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Herbert Klimke

Sören Stephan
Fertigung und Montage des Messe-
Reiner Essrich turms in Rostock

Dieser Beitrag beschreibt die Realisierung eines Tensegrity-Turms, der


auf einem dreieckigen Grundriß aufgebaut und bei dem jedes Segment
um 30° verdreht ist (Twistelement). Die Realisierung erfordert die Ein-
haltung ungewöhnlich kleiner Fertigungstoleranzen, insbesondere bei
den Seilen, und ein konsistentes Konzept für den Toleranzausgleich.
Ein Hauptproblem der Realisierung ist das Vorspannen der Seile, das
durch gleichzeitiges Verschieben der drei Fußpunkte jedes Elements
mit Hilfe von 100-t-Pressen gelöst wurde. Der Turm wurde aus den Twist-
elementen zunächst in zwei Teilen zusammengebaut und dann das obere
Teil mit einem 170-t-Mobilkran auf das untere Teil gehoben.

The making of a tensegrity tower. This contribution describes the


making of a tensegrity tower, which is based on a triangular pattern that
is rotated by 30° at each segment (twist element). The realization is based
on the highest possible production accuracy, especially for the cables,
and a consistent concept for tolerance compensation. A major subject is
the pre-stressing of the cables that turned out to be possible by mov-
ing the three base points of each segment inwards simultaneously by
means of a horizontal frame with three jacks, each with a capacity of
100 tons. The tower was pre-assembled from the twist elements in
two parts. The upper part was finally lifted on top of the lower part by
means of a 170 t mobile crane.

1 Einleitung

Der Bau seilverspannter Konstruktionen hat mit dem Tense-


Bild 1. Gegenüberstellung Raumfachwerk – Tensegrity
grity-Prinzip eine modulare Variante erhalten: Elemente
(aus [2])
aus Druckstäben und Seilen werden durch Vorspannung Fig. 1. The modular space frame concept versus the modular
stabil (tensional integrity) und addierbar. Dies weist auf tensegrity concept
die gedankliche Herkunft aus dem Prinzip der Raumfach-
werke hin, bei denen auch Elemente zu Tragwerken ad-
diert (komponiert) werden (Bild 1). 2 Werkstattplanung
Für den Messeturm wurde als Element eine Anord-
nung von drei Druckstäben und neun Seilen gewählt (s. Grundlage für die Werkstattplanung war der Entwurf des
[1]). Das Problem aller Tensegrity-Strukturen im Hinblick Büros Schlaich, Bergermann und Partner. Für diesen Ent-
auf die Herstellung sind die großen Formänderungen beim wurf gab es eine Berechnung und Bemessung für den End-
Vorspannen der Elemente. Diese müssen bei der Planung zustand. Der Weg zu diesem Endzustand stellte sich als
der Fertigung und Montage genau verfolgt werden, um die nichttriviale Problemstellung heraus, in deren Mittelpunkt
Dehnungen und Setzungen bei der Auslegung der Bau- die Fragen
teile zu berücksichtigen und das Erreichen der Soll-Form – des Vorspannens und
zu ermöglichen. – der Toleranzkompensation
Am Beginn der Ausführungs-Planung stand die zen- standen.
trale Frage der Vorspannmethode unter Beachtung der Tat- Erschwerend kam ein erhebliches Zeitproblem durch
sache, daß ein einfaches Addieren vollständiger Elemente die festgelegte Fertigstellung zur Eröffnung der IGA Ende
durch die Verwendung nur jeweils eines Horizontalseils an April 2003 hinzu, so daß von der Auftragserteilung Ende
den Koppelstellen nicht möglich war (dazu hätten diese Dezember 2002 an insgesamt nur genau vier Monate Zeit
doppelt ausgeführt werden müssen). für die Klärungen, die Werkstattplanung, Materialbeschaf-
Die Lösung dieser Frage offenbarte eine dem Tense- fung, Fertigung und Montage blieben.
grity-Prinzip inhärente Bedingung, die schon von den Raum- Besonders kritisch war die Situation bei den dicken
stabwerken bekannt ist: Hier wie dort ist die höchste Fer- Seilen. So mußten die erforderlichen Diagonalseile mit
tigungsgenauigkeit erforderlich, wenn man die angestrebte 65 mm ∅ gegen solche mit 75 mm ∅ ausgetauscht wer-
Form erhalten will, hier allerdings mit dem besonders sen- den, die einer bereits laufenden Auftragsbestellung ent-
sitiven Element Seil und der alles entscheidenden Vor- nommen werden konnten, was natürlich eine Neuberech-
74 spannung! nung des Turms erforderlich machte.

