES MODERNEN STADTHAUSES


VON PROF. KARL WIDMER, KARLSRÜHE

kannte nur eine Form des Bürger-


Das Mittelalter lichen Charakter verlieh. Gebundenheit in der
hauses. Es war Wohn- und Geschäftshaus, Grundform, Eigenart im einzelnen, das ist der
Etagen- und Einfamilienhaus zugleich. Dieses Haus Charakter des mittelalterlichen Stadthauses.Unser
war ursprünglich aus dem germanischen Bauernhaus heutiges Leben drängt nach dem Gegenteil. Durch
hervorgegangen und hatte sich den Bedingungen die komplizierteren Bedürfnisse der modernen Kul-
des städtischen Lebens angepasst. Aus dem niedern tur ist ein grösserer Reichtum an Grundformen
Landhaus war auf dem engen Boden des ummauerten entstanden. Dafür hat das einzelne Haus seine
Stadtbezirks das hohe und schmale Stadthaus ge- Originalität verloren. Der Differenzierung und
worden. Das Bedürfnis, weitere Grundformen aus- Spezialisierung entspricht auch die Nivellierung.
zubilden, lag nicht in dem Wesen der Zeit. Die Das ist überhaupt die Tendenz unserer heutigen
Gilde schuf eine Art sozialer Gleichheit, die auch in Entwicklung. V
der Gleichförmigkeit des Wohnhauscharakters zum V Zunächst durch die Bedürfnisse des wirt-
ist

Ausdruck kam. Auch der Gegensatz der patrizischen schaftlichen und technischen Fortschrittseine Reihe
Kaufmannschaft zum demokratischen Handwerker- neuer Zweckformen nötig geworden. Elemente, die
tum brachte keine besondern Arten des Bürger- das mittelalterliche Haus vereinigt hatte, trennen
hauses hervor. Volk und Bürgeradel hauten, wenn sich und wachsen sich zu selbständigen Organismen
auch mit verschiedenem Aufwand an Raum und an aus. Die Werkstätte erweitert si-ch zur Maschinen-
Kostbarkeit der Ausstattung, im wesentlichen gleich. halle,zum Giesswerk u. s. w. und löst sich vom
Bei dem handwerklichen Charakter des Gewerbes, Wohnhaus los. In dem hohen Schornstein entsteht
das keinen Grossbetrieb mit Maschinen kannte und ein neues architektonisches Element, mit dem das
kein Massenproletariat abhängiger Lohnarbeiter er- Feuer, die treibende Kraft des Innern auch dem
zeugte,war eine Trennung der Werkstätte vom Aeussern des Hauses das Wahrzeichen seiner Be-
Wohnhaus, der Arbeiterwohnung vom Haus des stimmung gibt. Um die weiten Arbeitsräume zu
Brotherrn unnötig. Jeder Familienvater war selb- belichten, muss sich die Mauer oder das Dach in
ständiger Meister, und jeder Meister besass sein grosse Lichtquellen auflösen. Ihre Konstruktion
eigenes Haus. Gesellen und Lehrlinge wohnten als beruht auf der Verbindung zweier Stoffe, deren
erweiterte Familie im Haus des Meisters. Die Not- Verwendung in dieser Form und Grösse ebenfalls
wendigkeit, das städtische Leben in den schützen- eine Schöpfung unserer materiellen Kultur ist:
den Kreis der Stadtmauer zusammenzudrängen, Eisen und Glas. Aus Eisen und Glas entwickelt
setzte auch dem Luxus des Wohnens bestimmte sich ein neuer Baustil, dem die technischen .An-
Grenzen. Es gab zwar keine Proletarierquartiere lagen des modernen Verkehrs und der modernen
und keine Fahrikvorstädte; aber auch keine vor- Industrie: Fabriken, Bahnhöfe, Markthallen und
gärtengeschmückten, dem Lärm und der Enge der dergleichen, die grossen Aufgaben stellen. V
Innern Stadtteile entrückten Villenviertel. V V Wie die Industrie, so hat sich der Handel im
V Die Gleichmässigkeit im Gesamtcharakter der modernen Kaufhaus seine eigene Zweckform ge-
Wohnhäuser kehrt auch in den öffentlichen Bauten schaffen. Die selbständigste und in ihrer Art voll-
der mittelalterlichen Stadt wieder: auch das Rat- endetste Ausbildung dieser neuen Form ist das
haus, das Zunfthaus sind erweiterte Bürgerhäuser, grossstädtische Warenhaus. V
Dennoch wurde diese Gleichmässigkeit nicht ein- V Im Mittelalter hatte der Zunftzwang der Ent-
förmig, denn sie wurde durch eine um so grössere faltung der Konkurrenz enge Schranken gesetzt.
Vielgestaltigkeit des einzelnen Hauses im Rahmen Der Kaufmann hatte die heutigen Mittel der Waren-
der allgemeinen Grundform wieder ausgeglichen. anbietung nicht nötig, um sich im Kampf ums Da-
Im Innern war das Haus eine Welt im Kleinen. sein behaupten zu können. Er konnte seine Vor-
Als persönlicher, von Geschlecht zu Geschlecht räte im Innern des Hauses verschliessen; heute
forterbender Eigenbesitz wurde es Gegenstand einer muss sich der Inhalt des Ladens in verführerischen
individuellen Durchbildung, die auch der äussern und auffallenden Auslagen schon dem Blick des
Erscheinung jedes Hauses einen durchaus persön- Vorübergehenden aufdrängen. Damit bekommt das
84

Entwicklungstendenzen des modernen Stadthauses

Ladenfenster seine ausschlaggebende Bedeutung toren wirken nicht nur auf die Entwicklung des
und bestimmt schliesslich die ganze äussere Er- einzelnen Hauses, sondern auch auf die Entwick-
scheinung des Hauses. Die Mauer löst sich in lung der Stadt im ganzen. Die gleichartigen Häuser
dünne Pfeiler auf, zwischen denen riesige Scheiben ordnen sich zu gleichartigen Stadtteilen zusammen:
ausgespannt sind. Um die günstige Geschäftslage dem Geschäftshaus entspricht das Geschäftsviertel,
inmitten des städtischen Hauptverkehrs auszu- der Fabrik das Fabrikviertel, dem Wohnhaus das
nützen, führt man die Verkaufsräume mit ihren Wohnviertel. V
Auslagen durch alle Stockwerke hindurch. So ver- V Der eigentliche Kristallisationskern der städti-
wandelt sich schliesslich die ganze Fassade in ein schen Entwicklung ist das Geschäftsviertel. Je
einziges, stein- oder eisenumrahmtes Schaufenster. näher wir den Sammelpunkten des geschäft-
Der architektonische Gedanke, den dieses Haus lichen Verkehrs in der Innern und innersten Stadt
verwirklicht, kehrt bei verwandten Aufgaben des kommen, desto enger drängen sich die Häuser auf
städtischen Hausbaues wieder. Bei Bankhäusern dem vielbegehrten und teuern Boden der City. Die
z. B. ist die Auflösung der Mauer in Pfeiler und Enge des Raums wirkt hier auf die Form des Hauses,
Fenster dem Bedürfnis heller Arbeitsräume be-
in so verschieden die letzten Ursachen sind, in gleicher
gründet. Damit gewinnt diese Form immer grössere Richtung, wie beim Haus des Mittelalters: es wächst
Bedeutung für die Entwicklung des Stadthauses. turmartig in die Höhe. Das Ziel dieser Entwick-
Sie wird zur Grundform für das moderne Geschäfts- lung zeigen uns heute schon die amerikanischen
haus überhaupt. V Wolkenkratzer mit ihren zwanzig und mehr Stock-
V Liegt hier die Konsequenz der Zweckmässigkeit werken. Es sind ausschliesslich Geschäftshäuser:
in der Auflösung der Mauer, so verlangt das Wohn- Kaufläden, Banken, Anwaltsbureaus, Juwelierwerk-
haus im Gegenteil möglichst geschlossene Wände. stätten u. s. w. Hier geht die nivellierende Ten-
Denn nur der geschlossene Raum ist wohnlich; zu denz, das Gleichartige auch räumlich zu vereinigen,
grosse Fenster machen die Zimmer ungemütlich schon bis ins einzelste. Es gibt in New-York und
und dieZerstückelung der Wand macht sie un- Chicago Häuser dieser Art, die vom ersten bis zum
praktisch. Von der Verschwendung, die man unter letzten Stockwerk nichts enthalten als Empfangs-
dem Einfluss des Palazzostils mit Fenstern und und Arbeitsräume für Aerzte und Zahnärzte. V
Türen getrieben hat, ist man zum entgegengesetzten V Mit derselben Konsequenz, mit der das Geschäfts-
Prinzip zurückgekehrt: zur Beschränkung auf das haus im Zentrum der Stadt zu dominieren beginnt,
vernünftige Mass des Notwendigen. Damit sind drängt sich das Wohnhaus immer mehr nach den
sich die beiden wichtigsten Formen des städtischen Grenzen des städtischen Weichbildes. Die Trennung
Hauses immer fremder geworden. Ihre folgerich- von Wohn- und Geschäftshaus wurde dadurch zu
tige Ausbildung setzt die völlige Trennung des einem heilsamen Gegengewicht gegen das einseitige
Wohnhauses vom Geschäftshaus voraus, auf die Anschwellen der Innern Stadtteile. Die Voraus-
auch die sozialen Bedürfnisse unserer Zeit immer setzung wurde geschaffen, als die alten Stadtmauern
entschiedener hindrängen. Seit die Ausübung eines fielen und die Städte sich nach aussen öffneten.
bürgerlichen Berufs und die Begründung eines Aber erst musste durch das Anwachsen der Städte
eigenen Hausstandes nicht mehr an den Besitz das Leben in der innern Stadt bis zu einem gewissen
eines eigenen Hauses gebunden ist, haben sich auch Grad unerträglich werden, bis eine wirkliche Zurück-
für das Wohnen selbst die Bedingungen von Grund flutung der Bevölkerung vom Zentrum nach der
aus verändert. Das Bürgerhaus hat seinen patriar- Peripherie begann und sich die Einsicht Bahn brach :

chalischen Charakter verloren. Das Zusammen- je vom Mittelpunkt der Stadt, umso billiger
weiter
leben des Meisters mit den Gesellen in dem Haus, wohnt man nicht nur, sondern auch um so ange-
in dem sie arbeiten, hat sich heute nur noch als nehmer und gesünder. Und dann mussten die
ein Rest veralteter Zustände erhalten. Dafür ist modernen Verkehrseinrichtungen das ihrige tun,
das Wohnen selbst zum Gegenstand des Erwerbs um die Nachteile der Entfernung wieder auszu-
geworden. Der Beamte, der Angestellte im kauf- gleichen. So ist der Boden allmählich breiter ge-
männischen, technischen oder industriellen Beruf, worden, auf dem auch das Wohnhaus sich nach
der Fabrikarbeiter wohnt mit seiner Familie im den Gesetzen seiner eigenen Vollkommenheit ent-
Miethaus. Und schliesslich drängt die Macht der wickeln kann. Diese Vollkommenheit liegt in einer
wirtschaftlichen Entwicklung auch den Arbeitgeber Annäherung an die Lebensbedingungen des Land-
selbst dazu, seine eigene Wohnung vom Geschäfts- hauses: die Möglichkeit, sich in die Breite zu ent-
haus zu trennen und die Geschäftslage ausschliess- falten. Denn zu allen Zeiten ist das Wohnen in
lich für Geschäftszwecke auszunützen. Diese Fak- die Breite das natürlichere und darum auch das
85

C. F. W. LEONHARDT- FRANKFURT aM.


Entwurf zu einem Einfamilienhaus
86

Entwicklungstendenzen des modernen Stadthauses

vornehmere, das Uebereinandertürmen der Wohn- schäftshaus in seiner reinsten Form. Zwischen
räume in hohen Häusern die Folge eines äussern beiden Grundformen liegt eine breite Schicht von
Zwangs gewesen. Im Mittelalter war es der festungs- Uebergangs- und Vermittlungsformen. So wichtig
artige Charakter der Städte, der dazu genötigt hat. sie vom Standpunkt des praktischen Bedürfnisses
Mit Beginn der Neuzeit trat mit der Freilegung sind — weitaus Mehrzahl unserer heutigen
die
der Städte eine allmähliche Verbesserung der städ- Stadthäuser sind Etagenhäuser mit Geschäftsräumen
tischen Bodenverhältnisse ein, deren Einfluss auf im Erdgeschoss und Wohnungen in den oberen
das bürgerliche Wohnhaus in Deutschland freilich Stockwerken schöpferische Bedeutung für die
erst in der Empire- und Biedermaierzeit zum Durch- architektonische Entwicklung haben nur die Grund-
hruch kam. Dann schuf aber die moderne Gross- formen. Von diesen ist das moderne Geschäfts-
stadtentwicklung mit ihrer Bodenverteuerung wieder haus die natürliche Frucht moderner Kulturbedürf-
ähnliche Zustände wie im Mittelalter. Inzwischen nisse, die ihre Wurzel im Boden der Gegenwart
war das Miethaus entstanden. Es hat vor dem hat. Hier konnten neue Kunstformen unmittelbar
mittelalterlichen, in die Höhe gebauten Einfamilien- aus neuen Zweckaufgaben herausgeschaffen werden.
haus (dessen Prinzip bekanntlich im englischen Anders beim Wohnhaus. Hier galt es vielmehr,
Stadthaus fortlebt) den einen Vorzug, dass auch im dem einseitigen Einfluss moderner Entwicklungs-
vielstöckigen Haus die Zimmer derselben Wohnung tendenzen entgegenzuarbeiten. Die künstlerische
auf einem Flur nebeneinander, nicht hintereinander Reform unserer heutigen Bürgerwohnung hat einen
liegen. Dafür fallen aber alle Nachteile des Zu- reaktionären Zug. Sie sucht verloren gegangene
sammenwohnens vieler Familien unter Einem Dach Traditionen des älteren Wohnhauses wieder ins
in die Wagschale. So bleibt das horizontale Ein- Leben zu rufen. Der wirtschaftliche Boden dafür
familienhaus das Ideal des Wohnhauses, wogegen muss zum Teil mit künstlichen Mitteln geschaffen
alleandern Formen als Notbehelfe erscheinen. Und werden (Bodenreform, Gartenstadtbewegung u. a.).
zwar das freistehende Haus, bei dem nicht, wie Darum hat diese Reform auch keine architektoni-
beim eingebauten Fassadenhaus die Rücksicht auf schen Neuschöpfungen hervorgebracht. Man greift
die Strasse, sondern die Zweckmässigkeit der Innern auf die Vorbilder der Vergangenheit zurück: auf
Einteilung den Plan diktiert. Als letzte Konsequenz das Bürgerhaus des Mittelalters, das Biedermaier-
dieser Forderung ergibt sich die organische Zuge- haus u. s. w. Ob sich aus diesem eklektischen Cha-
hörigkeit des Gartens zum Haus. Erst dadurch wird das rakter des modernen Wohnhauses der „neue Stil"
Haus von der Strasse isoliert, auf sich selbstgestellt. herausbilden wird, oder ob dem noch fundamentale
V Wir haben also zwei Pole, nach denen sich die Umwälzungen, die die Entwicklung auf ganz neue
Entwicklung des modernen Stadthauses spaltet: das Grundlagen stellen, vorausgehen werden, ist eine
Wohnhaus in seiner reinsten Form und das Ge- Frage an die Zukunft. V

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UNSERE BILDER
V Im Frühling vorigen Jahres ist an der Ecke der Vestibül gelangt man entweder auf der Marmor-
Bohnenstrasse und des grossen Burstah in Hamburg treppe, dem elektrischen Lift oder einem Paternoster-
ein Geschäftshaus dem Betrieb übergeben worden, Fahrstuhl in die Stockwerke. Ausserdem ist das
dessen hanseatisches Gesicht geradezu verblüPFi, Gebäude mit Zentralheizung, Wasser-, Gas- und
inmitten derGleichgültigkeiten und Stiipfuschereien, elektrischer Lichtleitung versehen und einem Waren-
wie sie das Brandunglück vom Mai des Jahres 1842 aufzug, der bis in den Dachstock führt. Der Hof
an Stelle des alten Hamburg stellte. Man hat das liegt an einem Kanal. Trägt der Hamburger Bau
Gefühl, als ob die Architekten (Frejtag & Wurz- den Charakter ernster Arbeit, so bürgt die Gebäude-
bach-Hamburg) mit diesem Gebäude das Grund- gruppe in dem bayerischen Städtchen Landsberg am
legende zu einer lokalen Bauweise gefunden haben, Lech für behagliches Wohnen. Die Architekten
wie man sie sich nicht nur an den Flethen Ham- Hessemer & Schmidt-München erhielten seinerzeit
burgs, sondern in allen deutschen Seestädten denken den Bauauftrag auf Grund eines Preisausschreibens
mag. Zu diesem Erfolg tragen ebenso die zweck- des Münchener Architekten- und Ingenieurvereins,
mässige Pfeilerkonstruktion und die materialgerechte aus dem sie mit dem ersten Preis als Sieger hervor-
Backsteinarchitektur (gres flammes) als wie die un- gingen. Sie haben es verstanden, den malerischen
genierte Farbengebung bei, die in ihren naiven Charakter des altertümlichen Städtchens zu treffen.
Tönen an dieBemalung unterelbischer Fischerewer Die Häusergruppe besteht aus drei Gebäuden, von
erinnert. Auch die Grundrisslösung ist dem Zwecke denen wir die beiden zusammengebauten abbilden;
des Hauses mit grösster Sorgfalt angepasst: nur das das dritte Haus ist rechts auf unserem Bilde noch
Erdgeschoss enthält Verkaufsräume, der Zwischen- etwas sichtbar. Hinter den Häusern liegt ein ansehn-
stock und die vier Obergeschosse sind für Muster- licher Garten, von einem Bach durchschnitten. Die
lager und Kontore eingerichtet und, weil ohne feste Fassaden der Häuser sind in Kalkmörtel verputzt und
Teilung, für jeden Mieter nach seinen Anforderungen haben hie und da ein wenig Haustein erhalten. Zur
durch nichttragende Wände einteilbar. Dazu kommen Belebung der weissen Putzflächen dienen neben ein
zu jedem Geschoss entsprechende Aktenräume im paarGlasmosaikbildern die graublauen Fensterläden,
Dachstock, sowie eine kleine Wohnung für den deren Tönung schön zu dem Rot des Daches steht; das
Hauswart im vierten Stock. Durch ein Marmor- Fensterholz ist weissgestrichen. Baukosten: ZOOJCXIM.

Hessemer &
Schmidt
ünindriss der Wohnhaus
iinippe in l.andsbets, a L

Verantwortlicher Herausgeber: M. J. üRADL -Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.


Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoflmannsche Buchdruckerei Feli.x Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer eutlialteneu Artikel und Bilder ist verboten.)
18

PROF. HER/MflNN BlLLlNG-KflRLSRüHE


KÜNSTHRLLE MANNHEIM
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MODERNE BAUFORMEN
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

PROFESSOR HERMANN BILLING-KARLSRUHE


VON ARCHITEKT A. LEHMANN-MANNHEIM

Die Architektur ist nicht wie die Malerei und V Ein Wohnhaus! Eine Villa! Die inneren For-
die Plastik die Darstellung eines Naturgegen- derungen solcher Gebäude sind im grossen und
standes, sondern — abgesehen von den praktischen ganzen ziemlich ähnlich. Es entsteht ein Haus mit
Zwecken der Baukunst — eine rein abstrakte Wänden, Fenstern, Erkern, Baikonen, Giebeln,
Kunst. Sie wirkt auch künstlerisch nur durch Dachflächen etc., lauter Bauglieder, wie sie überall
den Eindruck von Formen und Farben, nicht durch vorkommen, und doch ist aus dem Zusammenschluss
etwas Gegenständliches. *) aller Teile ein Werk geworden, das in zunächst un-
V Mit diesem so einfachen und doch lapidarem Satz gewohnter Sprache zu uns redet. Betrachten wir
kennzeichnet der Künstler selbst sofort sein ganzes als ein Beispiel die Villa Schwedler-Karlsruhe:
Wesen und Wollen, offenbart er sein grosses künst- Eine ruhige, sichere Breite des Grundrisses, straffe
lerisches Programm. Eigentlich müsste dieser Ge- sich steigernde Linie der Silhouette, eine geschlos-
danke jedem Architekten im Fleisch und Blut sene Massenwirkung, der zuliebe sogar das Dach-
sitzen, aber die grosse Zahl quält sich immer noch gesims fast gänzlich zurückgeschoben wurde, grosse
mit mehr oder minder Glück mit Nachahmen, Um- Flächenbetonung, horizontal gegliedert durch die
gestalten und Weiterbilden historischer Stile und Verschiedenartigkeit der Baumaterialien, Sandstein
sieht im „geschmackvollen Detail", in der „guten und Putz, eine absolute Unterordnung des Orna-
Profilierung" ihr Heil. Billing geht radikaler vor. ments unter die einheitliche Form. Man muss nicht
Er hat richtig erkannt, dass die Schönheit jeder gerade auf John Ruskins Kunstideal schwören, um
Baukunst nicht in den Einzelheiten liegt, sondern dennoch zu erkennen, dass hier im kleinen versucht
dass die Masse der Materie die Quelle der worden ist, die von dem grossen Aesthetiker ange-
Monumentalwirkung ergibt, die Masse in ihrem schlagenen reinen Klänge der Schönheit zum Aus-
grossen Umriss, in ihrer stufenweisen Gliederung druck zu bringen. Es bleibt hiebei selbstverständlich
als verschieden geartete Fläche, als Licht und vollkommen offen, ob unser Künstler die Töne
Schatten. Das schmückende Ornament ist ihm dieser Harmonien kannte. Der Musikvirtuose wird
daher zunächst vollkommen Nebensache, ist auch nur den alten Meister zu Gehör bringen, der Kom-
nicht gerade die stärkste Seite seines Könnens, die ponist, wenn er auch nicht immer ein Meister-
Masse in ihrer Erscheinung ist das Wesent- spieler ist, weiss fast stets neue Akkorde, neue Ton-
liche, das Bedeutsamste seiner baukünstlerischen folgen zu finden, die bald eine frische Zuhörer-
Schöpfungen. In ihrer Beherrschung nach allen schar, wie manchen Interpreten fesseln. V
Dimensionen, in ihrer Handhabung als Sprache des V Mit bedeutenderem Inhalt wächst der Gedanke,
inneren abgegrenzten Gedankens, in der Durchbil- die Kraft des Könnens, die Möglichkeit der freieren
dung ihres Stoffes zeigt Billing eine Kraft, eine Betätigung. Ein Teil der Abbildungen zeigt uns
Eigenart, Kunst zu einer ganz persön-
die seine den Billing'schen Konkurrenzentwurf für die Fest-
lichen macht, welche ein unbewusstes Nachahmen und Ausstellungshalle des Hohenzollern-
völlig ausschliesst. Das bestimmte sichere gartens in Frankfurt a. Main. Ich habe leider
Hinarbeiten auf dieabsolute Form ist wohl die Projekte der anderen Bewerber nicht gesehen,
der erste und stärkste Eindruck, den man vor Bil- jedoch auch ohne Vergleich, nur als Werk des
lings Werken erhält. V schaffenden Künstlers betrachtet, redet diese Arbeit
machtvolle Worte von „Grosszügigkeit und selbst-
*) Hermann Billing, Architektuiskizzen, VerLig Julius Hoff
Stuttgart. Vorwort ständigem Geistesgehalt". Was am Grundriss und
90

