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Fight Back!

Antifaschistisches (Jugend) Info Braunschweig

Wollt ihr Tote,


ihr Chaoten?
(BILD-"Zeitung" zu den G8-Protesten)

Nr. 38 Juli 2007


Seite 2 Fight Back!
Editorial
K aum zu glauben, die „FIGHT
BACK!“ ist 10 Jahre alt! Im Ju-
ni 1997 erschien sie zum ersten Mal.
chen Medien so keinen Platz finden.
Auch an unseren Ansprüchen, die
Themen aus einer linken und radikal
In der ersten Ausgabe hieß es zur gesellschaftskritischen Sicht aufzu-
Wahl des Titels der Zeitung: Daß fassen und für viele Menschen nach-
man sich wehren muß gegen den vollziehbar zu machen, hat sich bis
zunehmenden Terror der Fa- h e u t e
schisten auf der Straße, aber nichts ge-
auch gegen staat- ändert.
lichen Rassismus,
gegen Abschiebun-
gen von Flüchtlin-
gen und gegen die
zunehmende Ag-
gressivität des Ka-
pitalismus, sowohl
nach außen, als auch
nach innen. 10 Jahre
und 38 Nummern später hat sich
daran nichts geändert und eine linke Die „FIGHT BACK!“ wollte nie „neu-
(Jugend) Zeitschrift bleibt genauso tral“ oder „objektiv“ sein, sondern
wichtig wie damals. Regelmäßig, immer unversöhnliche Positionen
häufig auch eher unregelmäßig, be- einnehmen und eine Perspektive hin
mühen wir uns ein Stück Gegen- zu einer grundsätzlich anderen Ge-
öffentlichkeit zu liefern und Themen sellschaft aufzeigen. Denn unsere
zu beleuchten, die in den bürgerli- Welt sieht anders aus!

Impressum: Fight Back!, Cyriaksring 55, 38118 Braunschweig


Erscheint monatlich in einer Auflage von 1000 Exemplaren. Die Verteilung er-
folgt kostenlos an Schulen, Jugendzentren und in Kneipen. Der Inhalt der ein-
zelnen Artikel gibt nicht unbedingt die Meinung des gesamten Redaktionskollektiv
wieder. Über den Abdruck von zugeschickten Artikeln, Terminen etc. entschei-
det das Redaktionskollektiv.
Eigentumsvorbehalt: Diese Zeitung bleibt bis zur Aushändigung an den Adres-
saten/die Adressatin Eigentum des Absenders. "Zur Habe-Name" ist keine
Aushändigung im Sinne dieses Vorbehalts. Nicht ausgehändigte Zeitungen
sind unter Angabe des Grundes an den Absender zurückzusenden.
Vi.S.d.P.: August Merges, Karl-Marx-Str. 2, 38106 Braunschweig
Fight Back! Seite 3
Die großen Wellen und teilweise Zeitungsprojekt mehrfach in seinen
heftigen Reaktionen die die Zeitung Berichten aufführte: Uns wird es
immer wieder auslöst, verdeutlichen, weiterhin geben und unsere Positio-
dass auch ein im Vergleich winziges nen bleiben auch im Jahr 2007 nicht
Zeitungsprojekt, wie wir es nun mal integrierbar in die bürgerliche Ge-
sind, Einfluss auf öffentliche Diskur- sellschaft. Wir sind weiterhin der
se nehmen kann. Die vielen Diskus- Meinung, dass Nazis und rechter
sionen die im kleinen über die The- Propaganda auch militant entgegen-
men der „FIGHT BACK!“ geführt getreten werden muss, wir rufen
werden, in Schulen, Kneipen oder weiter dazu auf, Sand im Getriebe
sonst wo, geben Hoffnung, dass es der Kriegs- und Abschiebema-
doch noch einige Leute gibt, die schinerie zu sein und wir denken
nicht alles so hinnehmen wie es ist, weiterhin, dass der Kapitalismus auf
sondern ihren eigenen Kopf benut- den Trümmerhaufen der Geschich-
zen. Von daher gilt nach wie vor, was te gehört und eine kaputte Scheibe
in der ersten Ausgabe schon stand: manchmal mehr als tausend Worte
Wer Anregungen, Fragen oder Kritik sagt.
hat, kann diese gerne an die Redak-
tion schicken. Auf weitere 10 Jahre antifaschisti-
sches (Jugend)Info für Braun-
Zuletzt noch etwas an die Adresse schweig!
des Verfassungsschutz, der unser
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FREIHEIT für Binali Yildirim!