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 73 (2004), Heft 2
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2.1 Das Vorspannkonzept


Die erste Einsicht war die wichtigste: daß die Twistele-
mente des Turms stabil sind und addierbar. Dies ermög-
lichte das Vorspannen und die Montage der Einzelele-
mente (Bild 2). Bei der Klärung der grundlegenden Zusam-
menhänge hat auch Rosemarie Wagner von der FH Mün-
chen mitgewirkt.
Die zweite Einsicht betraf die Methode des Vorspan-
nens: Grundsätzlich kamen dazu die Diagonal- oder die
Horizontalseile in Frage. Die Lösung dieser Frage wurde
durch die Entscheidung beeinflußt, die Elemente erst an
der Baustelle zusammenzubauen. Damit schien das Vor-
spannen der kurzen Horizontalseile einfacher zu sein als
das Vorspannen der langen Diagonalseile, zumal zur Sta-
bilisierung der einzelnen Twistelemente die horizontalen
Seile in einer, sinnvoller Weise der unteren, Ebene durch
einen Rahmen ersetzt werden mußten. Bild 3. Spannrahmen mit Montagelehre am Boden
Es lag nun nahe, diesen temporären Rahmen als Spann- Fig. 3. Pre-stress frame and erection jig on ground
rahmen für das Vorspannen auszubilden. Vorab mußte je-
doch die Größe der Spannwege an den drei Fußpunkten
ermittelt werden. Eine Berechnung ergab, daß lediglich
ca. 6 cm Verschiebung nach außen erforderlich waren,
um eine spannungslose Montage der Seile zu ermöglichen.
Durch drei 100-t-Pressen wurden dann die Spannrahmen
zusammengezogen und damit die Seile vorgespannt (Bil-
der 3 und 4).
Die Vorspannung in den Diagonalseilen ergibt sich,
wie die Druckkraft in den Diagonalstäben, aus dem Kno-

Bild 4. Montagerahmen beim Einheben eines Elements


Fig. 4. Pre-stress frame during lifting of a segment

tengleichgewicht. Sie beträgt 1200 kN für die Seile und


1500 kN für die Druckstäbe.
Die im Vorspann-Zustand auftretenden Längenände-
rungen der Seile und der Stäbe mußten zur Erhaltung der
Soll-Geometrie kompensiert werden.

2.2 Das Toleranzkonzept


Die größte Herausforderung war die Einhaltung der ge-
ringen Toleranzen. Maximal zulässige Längenfehler von
2 mm im Endzustand schienen zunächst unmöglich. Bei der
Seilherstellung mußte man mit Differenzen bis zu ±5 mm
rechnen und auch beim Stahlbau waren angesichts der
vielen Schrägschnitte und des zu erwartenden Schweiß-
nahtschrumpfs, bei Blechdicken bis 60 mm, höhere Tole-
ranzen zu erwarten. Temperaturen während der Fertigung,
Meßfehler, Kriechen der Seile, Seilkopfsetzungen und
Schweißnahtschrumpf mußten zur Sicherung geringer
Toleranzen berücksichtigt werden.
Seitens des Architekten waren Spannschlösser oder
Bild 2. Beschränkte Auswirkung auf ein Element bei Vorspan- Gewindehülsen zum Ausgleich der Seillängentoleranz un-
nen eines Seils erwünscht. Daher gab es eigentlich nur eine Möglichkeit
Fig. 2. Limited influence to one segment by pre-stressing one des Toleranzausgleichs: die Seile unter Berücksichtung aller
cable obigen Einflüsse und viel Erfahrung möglichst genau zu 75

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Lochabstands wurden die Exzenterhülsen geheftet und


anschließend verschweißt. Zusätzliche Längentoleranzen
durch Schweißnahtschrumpfung konnten mit dieser Kon-
struktion vermieden werden. Die in beliebiger Exzenter-
stellung verursachte Imperfektion der Geometrie war auf-
grund ihrer geringen Größe vernachlässigbar.