Professor Hermann Billing-Karlsruhe

noch stärker und anschaulicher in den Perspek- Kunst, dass auch der künstlerische Schmuck seine
tiven dem Fachmanne in die Augen fällt, ist die innere Berechtigung hat, die ihn vom Ganzen un-
grandiose die stets wuchtige ge-
Platzgestaltung, löslich macht. V
schlossene, den Seiten langsam ausklingende
in V Wie Massen zur Tat werden lässt,
Billing seine
Bilder ermöglicht. Durch das Zurückschieben des veranschaulicht uns die nun bald ihrer Vollendung
grossen Hauptkomplexes von den Verkehrswegen nahende Kunsthalle in Mannheim. Das erste
werden die für solche Massen von allen Seiten er- Stockwerk der Seitenflügel, die sich an den reprä-
forderlichen Standpunkte in Wirklichkeit ge- sentativen Kuppelbau symmetrisch anschliessen, er-
schaffen, so dass diese Perspektiven sich nicht nur hält Seitenlicht, der zweite Stock Oberlicht. An
ideal auf dem Papier,
sondern auch nach der den Kuppelbau fügt sich rückwärts ein durchgehen-
Ausführung ergeben. Es mag an dieser Stelle auch der hoher Oberlichtsaal. Organisch ergeben sich
auf die stetsvornehme und ernste Art der Dar- daher die langen Reihen der Fenster des Erd-
stellung Billings hingewiesen werden, die so- geschosses, ein breites Gurtgesimse bildet den Fen-
zusagen fast jede schmückende Staffage verschmäht, stersturz, darüber erheben sich die den Raum be-
um Linien und Formen deutlicher in die Erscheinung grenzenden lückenlosen Mauerflächen. Aber weiches
treten zu lassen; und wie oft wird durch solche an Leben wusste der Künstler in diese scheinbare
sich unwesentliche Dinge der Bildeindruck beein- Monotonie der Flächen zu legen: Die Fenster-
flusst, wenn nicht gar im Massstab verändert. „Die gewände erforderten als Tragglied eine kräftige Aus-
Architektur ist eine rein abstrakte Kunst." V bildung; gleichsam aufgelöst setzen sie sich in
V Betrachten wir nun den Aufbau nach seiner inne- schmalen, leicht geschwellten Lisenen bis zum wenig
ren Bestimmung, nach seiner äusseren Wirkung. ausladenden Hauptgesims fort. Die Mauerflächen
Eine in gewaltigen Abmessungen gehaltene Aus- ergeben hierdurch den Eindruck einer angenehm
stellungs- bezw. Festhalle schliesst sich an einen wirkenden Leichtigkeit. Doch nicht nur Schmuck
Bühnenraum an, der sich wiederum nach einem bedeuten diese Formen; das Gurtgesims hat einen
grossen Amphitheater öffnet, sodass die Bühne starken Eisenbetonanker aufgenommen, weicherden
nach zwei Seiten benutzt werden kann. Eingänge, weit gelagerten und an manchen Stellen weit ge-
Vestibüle sind dementsprechend beiderseitig vor- spannten Bau sicher umklammert. Die Lisenen
gelagert. Eine geräumige Garderobe-Anlage ver- enthalten Bündel von Eisenstäben zur Verstärkung
bindet den Ausstellungsbau mit dem kleinen Kon- der Eisenbeton-Hintermauerung der Sandsteinfas-
zerthaus, an das sich zentral situiert der Restau- saden. Ueberall fühlt man den denkenden Künst-
rationsbau mit Terrassen und Gärten anfügt. Die ler. Den Mittelpunkt der Anlage krönt der Kuppel-

grosse Hauptachse: Ausstellungshalle Bühne — — bau, welcher auch den Haupteingang aufnimmt. Wie
Theater wird durch das grundrissliche Anschmiegen die langgestreckten niedrigen Seitenflügel, die Reihe
der beiden Gebäude für Kunst und Industrie noch der Fenster, das ununterbrochene Hauptgesims, das
stärker betont. Wenn je der Vergleich von Bau- glatte flache Dach die Horizontalwirkung ergeben,
kunst und Musik, weil diese gleichfalls abstrakte so strebt hier alles zur Höhenentwicklung. Die
Kunst, angebracht ist, hier klingt eine mächtige mächtigen Treppenwangen vermitteln den Ueber-
Bausymphonie, die wie jedes Kunstwerk gegliedert gang, dann steigt Linie um Linie empor bis zu den
und geeint, in deutlich ausgesprochenen Sätzen sich figurenbekrönten Säulenenden, bis zur flachen, leise
zur Höhe entwickelt, die den geistigen und formalen ausklingenden Kuppel. Will nun der eine oder
Inhalt im bedeutsamsten Momente zum Ausdruck andere der Sprache des Künstlers auch nicht in
bringt, im Bühnenhaus, von dem aus wir auch inner- allen Teilen dieses Hauses folgen, man mag ein-
lich unsere Genüsse als Werke tönender Kunst wenden, der Gesamteindruck sei als der eines
empfangen. Das ist eigentlich so selbstverständlich, Kunstausstellungsgebäudes zu nüchtern, der wenige
ergibt sich schliesslich auch aus der Konstruktion, plastische Schmuck, der zum Teil in Form von
aber die Art und Weise wie dieser Gedanke syn- zierlichen, sehr flach gehaltenen kleinen Köpfchen
thetisch aufgebaut und verkörpert den ist, erfüllt am Hauptgesims an unwirksamer Stelle
auftritt, sei

denkenden, künstlerisch empfindenden Beschauer angebracht u. s. w. —


es wird doch jeder künst-
mit Verehrung für den geistigen Schöpfer. Und wenn lerisch empfindende Mensch vor diesem Werk halt
wir ins Detail gehen, nirgends ein schmückendes machen und es bewundern als den vornehmen
Beiwerk, das sich nicht gleichsam als unwesentlich würdigen Ausdruck einer monumentalen, ernsten
der grossen Form unterordnet. Wo es jedoch auf- Ruhe, einer kraftvollen sicheren, ungesucht origi-
tritt, ist es gewissermassen zur Belebung der Fläche nellen Künstlernatur. V
bedingt. Das ist das Signum werdender grosser V Will man Billings Eigenart kennzeichnen, so ist es
91

Professor Hermann Billing-Karlsruhe

nötig, auch bei der Formbehandlung der Bauglieder das bei Billing in so sicherer bestimmter Weise
etwas länger verweilen. Man bemerkt oftmals eine ausgebildet ist. Je grösser die Masse, um so klarer
leichte Krümmung, meist eine konkave Bewegung gelingtihm die Proportion, um so eindringlicher
der senkrechten Fläche, so dass der an sich glatte und wuchtiger, um so monumentaler und deutlicher
Stein eine ganz eigentümliche Plastik erhält, die spricht der Architekt zu uns. Wollt ihr die Seele
ihn aus der Masse organisch heraushebt Das Licht des Künstlers, so forscht in seinen Mappen, in
tönt in langsam schwellenden ruhigen Schatten die seinen Skizzen, wo die ungezügelten Träume seiner
Wölbung, wodurch dieses Farbenspiel vereint mit Phantasie in Schönheit schwelgen. Die Berges-
dem Charakter des Steines und des Steinschlages riesen, die steil zerklüfteten Felsen, den dunklen
nahezu die Stelle des Ornamentes vertritt, eine Wald mit seinen mächtigen Säulen, die glatte spie-
wirklich abstrakte Form. Wo eine konstruktiv be- gelnde Fläche des Wassers sucht er in idealer Land-
dingte Wagrechte den aufsteigenden Blick kreuzt, schaft nachahmend zu bezwingen. In der allmäch-
wie bei Fensterbank, Fenstersturz, wie hei streng tigen Natur erfasst der Sehende Kühnheit und
begrenzten, durch Pilaster oder Säulen flankierten Schwere, begreift er Breite und Festigkeit. V
Mauerflächen, wird dieser Horizontalen durch die V Nun steht der Monumentalkünstler wieder vor
konkave Bewegung eine angenehme Weichheit und der Aufgabe des kleinen wohnlichen Innenraumes.
Schmiegsamkeit gegeben. Die Masse des Steines Muss man nicht an manchen Stellen die Fessel
wird wirkungsvoll belebt durch eine Form, die meines fühlen, welche das Material, die Nahwirkung, die
Wissens zum ersten Male von Professor Hermann Grenzen der Gestaltungsmöglichkeit bedingen! Den
BiUing in dieser Art und Weise bei der abendländi- grossen Künstlern erscheinen die gewöhnlichen Be-
schen Baukunst verwendet wurde. Wohl kannte auch dürfnisse der Menschen gewissermassen fast zu
das Barock eine zur Rundung übergehende Be- klein, um sich ihnen unterordnen zu
zu nichtig,
wegung der Mauerflächen, aber man hatte nicht können, umihnen zuliebe seine Kraft zu zügeln.
den Mut, diese Körper in ihrem Organismus zu Ohne es zu wollen, sagen deshalb manche Villen
zeigen, verdeckte sie durch vorgelagerte Säulen, Billings in ihrer freien Entwicklung auch nach
mit einem Reichtum von Kartuschen und Pro- aussen oftmals mehr als sie sollen. Nur wo
filen, so dass in ihrer Weiterentwicklung bald das die Grosszügigkeit frei walten kann, entstehen
Ende, die wilde Freiheit, das Rokoko kommen stimmungsvolle Raumgebilde. In diesem Reich tritt
musste. Bedeutet doch schon das Wort „Barock" auch das Billing'sche Ornament deutlicher in die
Verkrüpplung, Ausartung. Die Billing'sche Form- Erscheinung. Es lässt sich schwer die reiche Quelle
behandlung ist in gewissem Sinne ein neuer Klang, der Vorbilder und der Anregung angeben, aus wel-
der Anfang einer reichen Motiventwicklung. Es cher der Künstler schöpft. Ueberwog früher die
soll hiermit selbstverständlich nicht der Gedanke geometrische Linie, so glaubt man aus der jetzigen
ausgesprochen sein, dass der „neue Stil" in dieser Periode Anklänge an klassische Motive zu entdecken;
Richtung liegen müsse, —
Stil wird nicht durch das doch stets ist das Ornament selbständig gedacht,
Zusammenfügen von neuen Einzelformengeschaffen, streng in der Form, materialgerecht und von der
und Stil ist nichtdas wenn auch noch so künstlerische grossen Idee beherrscht. Was auch der Künstler
Ergebnis eines Einzelnen —
aber die Neuschöpfung zu sagen weiss, stets ist seine Sprache eigenartig,
aus der abstrakten Masse der Materie lässt mehr als kraftbewusst, reich an Farbe, Form und Gedanke,
ein grünes Blatt am historischen Baum der Kunst getragen von ehrlichem Streben nach Schönheit.
werden, das lässt einen kräftigen Zweig erhoffen. V Tausend Wege i'ühren nach Rom, tausend
V Dieser neuen Körperhaftigkeit, wenn ich einmal Geister schaffen und wirken zusammen zu einem
so sagen darf, gesellt sich bei Billing noch die Er- hohen Ziel, zu einer neuen grossen Kunst.
füllung des zweiten grossen Gesetzes architekto- Der eine schreitet im logischen Aufbau feinster
nischer Kunstwirkung zu, das Gesetz der Pro- Gedankenarbeit vorwärts, der andere eilt irr und
portion. Wenn man von Proportionen spricht, so wirr, in trippelndem Gange geht das Talent, mit
denkt man zunächst stets an Zahlen, allein so wenig Riesenschritten stürmt der Genius. Vorsichtig
es möglich ist, die Schönheit von Klang-Harmonien sucht der Bedächtige nach Spuren alter verloren-
durch die Ausrechnung der mathematischen Be- gegangener Pfade, mit frischer Kraft bahnt sich der
ziehungen der einzelnen Tonschwingungen zu er- Mutige seine eigene Strasse. Professor Billings
gründen, so unvernünftig wäre es, zahlenmässig die Werke bedeuten starke Wegweiser für die, die nach
guten Verhältnisse schöner Bauten festzustellen. ihm kommen und vorwärts eilen wollen, Denkmäler
Hier setzt einzig und allein das Stilgefühl ein, für die geniessenden Beschauer. V
92

PROF. HERMANN BILLINCj- KARLSRUHE


Haus BilUiiir inKarlsruhe
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PROF. HERMANN B/LLING -KARLSRUHE
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PROF. HERMANN BILLINQ-KARLSRUHE


Projekt für die Fest- und Ausstellungshalle Frankfurt a. M.
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PROF. HERMANN BILLING-KARLSRUHE


VILLENANLAGE AM HERCHENBERG BEI FREIBURG
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Architekt der Grundrisse J. Mallebrein- Freiburg i. B.
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PROF. HERMANN BILUNG-KARLSRUHE


Fassade des Gebäudes der Freiburger Zeitung. Freiburg i. B.
Architelit der Grundrisse J. Mallebrein Freiburg i.
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PROF. HERMANN BILLING- KARLSRUHE


Studie zu einer Doppelvitla

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Grundrisse der Villa v. Sdiwedler in Karlsruhe


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PROF. HER.WASS BlLLlSü & WILHELM \1TTALI- KARLSRUHE


Sanatorium Dr. Heinsheimer in Baden-Baden
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Sanatorium Dr. Heinsheimer in Baden-Baden
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PROF. HERMANN BILLING d- WILHELM VITTALI- KARLSRUHE


Sanatorium Dr. Heinsheimer: Billardzimmer
(Ausgeführt von Gerson & Wolff- Stuttgart}
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MALLEBREIN -FREIBURG i.

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PROF. HERMANN BILLING- KARLSRUHE


Hotel ..Friedrichsliof" : Tiirt' im Konzertsaal
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PROF. HERMANN BILLING- KARLSRUHE


Hotel ..Friedrichshof : Lüster im Konzertsaal
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Ans ..Hermann Billiiiii. Aniutekturskhzi'n' (Verlag von Jnliiis Hoffmann-StnttgartI

Veraiitwortlidier Herausgeber: M. J. üRADL- Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.


Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buclidruckerei Felix Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder i5t verboten.)
27

QESELLIUS, LIMDQREN & SRflRIhEN • HELSIINGFORS


KOINKÜRREMZPROJEKT FÜR EIN mMDHRUS RM RHEIN
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MODERNE BAUF0RA\EN|4
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
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GESELLIUS, LINDGREN UND SAARINEN

Die drei tüchtigsten finnischen Architekten haben hang mit der Fläche der Mauern. Auch das ori-
das Glück, jung zu sein. Ein beispielloser ginelle Kranzgesims scheint nur dazu da, den
Erfolg hat ihnen binnen wenigen Jahren in dem asketischen Verzicht auf die Gliederung des Mauer-
kleinen Lande die unbedingte Hegemonie verschafft. werkes zu erhöhen. Im Inneren ist alles ungemein
Sie haben eine Menge Privatbauten und die wesent- appetitlich; die Wellenlinie der Wandbemalung
lichsten öffentlichen Aufträge der letzten Zeit er- unterbricht angenehm die vielen strengen vertikalen
halten. Die bedeutendste Aufgabe ist der Bahnhof und horizontalen Linien der Raumteilung. Aller-
in Helsingfors, der den hässlichen kleinen Kasten, dings hätte für die Träger der Tische eine bessere
der bisher diente, durch eine durchaus grossstädtische Lösung gefunden werden können, als die runden
Anlage ersetzt. Soweit man nach den Zeichnungen Säulen mit dem abgedroschenen Dreieckmuster, das
urteilen kann — der Bau ist noch nicht fertig uns so einfallsreiche Künstler nicht mehr vorsetzen
handelt es sich um einen sehr stattlichen Monu- sollten. Künstler, die das Ornament mit solch
mentalbau, den die Nütziichkeitsvorschriften nicht souveräner Schöpferkraft beherrschen und - ver-
um die Originalität bringen. Die Ausführung in wenden, sodass man oft versucht wird, zu fragen:
behauenen Quadern bis zum Dach hinauf, wobei Warum nicht die viele Liebe und Zeit, notabene auch
selbst die kolossalen Bogen, die doch wohl im das Geld, das man für Zieraten verschwendet, auf die
wesentlichen nur zum Schmuck der Fassade dienen, Hauptsache konzentrieren? Ein gutes Verhältnis
mit diesem mächtigen Material ausgefüllt werden, der Hauptlinien ist hundertmal mehr wert, als alles
kokettiert zwar mit einer etwas zu weit gehenden Ornament. Man hat zuweilen bei diesen, wie bei
Betonung des nordischen Charakters und entspricht so vielen modernen Architekten den Eindruck, als
nicht ganz dem feinen Verständnis, das man in der ob das Gerippe des Baues nach einem flüchtigen
inneren Ausstattung des Gebäudes bemerkt. Auch Einfall entstanden sei, während die Kleinigkeiten
das neue finnische Nationalmuseum demselben
ist in mit minutiöser Sorgfalt ausgeführt werden. Die
Material gehalten, aber hier passt die Anlage besser schönen Bogen der Wiborger Bahnhofshallen, die
dazu. Die Mischung von Kastell und Kirche ist mustergiltig genannt werden können, wären durch
glücklich gefunden und das Verhältnis der Vorbauten keinerlei Details noch so prächtiger Art zu ersetzen.
zu dem eigentlichen Körper des Gebäudes zeugt Es ist eine wahre Wohltat, hier keinerlei Schmuck
überall von sicherem Blick. V zu finden. V
V Die Fassade des Bankhauses muss man in Wirk- V Andere mögen anders denken. Es ist auch nicht
lichkeit gesehen haben, um die prächtige Wirkung zu leugnen, dass die Verneinung des schmückenden
des reich geschmückten Erkers würdigen zu können. Ornamentes nur zu leicht wie Armut des Erfindens
Eine unendliche Sorgfalt ist auf seine Detaillierung aussieht. Hier gilt es eben auch, wie überall, die
verwendet. Er wirkt gleichsam wie ein goldenes goldene Mittelstrasse zu finden. Dass Künstler, die
Pincenez auf dem nüchternen Gesicht der Fassade. so begabt sind wie die drei Finnen, auf dem besten
Da eine Fassade immer nur ans Mauer und Fenstern Wege, dazu sind, zeigen die paar Abbildungen, die
bestehen kann, muss sie vor allem ein richtiges wir von ihrem eigenen Landhause bringen können.
Gesicht haben. Das gibt ihr in unserem Falle allein Es ist nicht nötig, dass sie, wie ein Freund ihrer
der Erker. Denn die Fenster sind Oeffnungen ziem- Kunst neulich behauptete, zur Abstinenz schwören,
lich willkürlicher Art, ohne organischen Zusammen- zehn Jahre lang kein Ornament mehr anrühren sollten.
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DunohxnniTT A-D DURcnscriniTT CD

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Geselliiis. I.indgren & Saariueii: Aufrisse und Sdiiiill des Konkunrnzpiojektes für ein Landlians nni Rlieiii
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CieSL'Ilins, Liiuliin-n S: Saarincn. Cinindrissc di'S KonUnrrenzprojektc'S für ein Laiidlians am Rlic
140

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Kon/airmi-pmirkt für rill l.aiid/iaiis am Rhein: Kinärrspielzimmer


28

QESELLIUS, LIMDQRENl & SRRRIINEM HELSIMQFORS



KOMKURREMZPROJEKT FÜR EIN LRMDMRUS RM RHEIN
141

GtSELUUS. LINDÜRHN & SAARINH\ HHI.SLXÜFÜNS


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Gebäude der „Nord. Aktienbank" in Helsing/ors


142

OESELLIUS. LINDÜRBN d- SAARINEN- HELSINGFORS


Detail vom üebäudc der „Nord. Aktienbank"
143

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ÜEStlLLIUS. LIN DÜREN & SAARINEN HELSINGFORS


Gebäude der „Nord. Aktienbank" : Hauptsaal
144

GHSHl.I.IUS. IJNDüRHN & SAARINEN -HELSINGFORS


Gebäude der ..Nord, .\ktienbank~ : Hauptsaat
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0ESELLIU5, LIMDQREM & SRRRIMEf^ • HELSIMQFORS


KOriKüRREMZPROJEKT FÜR EiNl LRMDHflüS
RM RHEIN; DIELE
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QESELUUS, LIMDQREN & SRRRINE-N HELSIhQFORS


•KOhKURREMZPROJEKT FÜR EIN! LnMDHRUS
RM RHEIN: DIELE
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QESELLIUS, LINDQRENl & SRRRiriENl • HEL5IMQF0RS


KOMKURREMZPROJEKT FÜR EIN LRMDHRUS RIA RHEIN:

SPEISEZIMMER
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GESELLIUS. LINDGREN &- SAARINEN -HELSINGFORS


Grundriss des neuen Hatiptbahnhofes in Helsingfors
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GF.SELUUS. LINDGREN &- SAARINEN -HBLSINGt'ORS


Der Wartesaal des Bahnhofes in Wiborg
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ÜESELLIUS. UN DÜREN C.- SAARINEN -HELSINCFORS


Wiborg
Die Vorhalle im Bahnhofe in
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QESELLIUS, LIMDQREKl & SRRRII^EN • HEL5IMQF0RS


KOMKURREMZPROJEKT FÜR EIN LRMDMRUS RfA RHEIN:
ZIMMER DER FRRU
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üESLLLIUS, USDÜRES & SAAUISIiS -UELSISüiVRS


Das Landhaus der Kilnstler hei Helsingfors
160

GESELLIUS. LINDGREN & SAARINEN -HELSl.WtOliS


Das Landhans der Künstler bei Helsingfors
161

ÜHSEI.LIUS. l.INnCRliS & SAARINEN -HELSINGI'ORS


Das Landhaus der Künstler hei Helsingjors: Halle
162

GHSELUUS. LIN DG REN & SAARINEN -HELSINÜFORS


Das Landhaus der Künstler bei Melsingfors : Anridite und Dachfenster
33

QESELLIUS, LIMDQREM & SRRRinENl • HELSIhQFORS


KOrSKURREhZPROJEKT FÜR EIN LRINDHRUS RM RHEIM:
ZIMMER DES HERRh
34

QESELLIUS, LIMDQREM & SRMRIMENl HEI


KOINKURREMZPROJEKT FÜR ElM LRMDHR' ^
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SCHLAFZIMMER DER ELTERIN


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ZU DEN NEUBAUTEN VON E. TURNER POWELL


V Ohne Zweifel ist das Bestreben der bedeutendsten in der Verwendung des Materials am rechten Platze,
britischen Architekten unserer Zeit darauf gerichtet, wobei er ebenso sehr auf die Brauchbarkeit, als
auch in ihren Arbeiten jenen eigentümlichen, am auch auf die künstlerische Wirkung sieht. V
besten wohl mit „reserviert" bezeichneten, National- V Bei Great House Court, dem jüngsten der beiden
charakter zum Ausdruck zu bringen, der den besten abgebildeten Häuser, ist die architektonische Wir-
Schöpfungen der alten englischen Architektur den kung, malerisch auf der einen und symmetrisch auf
Stempel der Individualität aufdrückte. Denn ob- der andern Seite, mehr durch die schöne, tech-
wohl, allgemein gesprochen, die Kunst international nische Ausnützung des verwendeten Materials als
ist, beschränken dennoch gesellschaftliche und durch ausgesprochene Anlehnung an einen der
klimatische Verhältnisse den Gesichtskreis des überlieferten Baustile erreicht. Das Haus atmet
Künstlers. Die Folge davon ist lokale Eigenart, die Ruhe, ist anheimelnd und statt seine Persönlichkeit
aber gerade und besonders in der Architektur das aufzudrängen, scheint es sich den Bedürfnissen der
hervorbringt, was wir an den guten Arbeiten aller Bewohner anzupassen. Trotzdem ist es keine Ar-
Zeiten bewundern. In unseren Tagen tritt, mangels beit, an der man nur negative Eigenschaften finden

einer gefestigten Ueberlieferung, nur allzu leicht ein könnte, im Gegenteil, die vorzüglichen Verhältnisse
gekünsteltes Suchen nach den Ueberbleibseln der der Baumassen an der Gartenseite, die wohlerwogene
Tradition an die Stelle gesunder Weiterentwicklung, Unabhängigkeit von Haus und Garten, sind Ver-
dessen Auswüchse man nicht scharf genug verur- dienste positiver Art. Die Pläne sind bei den
teilen kann. Diese Gesichtspunkte muss man bei Häusern typisch für das englische. Landhaus, viel-
der Betrachtung von Turner Powells Arbeiten im gestaltig und geräumig, auch in den Nebengelassen,
Auge behalten. Auf einwandfreien Traditionen und dem Nordwinde den Rücken wendend. Mit
fussend, ihm doch gelungen, eigene Erfindung
ist es der den Engländern charakteristischen Vernach-
und Ursprünglichkeit zu wahren, ohne dabei eng- lässigung der Repräsentation nach aussen hin,
lische Empfindungen und englische Art zu verlieren. liegen die architektonisch interessanten Teile der
Alles dies vereint er mit einer peinlichen Sorgfalt Häuser in der Hauptsache nach der Gartenseite.
Micliac! Bnniicv-Loinloii

Hans ..Aniiniüaii" , (.iniiuliis^


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F.. TURNER POWELL- LONDON. Üreat House Court: ein Schlafzimmer

E. TURNER POWELL- LONDON. Haus ..Ardmillair : Halle


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TUkNBR POWELL- LONDON. Grcat Hoiise Court: Obere Terrai^c
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ADOLF VON HILDBBRAND- MÜNCHEN


Grabmal des Fürsten Georg Wilding v. Radali auf dem Kirdiliofe zu Heidelberg

Veraiitwortliclier Herausgeber: M. J. ÜRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.


Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
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35

KIRCHEhPRO]EKT
FRRBIQE SKIZZE VON PRUL RÖS5LER
(RRCHITEKTÜR VOK! OSWlN HEMPEL)
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MODERNE BAUF0RA\EN|5
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
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ERSTES DRESDENER KÜNSTLERHEFT 1907

MAX HANS KÜHNF. i. Fa. LOSSOW d- KÜHNE- DRHRDEN


Herrensitz in Tataren bei Insterbiirg
178

MAX HANS KÜHNE i. Fa LOSSOW d- KÜHNE- DRESDEN


Herrensitz in Tataren bei Insterbiirn
179

WILLIAM LOSSCm- LOSSOW & VIEHWBGHR) JETZT


(
l.OSSOW & KCl INH-DRESDEN
Villa Munds in Dresden, Strassenansicht
180

DKESÜtS
WILLIAM LOSSOW (LOSSOW &
VIEHWEGER} JETZT LOSSOW & KÜHNE-
Villa Munds in Dresden
181
182

JETZT LOSSUW & KÜHNE-DRESDEN


WILLIAM LOSSOW LOSSOW & VIEHWEGER)
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Diele in der Villa Munds


183

WILLIAM LUSSUW ( LU^SÜW & VItHWtütR) JtTZI LÜSSOW & KÜIISH- DRESDEN
Villa Miiiuis- Dresden: Blick in die Diele
184

öDetwojeiTiinBiTi,

Willinm Lossow ( Lossow & Viehweger) Fritz Sdiuinadier - Dresden


jetzt Lossow & Kühne- Dresden Grundrisse der Villa Brauer in Lilnehurg
Grundrisse der Villa Munds in Dresden
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185

WILLIAM LOSSÜW ( LÜSSÜW & VIHHWEÜER) JETZT LOSSOW & KÜHNE-DRliSüEN


Villa Munds in Dresden: Dielenlmmin
186

IRII/ ScHUMAcHhR-nRHSfyEN
Villa Brauer in Lünebiini: Diele: Eichenlwlz
187

FRITZ SCHUMA CHER DRESDES -

\ 'illa Brauer in Lüneburg


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FRITZ SCHUMA CHER DRESDEN-

Denkmal für Frn?i;:iis (Schöf)frr der W'eserkorrektioii) in Bremen. Ansicht von der Weser ans
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FRITZ SCHUMACHER- DRESDEN


Leipziger Lelurrverein
Uhr für das Rathaus in Leipzig. Gestiftet vom
Dresdener Werkstätten ]ür Handwerksiznnst
Palisander and Perlmutter. Ausgeführt von den
191

IRITZ SCIlUAlACIlF.R-DRLSDLiN
Zimmer für die Villa Hirzel in Leipzig. Zitronenholz
Ausgeführt von den Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst
192
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37

05WIN HEMPEL DRESDEN!


PREISGEKRÖNTER KOINKURREMZEhTWURF ZUR RUFTEILUfNG i\m KFRRUÜNQ


EIMES TERRfllhS BEI DRESDEN MIT EIN- UMD ZWEIFRMILII
193

l-RITA SCnUMACHFM- DRESDEN


Entwurf für ein Denkmal auf dem Friedhof in Uerdingen a. Rh.
Kalkslein: 5 m hodi
194

PAUL RÖSSLER- DRESDEN


Wandmalerei in der Kirche zu Zwidtau
(Ardüt. Schilling rf- Üracbner-Drcsden)
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Eriäi Klein lit'itipi'l- Dresden


Grundrisse zum Heins Sduiinhadi in B/iisewit: n. d. F.lbe
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ERICH KLlilSHE.WPEL DRESDES


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Elans Sdiambadi in Blaseuntz an der Elbe


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ERICH KLEIN HEMPEL-DRESDEN


Haus Schambach in Blasewifz : Kapferbededtter Vorbau mit Eingang
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ERICH KLEIN HEMPEL-DRF.SDEN


Haus Schamhach in Blasewitz: Vorplatz
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Haus Schainhacli in ßlasewitz : Diele, Altantür und Uhr
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KARL GROSS- DRESDEN


Dauerbrandofen mit siditbarem Feuer und grüner Kachelummantelung
Ofenfabrik Saxonia-Meissen
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Denkmal in der Tedinisdien Hodischulf- Dresden Denkmal in der Technisdien Hoclisdnile- Dresden
(Relief von Hiidler) (Relief von Jiiidlerl
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KARL GROSS- DRESDEN


Tatifsteinfüsse

Verantworllich für dif F^L-daktioiiskomniission Prof. KARL üROSS-Dresdeii, Dürerstr. 21.


:

Red.-Komniissinn: Prof. SCHUMACHER, Pn.f. HOTTENROTH, ERICH KLEINHE.WPEL, Prof. GROSS, PAUL ROSSLER
sämtlich in Dresden.
Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais Stuttgart.
Verlag; JULIUS HOFFMANN-Stnttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
39

PROF. HERMANN BILLING-KRRLSRUHE


KUNSTHRLLE MRNNHEIM
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MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

ARCHITEKTUR AUF DER JUBILÄUMSAUSSTELLUNG


MANNHEIM 1907
VON ARCHITEKT A. LEHMANN -MANNHEIM
Eine Handels- und Industriestadt, deren Hasten erstellt eine ganz neutrale Schöpfung, die nur dem
und Treiben, deren rasselnde Maschinen den freien seelischen Genüsse dient, heilig in sich
Menschen wenig Ruhe gönnen, kommt plötzlich zu seihst als Träger desSchönen. Allein das Mystische,
dem Entschluss, der bildenden Kunst ein eigenes Unerklärliche aus dem Wesen der alten Kunst
Heim, eine ständige Pflegestätte zu schaPFen. Ohne gab die Ueberlieferung. In kalte Worte, wie
viel Lärm zu machen, ohne langes Ueberlegen, Symmetrie, Gleichgewicht der Massen, Gliederung,
ohne erst das so gern beliebte Preisausschreiben Gruppierung, Silhouette, Farbe suchen wir das
zu erlassen, erhält Professor Hermann Billing- Geistige des Kunstwerkes zaghaft zu fassen. Ver-
Karlsruheden Auftrag, einen Entwurf anzufertigen. geblich mühen wir uns nach sprachlichem Aus-
Die Skizzen und Modelle werden kurzerhand dem druck für die Gesamterscheinung, für die einzelne
Bürgerausschuss vorgelegt, das nötige Geld ebenso Form. Das sind Mauern aus Stein wie ehedem,
rasch bewilligt und nach achtzehnmonatlicher Bau- Dächer, die schützen, Fenster, die Licht spenden,
zeit wurde in dem Jahre der dreihundertjährigen Türen, die uns empfangen wie überall, kein sel-
Gründungsfeierlichkeiten die neue Kunsthalle tenes ungewohntes Material, roter Sandstein wird
mit einer internationalen Kunstausstellung, der sich verwendet, kein neues technisches Problem wird
eine grosse Gartenbauausstellung anschliesst, er- gelöst; und doch atmet jede Linie, jede Fläche,
öffnet. V jeder Körper dieses Baues neues, eigenartiges
V Die erste Anerkennung für das grandiose Werk, Leben. Die Gesetzmässigkeit, die in jedem Kunst-
das vielleicht einen Markstein in der Geschichte werk ruht, in der Baukunsi findet sie ihre stärkste
unserer neuen Baukunst bedeuten wird, gebührt Formulierung, die um so klarer wirkt, je abstrakter
also dem Stadtgeist, der in gesundem Empfinden die Form, je reiner der Rhythmus der Massen zu
einem Künstler wie Billing rückhaltslos vertraut uns spricht. Billings Schöpfung ist in ihrer äusseren
hat. Billing selbst aber hat sich mit dem Werk Erscheinung ein heller Spiegel ihres konstruktiven
ein Denkmal welchem er nun das künst-
gesetzt, in Organismus, eine würdige Offenbarung ihres ernsten
lerische Vertrauen vollkommen rechtfertigte. V Inhaltes. Ein Künstler redet in seiner ihm allein
V Ein Tempel der Schönheit ist erstanden, und eigenen Ausdrucksweise zu uns, ein grosser Wille,
damit allein schon kennzeichnet sich die Bedeutung dessen Allgemeingültigkeit vielleicht bezwei-
dieses Bauwerks. Die Kunst war bis in die Zeiten felt werden kann, dem sich aber der ästhetisch
des letzten bewusst neuen Stiles so eng mit der fühlende Mensch nicht verschliessen wird. V
Religion verwachsen gewesen, dass es fast schien, V Zum äusseren Bild muss sich der Raum
dieselbe Aufklärung, die die eine zerbrach, müsste fügen. Was verlangen wir vom Inneren einer
auch der anderen gefährlich werden. Die Archi- Kunsthalle? Mit Gewalt drängt sich, sofort die
tektur aber war noch nicht stark genug, um allein Tragik des Schaffens unserer Maler und Bildhauer
gehen zu können, sie suchte sich in ihrer immer auf, der Mangel jedes festen Verhältnisses zwischen
weiter greifenden Verweltlichung krankhaft auf die Kunst und Zweck, die Unmöglichkeit, eine innige
alten Formen zu stützen. Man verallgemeinerte Verbindung zwischen Produzenten und Konsu-
das Feierliche und erreichte, dass es gemein wurde. menten herzustellen, weil sie vom Künstler nicht
Nun löst eine kraftvolle Natur alle Fesseln der erstrebt werden kann, da er im allgemeinen nicht
letzten Schule, die in starren Dogmen lehrte und weiss, für wen oder für was das Werk, das er
218

Architektur auf der Jubiläumsausstellung Mannheim 1907

macht, bestimmt ist. Diesem Mangel kommt aller- V Professor Billings Räume verraten sofort den
dings die ideelle Anschauung des Künstlers ent- plastisch denkenden Architekten. Wohl ist stets
gegen, der es mit seiner Freiheit für unvereinbar ein bestimmter Farbton, ein ausgesprochener
hält, sich die geringsten Schranken aufzuerlegen Stimmungscharakter zugrunde gelegt — eine grosse
und andere Rücksichten gelten zu lassen, als die Anzahl Räume entstammen seinem Entwürfe —
Er glaubt nur dann
seines künstlerischen Einfalls. aber man fühlt die Lust an der Form, nicht nur
sein Bestes schaffen zu können, wenn er die Be- die Freude an der Fläche, wie sie etwa ein
stimmung seines Werkes dem Zufall überlässt.*) Es Otto Hierl-Deronco geniesst, ja man möchte
war deshalb einer der fruchtbringendsten Gedanken fast sagen, dass Billing in der Ausarbeitung seiner

des Leiters der Kunstausstellung, des Professors Details in plastischen Linien schwelgt, wie so
Ludwig Dill-Karlsruhe, bei den zur Schau kom- manche künstlich vertiefte Türumrahmung, die
menden Gemälden und Plastiken die gröästmöglichste aufgetragene Vertäfelung, die graziösen, leicht ge-
Wirkung im Raum zu erstreben. Jeder Saal schwungenen Profile seiner Möbel, die duftigen
war nun einem Künstler, Maler, Bildhauer oder Drahtkompositionen seiner Beleuchtungskörper, so
Architekten zur völlig freien selbständigen Aus- manches Deckenornament zeigen. Stets aber ist
schmückung überlassen, und jeder Künstler wählte Billings Kunst von Vornehmheit und grossem Zug
für seinen Raum, unabhängig von seinem Nach- erfüllt, wenn
es gilt, gewaltige Dimensionen zu
barn einen Hauptfarbton, so z. B. der eine wein- überwinden. Im niedrigen, engen Zimmer drängen
rot, der andere schwarz, ein dritter hellgelb, ein sich fast die üppigen Formen, im hohen Kuppel-
vierter tiefgrün, weiss u. s. w. Allerdings ergibt raum des Vestibüls weiss er die Masse mit sicherer
sich auf diese Weise und auch durch den Mangel Ruhe zu zügeln, weiss er die stärksten Farben-
der architektonischen Oberleitung ein sehr buntes gegensätze des hellroten Skyros-Marmors mit dem
Bild, das vor allem durch die unvermittelte, will- dunklen weichen Glanz des Estralanda-Materials
kürliche Aneinanderreihung sehr unruhig, ja fast zu vereinen. Kühn wölbt sich die bogige Decke,
unangenehm wirkt. Es fehlen in dieser Ausstellung eigenartig, aber im Interesse einer dispersierenden
fast bei allen Räumen die ästhetisch unbedingt Beleuchtung wohl durchdacht, schneiden die
erforderlichen Verbindungen, die durch Bogen- Fenster in die Wölbung, sammeln ihr Licht gleich-
gänge, vertiefte und entsprechende überdachte sam wieder in dem grossen blauen Kristall des
Türlaibungen, Nischen u. dergl. leicht zu erreichen mächtigen Beleuchtungskörpers. Was in der Ge-
gewesen wären, und die zudem auf früheren Aus- staltung der Fassaden so trefflich gelungen ist, die
stellungen schon zu finden waren. Immerhin aber Loslösung des Mystisch- Künstlerischen vom My-
wurde durch die Abwechslung der Farbe ein neues stisch-Sakralen; in der Stimmung des Kuppelraumes
Moment für die Bildwirkung geschaffen, indem kommt diese Selbständigkeit der neuen Kunst noch
bei der Auswahl der eingesandten Werke nicht deutlicher zum Ausdruck. Ernst und wuchtig im
immer nur der absolut künstlerische Wert mass- Sinne der Materialerkenntnis, aber frei von er-
gebend war, sondern auch die Harmonie mit dem drückenden Gefühlen einer übersinnlichen Kraft
Gesamtton des einen oder anderen Raumes. Zum gibt sich der mächtige Eindruck, in dem jede auch
erstenmal ist vielleicht hiermit öffentlich die wich- noch so ungewohnte Form, jedes Kunstwerk sich
tige Frage zur Diskussion gestellt worden: Kann ungezwungen einfügt. Als Treppenhaus die ganze
ich dies oder jenes Bild in mein Haus hängen? Anlage zentral beherrschend, ergibt gleichzeitig
Kann ich das reine Kunstwerk in Beziehung zu die balkonartige Ausbildung nach dem Oberlicht-
meiner Wohnung bringen? Denn würde das saal, der reizende intime Umgang und das Podest
Kunstwerk das Behagen stören, so wäre es schlechter- die einfachste Ueberleitung zu den einzelnen sich
dings im Hause verfehlt. Im Museum ist das Bild anschliessenden Sälen. Billings eigenartige Hand-
der Hauptzweck, wegen dessen man den Raum, schrift beweist hierdurch am besten ihren univer-
der es beherbergt, betritt. Diese Ausstellung lehrt sellen Charakter. V
uns deutlich den Unterschied, und es ist nicht V Professor Peter Behrens steht isolierter in
schwer zu erkennen, welche Räume von Archi- seinem ganzen Kunstschaffen. Die Gesetzmässig-
tekten im Sinne einer allgemeinen Bezugsfertig- keit der Architekturverwandelt sich bei ihm zum
keit und welche von Malern oder Bildhauern als strengsten Rhythmus, der in grossen klaren Akkor-
Hintergrund ihrer eigenen Werke ausgeschmückt den einherschreitet und Bild und Figur in seine
worden sind. V Ordnung zwingt. Jede fremde Form würde einen
Missklang erzeugen. Die gross-gesehenen Akte
*) Meier-Qraefe, Entwicklungsgeschichte der Modernen Kunst,
Verlag Julius Hoffniann-Stuttgart. eines Karl Hofer, die archaistischen Plastiken
219

Architektur auf der Jubiläumsausstellung Mannheim 1907

eines Hoetger, die antike Ruhe und Schönheit Nicht so die „Wiener Werkstätten", die sich
der bildhauerischen Werke einesBourdelle sind in ihrem Räume mit einem vielleicht an sich ganz
monumentale Motive seiner Raumgestaltung. Ernst geschmackvollen, aber hier prätenziös auftretenden
ist diese Kunst, voll dunkler Geheimnisse eines Primitivismus der Flächenbehandlung sowohl im
ersehnten Ideals; wie eine heilige Stätte wirkt die Profil als Ornament genügten. Man kann auch hier
Vielheit dieser künstlerischen Willen in dieser nicht von einer starken Betonung der Bildwirkung
Einheit, wie Altäre die in die Putznischen ein- sprechen, da diese fast als Schema, nicht als Indi-
gelegten Bilder. Das strenge Schwarz-weiss-Orna- vidualitätsleistung erscheint. V
ment der vertieften Deckenkasetten die starren , V diesem Sinne sind die Raumschöpfungen des
In
Dreiecke der Türüberdachungen, die glatten hellen Architekten Otto Pru tsc her-W en und des Ar- i

erhöhten Felder, die durch schmale Goldlinien chitekten Otto Rieth-Berlin aufzufassen. Prut-
getrennt, und die in geometrischen Linien spielen- scher hat es vor allem verstanden, eine aristokra-
den Möbel erhöhen die eigenartige Stimmung tische Ruhe, eine gediegene persönliche Note für
dieses Raumes, zu welchem die Kunstwerke in die Gesamtstimmung zu finden, deren Eleganz auch
engste architektonische Beziehung treten. Es ist den kleinsten Gegenstand seines kunstgewerblichen
eine vom vornehmsten künstlerischen Gefühl ge- Schaffens körperlich und farbig erreicht. Mit dem
tragene Leistung, über die man nicht richten kann. hellgrauen Ton seines Raumes erzielt er einen
Man muss sie fühlen oder schweigen. wohnlichen Eindruck, in welchem sich besonders
V Ein Riesenschritt zum Raum des Architekten die sicher aufgebauten, weichfarbigen Landschaften
Rudolf Tillessen-Mannheim. Zwar führt er Meister Dills selbständig und doch organisch zu-
weit, doch nicht bergab in dieser Ausstellung. Der sammenhängend einfügen. Otto Rieth hingegen
Vorsaal aus einem fürstlichen Hause wird gezeigt, hat sein Programm schon erweitert, indem er den
wodurch in die Reihe der absoluten Bilderräume gegebenen Ausstellungsraum zum Gemäldesaal
eine angenehme Abwechslung kommt. Ein grosses eines vornehmen Hauses stempelt. Die Stimmungs-
dekoratives Gemälde Professor Ferdinand Kellers werte der Bilder zeigen eine reichere Skala, die
sollte die Mitte der Hauptwand kräftig betonen, aber durch interessant in den Raum gestellte
doch nicht die Stimmung des Raumes ausschliess- Scherwände mit Sitzgelegenheit angenehm geglie-
lich beherrschen. Es wurde leider aus mannig- dert ist. Die blaugraue Vertäfelung und Wand-
fachen Gründen nicht ausgeführt, ein ornamentales bespannung geben für Plastik und Malerei einen
Goldmosaik musste es in letzter Stunde ersetzen. sympathischen indifferenten Hintergrund, die Orna-
Die Möglichkeit dieser Ausbildung, die Verschmel- mentik, die Profile, die Schnitzereien atmen einen
zung der verschiedenen Material- und Farbenwerte, modernen Geist. V
die erreichte Wirkung beweist das hohe Können V Nun kommen die Maler und Bildhauer in ihrer
des Raumkünstlers, den vornehmen Geschmack. Raumkunst zu Wort, d. h. die Wand trägt nicht
der den repräsentativen Porträts eines Propheter, mehr Allgemeincharakter, sondern wird zum Werk
sowie den dekorativen Farbensymphonien eines nach Form und Farbe gestimmt. Professor Adal-
Ferdinand Keller vollkommen gerecht wird. bert N ie m a y er- M ü n ch e n weiss in seinem
Nicht neue Formen, nicht neue Stimmungen treten braun-violetten Damast einen gewissen Uebergang
uns entgegen, ein wohl wägender Geist einer alten herzustellen, aber Professor Benno Becker-
reichen Kunst spricht aus der üppigen Kassetten- München seinem schwarzen, Professor Otto
in

decke, aus der interessanten Metalltechnik des Gold- Hierl-Deronco-Mü neben in seinem weinroten
mosaik, aus der würdigen Gestaltung des Marmor- Kabinett behandeln die Wand als wesentlichen
kamines und der eingelegten Bronze, aus den sich starken Klang, als Tonart in der Farbensymphonie
anfügenden weichen grünen Ledersesseln, aus der ihrer Bilder. Das Gold der Decke erst schliesst
gleichartigen echten Damastbespannung. Die Pracht die eigenartige, aber vornehme Melodie. V
der Erscheinung des Raumes Tillessen vereinigt V Was dem Maler die Fläche, ist dem Bildhauer
sich unaufdringlich und wohltuend mit dem Cha- die Form. Um die Wirkung seiner Plastik der
rakter der Bilder. V Lichtquelle entsprechen zu lassen, variiert er die
V Vielleicht die gleiche Richtung müssen wir zur Richtung der Wände, baut er Nischen. Bildhauer
Raumkunst Professor Olbrichs einschlagen. C. A. Beermann-München ist hierin am wei-
Olbrichs Gefühl ist jedoch sensibler und zarter, testen gegangen und hat sogar die Wand bis zu
origineller im Ausdruck, eigenartiger in der Prägung einer gewissen Höhe mit einem silbernen Ton über-
der Gedanken. Er ist aber stets Architekt, der den zogen, um die Materialien seiner Plastiken, Marmor,
Raum körperhaft gestaltet, der ihm Bewegung gibt. Bronze, Holz stärker in die Erscheinung treten zu
220

Architektur auf der Jubiläumsausstellung Mannheim 1907

lassen. Auch die Gruppe der Münchner Bild- Masse verwirklicht. Künstlerischesinteresse können
hauer wusste durch Tönung eine angenehme, nicht jedoch nur die Sondergärten von Läuger, Schultz e-
ermüdende Wirkung der verschiedenen Werke zu Naumburg und Peter Behrens beanspruchen.
erreichen. Bildhauer H. Hahn-München ist in V Läuger hat seinen Garten durch niedrige Mauern
seinem ausschliesslich von ihm beherrschten Raum in einzelne Teile zerlegt, die er nach Farben und

in der Wahl seiner schmückenden Mittel ziemlich Gruppenmotiven einzeln behandelt. Die Mitte be-
sparsam, um nicht zu sagen dürftig gewesen. Es stimmt ein reizvolles Badehaus, an das sich ein
entsteht eine an sich kalte Häufung von bildhaue- von hohen, dichten Hecken abgeschlossenes Sonnen-
rischen Erzeugnissen, deren Genusswert dadurch bad mit Wasserbecken anschliesst. Die Wirkung
sehr herabgedrückt wird. Von einer Raumkunst ist eine äusserst interessante. Form, Farbe und
kann hier kaum mehr die Rede sein. V Gedanke sind vornehm. Professor Paul Schultze-
V Die Kunstausstellung wird zu Ende gehen, die Naumburg erstellte einen Hausgarten, den er mit
Kunsthalle wird bleiben, wird in ihrem Innern zu- sicherem Gefühl durch eine hohe Mauer von seiner
gunsten einer grösseren Einheitlichkeit manche Umgebung isolierte. Schultze- Naumburg ist kein
Veränderung erfahren müssen, sie wird aber stets Neuerer, aber wohl einer der feinsten, tiefsten
ein Bauwerk vornehmsten Charakters sein, würdig Kenner der alten Schönheit, und diese hat er in
den Beginn einer neuen Aera einer Stadt wie neuem Kleide aufs trefflichste zu bilden gewusst.
Mannheim einzuleiten. V Professor Peter Behrens ist der individuellste
V Prof. Max Läuger war der Architekt der Aus- Schöpfer. Garten und Haus ist ihm ein grosses
stellungsbauten. Sie weisen eine strenge Zweck- Ganzes, er baut deshalb gleichsam dem Motiv zu-
form deren ästhetische Wirkung in gewaltigen
auf, liebe ein Haus, das nur einen einzigen geschlossenen
Abmessungen, starker Lisenenbildung liegt. Lassen Raum enthält, der von entsprechenden Terrassen
sie auch im allgemeinen ziemlich kalt, so zeigen sie und Loggien umgeben ist. Für einen fein empfinden-
doch einen grossen einheitlichen Gedanken, der den Kunstfreund ist dieser Garten gedacht, grosse
den vorübergehenden Charakter dieser Bauten, ohne Rasenflächen lagern sich vor die Terrasse, gitter-
aufzufallen, zum Ausdruck bringt, und deren Anord- artige Pergolen fügen sich an die Wege, die auf ein
nung vor allem das Gesamtbild aufs glücklichste eigenartig gebautes Naturtheater münden. Ku-
löst. Die Gartenarchitektur hat gleichfalls die lissenartig schieben sich die Bäume vor. Seitliche
Vertreter aller Richtungen entsandt, der gute alte erhöhte Wasserhecken beleben die Fläche. Eine
Landschaftsgärtner, der sogenannte „Gartenarchi- starke Stimmung beherrscht diese Komposition,
tekt", der Baukünstler, der den Garten dem Haus edel in ihrer Auffassung, intim zum persönlichen
angliedert, alle haben ihre Auffassung in kleinem Genuss, zu einer Kultur der Feste. V
n/
221

PROF. HERMANN BILUNG- KARLSRUHE


Kiinsthalle Mannheim: Detail der Freitreppe
222

PROF. HERMANN B/LL/NG- KARLSRUHE


Detail von der Kutisthalle
Mannheim
223

PROF. HERMANN BIl.I.ISü-KARLSRUHB


Mannheim
Detail von der Knnathalle
224

PROF. HERMANN BILLING- KARLSRUHE


Detail von der KunsthalleMannheim
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PROF. HERMANN B/LLING- KARLSRUHE


Kunsthalle Mannheim: Treppenhalle
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PROF. HERMANN BILUNG- KARLSRUHE


Kunsthalle Mannheim: Treppenhalle
230

PROF. HERMANN BILLING-KARLSRUHE


Kiinsthalle Mannheim: Treppenhalle
231

PROF. HHR.WASN HII.I.ISü-KARLSRUHE


Kunsthallc Mannheim: Treppenhalle
232

PROF. HERMANN ßlLLING- KARLSRUHE


Kunsthalle Mannhein: Lesenisdie in der Treppenhalle
233

PROF. HERMASN B/LLIXG- KARLSRUHE


Knnsthalle Mannheim: Portal des grossen Saales
234

PROF HERMANN BILLING- KARLSRUHE


Treppenhalle
Knnsthalle Mannheim: Treppe vom grossen Saal zur
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PROF. HERMANN B/LLING- KARLSRUHE


Kiinsthallc Mannlieini: Dtirchgaiie, von Raum 10 iindi Raum 13
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PROF. HERMANN BILUNG-KARl.SRUHli


Kiinstlialle Raum 13
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OTTO PRUTSCHER & RF.MICIUS ÜHYLINü-VilHN


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PROF. HERMANN BILUNG- KARLSRUHl:


Kiinsthcillf Manuhrim : Raum 16
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PROF. HERMANN BILLING-KflRLSRUHE


KUNSTHflLLE MANNHEIM: TREPPENHflLLE
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t'ROF. PETER BEHRENS- DÜSSELDÜRI


Knnsthallc Mnnnhciiii : Möbel ans dem Raum 15
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I'ROF. HERMANN BILLING-KARLSRUHIz


Kunst halle Mannheim: Oherlidit aus dem Raum 13 und üitterteil von der Treppcnhalle
252

PROF. HHRMANN B/LUNü- KARLSRUHE


Kiuistliallc MaiiDheiin: Detail von Rainii 7. Baiü; ans der rreppeiilialle
253

PROF. HERMANN BILUNG-KARLSRUHli


Mannheim: Raum 7 (Prof. Franz von Stuck)
Kunstlialle
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Knitstlnille Mannheim: Japanisches Kabinett (Raiun 9)

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KiinstluUle Mannheim: Relief in Raum 21)
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Knnsthalle Mannheim: Raum 21
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Kunsthalle Mannheim: Raum 18

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Kuusthallc Mannheim: Biink' aus der Treppeiihalle
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PROF. PAUL SCHULTZE-NAUMBURü. SAALECK L T.