Eigentlich sollte es ein netter Ausflug mit dem Fußballverein nach Mallorca
werden. Doch für den kurdischen Kommunisten Binali Yildirim kam es ganz
anders. Am 29. Mai 2007 wurde er auf Mallorca im Auftrag von Interpol
verhaftet. Gegen Binali, der seit vier Jahren in Hamburg lebt, liegt seit
längerem ein Auslieferungsantrag der Türkei vor, der jetzt bei seiner Reise
zur Festnahme durch die spanische Polizei führte. In den kommenden
Monaten wird sich ein Gericht in Madrid mit dem Antrag der Türkei
befassen. Das gleiche Gericht, dessen „Star-Untersuchungsrichter“
Baltazar Garzon die baskische Linke mit Verboten und Verfolgung über-
zieht und schnell dabei ist, politische AktivistInnen zu Terroristen zu
Seite 4 Fight Back!
erklären. Wenn dem Auslieferungsantrag der Türkei stattgegeben und
Binali abgeschoben wird, droht ihm in der Türkei lebenslängliche Haft,
Folter und schlimmstenfalls der Tod.

Zum Hintergrund: Bis 2002 befand er sich in Edirne in der Türkei in einem
so genannten F-Typ Isolationsgefängnis und wurde schwer gefoltert. Weil
Binali Mitte der 1990er als Mitglied einer kommunistischen Guerilla an
Gefechten mit Militärs und Polizei beteiligt gewesen sein soll, verurteilte
ihn die türkische Justiz zu einer „lebenslänglichen harten Gefängnisstra-
fe“. Als 2001 in der Türkei die F-Typ-Knäste eingeführt wurden, gingen
über 500 politische Gefangene in einen Hungerstreik gegen die Isolations-
haft. Binali wurde nach insgesamt 78 Tagen Hungerstreik vorübergehend
aus der Haft entlassen, was zu der Zeit eine gängige Praxis des türkischen
Staates war, der damit die Bilder sterbender Gefangener innerhalb der
Knastmauern vermeiden wollte. Er nutzte die Aussetzung seiner Haftstrafe
und floh in die BRD. Seit dem lebte er als zunächst anerkannter Flüchtling
und zuletzt mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung in Hamburg.

Zur Unterstützung von Binali und den Kampf für seine Freiheit hat sich in
Hamburg ein „Freundeskreis Binalis“ gegründet, der mit Plakaten, Protest-
faxen, Infoständen und Kundgebungen auf seine Situation aufmerksam
macht. Auch in Spanien erhält er Unterstützung durch die Kommunistische
Partei und andere Gruppen. Wenn der politische Druck in den kommenden
Wochen und Monaten nicht weiter ausgebaut wird und wir Binali nicht in
Freiheit begrüßen können, ist sein Leben bedroht. Keine Auslieferung an
die Türkei – Freiheit für Binali!

Weitere Infos und Ankündigungen für Aktionen findet ihr unter:


www.freebinali.tk
Fight Back! Seite 5

Was war los beim Gipfel?