2.3 Werkstattpläne
Alle Bauteile wurden von IF (siehe unten) dreidimensio-
nal im CAD-System konstruiert und daraus ein Gesamt-
modell des Turms erstellt. Dadurch erreichte man eine
höchstmögliche Paßgenauigkeit und eine fehlerfreie Vor-
bereitung für die Fertigung. Jedes Teil mußte mit allen er-
forderlichen Schnittkanten und Winkeln einzeln dargestellt
Bild 5. Entwurf der Fertigungslehre
werden.
Fig. 5. Design of the production jig
Trotz der Elementbauweise waren ca. 50 detaillierte
Werkstattpläne (Format A 1) erforderlich, um alle Bau-
teile darzustellen, da die Wanddicken der Rohre und die
Seildurchmesser mit der Turmhöhe verringert wurden. Ein-
zelne Details der Ausführungsplanung mußten umgearbei-
tet werden. Eine zunächst vorgesehene Baustellenschwei-
ßung des 300 × 60 mm starken Zugbands in der untersten
Ebene des Turms mußte durch eine Bolzenverbindung er-
setzt werden, da der Schweißnahtschrumpf bei 60 mm
dicken Nähten nicht mit Sicherheit im vorgegebenen To-
leranzrahmen vorherbestimmt werden konnte.

3 Fertigung

Wie bereits erwähnt, erfolgte die Fertigung der Elemente


in einer Fertigungslehre. Nahezu 10 t Stahl waren notwen-
dig, um die Schweiß- und Meßlehre für die Module zu
bauen. Die Lehre diente dazu, die Geometrie eines kom-
Bild 6. Einmessen eines Exzenter-Anschlusses pletten Elements millimetergenau sicherzustellen. In die-
Fig. 6. Positioning of a excenter connection ser Lehre wurden die Druckstützen in ihrer dreidimen-
sionalen Lage vorgeschweißt, zum Ausschweißen wieder
fertigen und dann die Ist-Länge unter Soll-Vorspannung herausgenommen, um später für das Messen der Exzen-
zu messen. Die auf diese Weise ermittelten Abweichungen tereinstellungen wieder eingebaut zu werden (Bild 7).
der Seillängen von den Soll-Werten mußten dann in den Bei der Festlegung der Exzenterpositionen mußten fol-
Druckstäben auf geeignete Weise ausgeglichen werden. gende Einflüsse (Toleranzen) berücksichtigt werden:
Das grundsätzliche Problem hierbei ist der Umstand, – die tatsächliche Länge der Druckstäbe nach dem Aus-
daß die Seillängen und die Abstände zwischen den Bolzen- schweißen
löchern zweier Druckstäbe Montagemaße sind, die letz- – die gemessene Länge der gefertigten Seile nach dem Vor-
lich erst in der Endgeometrie eines Twistelements bestimmt recken.
sind. Die Messung von Ist-Längen ist also erst beim Zu-
sammenbau von Seilen und Druckstäben möglich.
Aufgrund dieses Umstands ergab sich zwangsläufig die
Notwendigkeit, die Twistelemente in Soll-Geometrie zu po-
sitionieren, um anschließend Längenmessungen und den
Toleranzausgleich durchführen zu können. Die Positionie-
rung der Druckstäbe wurde mittels einer Fertigungslehre
realisiert (Bild 5). Aufgrund der Dreidimensionalität der Kon-
struktion ergab dies eine 16 m lange und bis zu 6 m hohe
Rahmenkonstruktion, die mit mm-Genauigkeit gefertigt wer-
den mußte. In dieser Konstruktion wurde jedes Element
spannungslos positioniert, vermessen und verschweißt.
Der Ausgleich der Längenfehler erfolgte über massive
Exzenterhülsen, die in den Laschen an den Druckstaben-
den im Vormontagezustand verdreht werden konnten. Die
Exzentrizität der Hülsen betrug 6 mm, so daß insgesamt
bis zu 12 mm Längentoleranz ausgeglichen werden konnte Bild 7. Fertigungslehre in der MERO-Werkstatt in Boxberg
76 (Bild 6). Nach Einstellung des notwendigen Ist-Werts des Fig. 7. Production jig in the MERO workshop in Boxberg

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0,1 mm/m gemessen, die auch als Endwert angesehen wer-