Gnrtenhaiiaiisstelliing Mannlieim : Sonderkarten


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Partie uns dem Sonderi^arten
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PU()l\ PhIHR BHHRHNS- DÜSSELDORF


Gartcnbänkc

J. ÜRADL-Stuttgart,
Rotenwaldstrasse 23.
Verantwortlicher Herausgeber: M,
Krais-Stuttgart.
Verlag- JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und B.lder ist verboten.)
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viiinODERME BAUFORAIEN ,

MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR! i

ZWEITES DRESDNER KÜNSTLERHEFT 1907

Der Dresdner Rathaus-Neubau erheischte, dass ein Bauprogramni, das auf die Fassadenentwick-
neben anderen Gebäuden auch diejenigen am lung bestimmend einwirkte. Die Landständische
Platze „an der Kreuzkirche" und an der „Schul- Bank musste das Erdgeschoss in der Höhen-
gasse" fallen mussten. Zu diesen gehörten das entwicklung betonen, da es die Bankräume auf-
Gebäude der Kgl. Superintendentur und das der zunehmen hatte, während in der Sparkasse der
Landständischen Bank. Diese beiden Bauten rührten Hauptsaal in dem ersten Stockwerk lag.
Das Super-
von ein und demselben Künstler her, dem Bau-
intendenturgebäude wiederum hat ausser den Ge-
rat Eberhardt, und vergegenwärtigten die Nach- meindesälen nur einfache Geschäftsräume bean-
Sempersche Schule. Sie waren aus ihrer Zeit sprucht und musste eine dementsprechende Aus-
heraus das Beste, was in Dresden damals geleistet bildung erhalten.
wurde und es ein tragisches Geschick, dass ihr
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ist
V Somit war durch die verschiedene Höhenent-
Schöpfer in hohem Alter ihren Abbruch noch er- wicklung der Gebäude der Gedanke der Einheit-
leben iTiusste. v/
lichkeit ausgeschlossen. Die verschiedenen Künst-
V Als teilweisen Landausgleich bot die Stadt der ler gestalteten ihre Aufgaben unter sich ganz
Königl. Superintendentur
unabhängig, gefördert
und der Landständischen
von den Behörden und
Bank Teile des Areals an,
einer einsichtigen Bau-
das direkt gegenüber den
polizei. Die Bauten
alten Gebäuden lag und
können daher ein Bei-
sichdem neuen Rathaus-
spiel geben, dass es
bau nach dem Altstädter
nicht nötig ist, Künstler
Marktplatz zu vorlagert.
in ihren Arbeiten von
Die Kgl. Superintenden-
aussen her zu beeinflus-
tur erhielt das Land ge-
sen, sobald dieselben
gen über der Kreuzkirche,
nur bedacht sind, ihre
die Landständische Bank
Bauten so zu gestalten,
das am Güntzplatz und
dass sie trotz der Ver-
das dazwischen liegende
schiedenheit der künstle-
Areal benützte die städ-
rischen Auffassung im
tische Sparkasse zur Er-
Städtebild eiriheitlich zu-
richtung eines selbstän-
sammenwirken. In wie-
digen Gebäudes. V weit es gelungen ist,
V Die verschiedenen dies in der vorliegenden
Zwecke, welchen diese
Gebäudegruppe zu er-
Häuser dienen mussten, /.(igt'p/aii des liaiihUnts (Irr Laiiitsländischen Bank, der reichen, sollen die folgen-
bedingten jedes für sich Slüdtisdicn S/>,ir/;assi' und der Superintendentur zu Dresden
den Abbildungen zeigen.

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Gesamlbanbloci^ der Landstäudischcn Bank,


der Städtischen Sparkasse
und der Superi.'tendentiir in Dresden
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SCHILLING & üRAEBNER- DRESDEN


Siiperintendentiir: Oberteil des Editurmes
Figuren und Ornamente von KARL GROSS-DRESDEN
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SCHILLISü d- ÜRAEBNEF<- DRESDEN


Siiperintcndeniiir: Sduiiiseite an der Siiiulgasse
270

SCHILLING & GRAEBNER- DRESDEN


Süperintendentur: Erker am Eckturm
Figuren uuä OrnamcnW vou KARL
GROSS- DRESDEN
271

sciiii.uNü & ürai-:bni:r-diu-:sden


Supeiinteitdeiitiir : Haiipleingaiig an der Kreuzkirdie
Büsten und Ornamente von KARL GROSS- DRESDEN
272

SCHILLING d- GRAEBNER-DRESDEN
Sunerintendentur: Detail vom Fenster des kleinen Saales
Ornamente von KARL GROSS-DRESDEN
273

SClIILl.lNü ,( üRAHHNlil^-DRHSDHS:
Siipcrintctuiciuiir: Aiissenansidit der
Gemeindesäle
274
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SCHILLING & ÜRAEliNl-R-niUlSDllS


Superintenäenlur: Treppe tiacii dem Standesamt
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HRMS ERLWEIN DRESDEN


SPRRKRSSE DER STRDT DRESDEN • VESTIBÜL


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Sparliasse der Staill Pirsi/en
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HANS ERLWEIN -DRESDEN


Städtische Sparkasse: Hauptportal
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HANS ERLVCt/X- DRESDtA'


Stüdtisdw Sparkasse: Sitzungszimmer
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Fenster im Treppen/uiiis der Stäiitisc/ieti Sparkasse zu Dresden
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Städtische Sparknsse: Kassensaal der Grundrenten- und i/ypotliekenanstalt
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PRUl.ROESSLER DRESDEN
FEhSTER IM SITZUMQSZIMMER DER QRUMDRErSTEN- UMD
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Landstäiuiische Bank: Fassaden-Detail
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LanristäruHsche Bank: Haupteingang


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LOSSOW & VIEHWHGER- DRESDEN


Laniistandisdie Baiil; : Ans dem Bankraiin,
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LÜSSÜVi'' & VIEHWEÜER'-DRI-SDliS


Landständisdie Bank: Sprec/iziminer
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(SCHULE PROF. ALFRED QREMRhDER • BERLIN)
EMTWURF ZU EIMER HALLE
8

v„ MODERNE BAUFORMEN,
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

BIEDERMEIER ALS ERZIEHER


VON DR. HANS SCHMIDKUNZ, BERLIN-HALENSEE

Herr Quadratus Biedermeier tritt vor uns sei so schwierig, wie unsere renaissancenen Künst-
hin und grüsst etwas spöttisch, als wollte er ler uns bisher weiss gemacht haben. Nein, das ist
sagen: „Ihr lacht mich aus, aber Ihr seid doch von sie nicht im geringsten. Sie ist ganz einfach. Schauen
mir abhängig!" Er biedert sich uns recht gemüt- Sie her: hier zeichne ich ein grosses, grosses Qua-
lich an, und wir kommen von dem wunderlichen drat und in die Mitte hinein ein ganz kleines Qua-
Gesellen nicht los. Er ist auch Schulmeister und dratchen, oder ein Dreieckchen, oder eine Raute.
will uns nach seiner Weise erziehen. Vielleicht Das ist das ganze Geheimnis!" V
hat er recht, wenn er meint, er sei zwar unschein- V Kinder und Narren reden oft genug die Wahr-
bar, besitze aber genug Reichtum, um uns gar heit. Und die Wahrheit ist manchmal bitter, und
vieles mitteilen zu können. V auch Herr Biedermeier kann ein Bittermeier wer-
V Von sonsther kennen wir Herrn Biedermeier als den, wie er sonst aus lauter Biederkeit zum Bieder-
den Mann, der nicht gerne Böses tut, aber auch knüppel wird. Lehren kann er uns aber jedenfalls
nicht gerade wegen gewaltiger Produktionen des nicht wenig. All das, was wir da scheinbar nur im
Gegenteiles berühmt ist. Wir kennen ihn als den Spass angedeutet haben, geht auf ganz ernste und
Philister, der seine Welt für genügend hält und von gewichtige Momente zurück, die auch schon häufig
ihr aus die übrigen Welten würdigt. Als solcher ihre historischen Ausprägungen gefunden haben.
kommt er uns besonders gern in der Rolle des Quadratus Biedermeier kann uns sehr viel lehren;
Ingenieurs oder sonstigen Technikers, liefert uns nur müssen wir die Wege dazu treffen, müssen
Leistungen, die nicht übel sind, und sagt dazu: selbsttätig und kritisch auch gegen ihn sein, um zu
„Seht Ihr, Schönheit ist Zweckmässigkeit! Was einer uns erwünschten Selbständigkeit zu gelangen.
braucht es noch ariderer ästhetischer oder artisti- Schwer macht er es uns allerdings; und am aller-
scher Momente, als nur eben der meinigen, die ich meisten dadurch, dass er, wie wir zum Teil schon
als Techniker zu bestimmen habe!" V gesehen, gar so gern unter einer Maske oder in
V Dann ist er wieder der Besitzer einer kleinen einer Verwandlung erscheint. V
Villa draussen, wo der Wald anfängt. Er lädt uns V Besonders gern wirft er einen grossen histo-
ein, und wir freuen uns, aus dem Stadtgetriebe rischen Mantel um sich, mit der dazu gehörigen
hinaus zu flüchten aufs Land. Da treten wir denn Pose. Heute macht er seine Gestalt rund, morgen
in ein Häuschen ein, mit Rechtecken rechts und eckig; heute kommt er uns spanisch, morgen japa-
Rechtecken links, mit Blümchen an Wand und Sofa nisch; sein ist heute der Orient und morgen der
und Stuhl, mit Birkenbänkchen und Birkenbrück- Occident. Und wir lassen uns von ihm so düpieren,
chen im Garten usw. usw. Ob der Villenbesitzer dass wir glauben, etwa zwischen einem maurischen
selber einsieht, dass das nicht ländlich, sondern ein Rauchzimmer und einem Barocksalon und schliess-
Abfall des Städtischen ist, eine Stadt auf dem Lande, lich einem allermodernsten Gartenhaus die wesent-
mit der deutlichen Marke „made town"?
in the lichsten Verschiedenheiten künstlerischerGestaltung
V Herr Biedermeier ist aber auch Taschenspieler sehen zu müssen. V
u. dergl. Er tritt als Konzertmaler oder als Konzert- V Inzwischen tänzelt ein kleiner Junge vor, nicht
architekt oder als Konzertkunstgewerbler auf und ohne Maske, aber mit einer, die man jetzt zum
beginnt mit jener Suada, die der Eingeweihte aller- ersten Male sieht, närrisch genug. Er nennt sich
dings schon aus Zeitungen und Kunstzeitschriften Jugendstil und freut sich ganz besonders darüber,
kennt: „Meine Herrschaften! Sie glauben, die Kunst dass er dem alten Herrn Biedermeier auf den Rücken

305
306

Biedermeier als Erzieher

springt.Bis ihn der zu fassen bekommt und ihn gemässen Sinn hätte. Allein wie viel können
überlegt! Nun gilt die Bewunderung dem alten uns die Urgrosseltern Biedermeiers noch lehren!
Herrn: der Jugendstil hat Biedermeierstil ange- wohl mehr, als es die „Klebearchitektur" der Re-
nommen. Und dann geht der Tanz wieder weiter. naissance kann, und erst recht mehr, als es für
Voran der Empirestil und mehrmals wieder, beson- unsere Wohnverhältnisse der italienische Renais-
ders als Hotelarchitektur. . Und endlich ziehen die sancepalast kann. Zwar hat es keinen Sinn mehr,
wohlbekannten französischen Ludwige vorüber, im „barock" zu wohnen; und die Reste solcher Formen
Augenblicke vielleicht als letzter der fünfzehnte. an unseren Oefen und Plafonds belächelt bereits
V Wir spotten über den Herrn Biedermeier mit Herr Biedermeier. Allein wenn wir etwa in irgend
seinem braunen Frack, seinem Tschakozylinder ein kleineres deutsches Museum gehen, das beson-
und seiner hohen Binde. Allein das ist weitaus ders die letzten Jahrhunderte vertritt, und wenn
nicht der ganze alte Herr. Wir haben bisher unseren wir dort die wunderbar geschmackvollen Hohlgläser
Spass sehr ernst gemeint; doch es ist Zeit, auch des 17. undJahrhunderts, die formenfreudigen
18.

den Schein des Spasses abzulegen. Kennen wir Lehnen von Bauernstühlen aus dem 17. Jahr-
selbst
den Biedermeierstil nur aus einigen deutschen hundert betrachten: dann hat uns die Taschen-
Landstrichen, zumal nördlichen, so kennen wir ihn spielerei mit dem Quadrat und dem Quadratchen
eben lange nicht ganz. Suchen wir weiter, so ersteht und der Raute nicht mehr viel zu sagen. V
er unserem Blick am würdigsten in Oesterreich, V Wir scheinen in unlösbare Spannungen hinein-
würdig nicht nur, sondern auch mit adeligem Reich- gekommen zu sein. Gegenwart soll gelten; aber
tum, mit leichter Grazie. Manche Veröffentlichung wir konnten sie recht wenig zur Geltung bringen.
der neueren Zeit hat uns den österreichischen Tradition soll gelten; aber wir lassen nicht mehr
Biedermeierstil vertrauter gemacht. Und da merken die historische Nachbildung gelten. Wir schütteln
wir, wie viel Tradition in ihm steckt, in die Ver- in Berlin den Kopf über Barocke und empfehlen

gangenheit zurück und voran in die Zukunftsmög- dort die Tradition der märkischen Gotik, machen
lichkeiten. Oesterreich das Land der prächtigen
, anscheinend also wiederum Vergangenheit in der
Barocke, hat eine kontinuierliche Kunst von da Gegenwart. Wir sollen modern und historisch sein;
durch den sogenannten Maria-Theresia-Stil und den wo ist da die richtige Weise, in der sich beides
Altwiener oder Kongress- oder (allgemeiner) Empire- vereinigen lässt? V
Stil bis zu seinem Biedermeier hindurchgeführt. V Wenn wir nun noch einmal Biedermeier und
Nur mit einem starken auswärtigen Einschlag: dem seine Vorfahren zu Worte kommen lassen, so er-
von England her. Die Wiener Zeitschrift „Kunst fahren wir von ihm in seinen besten Augenblicken,
und Kunstgewerbe" hat den Ursprung des Wiener dass er unsere gespannten Fragen nicht recht ver-
Biedermeier aus England mehrfach zu zeigen ge- steht. Wir fragen ihn nach den Worten, die wir
sucht, wenn auch mit Ueberschätzung, hat also der gebrauchen sollen, und er antwortet in seiner, frei-
modernsten Anglisierung ihre Vorläufer nachge- lich oft etwas plumpen und einfältigen Weise: „rem
wiesen. Und dort, in England, ging die kontinuier- tene, verba sequentur!" „Halte dich an die Sache,
liche Tradition erst recht geschlossen vor sich nach : die Worte werden schon kommen!" Es ist fast so,
einer sehr späten Renaissance der Stil der Königin als wollten wir unsere Grossmutter fragen, wie man
Anna, der vielleicht für das englische Wohnhaus glücklich wird. Da weiss die erfahrene Frau
entscheidend war, und dann die wenig unterschie- wahrscheinlich nicht anders zu antworten, als mit
denen Kunstschichten unter den Georgskönigen; den Worten: „Am ehesten dadurch, dass man nicht
alles nüchterner, schwerer, als in dem leichtlebigen danach strebt! Tue deine Dinge recht, und das
Oesterreich. Und die Seitenstücke dazu in Nord- Uebrige wird schon folgen!" Und wie tut man
amerika, den „Colonial-Style" und den „Late Colo- seine Dinge recht, wie ist man geschickt und klug
nial-Style", fangen wir erst neuerdings an, kennen und geschmackvoll? Durch eine Bildung, die uns
zu lernen. V zu gute kommen lässt, was Jahrhunderte aufgehäuft
V Es ist nicht ohne Belang, dass gerade Ludwig XIV. haben. V
und Ludwig XV. auch immer wieder an uns vorüber- V Wenn den Herrn Biedermeier ein junger Kunst-
tanzen. Zwar sind ihre Stile eine allzu spezifische schüler fragt: „Sag mir doch, wie ich bauen soll,
Ausprägung des alten französischen Regimes und ob rund oder rechteckig oder spitz, ob romanisch
der südeuropäischen Gegenreformation, als dass sie oder Rokoko oder Sezession!" —
so wird der Ge-
für heute eine Tradition bedeuten könnten, und fragte vielleicht antworten: „Denk vor allem einmal
dass besonders für eine Stadt wie Berlin das nicht an den Stil als Zweck; bereite dir das Glück,
Schwelgen in pompösen Barockeformen einen natur- stilvoll oder gar stilbildend zu schaffen, in richtiger
307

Biedermeier als Erzieher

Weise vor; frag nicht nach bestimmten Formen, V Noch bleibt ein unbegrenzter Formenreichtum
sondern nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit, nach zu neuem Leben übrig. Denken wir einmal an
Bestimmtheit und Klarheit und Deutlichkeit, nach eines der einfachsten tektonischen Probleme, das
Geschmack und Feingefühl, nach Natur als Vorbild aber gerade unsere nächsten Vorfahren so einfältig
und nach Natürlichkeit als Schaffensprinzip, nach wie möglich behandelt haben: den Fensterrahmen
Bedarf und Zweck, aber auch nach Veranschau- und speziell den Oberteil des Fensters, den „Sturz".
lichung des Bedarfes und des Zweckes; frag dich, Unsere Weisheit ist hier das Rechteck. Nur mit
ob du etwas zu sagen hast, und dann sprich das halbem Erfolg und widerspruchsvoll ringen die
aus! Arbeite ganz einfach gut und schön, ob nun Gardine, die Portiöre, und was sonst die Tapezier-
rund oder rechteckig oder spitz! Du fragst mich, kunst des Fensters schafft, gegen jene trostlose
wie das sei, das Gut und Schön? Da habe ja eben Form. Doch noch lange nicht ist diejenige Fenster-
ich von dir zu erfahren, in welcher Weise du gut gestaltung ausgeschöpft, die dem Tapezierwerk am
und schön bauen wirst! Dir kann ich nicht den nächsten kommt: der Vorhangbogen oder Stern-
Bau angeben, den du ausführen sollst und willst. bogen, zumal mit doppelter Spitze, wie er z. B. an
Dir kann ich nur sagen Bilde dein Können, deinen
: dem Kaufhause zu Freiburg im Breisgau so wohl-
Geschmack usw. auf jede mögliche Weise, wie dich gefällig zu sehen ist. Und wahrlich kann man es
alle Historie einschliesslich des letzten Augenblickes nicht historische Eklektik schelten, wenn aus zwei
lehrt! Dazu ist allerdings heute noch mehr, als es Bogenformen eine geschmackvolle Kombination
schon zu meiner Zeit nötig gewesen wäre, eine gemacht wird, wie beispielsweise aus zwei kleinen
hochgesteigerte Künstlerpädagogik nötig. Ich habe Rundbogen, die einen Sternbogen in die Mitte
ihren Segen nicht genossen oder nicht geniessen nehmen. Suchen wir nur erst, so werden wir
wollen; darum bin ich primitiv geblieben. Aber Reichtümer finden, gegen welche die eben ange-
ich weiss, dass ich auf dem rechten Wege bin, und führten Beispiele nur gering sind! Ein wahrhaft
dass meine Enkel das Richtige finden, wenn sie moderner Künstler wie Theodor Fisc+ier hat auch
meine Wege weiterwandern." V darin gute Anläufe gezeigt, wie z. B. an den Fenstern
V Und wenn wir als seine Enkel jetzt wissen, dass seiner Stuttgarter Schule zu ersehen ist. V
wir am besten tun, uns an die Sache zu halten, V Ueber den „Eisenstil" haben wir viel gestritten;
worauf die richtigen Worte, d. h. Kunstformen, so- doch eine Sammlung der bisher in markanterer
zusagen von selbst folgen werden, können wir auch Weise vorgekommenen Eisenkapitäle scheint noch
kurz erwidern: wir verzichten auf das Suchen nicht zu existieren. Der fälschlich so genannte
alter und neuer Formstile und streben nur nach Eisenstil, dessen Anfänge selbst in der Baukunst
einem Sachstil. Darauf kommen ja jene zahl- schon Generationen weit zurückliegen, hat die
reichen Redewendungen über den modernen StiN Tradition der Metallkunst als einen Vorrat von
von Zweckmässigkeit und Materialgemässheit usw., lehrreichen Mustern für sich; ihr ist kaum eine
hinaus. Natürlich nützt einem Stummen das Halten Stilform entgegen, und sie bringt ihr Material auch
an die Sache nichts zum Treffen der richtigen zu jener Weichheit, die von zahlreichen Naturvor-
Worte. Er muss auch die Sprache erlernt haben; bildern verlangt wird. Die Ornamentik „up to date",

und die Kunstsprache zu erlernen, ist ein Ding der um es so zu nennen, d. h. das Ornament, dessen
Treue gegen die Natur und gegen die Tradition, Vorbilder von den nächstliegenden Pflanzen und
aber natürlich auch der Lehrer, die das vermitteln. Tieren, vielleicht auch Mineralien, hergenommen
Wer klagt, dass eigentlich die Stilformen erschöpft sind, mag im Eisen noch weite neue Welten ent-
seien, der unterschätzt die Muster der Natur und stehen lassen. V
der Tradition. Ueber allen Kunststreitigkeiten steht V Biedermeier hat uns auch merken lassen, wie
die Erfolgsicherheit des Kunstjüngers, der draussen wir es nicht machen sollen. Die kahlen Flächen
im Grünen einheimische Blätter und Blumen sucht, waren schon längst durch technisch und künstlerisch
sie mit geschultem Können nachbildet und sie je wertvolle Auflösungen überwunden. Heute mögen
nach Bedarf an die Baustelle oder sonstige Stelle, sie dem Sezessionssporte gefallen. Dass sie sich
die ihrer bedarf, anpasst. Ueber allen Kunststreitig- durch schlechte Akustik im Innenraume rächen,
keiten steht die Erfolgsicherheit des Kunstjüngers, kann man aus den einfachsten physikalischen Er-
der sich von der Historie lässt, was schon
sagen wägungen wissen. Und die Vernachlässigung des
dagewesen ist (es oder aber nichts schon
ist alles Idealen rächt sich materiell immer wieder. V
dagewesen), und was im Strome der Entwickslung V Damit können wir bereits mitten in den aktuell-
sich noch nicht so ausgelebt hat, dass es abge- sten Fragen des modernen Kirchenbaues stehen.
storben wäre. V Er hat es schon deshalb schwei, weil wir uns nicht
308