Die Proteste gegen die G8 in Heiligendamm
Vom 6. - 8. Juni 2007 fand in Deutschland der G8-Gipfel statt. Viele linke
Gruppen hatten sich Monate bis Jahre darauf vorbereitet und so gab es
die ganze Woche rund um Heiligendamm vielfältige Protestaktionen.
Schon Wochen vorher waren die Medien voll von Meldungen zum Gipfel.
Vor gewalttätigen Vermummten wurde gewarnt, Wohnungen wurden
durchsucht, Geruchsproben genommen und vor allem wurde kräftig
versucht in gute und böse Demon-
stranten zu spalten. Schon im Vor-
hinein sollte Stimmung gegen die
G8-GegnerInnen gemacht werden.
So wurde schon die Demo gegen
den EU-Asien-Gipfel in Hamburg
eine Woche vor dem G8-Treffen
mehrmals von der Polizei gewalt-
sam gestoppt und war komplett von
einem Polizeikessel umstellt,
sodass die Demo vom Anmelder
abgebrochen wurde. Auch mit den
Razzien im Vorfeld des Gipfels in
linken Zentren und Wohnungen
sollte ein Bild von gewalttätigen
Randalierern geschaffen werden,
um den Großeinsatz von16.000
Polizisten und ein rigoroses Vorge-
hen gegen DemonstrantInnen zu
rechtfertigen.