den kann, da 80 % dieses Werts bereits nach 50 h erreicht
waren. Bei einer Diagonalseil-Länge von 9,6 m entspricht
das einer bleibenden (Kriech-)Verlängerung von 1 mm.
Aufgrund der geometrischen Verdrehung der oberen
und unteren Anschlußlaschen mußten die bis zu 280 kg
schweren Seilköpfe um ca. 30° verdreht vergossen werden,
um bei der Montage das Auftreten von Torsionsmomen-
ten zu vermeiden. Nach erfolgtem Verguß der Enden wur-
den alle Seile nochmals in der Reckanlage dreimal mit der
1,5fachen Vorspannkraft gezogen, um vor allem die Verguß-
Setzung vorwegzunehmen.
Für die letztlich durchgeführte Längenmessung der
Seile unter ihrer Soll-Vorspannung wurden zwei Maßbän-
der geeicht. Jedes Seil wurde dreimal gemessen und entspre-
Bild 8. Auslegen der Seile chend protokolliert (Bild 8). Das zweite Maßband wurde
Fig. 8. Laying out the cables dann für die Stahlfertigung verwendet, um auch hier Feh-
ler bei der Messung zu minimieren.
Es war von Anfang an klar, daß trotz aller Anstrengung
die geforderten Toleranzen bei der Seilherstellung nicht er- 4 Montage
reicht würden. So konnte es nur darum gehen, die Längen-
fehler zu minimieren. Die bis zu 75 mm dicken, voll ver- Nach negativer Prüfung der Transportierbarkeit der voll-
schlossenen Seile wurden zunächst 5× mit ca. 40 % ihrer ständigen Twistelemente, die eine Vormontage im Werk er-
Bruchkraft vorgereckt, um die konstruktionsbedingte Län- laubt hätte, mußte man sich für die Montage auf der Bau-
genänderung der Seile zu kompensieren. Danach wurden stelle entscheiden.
die Seile unter der Soll-Vorspannung markiert und abge-
längt. Dabei mußten späteres Kriechen und zu erwartende 4.1 Montagekonzept
Setzungen des Seilkopf-Vergußmaterials mit berücksich- Die Elementbauweise des Turms führte zwangsläufig zu
tigt werden. der Überlegung, die einzelnen Elemente (h = 8,30 m) am
In einem Dauerstandsversuch mit einem Seil ∅ 75 mm Boden vorzumontieren, um sie dann wie Bauklötze auf-
[2] wurde nach 100 Stunden eine bleibende Dehnung von einander zu setzen. Das war dadurch möglich, weil jedes

Bild 9. Montage-Ablaufplan
Fig. 9. Erection-procedure
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Element, bestehend aus den drei schrägen Druckstützen, nung) erhielten. Die zugehörige Länge betrug 4326 mm, die
den drei Diagonalseilen und den beiden horizontalen Seil- Länge im Endzustand 4332 mm. Es wurde nun eine Über-
dreiecken, ein stabiles System darstellte. spannung gewählt, die den Abstand der Knoten im unte-
Der Montageplatz am Aufstellort war eingeschränkt. ren Dreieck auf 4316 mm stellte, so daß beim Einbau die
In unmittelbarer Nähe führte zudem eine Seilbahn vor- Länge von 4326 mm zur Passung der Bohrungen durch ein-
bei. Man hat sich deshalb dafür entschieden, die einzelnen faches Ablassen der Pressen erreicht werden konnte.
Elemente neben dem eigentlichen Aufstellort auf einem Die Ergebnisse im Zustand B wurden später mit dem
eigenen Montagerahmen vorzumontieren und dort vor- Zustand während der Montage verglichen und somit eine
zuspannen, um sie dann auf das vorbereitete Fundament, Kontrolle der Vorspannung ermöglicht. Im Zustand C ent-
resp. auf die bereits montierten Elemente, zu heben und standen die höchsten Kräfte im Spannrahmen, die für des-
zu verbinden. sen Bemessung maßgebend waren.
Nach der Errichtung der unteren Turmhälfte wurde Die Montageberechnung diente auch zur Ermittlung
der obere Teil zunächst auf einem Hilfsfundament neben der Toleranz-Empfindlichkeit der Konstruktion. Es wurden
dem Turm montiert, um mit möglichst kleinen Kränen aus- Längenfehler in verschiedene Bauteile ,eingebaut‘ und die
zukommen. Zuletzt wurde dann mittels eines 170-t-Krans Auswirkungen überprüft: 1 mm Längenfehler der Diagonal-
die obere Hälfte auf die untere Hälfte gehoben und mit- seile bedeuten 10 % Änderung der für die Konstruktion so
einander verschraubt (Bild 9). lebenswichtigen Vorspannung, wobei Abweichungen nach
oben und unten gleichermaßen unerwünscht waren.
4.2 Montageberechnung
Die Elementbauweise erforderte eine genaue Berechnung 4.3 Montagedurchführung
der Montagezustände, da jedes vorgespannte Element einen Die Art der Konstruktion und deren geforderte Präzision
eigenen Spannungszustand aufwies. Für jedes Element wur- waren für den, jedenfalls für ein Bauvorhaben dieser Größe,
den drei geometrische Zustände untersucht: enormen Aufwand an Herstell- und Montagehilfen ver-
– Zustand A: für den spannungslosen Zusammenbau antwortlich. Die erforderliche Ankerlehre für das Setzen
– Zustand B: bei 100 % Vorspannung (Bild 10a) der 12 Zuganker im Fundament war dabei noch die ein-
– Zustand C: bei der die Verbindung mit dem unteren Ele- fachste Aufgabe.
ment möglich war (Bild 10b). Die Vormontage der Twistelemente benötigte einen
Die Größe der Überspannung im Zustand C ergab sich aus Montagerahmen, der es erlaubte, die bis zu 4 t schweren
dem Dehnungszustand der oberen Horizontalseile, die für Einzelteile sicher abzustellen, bis die für die Standsicher-
die volle Vorspannung verkürzt gefertigt wurden, aber vor heit erforderliche Vorspannung aufgebracht werden konnte.
der Kopplung mit dem aufgesetzten Element nur die halbe Drei 8 m hohe A-Böcke dienten als Auflager für die schräg
Vorspannung des Endzustands (also nur die halbe Deh- im Raum liegenden Druckstützen (Bild 11).