Rudolf Bitzan

mehr wie im Mittelalter lieher als Privatleute ein- V Gerade jener Wettbewerb Hess deutlich erkennen,
schränken, als dass wir die Wohnung des Ueber- welchegegenwärtigenAnforderungen an den Kirchen-
natürlichen ohne reiche Ausstattung lassen. Und bau am ehesten für eine traditionstreue und doch
speziell der Protestantismus ist allzusehr eine mehr selbständige Formensprache zu benützen sind.
„akustische" als „optische" Religion, als dass er „Möglichst freie und grosse Gestaltung des Kirchen-
seine kirchliche Architektonik von sich selbst aus schiffes unter Zurückdrängung dessen, was den
genug fruchtbar machen könnte. Im Kirchenbau Blick auf den Altar hemmt" —
darauf gingen fast
wird allerdings der Gegensatz zwischen Einst und alle Projekte jenes Wettbewerbes aus. Ganz neu
Jetzt, zwischen Form und Form, besonders schwer ist dies nicht, doch lange noch nicht in alle seine

lösbar. Von Haus aus ist jedoch das Christentum, technischen und ästhetischen Vorteile hinein er-
wenigstens das katholische, nicht so beschaffen, dass schöpft. Und unter diesem wahrhaft schlichten
es die einen Stilformen vor den anderen entscheidend Zeichen stehen auch sonst einige jüngste Erzeug-
bevorzugen müsste. Grundsätzlich lässt sich christ- nisse des Kirchenbaues. V
liche Kultur, katholische wie protestantische, auch V Anderswo hat Schreiber dieser Zeilen anzudeuten
in unhistorischesten Gegenwartsbauten denken. gesucht, wieviel noch für den Kirchenbau aus der
Doch noch liegen wenig ausgeführte Beispiele sol- Anlegung von Aussenarkaden zu gewinnen ist.
cher Art vor (einige protestantische in Sachsen). Welche Verkehrsbedeutung und Kunstbedeutung
Bei dem Wettbewerbe für eine (katholische) Kirche Arkaden überhaupt besitzen, kann jeder Laie und
in Milbertshofen bei München, über welche die Künstler wissen. Es ist aber merkwürdig, wie
„Christliche Kunst" 11/7, April 190(3 Beilage, be- wenig sich die moderne Baukunst trotz ihres Jagens
richtet, gab es einen modernen Entwurf, der an- nach allen erdenklichen Formen und Motiven die
scheinend trotz unbestreitbarer Vorzüge so von Vorteile von Arkadenbauten zunutze macht. Reich-
vorherein beiseite gelegt wurde, dass eine Revision lich könnten unsere Strassen Arkadengänge als
des Prozesses gefordert werden kann. Der Entwurf Vervollständigung der Gehwege vertragen. Und
mit dem Motto „Orchideen" sah von einem jeden gelangen wir erst, worüber
Verfasser hier
sich
der historischen Stile ab und wollte „alle im Pro- ebenfalls nicht wiederholen kann, endlich einmal
fanbau üblichen modernen Baumaterialien und da- zu dem Bau von Arkaden und verwandten Gebilden
von bedingten Konstruktionsmöglichkeiten auf den in höherer Höhe als der des Strassenniveaus, dann
Kirchenbau anwenden." Geschlossenheit, Würde wird auch dem Probleme des Städteverkehres und
und edle Einfachheit, sodann eine bewegte Gestal- Städtebaues ein neues Erlösungsmoment eingefügt
tung des Grundrisses und ein malerischer Eindruck sein, zugleich neuer Quell für architekto-
als ein
waren dem Projekte nicht abzusprechen. Etwas nische Künstlerschaft. Ob nun rund oder recht-
Spielerisches, zumal in der Anordnung der Fenster, eckig oder spitz, ist gewiss auch unserem Onkel
hat sich allerdings auch hier gezeigt. V Biedermeier nicht von grossem Belang. V

RUDOLF BITZAN
Dieser Name ist den Lesern der „Modernen Bau- In Wartenberg beim Jeschken 1872 als Sohn eines
formen" nicht mehr unbekannt. Schon vor zwei Bürgerschullehrers zur Welt gekommen, erhielt er
Jahren hatten wir Gelegenheit, anlässlich des Wett- doch seine ganze Schulbildung in der deutsch-
bewerbs um das Bahnhofprojekt von Karlsruhe uns böhmischen Hauptindustriestadt Reichenberg, wo
gerade mit diesem jungen, tüchtig emporstrebenden sein Vater heute noch wirkt. Die Reichenberger
Künstler zu beschäftigen, der mit seinem gross- Staatsgewerbeschule geniesst mit Recht einen guten
zügigen, breiten Entwurf selbst einem H. Billing Ruf und hat sich auch hier wieder gut bewährt,
nicht geringe Konkurrenz machte. Da wir heute indem sie unserem Baumeister eine tüchtige Grund-
die drei neuesten Schöpfungen Bitzans im Bilde lage beibrachte, die er in den Jahren 1890 189(3

vorzuführen haben, glauben wir ihm auch in einer in der Praxis noch zu befestigen nicht unterliess.

Würdigung seines Lebensganges und seiner Lei- Von grosser Bedeutung wurde sodann ein mehr-
stungen gerecht werden zu müssen. V jähriger Münchener Aufenthalt, wo ein Seidl,
V Rudolf Bitzan ist von Geburt ein Deutschböhme. Hocheder und Dülfer den nachhaltigsten Eindruck
53

^^SSiB«iife

liiliJi :»>
309

Rudolf Bitzan

auf den, zum erstenmale in grosse Verhältnisse Gebiete des modernen Warenhauses schon archi-
gestellten,werdenden Künstler ausübten. Noch tektonische Meisterschöpfungen von grossem Wurfe
entscheidender wurde das Jahr I9Ü2, das Bitzan in aufzuweisen. Bitzan offenbart auch hier wieder
Freiburg B. zubrachte; die Nähe von Karlsruhe
i. seinen glücklichen Sinn für Monumentalität, nicht
und der aufsteigende Ruhm von Hermann Billing nur in dem klargegliederten Grundriss, sondern
wurde für ihn richtunggebend. Vom Jahre 1903 auch in den wuchtigen Fassaden, den Pfeiler-
wirkt Bitzan in Dresden, als gewandter und fleis- stellungen der Risalite, den grossen, ungegliederten
siger Mitarbeiter William Lossows. V Dächern (ein Lieblingsmotiv Bitzans) u. s. w. Aber
V Für alles Gute ein offenes Auge zu haben und doch hat er sich zum Teile selbst durch ein zu Viel
doch nicht in blinde Nachahmung, in sklavische an Detail um die Wirkung gebracht, was man am
Abhängigkeit zu verfallen, ist eine grössere Kunst, besten erkennt,wenn mangegenüberdiesem Projekte
als gemeinhin angenommen wird. Dass man in den der genannten Konkurrenz mit dem ersten
in
München als junger Architekt ungemein viel lernen Preise ausgezeichneten Entwurf von Rehberg& Lipp
kann, wird niemand bestreiten; aber wie leicht ge- in Charlottenburg —
eine etwas geradlinige, aber
wöhnt man sich an irgend eine Lieblingsidee eines doch vornehm-ruhige Leistung —
betrachtet, oder
Seidl, die man dann das ganze Leben nicht mehr den Plan eines anderen Dresdners, nämlich W.
los wird. Bitzan könnte man das nicht nachsagen. Kreis', dessen Hauptgebäude sehr klar und über-
— Auch Billing ist gewiss eine so starke Indivi- sichtlich angeordnet ist. Bitzan wird sich bei so
dualität, dass man in jugendlicher Begeisterung grossangelegten Aufgaben doch noch mehr als
nur zu leicht unter einen so dominierenden Einfluss Meister in der Beschränkung zu bewähren haben
gerät, den man nicht mehr abschütteln kann. Bitzan und eine gewisse Ueberladenheit namentlich im
bemühte sich auch hier mit Erfolg, trotz aller Ver- Hauptaspekt, sowie einige weniger gelungene
ehrung für Billing nicht ein Trabant von ihm zu Schmuckformen — z. B. das auseinandergezogene
werden, wie er sich denn auch in den letzten vier jonische Kapitell über der Fassadeninschrift —
Jahren trotz der mehr als reichlich vorhandenen lieber vermeiden. V
Gelegenheit, in den Bann eines der tüchtigsten V Dass Bitzan aber über den Millionenbauten, die
Dresdener Meister zu geraten, mit redlichem ja nicht jeden Tag an die Baumeister herantreten,

Streben seine künstlerische Freiheit zu wahren nicht die Liebe zu den, im gewöhnlichen Leben
wusste. V häufiger vorkommenden, kleineren Gebäuden ver-
V Das höchste Streben eines modernen Architekten loren hat, bekannt. Selbst für bescheidene Auf-
ist

oder Plastikers ist auf Monumentalität gerichtet, gaben hat er ja schon ganz reizende Arbeiten ge-
was uns nicht wundern kann, nachdem die frühere liefert,von denen man nur bedauern muss, dass
Generation selbst bei den gewaltigsten Aufgaben mit sie nur zum kleinsten Teile tatsächlich ausgeführt
besonderer Vorliebe in kleinliche Spielereien versun- wurden. Auch sein Projekt für eine Volksbücherei
ken war und über der liehevollen Detailbehandlung, ist eine ganz köstliche Lösung einer Frage, die
eventuell Detailüberladung den Sinn für die wahre heutzutage die meisten kleineren Städte beschäftigt.
Monumentalität verloren hatte. Auch Rudolf Bitzan V Schade, dass Bitzan noch nicht die Möglichkeit
strebt nach monumentaler Wirkung und gewiss gefunden hat, die besten seiner Entwürfe auszu-
mit vielem Geschicke. Schon sein Entwurf für ein führen, dass er nicht in materieller Unabhängigkeit
Zeitungsgebäude zeigt ganz deutlich den lebhaft schönen Idealen nachgehen kann, um der Mit- und
entwickelten Sinn, durch gute Gruppierung der Nachwelt sein Können greifbar ad oculos vorzu-
Massen grosszügige Wirkungen zu erzielen. In führen. Zwar hat ihn seine deutschböhmische
der Wucht der durch drei Stockwerke emporführen- Heimat schon wiederholt durch Preise und An-
den Halbsäulen, in den mächtigen Bogen der drei erkennungen ausgezeichnet, und dennoch findet er
Einfahrten glaubt man geradezu etwas von der ge- in seiner zweiten Heimatstadt Reichenberg noch
waltigen Macht der Presse zu spüren. —
Im Prinzip taube Ohren, wenn er dort mit einem gross-
nicht allzu sehr wesensverschieden ist das Konkur- zügigen Projekt vorspricht, das gewöhnlich nur den
renzprojekt für das Warenhaus Tietz in Düsseldorf. einen Fehler hat, dass es zu der Zuckerbäcker-
Die Aufgabe musste jeden modernen Architekten achitektur des Reichenberger Rathauses (einem
a priori verlocken, denn gerade für solche neuzeit- „noli me tangere") grell kontrastiert. Hoffentlich
liche Bedürfnisse,die die früheren Zeiten nicht sehen aber die Deutschböhmen doch bald ein, was
gekannt hatten, kann man unabhängig von allen und was sie an ihm
sie in Bitzan besitzen be- —
traditionellen Fesseln neue Ausdrucksformen prägen. sitzen könnten! V
Und tatsächlich hat man bekanntlich auch auf dem GUSTAV E. PAZAUREK
310

RUDOLF BITZAN- DRESDEN


Konkiinenz-Entwnrf zum Warenhaus Tietz für Düsseldorf
Teil der Seiten -Fassaden
311

RUDOLF BITZAN-nRIiSDEN
Konlmncnz-luilwiirf zum Warenhaus Tietz ftlr Düsseldorf
Teil der Hauptfassade
312

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RUDOLF BITZAN- DRESDF.N
Warenlums Tielz für Düsseldorf
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313

RUDOLF BITZAN- DRESDEN


Warenhaus Tietz für Düsseldorf
314

RUDOLF BITZAN- DRESDEN


Projekt für eine Volkshildierei
315

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ARBEITEN AUS DER SCHULE VON PROFESSOR GRENANDER

Kunstschulen gewinnen in letzter Zeit auch zu Vestibülen, Treppenhäusern und Aussenarchi-


Die
Sinne einen grösseren Ein-
in fortschrittlichem tekturen. Bei den Innenräumen, die naturgemäss
fluss auf eine konkretere Fassung der neuen künst- überwiegen, fällt besonders die Raumgestaltung als
lerischen Anschauung. Sie heginnen damit eine solche auf, das Zurückdrängen aller raumbeengenden
Aufgabe zu erfüllen, die schon längst der Inangriff- Elemente unter den tektonischen Organismus des
nahme harrt. Der schwerfällig eingesessene Apparat, Ganzen. In diesen Entwürfen kann man durchweg
das ancien regime, mit seinen mannigfachen bureau- von wirklichen Räumen sprechen, die in ihrer
kratischen Verästelungen ist hier ein schwierig zu lichten Helligkeit und feinen Koloristik gegenüber
beschneidendes Hindernis. Junge Triebe werden den vollgepfropften Rumpelkammern einer mittel-
widerwillig geduldet und in ihrem Wachstum be- alterlichen Anschauung von Reinlichkeit und Be-
hindert. Es entstehen unerquickliche Zustände, die wohnbarkeit der Behausungeine wirkliche Errungen-
jedoch im Fortschritt der Zeit von nicht allzu langer schaft bedeuten. Es hat sich hier ein ähnlicher
Dauer sein können. V Umschwung wie in der Entwicklung der Dunkel-
V Die erste durchgreifende Reorganisation der und Hellmalerei der letzten Jahrzehnte vollzogen,
Kunstgewerbeschulen ging von Düsseldorf aus. Der ein Wechsel, wie „wenn man aus völliger Dunkel-
Dresdener Ausstellungsraum dieser Schule war '"n heit plötzlich in leuchtende Helle tritt". Auch in
jeder Beziehung eine glänzende Leistung, ein un- tektonischer Hinsicht zeugt die Raumkunst dieser
geahnter Fortschritt auf diesem Gebiete, der nur Arbeiten bis in alle Einzelheiten von einer origi-
durch das organisatorische und didaktische Genie nalen und einwandfreien Durcharbeitung. V
Peter Behrens" verständlich wird. V V Bei einem der Entwürfe ist ein unmerkliches
V Auch Berlin berechtigt neuerdings zu schönen Anlehnen an die Antike von besonderem Interesse,
Hoffnungen. Professor Alfred Grenander hat schon weil hier eine gewisse Wesenverwandtschaft sich
seit längerer Zeit einen bestimmenden überaus mit der Antike verbindet, gleichzeitig jedoch der
glücklichen Einfluss auf seine Schüler gewonnen. grosse Fortschritt unserer Zeit in anderen Entwürfen
Die hier veröffentlichten Entwürfe sind in seiner aufs deutlichste zum Ausdruck kommt. Was wir
Klasse Der Zusammenhang mit der
ausgeführt. der Antike gegenüber voraus haben, ist die Heraus-
Anschauung Grenanders ist ohne weiteres ersicht- arbeitung hoher lichter Räume, die in den meisten
lich und erscheint zunächst als das Wesentliche Entwürfen durch einen freien und neutralen Luft-
im Verhältnis des Lehrers zum Schüler. V raum über der eigentlichen Bewegungssphäre ge-
V Gerade das Unterordnen unter eine gesetzmässige schaffen sind. Das Lastende der älteren Anschauung
Anschauung, einen bestimmten künstlerischen Or- wird hierin freier Leichtigkeit gehoben. So werden
ganismus führt zur Erkenntnis der eigenen Origi- diese Räume in wohltuendem Kontraste lebendig.
nalität, die sich später selbsttätig zum Ausdruck Die einfachen hohen Flächen bändigen die un-
bringt. Für mehr handwerklich reproduzierende ruhigeren Linien der Gebrauchsmöbel. V
Naturen dagegen, welchen die Selbständigkeit der V Die Ausstattung selbst wird in ihrer vollendeten
eigenen Auffassung fehlt, wird jene Schulung zu Behandlung bis in alle von kluger
Einzelheiten
einer nachhaltig wirksamen künstlerischen Kraft. Ueberlegung bedingt. Das Einzige, was diesen
V Professor Grenander legt besonderen Wert auf Arbeiten fehlt, ist eine realere Existenz, die ihnen
die Vielseitigkeit der Entwürfe und Aufgaben. in jeder Beziehung zu wünschen wäre. V
Innenausstattungen jeder Art wechseln mit Entwürfen MAX CREU TZ
317

O. DÜCHOW (Sdmle Prof. Alfred Grenamier- Berlin)


Entwurf zu einer Diele
318

ANTON MOELTER (Schule Prof. Alfred Grenander- Berlin) Entwurf zu einer Vorlialle

A. DOCHÜW (Sdiule Prof. Alfred Grenander -Berlin) Studie zu einer Kaminpartie


319

I'. VENT (Si/iii/i' Prot. Alfred ürenander-Herlin)


Studie zu einer Halle
320

/:. SALOMON (Schule Prof. Alfred Grenandcr- Berlin)


Entwurf zu einer Kapelle
^ 55

RMTON MütLItK
(SCHULE PROF. RLFRED QRENRNDER • BERLIN)-

EMTWURF Zu ElhEM WOHNZIMMER


321

./. FRANKI-: (Sdiiile Prof. Alfred ürenander- Berlin)


Soinnii'rhaiis-F.ntunirf
322

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323
324

£. NOLTE (Schule Prof. Alfred Grenander- Berlin) linrwiirf ;ii einer Jialle

ALFRED FEHSE (Sduile Prof. Alfred Grenander- Herlini Kaniinsiudie


325

UHU SCHULZ (Sdmlf Prof. AtJreJ ürenancier- Berlin)


Entwürfe zu einer ünrderabe und einer Barhierstube
326

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ü. FRIESE Alfred ürenandcr- Berlini


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Entwurf :u einer Diele


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RUDOLF SCHMID-FREIBURG i. B.
Haus Gliinkin: Hiiwaiiii und Hnioeschosssrundriss
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RUDOLF SCHMID- FREIBURG i. R.


Haas „Zum Schwanen" . Hofnnsidit und Ginndrisse
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AMERIKANISCHE LANDHÄUSER UND IHRE GÄRTEN*


Wereinem
Amerika nicht kennt, kann sich schwer von
alteingebürgerten Vorurteil befreien,
erscheint es mir, als
in die Bilder,
wenn man, vertieft
sehr bald eine neue Note heraus-
man sich

das mit ihm die Vorstellung eines durchweg kalt liest, die nicht englisch und auch nicht italienisch
und nüchtern aufgebauten Landes verbindet, in oder holländisch ist, sondern die eben dies typisch
dem man nirgends eine Spur jener heimatlich an- Amerikanische, von dem ich sprach, zu bilden
mutenden Stätten vermutet, die so sehr auf unser scheint. Sie mit Worten zu erklären, ist eine miss-
Gemüt wirken, die unser Deutschland so zahlreich liche Sache und wahrscheinlich keine leichtere Auf-
hatte, und die man jetzt nach sogenanntem, „ameri- gabe als die, den Typus des Amerikaners selbst zu
kanischem" Muster mit allen Mitteln zu zerstören beschreiben. \/
sich bemüht. V V Wir brauchen uns nun Amerika nicht als Ideal
V Darum war dies Buch eine grosse Ueberraschung aufzustellen und können doch manches aus dem
für mich. Nun kann ich zwar nicht sagen, ob die Buche lernen. In ihm erscheint uns der Ameri-
Abbildungen durchaus typisch sind oder ob sie nur kaner pietätvoller als man allgemein von ihm an-
einige verstreute Perlen aus dem ungeheuren Lande nimmt; jedenfalls weiss er die künstlerische Tra-
jenseits des Ozeans zusammentragen; das Vorwort dition seines Stammlandes besser aufrecht zu
gibt darüber nicht genügend Aufschluss. Sollte aber erhalten, als man es bei uns getan hat, wo beson-
das, was das Werk bringt, charakteristisch für die ders in Gartenanlagen eine so wilde Geschmack-
amerikanische Gartengestaltung sein, so haben wir losigkeit und Ratlosigkeit herrschten und noch
allen Grund, unsern Stolz auf die heutige künst- herrschen, als ob wir nie die Fähigkeit besessen
lerische Kultur unserer Heimat ein wenig herab- hätten, schöne Gärten anzulegen. V
zustimmen. Denn es dürfte schwer sein, ein gleich V Nun kommt zwar den Amerikanern eine oft
gutes Buch über neuere deutsche Gärten zusammen überaus üppige Vegetation zu Hilfe, ihre Gärten
zu stellen. V zu gestalten, wiewohl die Art derselben, wenigstens
V Immer unter der Voraussetzung, dass es sich soweit ich aus den Abbildungen sah, dem Pflanzen-
hier wirklich um typisch amerikanische Gärten wuchs in unserm Klima ähnlich zu sein scheint.

handelt, muss man zugeben Amerikaner wissen, : die Das kann jedoch die Würdigung der amerikanischen
wozu Gärten da sind und sind genügend über die Gartenbaukunst nicht einschränken. V
Grundformen der Gartengestaltung unterrichtet. V Recht interessant ist auch die amerikanische
Zwar ist man beim Durchblättern des Buches leicht Architektur, die man aus diesem Werke kennen
geneigt zu glauben, der Amerikaner nähme das lernt. In den meisten Fällen scheint sie \ernünftig,
Gute, wo er es fände. Denn wir sehen Anlagen, einfach, echt und gut zu sein, manchmal erhebt
die man für holländische Gärten ansprechen möchte, sie sich sogar zu klassischer Gestaltung, während
andere, bei denen man sich nach England versetzt verhältnismässig wenige schlichtweg banal genannt
fühlt; und bei manchen wieder meint man italie- werden können. Der moderne Amerikaner aber
nische Landschaften zu sehn. Doch erscheint es scheint nicht mit jener oft ans Komische grenzen-
mir voreilig, daraufhin schlichtweg die Anklage den Aengstlichkeit den klassischen Formen aus
eines billigen Eklektizismus zu erheben. Denn dem Wege zu gehen, wie der moderne deutsche
man muss bedenken und überlegen, dass Amerika Architekt es häufig ganz unnötigerweise tut. Und
ein weit ausgedehntes Land ist, das nahezu so viele doch wird fast immer der Eindruck natürlichen
Klimata und verschiedene Landschaftsgestaltungen konstruktiven Aufbaues erzielt. Auch die Gärten
in sich vereinigt, wie unser ganzes altes Europa treten in innigerer Beziehung zur Natur als es bei

zusammengenommen. Da ist es nur natürlich, dass uns üblich ist. Fast überall ist ein grosser Teil
uns die südlichen Gärten an Italien und die nörd- derselben, der sich ans Haus anschliesst, rein archi-
lichen an England erinnern. Ueberdies sind doch tektonisch gehalten. In ihm dominieren die An-
die Amerikaner noch kein ganz einheitlicher Stamm, lagen von Pergolas, Terrassen, Mauern, Treppen,
sondern die Bevölkerung ist aus Kolonisten der Wasserbecken und Gartenhäusern, während er da,
alten Welt gebildet. Kein Wunder, dass diese die wo er sich vom Hause entfernt, der Natur sich
Gartenideale ihres Mutterlandes mitgebracht und anschmiegt, dem Prinzip folgend, dass der Garten
in die neue Heimat verpflanzt haben. Bei alledem das Vermittlungsglied zwischen der menschlichen
Wohnung und dem Gelände, zwischen Architektur
Ame ca n C o u n t ry H m e s a n d he Oar Heraus-
r i

gegeben von John Cordis Baker, mit einer Kinleitung von Donii
t i r <i e n s.
und Natur bilden soll. V
Barber; Philadelphia bei der John C. Winston Company. PA Ul. SCHUL rZE NA UMBURü
-
336

WILSON EYRE-PHILADHLPHIA Pa.


in Bolton Landing am George-See
Landhaus
337

AU-KIM. ME AD & WHITE- NEW YORK


.Tlir zum Atelier
Oirhaid" in Soutliampton: Eingang
338
339
340

WILSON EYRl:- PHILADELPHIA


Pergola in Belle Haven, Connecticut
341

.\hi\IM. MLAD A Wllllt-Sl-.W YOUK


(Jartenanlage in Sf. James auf Long, Island

CJlMiU-S A. ri.ATI -NEW YORK


Haas in lioiiiville, Connecticut
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344

CHARLES A. PLATl St W
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Ateliergebäude des Künstlers bei Wiiidsor. Ve

UNSERE BILDER
V Lörrach, ein kleines badisches Städtchen am tekten das weitgehendste Verständnis entgegen-
Fusse des oberen Schwarzwaldes, verdankt dem brachte, während anderseits dieser die Geschäfts-
Freiburger Architekten Rudolf Schmid ein paar interessen, Wünsche und Gewohnheiten des Auf-
Geschäftshäuser, die sich der bescheidenen Archi- Das Haus „Zum
traggebers nicht ausser acht Hess.
tektur seiner Strassenbilder äusserst glücklich ein- Schwanen", an der gleichen Strasse gelegen und
fügen. Das Wohn- und Geschäftshaus Fr. Giünkin um ein Jahr später erbaut wie das Eckhaus, kostete
wurde im Jahre 1903 mit einem Kostenaufwand von 215000 Mark. Trotz der niedrigen Höhenentwick-
115000 Mark erbaut. Für die Strassenseiten kam lung hat es dank seiner vornehmen Architektur
Marktbreiter Muschelkalk zur Verwendung, der in und dem beherrschenden Giebel eine feine, fast
den ornamentalen Teilen leicht abgetönt wurde. Die monumentale Wirkung, die man bei bedeutend um-
Hoffassaden sind in Putz gehalten und mit Holz- fangreicheren Gebäuden derselben Strasse vergeb-
lauben ausgestattet, wie solche dort in früheren lich sucht.Als Material diente Maintaler Sandstein,
Jahren üblich waren und heute noch eine grosse zu dessen schwerer Tönung das weisse Fensterholz
Annehmlichkeit bieten. Im Inneren wurde die in freundlichem Gegensatz steht; das Dach ist deutsch
Formensprache der Fassaden einheitlich durchge- geschiefert.Im Inneren führt eine breite Treppen-
führt. Ausser der Haupttreppe verbindet die beiden, anlage den Einzelwohnungen. Eine teilweise
zu
von einer Familie bewohnten, Obergeschosse noch Adaptierung alter Bestände trug wohl stark zur
eine intime Treppe in gut beleuchteter Diele. Man malerischen Wirkung der Hofansicht bei, wo in
sieht dem Hause an, dass der Bauherr den künst- dem altvaterischen Halbgiebel der kleinstädtische
lerischen und praktischen Ratschlägen des Archi- Bautypus eine fröhliche Auferstehung feiert. V
Verantwortlicher Herausgeber: M. J. QRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.

