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Hohe Einschaltquoten.
Heiner Geißler auf dem
Kontrollmonitor eines
TV-Teams
Ein Schluss
in Moll
Der Schlichter Heiner Geißler hat in Stuttgart ein
großes Demokratie-Experiment gewagt. Lösen konnte er
den Streit um den Bahnhof nicht VON THOMAS E. SCHMIDT
ein Mensch erwartet von den Kefer, »aber was wir auf jeden Fall erreichen, ist, müsse gegraben werden, weil Beschlüsse nach Recht »Das Rechtsstaatlichkeitsprinzip hat am Ende nicht ler, Rebell und doch meistens loyal gegenüber der
»Geißler hat es geschafft, so etwas wie ein faires bahnhof verhindert werde, sei in Deutschland
Gegenüber herzustellen.« Tatsächlich ist der Wi- überhaupt kein Infrastrukturvorhaben mehr
derstand auf der Straße durch die Teilnahme an möglich, widerspricht er: »Das heißt nicht, dass
der Runde gleichsam offiziell geworden, zu ei- in Zukunft nichts mehr gebaut werden kann. Im
nem anerkannten Faktor der Willensbildung in Gegenteil, es wird demokratischer, friedlicher,
einer veränderten politischen Situation. Werner bürgernäher.« Geißler markiert die optimistische
Wölfle, Grünen-Stadtrat und Sprecher des Akti- Variante einer Entwicklung der parlamentari-
onsbündnisses: »Unsere Akzeptanz ist gestiegen, schen Demokratie. Die Pessimisten werden wei-
keiner kann mehr sagen, wir wären nur Protest- terhin vor den Gefahren einer »Stimmungs-
ler. Wir haben gezeigt, dass wir mit K 21 ein al- demokratie« warnen.
ternatives Projekt zur Modernisierung des Stutt- Leider haben die Stuttgarter Bürger so gar
garter Bahnknotens haben.« Denn auch das ist nichts von diesen Ausgriffen auf die Zukunft.
ein Resultat der Schlichtung: Die Idee eines er- Denn der konkrete Fall – Stuttgart 21 – hat sich
neuerten Kopfbahnhofes, obgleich nicht durch- auch mit der Schlichtung nicht verändert. Das
geplant, hat sich als technisch machbar und als Demokratieexperiment kam zu spät, und die
mögliche Alternative erwiesen. große plebiszitäre Geste ist dort fehl am Platz.
Auf der Pro-Seite entwickelte sich Volker Ke- Einen Volksentscheid über den Tiefbahnhof hat
fer, im Bahn-Vorstand für Infrastruktur zustän- der baden-württembergische Landtag bereits ab-
dig, zur zentralen Figur. Beherrscht und kom- gelehnt, und an einer zeitnahen Volksbefragung
petent, erwarb er sich auch unter Widersachern ist die amtierende Landesregierung nicht interes-
Respekt. »Wir werden uns nicht einigen«, meint siert. Sie stellt sich weiter auf den Standpunkt, es