a) b)

Bild 10. Normalkraftverlauf eines Elements bei a) 100 % Vorspannung und Bild 11. Hilfsabstützung der Druckstäbe
b) im überspannten Montagezustand beim Zusammenbau
Fig. 10. Axial forces of one segment for a) 100 % pre-stress and b) in the over-stressed Fig. 11. Temporary support of the com-
78 state of erection pression members during pre-assembly

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Bild 12. Einheben eines vormontierten Elements


Fig. 12. Lifting of a pre-assembled segment

Bild 14. Endzustand des Turms


Fig. 14. Final state of the tower

5 Schlußbetrachtung

Das ausgeführte Kunst-Tragwerk bot die Möglichkeit, die


Umsetzbarkeit des Tensegrity-Konzepts zu überprüfen.
Wie schon in [1] ausgeführt, ist der zu treibende Aufwand
so groß, daß eine breite Anwendung für Nutzbauten aus
heutiger Sicht fraglich bleibt, auch wenn die Tensegrity-
Anhänger dies anders beurteilen werden.
Es erstaunt bei dem erforderlichen und geleisteten Auf-
wand nicht, daß die Montage reibungslos durchgeführt
werden und der Turm noch wenige Tage vor Eröffnung der
IGA an den Bauherrn übergeben werden konnte (Bild 14).

Am Bau Beteiligte:
Bauherr: IGA Rostock GmbH
Bild 13. Einheben der oberen auf die untere Turmhälfte
Fig. 13. Lifting the upper part of the tower to the lower part
Generalplanung und Architektur: von Gerkan, Marg
und Partner, Hamburg
Entwurf und Tragwerksplanung: Schlaich Bergermann
Eines der für die Montage wichtigsten Werkzeuge stellte und Partner, Stuttgart
der 3fach benötigte Spannrahmen dar. Drei 100-t-Pressen Prüfingenieur: Windels, Timm &
waren erforderlich, um die Zugkräfte in die Elemente ein- Morgen, Hamburg
zuleiten. Dazu mußte das Element seine Geometrie ver- Bauausführung: MERO GmbH & Co.
ändern können, um die kraftlose Vormontage der Seile KG, Würzburg
zu ermöglichen. Drei sternförmig angeordnete Gewinde-
stangen M 56 10.9 wurden zur Übertragung der maxima- Literatur
len Vorspannkräfte benötigt.
Die Montage vollzog sich gemäß der Montageplanung [1] Schlaich, M.: Der Messeturm in Rostock – ein Tensegrity-
(Bild 12). Bisher unerwähnt blieb eine 15 m hohe Edel- Rekord. Stahlbau 72 (2003), H. 10, S. 697–701.
[2] Abnahmezeugnis 3.1.A für Spiralseil ∅ 75 mm VVS-4, Baremo
stahl-Nadel, die in das oberste Seildreieck gestellt wurde
GmbH, Romanshorn/CH, Juni 2003.
und den Turmabschluß bildet (Bild 13).
Abschließend wurde der Turm vermessen, um Gerad- Autoren dieses Beitrages:
heit (Begrenzung der Abweichung auf 1/1000 = 50 mm) Dr.-Ing. Herbert Klimke und Dipl.-Ing. Sören Stephan, MERO GmbH &
und die Geometrie des Turms (Knotenkoordinaten) zu über- Co. KG, Max-Mengeringhausen-Straße 5, 97084 Würzburg; Dipl.-Ing.
prüfen. Reiner Essrich, IF Ingenieurgemeinschaft Flächentragwerke, Reichenau

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