Verlag: JULIUS HOFFMANN- Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buclidruckerei Felix Krais- Stuttgart.
(Der N.icticinick .nller in dieser NuniiiR-r ciith.iltenen Artil<cl mul Hikler ist verboten.)
60

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STUDIE ZU EIMER DIELE
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v,|AVODERNE BAUFORMEN,
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
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MODERNE DÄNISCHE ARCHITEKTUR


VON WILHELM WANSCHER KOPENHAGEN -

Wenn man von einer nationalen Schule der italienische Einfluss siegte um 1700; aus dieser Zeit
haben wir mehrere stattliche Barockbauten in Kopen-
Baukunst in Dänemark reden kann, so gebührt
es vor allem, jene Denkmäler der Vergangenheit zu hagen und Umgebung. Als typische Beispiele seien
nennen, die man den Jahren 1830 40 mit gutem
seit der Reithof in Christiansborg ca. 1740 und die
Erfolg für die moderne Bauweise studiert hat. Die Strasse „Amaliegade" erwähnt. Hier steht das
Restaurierungsarbeiten, die nach manchen schmerz- „gelbe Palais", von dem Franzosen Jardin gebaut,
lichen Fehlgriffen jetzt in eine künstlerische und und die jonische Kolonnade von seinem Schüler
wissenschaftliche Spur, namentlich durch Professor Harsdorf, der vielleicht die klassizistische Richtung
Herm. Storch, gelenkt worden sind, haben dabei mit derselben Reinheit des Gefühles, wie später
manches getan. Vor den Verirrungen eines zufäl- Thorwaldsen, vertrat. V
ligen Geschmackes schützen diese methodischen V Die Bestrebungen des 19. Jahrhunderts waren
Messungen und liebevollen Wiederherstellungen aber in erster Linie gegen die römisch-italienischen
alter Gebäude, wodurch zugleich der Sinn für das Bautraditionengerichtet; auch von dereinheimischen
Grundlegende und das Verständnis der Gesetze Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts verstand man
einer natürlichen Entwicklung gepflegt werden. Von lange nichts. Wie überall im Zeitalter der Heiligen
Bedeutung für unsere moderne Architektur sind u. a. AUiance wurde auch bei uns das Gute in der Ferne
die kraftvollen, schlichten Ritterburgen des 16. Jahr- gesucht, das Nächstliegende und tatsächlich Wert-
hunderts, im Stile des Ueberganges vom Mittelalter volle geschmäht und allmählich vertilgt. Der kluge
zur Renaissance, noch bevor die niederländischen Deutsche Gottfried Semper spricht um dieselbe
Einflüsse mit dem Bau des imposanten Kronborg Zeit in seinem Pamphlet „Ueber bemalte Archi-
bei Helsingör der einheimischen Kunst einen ent- tektur bei den Alten" 1834, die prophetischen Worte
schieden fremdartigen Einschlag gaben. Die älteren aus: dass wir am Ende selber vergessen wollen,
Burgen wie Borreby bei Skelskör (Südwest-Seeland) welchem Jahrhundert wir angehören. V
und Hesselagergaard bei Nyhorg (Fühnen) sind, wie V Ein vorzüglicher Künstler, der Erbauer des
die Florentiner und Sieneser Paläste des 13. und „Thorwaldsens Museum", M. G. Bindesböll, leitete
14. Jahrhunderts, wahrhaft klassisch in ihrer Art. die Bewegung ein. Er war als junger Mann in
Es sind wie diese mehrstöckige, viereckige Häuser Gesellschaft mit H. C. Örsted nach Paris gegangen,
mit gut gelegtem, hohem Schwerpunkte und kraft- wo er bei Gau verkehrte — wie später Gottfried
-

vollen Konturen. V Semper in seinem unfreiwilligen Pariser Aufenthalt.


V Denselben Geschmack am Soliden findet man Nach Beendigung seiner akademischen Studien im
noch in einigen Kirchen des 17. Jahrhunderts, wie Jahre 18,^4 ging Bindesböll nach Italien und Griechen-
S. Trinitatis mit „Rimde Taarn" zu Kopenhagen, ein land, wo er alles betrachtete und studierte. Um
wahrer Koloss, dessen bedeutender Umfang und dieselbe Zeit entwarf er mehrere Pläne für das
Grösse noch durch den Gegensatz zu der kleinen Museum, bald in ägyptischem oder griechischem,
Umgebung der beengten Gasse gesteigert werden. bald in pompejanischem und florentinischem Stile.
Merkwürdig bleibt es dabei, dass dieselbe Zeit auch 1839 wurde das erwähnte ägyptisch-griechische Werk
solche niedliche malerische Gebäude schuf wie die in Angriff genommen. Es ist vielleicht die beste
Börse, die Rosenborg und die Holmens Kirche (um Arbeit eines dänischen Architekten im 19. Jahr-
1620) im gewöhnlichen Stil der Renaissance. Der hundert geworden. V
345
346

Moderne dänische Architektur

V Nach seinem Tode im Jahre 1856 bekamen die Landhäuser im Badort Hornbaek (bei Helsingör)
langweiligen Studien des „korrekten" romanischen und anderswo haben den echten Charakter eines
und gotischen und „korrekten" Renaissancestiles Hauses, das „besser ist, wie es aussieht", d. h. in
die Ueberhand, bis allgemach aus der Schule von der Plangestaltung, in der Aneinanderfügung der
Herholdt, Holm und Storch die neuere Gene- Räume, der Treppen sowie in der Benützung jeder
ration hervorging. V Ecke, in der guten Lichtführung etc. eine innige
V Das glänzende Beispiel des neuen „persönlichen" Gemütlichkeit besitzt, die die Bewohner zu schätzen
Stiles ist bekanntlich das Kopenhagener Rathaus wissen, aber von der man von aussen wenig sehen
von M. Nyrop; 1892 begonnen. Die Rücksichten kann. Clemmensens Häuser haben keinen Aus-
auf das Wohlfeile, Gesunde, Praktische, sowie auf stellungscharakter. Hierin liegt seine Bedeutung.
das Gemütliche, Abwechselnde und Farbenfrohe V Wir werden später auf ihn zurückkommen; jetzt
waren Nyrop massgebend. Und trotzdem die Einzel- müssen wir von einem jüngeren Fachgenossen, der
motive nicht ganz zueinander passen, und die Sil- für Clemmensen selber von Bedeutung gewesen,
houettwirkung ein wenig zu spröde erscheint, wird reden, der vorgenannte Ulrik Plesner. V
dieser Bau dennoch als ein nationaler Schatz ver- V Sein bedeutendes Werk „Aahuset" zu
erstes
ehrt. Die Handwerker besonders haben hier den Kopenhagen (Aaboulevard) hat keinen Sockel, und
Wert selbständiger guter Arbeit verstanden, weil die hervorgehenden Söller stehen einfach auf der
sie selbervon der schlichten Nyropschen Geometrie Erde, damit das Ganze, in roten Ziegeln, Granit
der Details interessiert wurden; und dem Publikum und Kreide gemauert, anscheinend ohne jede An-
ist der Bau eine wahre Schule der Augen gewesen, strengung ruhig emporsteigt, um durch das grosse
denn Nyrop hat das Volk Architektur zu Mansarddach mit schwarzen Glasurziegeln einen
lieben gelehrt. V wuchtigen Abschluss zu bekommen. Unten: das
V Aber die Entwicklung geht schnell; das Rathaus Lotrechte, Parallele, Einfache; oben: das Breite,
ist heute kein modernes Haus, sondern vielmehr Wagrechte und Einheitliche. Die Ecke ist des Bau-
ein historisches; und leider ist seine Nachwirkung gesetzes wegen abgeschrägt worden und die Fenster
nicht immer die beste gewesen. Man kann dies um dieselbe herumgeführt. V
vielfach an den Häusern der Geschäftsbaumeister V Wie man sieht, arbeitet Plesner nur mit wenigen
beobachten, die als Nachahmer nur die Einzelmoti^e grossen Motiven, die er aber vollständig beherrscht;
benutzen, ohne den Sinn des Ganzen erfasst zu und er versteht durch die perspektivischen Aus-
haben. Das sogenannte „Moderne" ist daher auch und Einbiegungen der lotrechten Flächen unter
bei uns in der Regel unruhig und geschmacklos. Beibehaltung derselben Simse eine Abwechslung
Und doch haben wir „moderne" Künstler. Da sind zu geben, die einem nie satt wird. V
Clemmensen und Plesner. Sie haben gezeigt, V Das Problem des modernen Hochbaues hat er
wie man die Traditionen der Baukunst des 18. Jahr- somit einfach gelöst, indem er die Höhenentwick-
hunderts verwerten kann. Als Beispiele gehen wir lung freigibt ohne Rücksichten auf Quereinteilungen
hier das Haus des Apothekers Otto Benzon, von der Fassade, und indem er die lotrechte Fläche des
Clemmensen gebaut; und das schönere von seinem Hauses in verschiedene Winkel biegt. Diese Lösung
Freunde Ulrik Plesner für den Künstler P. S. Kröyer hat Clemmensen wie die meisten anderen beob-
in der Nähe von diesem gebaut. V achtet. Er sucht aber mit ähnlichen Mitteln eine
V Der Sinn für das Natürliche und Einfache, wie Gegenwirkung hervorzubringen, um den Anschein
auch für die Reinheit des Ganzen musste notwendig zu erwecken, dass das Haus nicht nur in der Höhe
die Augen der besseren Architekten nach England steigt, sondern auch in sich selber niedersinkt,
ziehen. Clemmensen wurde früh auf die Vorteile wodurch ein Gleichgewicht etwa nach einer horizon-
der neueren englischen Baukunst aufmerksam. Er talen Linie in zwei Drittel oder in halber Höhe des
ward mit C. F. A. Voysey befreundet, und suchte Baues entsteht. Es ist barockes Gefühl. —
Am
anfangs direkt den Stil der Engländer sich anzu- reinsten wirkt dieses Prinzip in den Häusern eines
eignen; später wurden die Anregungen in mehr Komplexes bei Forchhammersvej in der Nähe von
persönlicher Weise verwertet. Das Eigentümliche Wodroffsvej, besonders in der hinteren Partie mit
des englischen Stiles: die Ausbreitung in der horizon- der weichen Turmspitze. Die eingesetzten Giebel
talen Fläche und die Verbindung des Hauses mit haben vielleicht etwas Störendes. Sie können aber
dem Terrain sind bei unseren beschränkten Raum- nicht fortgelassen werden, weil man dann sofort im
verhältnissen selten durchzuführen; aber Clemmen- Gedanken die Turmspitze höher heraufschiebt, wo-
sen ist einer der ersten, der die Schönheit der durch die Harmonie verschwindet. In dem Zu-
Modestie erkannte, und mehrere seiner einfachen sammenstoss der Giebel mit den Altanen liegt auch
347

Moderne dänische Architektur

eine Schwierigkeit. Aber trotzdem ist das Gebäude dient. Von der Diele gelangt man in das Arbeits-
interessant. Wir können vorläufig nichts Besseres zimmer, das ebenso wie die Diele einen englischen
dieser Gattung leisten. V Kamin in dem gemütlichen Ausbau hat. Die kleinen
V Auch Maribo (Loliand), jetzt in der
ein Postamt zu Seitenfenster über den beiden Sitzbänken geben
Ausführung begriffen, zeigt diese reife Behandlungs- massiges Licht; das breitere Fenster links dient dem
weise vielleicht am besten. Es ist ein Haus, das Schreibtische, der steht, wo die Buchstaben „Zim-
seiner Bestimmung nach mit den Bauten des aristo- mer" auf dem Plane geschrieben sind, aber natür-
kratischen 18. Jahrhunderts vieles gemein hat und lichnur einen kleinen Platz des Zimmers einnimmt.
als ein würdiges Amtsgehäude anzusehen ist. Die Durch das grosse Fenster nach Süden wird schliess-
ganze Form des Hauses ist wohlbedacht und gibt lich die schöne Aussicht genossen. Alles in allem
eine echte barocke Wirkung, ohne die Barockmotive eine ideale Stube für einen wohlhabenden Jung-
zu misshrauchen. Ich lobe die Fenstereinteilung gesellen, der gute Kunst und gute Bücher liebte,
und die wuchtigen Linien des grossen Daches. und der sowohl für die Geistesarbeit wie für den trau-
V Am freudigsten wirkt die Kunst Ulrik Plesners lichen Verkehr mit guten Freunden geschaffen war.
in solchen Gebäuden, wie das Haus des Hafen- V Von diesem Hause inspiriert wurde später das
inspektors mit den beiden Häusern seiner zwei letztgenannte Haus Alexander Foss. Am Aeusseren
Beamten auf Skagen. Die beiden Giebel und der findet man eine ungezwungene Verwendung der
Charakter des Ganzen sind eigentümlich für Pro- klassischen Motive der Kunst des 18. Jahrhunderts.
vinzialhäuser vor 1850. Der Architekt sagt, dass Der Bau hat eine vorzügliche plastische Wirkung im
er dabei besonders Bauten in Westjütland vor Augen Terrain und ist einheitlich und vornehm, ohne dass
hatte. Der Turm in der Mitte, mit seiner schönen man von einer gewollten Monumentalität, die mit dem
hohen Stirne, enthält das Comptoir des Hafen- Einzelwohnhause als solchem nichts zu tun hat,
inspektors und im Oberstock ein Zimmer für die reden kann. Bei dem den Yachtklub
Pavilloji für
Administration (Ingenieure). Die Schornsteine sind zerstört Koch gleiche Vorzüge durch die Spielerei
immer auf ihrem natürlichen Platze im Hause lot- mit den Turmhelmen. V
recht aufgeführt. Der First bleibt frei. V V Neben Clempensen und Plesner muss noch als
V Ausser dem Hause Kröyer hat Plesner auch der dritte im Bunde P. W. J. Klint genannt wer-
andere gute Einzelwohnhäuser in Kopenhagen ge- den. Er war ursprünglich Ingenieur, als er Maler
baut, wie das Haus eines reichen Junggesellen wurde, und später, seit 1896 auch Architekt. Als
(heutiger Besitzer Direktor Rieh) in Valby, und Maler hatte er sich besonders dem Studium der
das in der Nähe von diesem gelegene Haus des Bäume gewidmet, wie man es noch an der eigenen
Inspektors an der Glyptothek, Th. Oppermann. Zeichnung des Hauses Holm in Hellerup bei
Fügen wir dazu die schöne Villa des Ingenieurs Kopenhagen beobachten kann. Die Struktur des
Alex. Foss, von dem frühverstorbenen Architekten Hauses wird bei Klint, wenn nicht in derselben
Fritz Koch gebaut, die in derselben Gegend liegt, Art eines Forstmannes, dennoch mit derselben
bekommt man einen guten Eindruck von dem, was Gewissenhaftigkeit gepflegt; damit die Formen und
die moderne dänische Baukunst unter freien und Linien überall als organisch befunden werden können.
günstigen Verhältnissen leisten kann. V Das Haus wirkt glücklich im perspektivischen Bilde
V Das Haus Rieh liegt in der Ecke eines gesenkten und daher auch in der Natur. Das Gleichgewicht
Terrainsund hat eine dementsprechendeGruppierung der Massen ist sehr schön. Wenn der Giebel in
der Bauteile. Im Keller, der gegen Süden, dem die Höhe steigt, sinkt das Dach, und der kleine
Garten zu, das Erdgeschoss wird, liegt die sommer- Erker steht ruhig am Boden. V
liche Speisestube. Darüber eine Terrasse, die nach V Ein Wohnhaus mit einem Gymnastiksaale im
dem Garten führt. Dieser erste Stock entspricht Untergeschosse baute er 1898 in einem derben
also dem Erdgeschosse der Strasse zu. Wenn man Backsteinstil mit Giebelschornsteinmotiven; später
von hier in das Haus eintritt, steigt man zuerst das Bankgebäude in Fredrikshavn (Jütland) und
hinauf, bis man nach links gedreht in die hohe eine Wohnung für den Inspektor eines Rittergutes
Diele kommt. Der Kamin ist nach englischem Ourupgaard (auf der Insel Falster). V
Muster als sichtbares Mauermotiv benutzt. Die V Er liebt die interessanten Linien, mit denen man
Treppe ist wieder nach rechts gezogen, damit die die Form des Baues beherrschen kann; wie z. B.
Diele im oberen Stocke sich ausbreiten kann, lieber die lange Linie des Daches an dem letztgenannten
dem eigentlichen Eingang ist ein mittlerer niedriger Hause, mit Hilfe derer das Haus mit den Stallungen
Stock eingeschoben, der aber nur von der Küchen- verbunden wird. Eine grosszügige Wirkung! V
treppe aus zugänglich ist, und als Polterkammer etc. \7 Er liebt die geschlossenen Anlagen, die immer
348

Moderne dänische Architektur

neue Linienwirkungen dem Auge darbieten und Klint und Plesner. Er hat die Aufgabe in der
trotz des soliden Materials elegant und sicher er- Art eines altitalienischen Baptisteriums erfasst und
scheinen, wenn man das Gebäude von allen Seiten einen tadellos sicheren Grundriss und schönen
betrachtet. Es ist dabei charakteristisch, dass er Aufbau mit Hilfe der mittelalterlichen und barocken
die Kehrseite als solche, aber mit eben so feinem Traditionen des Backsteinbaues geschaffen. Die
Gefühle behandelt wie die Schauseiten. Vielleicht vier Doppelschornsteine, die zu den Einrichtungen
ist diese Gartenseite des Bankgebäudes das beste, der Ventilierung des Raumes und der Verbrennung
was er geschaffen hat (der Entwurf stammt von dienen, hat er architektonisch als auswendige Rippen
einem Schüler Fr. Kiörboe, aber der Sinn der Be- der Wölbung verwertet, womit das Ganze wie von
handlung ist der des Meisters). V diesen zusammengebunden erscheint. Dadurch ver-
V Für die Kultur des Innern hat er auch manches meidet er auch die Schwierigkeiten in der Behand-
getan, besonders in der Linienbehandlung der Tür- lung der Dächer, weil man die Ziegel nicht radiär,
partien, der Treppen und der Möbel. Hier zeigt sondern nur parallel auflegen kann und daher vier
sich besonders seine feine Kenntnis des Barockstils, Grate bekommt, die für den Charakter der Run-
oder richtiger des Uebergangstils. Ob er die alten dung unvorteilhaft sind. Diese Grate werden jetzt
Engländer Chippendale und Sheraton studiert hat, von den Rippen gedeckt. Von feiner Wirkung sind
weiss ich nicht. —
Er modelliert selber alle Details die Abschneidungen der Rippen in der Mitte, wo-
und ist unangreifbar in der korrekten und fein- durch das Vertikale betont wird und wodurch das
sinnigen Benutzung des Materials. V Auge einen prägnanten Eindruck des Querschnittes
V Wie die dänische Architektur heutzutage im der Rippen bekommt. Auch die Weise, wie Dach
Stande ist, echt moderne Aufgaben zu lösen, zeigt und Wände zusammenstimmen, sowohl in der Gleich-
eine Arbeit, die ich hier zuletzt erwähnen möchte heit des Materials, wie in der Grösse der Linien,
den Entwurf für ein Krematorium von einem jungen tut einem modernen Menschen wohl. Es ist die
Architekten, Ivar Bentsen, einem Schüler von Form des Ganzen des Baues bester Schmuck.

.Ivar Bentsen. Grundrisse :ii dem Entwurf für ein Krematorium


349

JVAR BENTSEN- KOPENHAGEN


Entwurf :ii einem Krematorium
350

5; .=
351
352

ANDREAS CLEMMENSEN- KOPENHAGEN


Entwurf zu einem Postgebäude in Maribo (Lolland)
353

ULRIK PLESNER KÜPBSHA ÜliS


-

am Aahoiilevard in Kopenhagen
Wo/in li(uisi:;nif'pe „Aafniset"
354
355
356

ULRIK PLESNER- KOPENHAGEN


Haus Oppermann in Valby bei Kopenhagen
357
358

ULRIK PLESNER- KOPENHAGEN


Haus Rieh in Valby bei Kopenhagen

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359

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P. W. J. KUNT- KOPENHAGEN
Hankgehäitcle in l'rederiksltavn
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P. II". ./. KUMT-KUI'l:MIA<it:N


Spiuseziinmer-Schränkp
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370
62

EMTWURF ZU EINER HRLLE


nUSQEFÜHRT VON RMTON PÖS5EMBRCHER • MÜNCHEN
371

.ll.l.V HIiMRS(:HKI--I)USSl:LDOUF
Die ..Waliliss-Kolonnade" in Wien. Käiinerstrasse
372

MAX BENIRSCHKE- DÜSSELDORF


Die ,.\\"ali/iss-h'oloniwcir" in W'itvi, K'ürtncistrdsse
CC Di


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373

PRÜI-: HlilXRICIl MF.TZr.NDORT'-BHNSHF.IM a. d. B.


l.andiwiis Dr. C. \\\yl in Bcnslicim a. d. H.
374

§§
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RUDOLF HOMMES STÜTTQRRT


EMTWURF Zu EIMER VORHRLLE


377

PROF. HEINRICH .WF.TZIiSDORF- HliSSHIilM a. ä. B.

F.. A. Merck am l.iiiseiiplalz


Apotheke (Umbau) des Dr. in Darmstadt
378
379

PROI'. HI-INRICH MET/.F.N DORF- BHNSHIilM a. ä. B.

Landhaus F.. Mcnt-Jiigeiilicim a. il. H.


380

Prof. Heim: Metzendorf: Grundrisse der Häuser für Herrn Holm and der W'erkmeistcriianser
^ 66

MR?( HILL FREIBURQ i.

HALLE
381

ruui mixuiai .\\I:T/j:n duri -


bi:\sh i:i .w ,i ,/ /;

\'i//ii f)r. (jroos in Bensheim a. d, H.


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Prof. Heinr. Met:ctidoif: Grundrisse der Häuser Heitejuss und Hildebrand, sowie des „Marieniwfes"
67
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QESELLSCHRPTSRfiUME FÜR EIN HOTEL


Q. M. ELLWOOD • LOMDON
391

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392

PROF. HEINRICH METZtNDORt-BENSHBIM a. ä. ß.


Mädchenheiin „Marienhof" in Braunshard bei Dannstadt

UNSERE BILDER
V Wir haben heute Gelegenheit, unseren Lesern sätze zu einer verallgemeinerten, volkstümlichen
wieder eine Anzahl der neuesten Bauten aus den Bauweise, die mit der Sorglosigkeit früherer Jahr-
Städten an der Bergstrasse zu zeigen, die alle den hunderte das Gute verarbeitet, wie und wo sie es
Schöpfer der dortigen heutigen Bauweise, Professor findet. Freilich, die Verarbeitung lässt noch vieles
Heinrich Metzendorf in Bensheim, zum Urheber zu wünschen übrig; auf eigenen Füssen stehen
haben. Man kann diesen gottgesegneten Landstrich lernt sich eben nicht von heute auf morgen. Wir
wahrhaftig um „seinen" Baumeister und die Früchte freuen uns, dass nunmehr auch die weinfrohen
seines Beispiels beneiden; denn innerhalb der Nachbarn jenseits des Rheins anfangen, Metzendorf
schwarz-weiss-roten Grenzpfähle wird es wohl nur zu sich herüberzuholen. Sie habens auch nötig,
wenige Gegenden geben, in denen so schön und wenn sie nicht den herrlichen altertümlichen Kern
bodenständig und so „einheitlich" gebaut wird, mag ihrer Städte in einem Wust von anspruchsvollen
es für Metzendorf auch manchmal nicht gerade Geschmacklosigkeiten vollends begraben wollen.
erfreulich sein, seine Baugedanken in gedankenloser V Von dem Düsseldorfer Max Benirschke brin-
Nachahmung der Aeusserlichkeiten neben Eigenes gen wir ausser den beiden in Form und Farbe fein-
gestellt zu sehen. Dem Laien ist es da manchmal empfundenen Innenräumen eine ausgeführte Arbeit,
schlechterdings unmöglich, die Bauten des Meisters den Umbau der Wahliss-Kolonnade an der Kärtner-
von denen seiner Nachbeter zu scheiden. Aber in strasse in Wien, womit er zeigt, dass die Ideen
diesem Nachteil liegt unseres Erachtens gerade der seiner Kunst lebensfähig sind. Das Wienerische
Vorteil. Denn hierin dokumentieren sich die An- seiner Architektur fällt nie ins Gesuchte. \/

Verantwortlicher Herausgeber: M. J. GRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.

Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais-Stuttgart.


(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
68

ums ERLWEIN . DRESDEN


24. BEZIRKSSCHULE IM DRESDEN
v,|
MODERNE BAUFORAIEN
J MONATSHEFTE FÜRARCHITEKTUF

DRITTES DRESDENER KÜNSTLERHEFT 1907

MARTIN DÜLFF.R-DRESDt:N
Wohnhaus Schenk in Freibiirg i. B.: Eingangsseite

393
394

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395

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396

MARTIN DÜLFER- DRESDEN


Wohnhaus Sdienk: Südostseite
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MARTIN DÜI.FBR-nRF.SDF.X
Wohnhaus Srheiik: lenasse
J98
399
400

Martin Dülfcr, Grundrisse des Hauses Sdieiik in Freiburg i. Br.

Martin Dül/er. Sdmitt durdi den Theater- und Saalbau in Lübeck


69

OTTO GUSSMANN-DRESDEN
DECKENMALEREI IN DER KIRCHE ZU STREHLEN
401

Mnrt/ii Ihiifcr: Cinindrissr :ii dem Tliratcr- iiiiil Snnihnii in Lübedt


402

MARTIN DÜLFER- DRESDEN


Lübeck
Stadttheater und Saalbau fiir
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403

17//,; /;; Dirsdni. nadi Aiiiiabcn von //. TSCHARMÄNN DRIiSÜEN


-

(jaiienseite
404
405
406
407
408

- DRESDEN
Vüla in Dresden nach Antraben von H. TSCHARMANN
Bepflanznng von J. P. ÜROSSMANN-DRESDEN
409

Villa in Drcsiicn. nachAnsahen i'on H. TSCH ARM AKN- DRESDEN, Gartenseite


Ornamente von KARL CiROSS-DRESDEN
410

17//,; in Dresden, nach Angaben von H. TSCHARMANN DRESDEN -

Gartenliäi:schen

Die Dresdener Villa ist vor einigen Jahren


erbaut, konvnt aber erst jetzt, naehdeni der
Garten ein Jahr alt. znr Wirkung. Sie lamr

von einem Dresdener Bannieister entworfen,


ihr Aensseres ivnrde aber in seiner Gesanit-

forni nnd seinen Einzelheiten naeh Tsehar-

nianns Angaben ivesentlich geändert und


vereinfaeht. Zur Ausgestaltung des in seinen

Grnndzügen gleiehfalls von Tsehannann an-


gegebenen Gartens wurde der Gartenlngeniear
J. P. Grossmann, iveleher auch die beiden

farbigen Blätter aquarellierte, herangezogen.


Der gesamte bildnerische Selimuek am Hause
nnd Garten ist von Karl Gross modelliert.
Die Innenei/iriehtnng, ivelehe Oszvin Hempel
und Emil Walther schufen, soll später folgen.
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411

KARI. CiROSS- ORl'.SDF.N


Rtliels an dvr \'illa in Dicsilcn
412

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413

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414

PAUL RÖSSLER- DRESDEN


Bullt verglaste Fenster und Wnndiiialerci am Haus Hempet- Dresden
415

HANS ERLWFJN- DRESDEN


24. Bezirksscliiüe in Dresden. Sirassenseile
416

HANS HRL WHIN DRESDEN


24. Bezirksschnlc: Detail des Hnuptrisalits
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HANS ERLWEIN- DRESDEN


24. Bezirksschule: ERNST HOTTENROTH -DRESDEN
Eingang für Knaben von
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HANS ERLWEIN-DRESDHN
24. Bezirksscliule: fUiifiaiigfür Mädchen von ERNST HOTTENROTH DRESDEN
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Details von der 24. Bezirksscinile : Ornamente von ERNST HÖH ENROTH- DRESDEN
421

HANS ERLWEIN -DRESDEN


Details von der 21. liezirksschuU- : Ornamente von ERNST HOTTENROTH DRESDEN
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423

l/ANS IzRLWHlN- DRI:SI)/u\


24. Bezirkssdiiile : Baderanm und Treppenhaus
424

OTTO GUSSMANN -DRESDEN


Fenster in der ./.nnftsfiibe"

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Hans Erlwein: Grundriss der 24. Bezirkssdmle
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OTTO GUSSMANN -DRESDEN


Detail der Gewölbemalerei der Lukaskirdie zu Dresden
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OTTO GUSSMA.\\\-!-)RLSD/:X
ücwölbenialerei der Lukaskiidic :u Dresden
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Fenster in der Kirche zu Ehingen (Wiirlthg.)
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HANS ERLWEIN- DRESDEN


Bedürfnisanstalt in Dresden

Verantwortlich für die Redal<tionskoinmissioii : Prof. Kf^NST HOTTENROTH-Dresden, Holbeiiistr. 4S.


Red.-Kommission : Prof. GROSS, Prof. HEMPEL, Prof. HOTTEHROTH, ERICH KLEINHEMPEL, PAUE RÖSSLER,
RUDOLF SCHILLINQ, sämtiieii in Dresden.
Verlag: JULIUS HOFFMANN-Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruckerei Felix Krais Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
75

PROF, RICHARD BERhDL • MühCHEN


STUDIE ZU EIMEM DEINKMRL
MODERNE BAUFORMEN |„
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

RICHARD BERNDL
VON DR. PHILIPP MARIA HALM-MÜNCHEN

DerderName Richard Berndl dem Kreise ist in V Berndl ist, das erkennt der erste Blick auf seine
Architekten, zumal Münchens kein frem- Bauten, Münchner, aber wir sehen ihn nicht, wie
der oder neuer mehr. Der edle und kostbare Bau so viele Andere und auch Tüchtige in der Gefolg-
eines Mausoleums den Grafen Andrassy in
für schaft eines der grossen Architekten, sondern un-
Kraszno-Horka Varalja im Komitat Gömör in Ungarn bekümmert um alles, was um ihn vorgeht, tritt er
hat ihn mit einem Schlage bekannt gemacht. Es an seine Aufgaben heran. Sein Stil ist ein ausge-
war sein Erstlingswerk —
wenigstens das erste sprochen persönlicher. Frei von jeder direkten oder
grössere — trotz allem aber eine reife abgeklärte indirekten Anlehnung an Altes oder Neues, sucht
Schöpfung, der man die Jugend ihres Autors nicht er seine Lösungen aus den gegebenen Punkten zu
ansah; man konnte sie höchstens in dem kühnen konstruieren in Formen, die in ihrem architekto-
Wagemut, mit dem er sich über alle Tradition hin- nischen Gehalt kaum mehr als die unumgänglichsten
wegsetzte, ahnen. Bis vor kurzem war Berndl nicht aber auch die zweckmässigsten Grundformen bieten
mehr mit einer ähnlichen grossen Leistung hervor- und doch nichts von jener Kälte und puritaner-
getreten, erst der jüngst vollendete Bau des Hotels haften Nüchternheit an sich tragen, mit denen man
Union Katholisches Kasino — in München rief eine Zeitlang den neuen Stil gefunden zu haben
seinen Namen in die Erinnerung zurück. Es handelte glaubte. V
sich hier aber nicht so sehr um eine Neuschöpfung V So gewinnt man denn auch bei der Fassade des
von Grund aus als vielmehr um einen Umbau, dem Hotels Union in ihrer einfachen Auflösung in drei
zahllose Fesseln angelegt waren. Dass man ihrer Risalite und vier Geschosse, über die ein breites
Last und ihres Zwangs auch nicht im mindesten Gesims vorkragt, keineswegs den Eindruck des
gewahr wird, ist Berndls ungeschmälertes Verdienst. Primitiven, sondern vielmehr einer aus grossen
Dort in Kraszno-Horka-Varalja war freie Bahn ge- Dominanten und wenigen geschickt verteilten
geben, hier aber war ihm in vielen Punkten eine Schmuckgliedern erzeugten Monumentalität. Nie-
ängstlich gebundene Marschroute vorgezeichnet. Es mals aber tritt Berndl schwer und wuchtig auf,
gehörte aussergewöhnliche Beherrschung aller er- aufdringliches Betonen einer tektonischen Funktion
denkbaren technischen und künstlerischen Faktoren ist ihm durchaus fremd; es würde das seinem
dazu, um der schwierigen Aufgabe gerecht zu werden, Hauptbedürfnis, die Massen einheitlich zusammen-
die in ihrem vollen Umfange nur der zu ermessen zubinden, durchaus widerstreben. Im grossen Saal
imstande ist, der den alten Bau kannte. Wer würde des Hotels Union beschränkt er sich deshalb ledig-
in dem noch den scheunenähn-
jetzigen Festsaal lich auf die elegante Cäsur der Balkone und die
lichen Raum mit den eisernen Ständern wieder- Kassettierung der Decke über den Bogen. Das
erkennen! Wie raffiniert hat Berndl schwierige verleiht dem Saal im Vereine mit der feinen Stim-
Höhenverhältnisse durch alle möglichen Kniffe von mung Weiss-Grün-Gold bei aller feierlichen Wirkung
Deckenbildungen zu beseitigen gewusst, welch doch auch zugleich einen festlich frohen Charakter.
lustige Ecken und Kojen konstruierte er aus toten Wie in diesem Saale hat Berndl auch in allen
Winkeln! Alles fügt sich selbstverständlich, gemüt- anderen Räumen die Bestimmung derselben ihrer
lich und zweckmässig ein. Der Architekt hat es künstlerischen Ausgestaltung zugrunde gelegt; man
verstanden, überall aus der Not eine Tugend zu kann getrost sagen, man erkennt ihre Bestimmung
machen. V aus ihrer Stimmung. Selbst die Gastzimmer sind.

433
434

Richard Berndl

wenn auch mit einfachen Mitteln geschaffen, auf wenigen grossen Linien versucht. Er strebt hier
intime Wirkung berechnet; sie wollen ihren Be- nicht nach Monumentalität, sondern nach Intimität.
wohner vergessen lassen, dass er in der Fremde Seine Schöpfungen wollen sich nicht aufdrängen,
ist; er soll sich gemütlich wie zu Hause fühlen. sondern sich eher einschmeicheln. Er will nicht
V Diese Berücksichtigungpsychologischer Momente, auffallen mit dem eigenen Werk, so wie etwa ein
dieses Versenken in alle Einzelheiten befähigt virtuoser Schauspieler oder Sänger die Einheit
Berndl ganz besonders aber zum Bau von Land- einer Handlung mit seiner Selbstgefälligkeit zer-
häusern und ähnlichen Gebäuden von massigen reisst, sondern er fügt seine Schöpfungen in die
Dimensionen. Auf diesem Gebiete suche ich seine Umgebung ein mit all seinem Vermögen, aber noch
hervorragendste Bedeutung, zumal als Aussen- mehr mit aller weisen Einschränkung. Er ordnet
architekt. V sich dem Gegebenen unter und hält strenges Mass.
V Man hört heutzutage so oft das Wort „Boden- Deshalb tragen auch alle seine Arbeiten den Cha-

ständigkeit" und in engem Zusammenhang damit rakter desGewordenen, desNatürlich-Entstandenen.


das abgehetzte „Volkskunst". Diese Beiden, so Sie stehen in der Landschaft wie aus dem Boden
erhoffte man sich, sollten uns Segen bringen, nur herausgewachsen und sind trotz all ihrer in der
von ihnen erwartete man sich Heil. Wie man früher Gegend oft ungewohnten Bildungen von Dächern,
aus den Städten und Schlössern sich „Anregung" Erkern, Fenstern in ihrem wunderbar bildmässigen
geholt hatte, so zog man bald aufs Land, suchte Einfügen in die Umgebung eminente Beispiele von
da, was man brauchen konnte, und was originell war, Bodenständigkeit. Man sieht an ihnen zur Genüge,
fügte es nach Bedarf zusammen und „fand, dass es welche Engherzigkeit und Torheit es wäre, etwa
gut war". Alle aber priesen die wohltätige Erkennt- nur flache Dächer und kleine Fenster zu machen,
nis der Volkskunst und die „echt bodenständige wo steiles Dach, Walmen, grosse Fenster neuen Be-
Kunst" eines solchen Finders, wohlverstanden nicht dürfnissen mehr zusagen. Freilich aber gehört
Erfinders. Ich verhehle nicht, dass für viele Fälle zu solchem Wegsetzen über die Schranken des
in der Predigt der heimatlichen Bauweise eine emi- Gewohnten ein so feines malerisches und Linien-
nente Leitlinie zur Erhaltung schöner gemütlicher empfinden, wie es Berndl zu eigen ist. V
Orts- und Strassenbilder gegeben war, aber un- V Die Linie ist für ihn unstreitig die Hauptsache,
zweifelhaft fasste man den Begriff „bodenbeständig" aufdringliche Schmuckformen sucht man bei ihm
zu eng. Man wollte doch vor allem damit sagen, vergebens. Ein schlichtes Relief, ein freundliches
dass die Kunst dem Boden entsprechen sollte, auf Fresko genügen ihm vollauf. Im übrigen aber muss
den sie zu stehen käme und fiel in den alten Usus ihm die Farbe helfen. Weisse Wände, ein rotes
der Nachahmung und des Nachbetens. Berndl aber Ziegeldach sind ihm Norm, dazu aber kommt dann der
nimmtden Begriff „bodenständig" im weitesten Sinne. reichste Wechsel der Farbe am Beiwerk. Da im —
Müssen ein Wohnhaus, eine Villa notwendigerweise Sinne alter Bauernhäuser — graue Giebelverschalun-
ein flaches Dach und eine sog. Laube haben, weil gen und Dachuntersichten mit schwarzer und roter
sie ins Vorland des Gebirgs zu stehen kommen? Bemalung, grüne Läden mit weisser Fassung, dort
Keineswegs! Erster Grundsatz für Berndl ist, aus blau gestrichene Veranden und Balkone, und Fenster
Natur und Kunstprodukt ein harmonisches Ganze und Erker in Weiss. Ein ständiger Wechsel und
schaffen. Und in den Mitteln für diesen Zweck immer ein gewisses Raffinement in der Auswahl
ist er durchaus frei, frei vor allem von jener ängst- der farbigen Werte für das Milieu. Das Gleiche
lichen Tradition, wie wir sie eben kennzeichneten. gilt, wie wir schon bei der Besprechung des Union-

Nicht als ob er nicht ein offenes Auge auch für das hotels hörten, auch für die Innenarchitekturen.
gute Alte hätte, aber es regt ihn mehr an, als dass Berndls Farben und Formen müssen sich ihm als
es ihn verlocke, es nachzubilden. Es beherrscht zwei durchaus von einander abhängige Faktoren
und unterjocht ihn nicht, vielmehr zwingt er es zu zusammenschliessen. Wenn wir erwähnen, dass er
Aufgaben und Formen. V für die reizenden blaugrünen Lüster mit weissen
V Irre ich nicht, so arbeitet Berndl wie ein Maler. Ornamenten in dem. Büffetraum des Unionhotels,
Er entwirft abgerundete Gemälde; er stellt seine die die K. Porzellanmanufaktur Nymphenburg ge-
Architekturen wie Stimmungsfaktoren in die Land- als Muster malte, so
fertigt hat, selbst ein Original
schaft hinein; die Landschaftshäuser Professor W. mag das nur Beweis für viele sein dafür, wie
ein
in Starnberg oder des Kunstmalers G. in Wolfrats- er jedes Kunstwerk als ein Ganzes auffasst. So
hausen sind treffende Beispiele. Er grübelt dabei nur wurde es ihm möglich, jene herzerquickende
nicht, er probiert nicht mit dem Anpassen von allen Intimität seiner Innenräume — oft mit den einfach-
möglichen Motiven, sondern alles wird mit einigen sten Mitteln — zu erzielen, überall Natürlichkeit
435

Richard Berndl

und Anspruchslosigkeit. Fast mehr noch als bei einer Einrichtung des 18. Jahrhunderts. Berndl
den Aussenarchitekturen liebt er hier das Schlichte, verlässt, wie uns seine Skizzen zeigen, die ausge-
das gilt in gleicher Weise auch für die Möbel. tretenen Bahnen, Kirche und Einrichtung getrennt
Durchaus begnügt er sich mit einem rein sachlichen nach ihren ursprünglichen Beständen zu erneuern.
klaren Aufbau, scharfe Kanten und Profile kennt Solchem Stück- und Flickwerk ist er entschiedener
er nicht. Besonderen Wert aber legt er auf Material Widersacher. Ihm lautet die Aufgabe: Wie kann
und geschmackvolle Verbindungen verschiedener ich mir Widerstrebendes und stilistisch Gegen-
Hölzer. Eine ausserordentlich feine Wirkung er- sätzliches zu einem künstlerischen Ganzen zwingen?
zielte er in dem Gesellschaftszimmer des Katho- Es ist gleiche, oben gekennzeichnete Er-
fast die
lischen Kasinos, wo er das Rahmenwerk der Ver- wägung: Wie passe ich dem Boden neue fremde
täfelung in amerikanischem Nussbaum, die Füllungen Formen an? Sind es in diesem letzten Falle im
aber in Rüster und Ulme hielt. Unveräusserlich wesentlichen die Linien, die die architektonische
ist für ihn eine weisse Decke mit feingezeichneten, Frage lösen müssen, so sucht er bei jener Aufgabe
durchaus originellen Stuckzieraten. V die einigende Hauptwirkung durch eine raffinierte
V Leider entbehren die meisten Blätter, die unseren Farbenwahl zu erreichen. Freilich werden die
Lesern Berndls Kunst näher bringen sollen, des Wände und Gewölbe ebensowenig in der Weise
wichtigsten und stärksten Zuges seines künstlerischen der Gotik, wie die Altäre im Barock- oder Rokoko-
Schaffens, der Farbe; immerhin wird man sich aus charakter gehalten sein. Dem schulgerechten Ar-
den Farbentafeln, die wir bieten, einen ungefähren chäologen mag es angst und bange werden bei
Begriff von dieserSeite seiner Kunst machen können. solchem Hohnsprechen all der alten „bewährten"
Den reichen Wechsel in seinen farbigen Lösungen Rezepte von Denkmalpflege, aber unzweifelhaft
müssen wir jedoch schuldig bleiben. Seine Farben- wird ein ungetrübter", frischer, von Altertümelei
zusammenstellungen sind ungewohnt, stets aber nicht angekränkelter Blick seine helle Freude
von dem feinsten Geschmacke geleitet. Ein Wagnis, schon an dem kühnen Versuch haben. Für den
ja geradezu eine Kühnheit, ist in dieser Hinsicht Erfolg aber brauchen wir uns bei einem farbig
der Bühnenvorhang im Hotel Union. Der Vorhang so fein abwägenden Künstler wie Berndl nicht zu
selbst in warmem Blau mit Applikationen von sorgen. V
Grün, Gelbbraun und Weiss wird überschattet von V Der Vielseitigkeit Berndls in dem engen Rahmen
einem Lambrequin in kaltem Blau. Ausser Dülfers einer Einleitung zu diesem Hefte gerecht zu wer-
Vorhang des Theaters von Dortmund kenne ich den,ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich muss es
nichts Aehnliches von so auserlesener Schönheit den Lesern überlassen, sich an Hand der Bilder
in Farbe und Zeichnung. V dieses reiche Talent zu Aber
vergegenwärtigen.
V Wenn ich Berndl einen Meister von Stimmungs- nicht so sehr dieses was seine Kunst aus
ist es,
und Farbeneffekten nenne, so möchte ich glauben, der Alltäglichkeit so hoch heraushebt, als vielmehr
dass er mir für ein bisher wenig bebautes Kunst- ihr innerer Gehalt, ihr hoher Ernst und ihre ab-
gebiet ganz hervorragende Qualitäten mitbringt, Man darf die heterogensten
solute Wahrhaftigkeit.
nämlich für die moderne Kunst im Dienste der seinerWerke einander gegenüberstellen, diese Vor-
Kirchenrestaurationen. Noch besitzen wir keine züge wird man nirgends vermissen. München hat
derartige Leistung von ihm, doch trägt er sich zur allen Grund, Berndl mit Stolz einen der Seinen zu
Zeit mit einer solchen. Es handelt sich um die nennen, möge es aber auch aus diesem Besitz den
Instandsetzung einer gotischen Hallenkirche mit richtigen Vorteil zu ziehen wissen! V

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436

PROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHEN


Hotel Union: Hofansieht
437

PROF. RICHARD BERSDI.-MÜNCHES


Hotel Union (Kath. Kasino) in Mtindwn: Fassnde an der Haier Strasse
438

PROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHEN


Hotel Union: Hoteleingang
439

PROF. RICHARD BERN[)L-MÜSCHtS


Hotel Union: Windfang
440
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PROF. RICHARD BF.RNDL-MIjNCHEN


Hotel Union: Vrstibül
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PROF. RICHARD BER^UL-MUNCHEN


Hotel Union: Restnnrnnt
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PR01-: RICHARD BLRNDL-MÜNCIIBN


Hotel Union: Frühstilckszimmer und Sdirribstiibe
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Hotel Union: Hihliothi'k
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Hotel Union: \'orst<inilsdiaftszinuner
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PROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHEN


Hotel Union: Biihnenöffnnng im grossen Saal
(Vorhang von M. von Branclütscli- Miindien)
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PROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHF.N


Hotel Union: Grosser Saal
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PROF. RICHARD BERMDL MÜfNCHEM


STUDIE ZU EIMEM QRflBMRL
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PROF. RICHRRD BERMDL •MUMCHEN


STUDIE Zu EIMEM DEMKMRL
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PROF. RICHARD BERhDL MUhCHEN


STUDIE ZU EIMER TERRRSSEnfliNLRQE MIT BRUMMEN
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PROF. RICHARD HERNDL-MÜNCHEN


Landhaus .Wiilh: Gartenseite

den Grafen A.
^rof. Richard Berndt: (irandrisse des Jagähanses für
462

l'ROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHEN


Landliaus des Knnstinalers G. in Wotjratshausen und Jagdhaus für den Grafen A.
463

PROF. RICHARD BERNDL-MÜNCHEN


Landlians Picker in Partenkirdien

ERD-GESCHOSS. ,

OBER-GESCMOSS.

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Prof. Richard Rcrndl : Grundrisse des Landhauses in Wolfratshausen


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ZIHSEL & FRIEDHRICH-KOLN a. Rh.


Hüiis Frank in Köln-Lindenthal

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van PRO/. RUDOI.I' ßOSSI:I.T-üOSSI:/.DORF
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ZIESEL & FRIEDRICH • KÖLN a. RHEIN


DIELE IM HflUSE FRRMCK, KÖLN a. RH.
ORMRMEMTRLE RUSMRLUMQ UND ENTWURF DER
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SEMF&MÜSCH . FRANKFURT a.M.

PROJEKT FÜR EIME KOMZERTHRLLE FÜR FRANKFURT a, M.

TEILRNSICHT DES GROSSEN SARLES


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HUGO EBERHARDT- FRANKFURT a. M.


Haas Pilentz in Heilbronn a. N.
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I Vinlj KOHL^«;!

/•Wrz SING- KARLSRUHE


Entwurf zu einem Weinberghäusdien

Vcrnntw'ortliclier Herausgeber: M. J. QRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.


Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsclie Buchdruckerei Felix Krais-Stuttgart.
(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verboten.)
^
83

EMILSCHRÜDT • BERLIN
SEITEMEinQRhQ DES SRRLBRÜES IN DER JÖQERSTRRSSE
Zu BERLIM
(MRLEREIEN VON BRUhO DRRBIQ • BERLIN)
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MODERNE BAUFORMEN 12
inONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR

EMIL SCHAUDT
VON DR. MAX OSBORN-BERLIN
zwei breiten Armen flutet der Entwicklungsstrom durchdenken galt, waren so schwierige, dass jede
In
der neuen Baukunst dahin. Auf der einen Seite vorderhand einen ganzen Mann verlangte. Bei den
steht das Prinzip desmodernen Forschergeistes, der Angehörigen des jüngeren Geschlechts ist die Schei-
den Organismus jedes Dinges im Kern erfassen dung nicht mehr so schroff. Ueber den beiden
möchte, und pocht aufsein Recht. Auf der andern Entwicklungskreisen wird das höhere Prinzip: dem
tritt die unvertilghare Menschensehnsucht nach Empfindungsgehalt der Gegenwart, den verschie-
schöpferisch-freiem Spiel mit der Materie auf und denen Zwecken entsprechend auf verschiedene
macht ihre Forderungen geltend. Der Nutzbau und Art, in tektonischen Gebilden konkrete Gestalt zu
der Schmuckbau, der(mit Richard Dehmel zu reden: geben, als einigende Macht sichtbar. Die Zeit wird
„von jedem Zweck genesen") lediglich dem Streben kommen, wo die Ströme wieder in ein Bett zu-
nach monumentalem Ausdruck des Zeitempfindens sammenfliessen .... V
dient: das rein praktischer Bestimmung dienende )-

Bauwerk und das moderne Architektur-Denkmal V Es war im Januar 1902, als ich in Hamburg
stehen an den Endpunkten. Das Eisen, das seit einem beim Durchschreiten der schier unzähligen Ent-
halben Jahrhundert (schon seit dem Industriepalast würfe zur Bismarck-Denkmal-Konkurrenz plötzlich
der ersten Weltausstellung zu London im Jahre I8,S1 vor dem Modell mit der Bezeichnung „Erster
immer energischer in die Baukunst eindrang, führte, Preis" stand. Das gab einen Ruck nach all dem
über ähnliche Bemühungen vergangener Jahrhun- mittelmässigen, gleichgültigen und schablonenhaften
derte weit hinausgehend, zu einer architektonischen Zeug, das man hatte Revue passieren lassen. Noch
Sprache, die in der absoluten Klarlegung des kon- war durch keine Aufschrift zu ersehen, wer der
struktiven Gefüges neue ästhetische Werte und Schöpfer des herrlichen Entwurfs sei. Doch dass
Reize fand. Aber auch der alte Stein blieb nicht nur Hugo Lederer der Bildhauer dieser in grossen
müssig und suchte .dem neumodischen Eindring- Linien stilisierten Bisniarckfigur sein konnte, musste
ling ein Paroli zu bieten, indem er der straffen jedem Kenner der jungdeutschen Plastik auch ohne
Schlankheit und Leichtigkeit dieses fabrizierten Plakat fast als ausgemacht erscheinen. Wer aber
Gesellen die eindringlichere Betonung der eigenen war der Architekt, der diesen grandiosen Aufbau
natürlichen Wucht und Schwere entgegensetzte. ersonnen? Man zerbrach sich den Kopf. Schmitz?
Dort ging die Baukunst mit der Wissenschaft des Rieth? Kreis? Ein Unbekannter konnte es doch
Ingenieurs eine Ehe ein; hier suchte sie sich aus nicht sein! .... Seitdem man dann erfuhr, dass
ihrem Wesen heraus auf eigene Faust zu ver- es der Berliner Architekt EmilSchaudt sei, der

jüngen. Dort spiegeln sich die analytischen, hier das ausserordentliche Werk geschaffen habe, hat
die synthetischen Tendenzen des Zeitalters; dort man den Namen nicht mehr vergessen. V
seine geschärfte Vernunft, hier seine nach langem VFünf Jahre vergingen. Der Hamburger Roland-
Schlummer wiedererwachte Phantasie. V Bismarck hatte seine Gegner längst besiegt und
V Indessen die beiden Stromläufe beginnen all- sein granitener Unterbau war bereits aus Riesen-
mählich sich einander zu nähern oder gar zu be- quadern auf dem Hügel vor St. Pauli gefügt, als
rühren. Die ältere Generation von heute hatte die weitere Oeffentlichkeit in Berlin von dem
sich die Arbeit zunächst geteilt. Die Neuheit der jungen Baumeister, der inzwischen fleissig, aber
modernen Gedanken auf beiden Seiten war im geräuschlos seinem Beruf nachgegangen war, zum
Anfang so überwältigend, die Aufgaben, die es zu zweitenmal Kenntnis nahm. Am Bauzaun des

473
474

Emil Schaudt

Riesengeländes am Wittenbergplatz draussen auf Sockelrund verjüngt, — das alles schliesst sich zu
Charlottenburger Gebiet, wo das kolossale „Kauf- einem der grössten Effekte zusammen, deren die
haus des Westens" aus dem Boden stieg, prangte Denkmalsarchitektur überhaupt fähig ist. V
eine Tafel mit der stolzen Aufschrift: „Ausführung V Ein Künstler, der solch ein Werk geschaffen
durch Boswau und Knauer, Architekten". Aber hatte, konnte freilich nicht geneigt sein, der as-
wie stets, fragte man sich, wer denn diesmal der ketischen Vernunft des gotisch-modernen Stein-
Architekt sei, der für die „Architekten" der Eisenstils zu huldigen, wo sie nicht mit zwingen-
grossen Unternehmerfirma die künstlerische Arbeit der Gewalt ihre Forderungen präsentierten. War
geliefert habe; und die Antwort lautete: Emil dies der Fall, wie bei dem nd u st r ie h a u s in
I

Schaudt. V der Warschauerstrasse zu Berlin, in dem Räum-


V Alle Wetter! da hatte man also einen Bau- lichkeiten für eine grosse Reihe von Fabriketa-
meister, von dem man eigentlich nur zwei Arbei- blissements hergestellt werden mussten, so ergab
ten kannte, und just diese stellten sich als „Ver- sich die einfache Auflösung des Hauptteils der
treter" der oben genannten „Endpunkte" heraus. Fassade in nur durch schmale Pfeiler getrennte
Ein Denkmal und ein Warenhaus — war also
so Fensterreihen als der natürlich gebotene Weg.
in dieser Personalunion die Versöhnung der Gegen- Aber daneben machte sich auch hier der Wunsch
sätze schon erfolgt? V nach einer ernsten und gehaltenen Monumental-
V Wirklich; wer sich näher mit der Gesamtheit ausgestaltung geltend. Das Erdgeschoss wird in
der bisherigen Arbeiten Emil Schaudts beschäftigt, Bogen zerlegt, die mit den rechtwinkligen Fenster-
erkennt, dass seine glückliche Begabung ihn mit rahmen darüber kontrastieren. Seine Rustika-
merkwürdig-selbstverständlicher Sicherheit bei blöcke dringen an dem wuchtigen Eckturm, der
jeder architektonischen Aufgabe der logischen ganz frei altmärkische Erinnerungen weckt, höher
Lösung zuführt, mag sie sich mit dieser oder mit in die Backsteinwand ein, und am entgegengesetzten
jener Grenze des weiten Gebiets berühren. V Ende ist in der Muschelkalkfassade der reicher
V Bei keinem deutschen Denkmal, das neben der geschmückten Sonderpartie der Haustein völlig
Plastik die Architektur bemühte, ist der erstrebte zur Herrschaft gelangt. Mit diesem Bauglied, dessen
Ausdruck von Kraft und Wucht und Macht so Erkerflankierung des Mittelstücks und dessen zwei-
wundervoll gelungen wie beim Hamburger Bis- reihige Dachfenster schon einen Vorklang der
marck. Der ungeheure, alles überwindende Wille Tauenzienstrassenfront des Kaufhauses bilden,
des Eisenmenschen, der hier gefeiert werden sollte, korrespondiert dann der niedrige Turmvorbau mit
konnte in der Sprache der Baukunst sinnbildlich der Terrasse. V
nicht machtvoller gefasst werden als durch diese V Bei dem Warenhaus im Westen selbst aber ist
trotzigen, aber von weiser und reifer Ordnung ge- Schaudt noch einen bedeutsamen Schritt weiter
bändigten Granitbiöcke. Die Baugedanken alter gegangen. Er hat hier mit der frischen Energie
Festungs- und Turmarchitekturen, die Grabmals- des schöpferischen Künstlers das Schema über-
kunst heroischer Vorzeiten, ferne Erinnerungs- wunden, das sich die zahllosen Nachahmer des
klänge an zyklopische Hünengräber, an die schwei- Messeischen Wertheimbaus aus diesem klassischen
gende Majestät der Theoderich-Stätte bei Ravenna, Muster gebildet hatten. Ist er gleich bei diesem
an romanische Säulengruppen tönen zusammen Bemühen im Aeussern wie im Innern seines
und verschmelzen sich zu einem ganz persönlichen Hauses am Wittenhergplatz um ein tüchtiges Stück
und selbständigen Werk. Wie die starre Sparsam- hinter der stolzen Monumentalwirkung, hinter der
keit der Linien den Bau auf die Notwendigkeit freien Leichtigkeit der architektonischen Entwick-
einer lapidaren Silhouette beschränkt; wie die lung und vor allem hinter der grandiosen Einheit
Kontraste breitgelagerter Horizontalen und drohen- von Alfred Messeis Meisterwerk zurückgeblieben,
der Vertikalen, die den Roland vorbereiten, zur so hat er dafür nach so vielen geistlosen Ab-
Wirkung herangezogen sind; wie die Lagerung der schreibern des grossen Vorbildes ein Beispiel da-
Schichten von der weitzügigen Rustika der un- für gegeben, wie man dessen Anregungen völlig
regelmässig-regelmässig gefügten untersten Quadern selbständig verwerten und fortentwickeln kann. Die
zu den glatteren Wandungen der oberen Mauer- berechtigten Zweifel, ob denn in allen Fällen
es
gürtel und der immer kunstreicher profilierten beim Geschäftshaus geraten ist, auch in den oberen
Riesenborten hinaufführt; wie die vorspringenden Stockwerken (wo Schaufensterrücksichten nicht
Ruhe des gigantischen
pfeilerartigen Steinklötze die mehr in Betracht kommen und die Lichtverhält-
Postaments temperamentvoll unterbrechen; wie sich nisse auch in enger Strasse bessere sind als im
die gewaltige Breite in pathetischen Absätzen zum Erdgeschoss) die Wand schlechthin aus eisen-
475

Emil Schaudt

umrahmten Glasquadraten herzustellen, hat Schaudt Tanzlokal „Moulin rouge", Hess der Künstler
sich zu nutze gemacht. Weil Messel einmal für dann alle Quellen seiner guten Launen springen.
einen bestimmten Zweck das Motiv der durch- Auch hier greift er zur Backsteinfassade, der er
geführten Pfeiler mit der Kühnheit des Genies einen keck ans Barocke sich anlehnenden Giebel
gewagt hat, haben seine Nachbeter es schablonen- aufsetzt. Die Wohnhäuser dagegen, die Schaudt
haft zu Tode gehetzt. Schaudt hat an Stelle dieser gebaut, kennen nur ein Prinzip: Einfachheit,
Auflösung ein Zusammenschliessen gewählt, hat schlichtes Zusammenfassen in grossen Linien.
wieder die Wirkung grosser Flächen eingesetzt, Keine Pseudopalazzo- Fassaden. Kein unnützer
wodurch die Fassade mit ihren kleineren Fenstern Schnörkelkram. Keine überflüssigen Fenster-„Be-
sich den umliegenden Wohnhäusern organischer krönungen", sondern klare Einschnitte in die Wand.
anschliesst, während die Art der Fensterbildung Uebersichtliche Gliederung der Baumassen durch
und -Gruppierung sie doch aus dieser Umgebung einfachste Pilaster oder bei den in Berlin unver-
wieder deutlich genug heraushebt. V meidlichen Erkern, durch organisch aus der Mauer
V Mir will scheinen, als ob das „Kaufhaus des wachsende Vorbauten. Ausdrucksvolle Gesims-
Westens" allein durch diese Neuerung ein neues linien. Und möglichste Betonung des Daches als
Kapitel der modernen Baugeschichte Berlins er- eines wichtigen Baugliedes. Die elementaren Kon-
öffnen werde, —ein neues Kapitel, das eben durch traste der Vertikalen und Horizontalen genügen ihm
jene Verbindung von praktisch-logischem Sinn und fast allein, die Baumassen zu ordnen. Besonders
Lust zu eindrucksvollerOrdnungderspezifisch archi- interessant ist es, wie er zwischen den oft sehr
tektonischen Bauglieder, von „Vernunft" im Sinne verschiedenartigen beiden untersten Stockwerken
der Terminologie van de Veldes und Phantasie, von eine organische Verbindung herstellt. Es ist das
Modernität und selbständigem Anschluss an brauch- eine Aufgabe, die bei den meisten Berliner Häusern
bare Traditionen, von ästhetischen Wirkungen mit Läden im Erdgeschoss ungelöst bleibt. Schaudt
neuerer und älterer Herkunft ohne amphibienhaftes schliesst das grosse Loch, das hier im architekto-
Kompromisslertum. V nischen Ausdruck sonst entsteht, durch kluge Ver-
V Diese Eigenart Schaudts verrät sich auch in den mittlungslinien, die zwischen den Flachbogen, den
übrigen Werken seiner Hand, die bisher vorliegen. breiten Schaufenstern, der umkleideten Eisen-
Bei den Entwürfen zu einem Wasserturm, die sich konstruktion des Parterre und der beim Zwischen-
unter unseren Abbildungen befinden, steigt er von stock einsetzenden Wohnhausfassade eine Aussöh-
der konventionellen Anordnung zu einem mächtigen nung herstellen. So erhalten seine Fronten eine
Gebilde in ganz eigenen Formen auf. Klar sondert verstärkte innere Einheit und tragen dadurch wieder
sich der angebaute Treppenpfeiler und zu seinem an ihrem Teil zu einer einheitlichen Wirkung des
Fusse das kleine Verwaltungshäuschen, das in seiner Gesamtstrassenbildes bei, dessen höheren Prinzipien
Niedrigkeit bei der Gesamtwirkung als Kontrast sich das Grossstadthaus taktvoll unterzuordnen hat.
mit in Betracht kommt, von dem Turmbau selbst, V Auch in der Innenarchitektur ist Schaudt allent-
der einen effektvollen Monumentalcharaktererhalten halben den Grundsätzen einer zweckmässigen, prak-
hat. Die energischen Vertikallinien, die Schaudtstets tischen Einfachheit gefolgt, an die sich der Schmuck,
sehrsicherbeherrscht, streben auch hier gen Himmel allerdings als unentbehrliches Element, von selbst
und verstärken den Eindruck des Hohen, Ragenden. angliedert. Dass er sich auch an die Tradition an-
V Aehnlich fliessen jene Elemente in dem eigen- zuschliessen vermag, zeigt die Diele im Schloss
tümlichen Brücken-Tunnel für den Weiterbau der Cunzendorf. Sonst herrscht auch hier überall die
Berliner Untergrundbahn auf Schöneberger Gebiet kluge, klare Raumdisposition, die seine Fassaden aus-
zusammen. Das Terrain, ehemaliges Sumpfland, zeichnet, nur dass jetzt an Stelle der Tendenz des
liegt hier so tief, dass die Bahn für eine kurze Strebens nach oben eine Breitenentfaltung der Linien
Strecke aus ihrem Schacht ans Licht tritt. Da aber tritt, die das Behagliche der Interieurstimmung
die Strasse in der Höhe weitergehen muss, hat unterstützt. Nur im Innern des „Moulin rouge"
man sich zu diesem merkwürdigen, in der Wirkung vergnügt er sich übermütig in wilden, phantastischen
sehr originellen Viadukt entschlossen, der oben einen Gebilden, in üppigen, schwebenden Kurven und
weiten Uebergang für den Strassenverkehr bildet, quirlenden Spiralen, in glitzernd-buntem Schimmer
während dessen Unterbau von der Bahn durchfahren und boudoirhaften Malereien von kecker Bizarrerie,
wird, für die sich ausserdem hier die natürlichste die, \on französischen Anregungen ausgehend, alle

Gelegenheit zur Anlage eines Bahnhofs ergibt. V Wirbel und Tollheit des Tanzes und des Champagner-
V Bei dem „Saalbau" in der Jägerstrasse, genauer: rausches symbolisch auszuplaudern scheinen. Dulce
dem Hause für ein weltstädtisch lustig-sündhaftes est desipere in loco! V
476

EMIL SCHAUDr-BHRLIN
W'olinliaiis in Rixdorf- Berlin
477

EMIL SCHAUDT-BERUN
Saalbau in der Jäs't'rstrassc in Berlin
478

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EAllL SCHAUDT-BERLIN
Lüster im Snalbaii in der Jiieerstrasse
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l-MIL SCHAUItT-BI:RLIS
Gielu't-Detail vom Saiilbiui in der Jitireisirasse
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in Berlin
Emil Siiiauii/. (inindrisse des Kasinohauses der Landwehrinspektiofi
481

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E. SCHAUDT, Schnitt durch das Kasino der Landwclirinspcktion

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Wasserturm für Hamburg
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EMIL SCHAUDT-BliRl.lN
„Kaiifliaus lies Westens": Brunnen im kleinen Hof
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der Tauenzienstrasse
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HMIL SCHAUDT-BERLIN
liiilüstriehaus: an der Warsdiauerstrasse : Teilansicht
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EMIL SCHAUDT-BERUN
Indnstrirhaiis an der Warsdiauerstrasse: Teilaiisidu
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EMIL SCHAUDT-BHRUN
Wasserturm
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EMIL SCHAUDT-BERLIS'
Wolinliciiis an der Flotowstrasse in Berlin
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EMIL SCHAUDT-BERLIN
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i'AUL RAM.WEISER-KARLSRUHE. E/Uwurf zu einer eingebauten Kirche


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I)F. GRASSE FOX - BAR HARBOUR-U.S.A.


Haus .Jalleyrand" in Bar Harbour (Maine. U.S.A.j
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88

PFEIFER & QR05SMRMN1 KRRL5RUHE


OFEhECKE IM RTELIERHRUS FÜR HR, PROF, hl,

INI OTTERMDORF b, hl.


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PFEIFER UND GROSSMANN IN KARLSRUHE


VON PROF. KARL WIDMER, KARLSRÜHE
Der künstlerische Aufschwung der Karlsruher Architektur gewahrt, das Haus an Boden und Klima
Architektur, der sich an die Namen von Her- angepasst. Andererseits spricht der Charakter
mann Billing und Curjel & Moser
knüpft und der gediegener Wohlhabenheit aus der gesamten Phy-
Karlsruhe in die Reihe der modernen
vorderste siognomie des Herrschaftshauses, dessen weisse,
Architekturstädte gerückt hat, hat seine Früchte durch einen ornamentalen Fries (in Putztechnik)
nicht nur in den epochemachenden Bauten jener gehobene Mauerflächen sich in einer breiten Loggia
führenden Meister gezeitigt. Er hat —
was für die nach dem landschaftlich schönsten Teil der um-
Zukunft dieser Bewegung entscheidend ist - auch gebenden Schwarzwaldnatur (es ist das romantische
in der jüngeren Generation festen Boden gefasst. Höliental) öffnen. Durch die Zusammenstellung
Heute entsteht in Karlsruhe kein nennenswerter von Herrenhaus und Wirtschaftsgebäuden ergab
Bau mehr, der nicht die Berührung des neuen sich auch ungesucht eine malerische Gruppierung
Geistes deutlich offenhart. Dabei muss man freilich und rhythmische Steigerung der um den Hof ge-
die Erzeugnisse der Bauindustrie, die mit mehr lagerten Gebäudemassen. Der herrschaftliche
oder weniger Glück der Mode nachläuft, weil sie Charakter des Wohnhauses findet im Innern natur-
eben Mode ist, von den Werken derer wohl unter- gemäss seinen stärksten Ausdruck. Die Anlage
scheiden, die in einem Innern und lebendigen Ver- entspricht den Grundsätzen der modernen Ein-
hältnis zur Kunst unserer Zeit stehen. Unter ihnen familienhauseinteilung: eine zentrale Diele mit den
sind Pfeifer und Grossmann, die eine Zeit- Hauptzugängen und den Treppen nach oben, rings
lang die Billingschule durchgemacht haben, früh- herum die Wohnräume; der Gesindetrakt hinter
zeitig zu einer selbständigen und persönlichen die Küche konzentriert mit besonderem Eingang
Schaffensweise gelangt. V vom Hof her. Die Wetterseite ist möglichst ge-
V Wie die moderne Bewegung von der
ganze schlossen. Von Wohnzimmer und Bett aus kann
bürgerlichen Baukunst ausgeht, so haben sich auch der Herr den Hof überschauen u. s. w. V
Pfeifer und Grossmann ihre Sporen zuerst an V Für den künstlerischen Eindruck der inneren
Privatbauten verdient. Ihre umfangreichste aus- Ausstattung —
soweit sie vom Bauherrn in die Hände
geführte Arbeit ist bis jetzt das Landgut Rosen- der Architekten gelegt wurde — spielt die Farbe
stihl in Littenweiler bei Freiburg. Es gibt uns eine ausschlaggebende Rolle. Schon bei dem kleinen
ein erschöpfendes Bild ihrer künstlerischen Eigen- Raum, den und Grossmann für die Karls-
Pfeifer
art und künstlerischen Grundsätze. V ruher Jubiläumsausstellung von 1906 entworfen
V Diese basieren auf der Grundforderung aller hatten und dessen Möbel teilweise für die Litten-
modernen Baukunst: "Wahrheit und Sachlichkeit. weiler Diele verwandt worden sind, halte man den
Dass sich der Zweck und Charakter des Hauses Eindruck eines starken koloristischen Talents: der
mit der künstlerischen Erscheinung deckt, das Raum schien durchaus aus der Farbe heraus
Aeussere aus dem Innern klar, einfach und folge- konzipiert. Die gleiche Farbenstimmung kehrt auch
richtig entwickelt ist. Das kommt in dem Gegen- bei der Diele wieder: geweisselte Wände, Kamin,
satz ihrer städtischen Wohnhäuser zu dem halb- Holzwerk und Möbelstoffe gelb mit schwarzem und
ländlichen Charakter des Gutshofs besonders schön weissem Muster. Es ist das Grundprinzip moderner
zum Ausdruck. Hier fanden sie den richtigen Raumstimmung: einfache, ruhige Farbenakkorde
Weg, indem sie die im heimischen Bauernhaus mit sparsam verteiltem Ornament. V
gegebenen Anregungen fruchtbar machten bei den : V Bei ihren Karlsruher Wohnhäusern ist
Stall- und Wirtschaftsgebäuden diese Elemente der Situation entsprechend der städtische Charakter
stärker betonten und sie beim Wohngebäude mit auch in der äussern Erscheinung des Hauses stärker
dem herrschaftlichen Charakter des Landsitzes betont. In der Verwendung von Haustein für Ge-
glücklich in Einklang brachten. So liegt in der simse, Fensterumrahmungen, Vorbauten u. dergl.
Behandlung der breit hingelagerten, nordisch-behag- liegt Annäherung an das Monumentale, ebenso
eine
lichen Dachmassen, der Verschindelung der Giebel in der strengeren, dem Klassischen sich nähernden

ein Moment lokaler, ländlicher Bauweise. Damit Linienführung. Die Masse des hohen gebrochenen
ist zugleich der landschaftliche Charakter der Schieferdaches mit den Giebeln gibt dann den Aus-

503
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Pfeifer und Grossmann in Karlsruhe

gleich durch ein heimatlich-gemütliches Motiv. Bei organisch in die Landschaft einzubauen und auch
dem Doppelhaus am Richard Wagnerplatz kam es dem lokalen Baucharakter seiner Umgebung anzu-
im besonderen darauf an, das Gebäude als ein ge- passen. Der Entwurf vermeidet, indem er die
schlossenes Ganzes wirken zu lassen und doch die malerische Belebung der Silhouette durchaus aus
Trennung in zwei gesonderte Einzelhäuser zu kenn- praktisch gegebenen Bedürfnissen entwickelt, na-
zeichnen. Bei dem Haus Pfeifer ist die Perspek- mentlich auch die gegebenen Ungleichheiten des
tivenwirkung durch die das Vorgärtchen abschlies- Niveaus glücklich ausnützt, doch jede unnötige
sende Steinbrüstung und die dahinter sich auf- Spielerei mit Türmen, Giebeln u. dergl., die ledig-
bauende Terrasse besonders reizvoll. Wie bei allen lich umdes malerischen Effektes willen angebracht
ihren Bauten zeigt sich auch hier das Bestreben, sind. Es ist ein besonderes Verdienst des Gemeinde-
iede Aufgabe einfach und gross anzufassen: die rats, diesem ernst und sachlich aufgefassten Projekt
Wirkung der konstruktiven, raumbildenden und den Vorzug gegeben zu haben, zumal da unsere
raumumschliessenden Elemente: Mauer und Dach badischen Landstädte an guten öffentlichen Bauten
und ihrer Verhältnisse nicht durch störende Klein- bis jetzt wenig aufzuweisen haben. V
lichkeiten und unnötige Zerstückelung zu beein- V Auch für das Kurhaus in Triberg, das in
trächtigen und auch farbig der Erscheinung des ein bis zwei Jahren gebaut werden soll, ist ihnen
Hauses in der Ausspielung der natürlichen Schön- der erste Preis zu teil geworden. Ein Gartensaal,
heit des Materials - weisser Verputz, graugrüner als Promenaderaum gedacht, liegt zwischen Theater-
Sandstein, Schiefer — einen ruhigen und harmo- saal und Ausstellungshalle und öffnet sich in seiner
nischen Eindruck zu verleihen. Insbesondere: das Längsfront gegen die Gutach und die gegenüber-
Haus auch ruhig und einheitlich in seine Umgebung liegenden Höhen. Auch hier, wo es sich um die
einzustimmen. V architektonischen Aufgabenunserer grossen und
V Pfeifer und Grossmann haben in neuerer Zeit kleinen Kurorte handelt, ist noch ein weites und
sich mit Erfolg auch an die Lösung öffentlicher wichtiges Feld für eine künstlerische Regeneration
Aufgaben gemacht. Bei einem Wettbewerb um die unserer öffentlichen Bautätigkeit. Es ist erfreulich,
Triherger Realschule wurde ihnen die Aus- wenn Triberg andern und zum Teil grösseren
führung zugesprochen. Auch hier handelte es sich badischen Kurorten darin mit gutem Beispiel voran-
darum, das an einem steilen Abhang gelegene Haus geht. V

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Diele in der Ausstellung Karlsruhe 1906
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Haus Pfeifer: Eingang

Verantwortlicher Herausgeber: M. J. GRADL-Stuttgart, Rotenwaldstrasse 23.

Verlag: JULIUS HOFFMANN -Stuttgart. Druck: Hoffmannsche Buchdruekerei Felix Krais-Stuttgart.


(Der Nachdruck aller in dieser Nummer enthaltenen Artikel und Bilder ist verholen,
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3
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