Samstag – Großdemo „Eine an- schen. Von Nichtregierungsorga-


dere Welt ist möglich!“ nisationen über Friedensgruppen
Der Auftakt der Anti-G8-Proteste war bis hin zur radikalen Linken war
die Internationale Großdemo an der alles vertreten. In den verschiede-
sich 80.000 Menschen beteiligten. nen Blöcken der Demo wurden un-
Ab 11 Uhr füllte sich der Bahnhofs- terschiedliche Schwerpunkte ge-
vorplatz, einer der zwei Auftakts- setzt. So kritisierten die einen die
orte, mit den verschiedensten Men- neoliberale Privatisierungspolitik,
Seite 6 Fight Back!
prangerten die Kriege der G8-Staa- Autos und Barrikaden und überall
ten an oder thematisierten fairen lagen Steine und Scherben. Als die
Welthandel, Schuldenerlass und Situation sich etwas beruhigt hatte
Energiepolitk während andere das begann auf der Bühne das Ab-
Ziel haben, den ganzen Kapitalis- schlusskonzert. Trotzdem bedräng-
mus abzuschaffen. Ab 13 Uhr setz- te die Polizei die Kundgebung im-
ten die zwei Demozüge sich in Be- mer wieder mit Wasserwerfern und
wegung und zogen weitestgehend setzte diese auf dem Konzertgelände
friedlich durch Rostock. ein. In den kommenden Tagen gei-
Als kurz vor dem Abschluss- sterte durch die Medien die Nach-
kundgebungsort der 5000-8000 richt, dass die Polizei von Hunder-
Leute zählende Make-Capitalism- ten verletzten Beamten sprach. Wer
History Block von der Polizei ange- an dem Tag dabei war kann sich
griffen und wahllos auf Personen aber leicht denken, dass diese illu-
eingeschlagen wurde, blieb die ent- sorisch hohen Zahlen höchstens
sprechende Reaktion nicht aus. Die von ihrem eigenen Tränengas ver-
Antwort kam in Form von Steinen ursacht wurden.
und anderem zurück. Daraufhin setz-
te die Polizei Tränengas und mehre- Sonntag – Aktionstag
re Wasserwerfer ein, mit denen sie Landwirtschaft
mitten durch die Menschenmassen Dieser erste Aktionstag startete mit
gefahren sind. In der Innenstadt sah einer Demo, die sich gegen die Fi-
man Rauchwolken von brennenden scherei- und Landwirtschaftspolitik
Fight Back! Seite 7
der G8 richtete von
der Rostocker Uni in
die Innenstadt. The-
matisiert wurden vor
allem Hunger in der
Welt und der unfaire
Handel mit Lebens-
mitteln. Auch die Ab-
lehnung von Genma-
nipulation war natür-
lich ein großes The-
ma dieses Tages.
Nach der Demo wur-
de eine Fahrrad-Rallye organisiert, Ende der Kundgebung zogen wir
die in einem Anti-Gentechnik-Fest weiter zum Flüchtlingslager in Ro-
endete. stock. Von dort sollte eine Demo in
die Innenstadt losgehen. Die Polizei
Montag – Aktionstag Migration hielt die Demo eine halbe Stunde
Der Montag stand ganz im Zeichen auf dem Auftaktskundgebungsort
der Forderung nach globaler Bewe- fest und stoppte uns nachdem wir
gungsfreiheit und gleichen Rechten endlich losgehen durften nach we-
für alle. Wir trafen uns morgens vor nigen Metern erneut. Angeblich
der Einwanderungsbehörde zu ei- suchten sie nach Vermummten und
ner Kundgebung an der 2000 Men- nach Waffen, die sie bei ihren vor-
schen teilnahmen. Später fuhren angegangen Kontrollen übersehen
wir nach Rostock-Lichtenhagen, wo
1992 die Pogrome stattfanden, bei
denen Nazis unter den Augen der
Polizei und dem Applaus vieler An-
wohner über mehrere Tage ein
Flüchtlingsheim angriffen. Hier be-
teiligten wir uns an einer Gedenk- Jeden Freitag
kundgebung für die Opfer des fa-
schistischen Übergriffs, die kom-
ab 20 Uhr
plett von den Bullen umstellt war. Es
wurde jedoch, auch zum Schutz der
Antifaschistisches Café
anwesenden Flüchtlinge, darauf
geachtet, es nicht zu einer Konfron- Cyriaksring 55
tation kommen zu lassen. Nach dem
Seite 8 Fight Back!
hätten. Sie vermuteten nämlich, dass der Kundgebung, die mit gut 500
die „DemonstrantInnen Äxte und TeilnehmerInnen begonnen hatte,
Beile dabei haben könnten“ (tat- gab es noch eine Demo durch
sächliche Aussage der Polizei). So Warnemünde deren Teilnehmerzahl
ging es noch mehrmals weiter, bis auf 2000 Menschen anwuchs.
die Anmelder die Demo auflösten, Zeitgleich gab es eine Kundgebung
um dieser Schikane zu entgehen. vor der Firma Caterpillar, die in
Die Menschen zogen dann weiter Menschenrechtsverletzungen in
Richtung Hafen, wo die Abschluss- Palästina verwickelt ist.
kundgebung stattfinden sollte. Auf Nachmittags fanden die Proteste
dem Weg dorthin wurden wir noch am Flughafen Rostock-Laage statt,
mehrmals durch Bullenabsper- wo die amerikanische Delegation
rungen aufgehalten und auf den und Bush ankommen sollten. Auch
letzten Metern im Spalier begleitet. für diese Kundgebung gab es stren-
Als kleine Soli-Aktion kamen noch ge Auflagen der Polizei, so durften
einige Leute aus dem Camp mit die Proteste nicht in Sichtweite des
einem Lautsprecherwagen, beglei- Eingangstores stattfinden und die
tet von einem Vermummten-Nackt- DemonstrantInnen wurden Kontrol-
Block, um uns zu unterstützen. Letzt- len unterzogen und teilweise an der
endlich konnte die Kundgebung, Teilnahme gehindert.
wenn auch sehr verspätet, dann
noch wie geplant stattfinden. Den- Mittwoch – 1. Blockadetag
noch hat die Polizei es geschafft zu Ab diesem Tag sollte der G8-Gipfel
verhindern, dass mit einer Demo richtig losgehen. Delegierte, Über-
öffentlich über das Thema Migrati- setzer und andere Mitarbeiter soll-
on informiert werden konnte. ten anreisen. Deshalb war geplant
die drei Zufahrtswege zu blockieren
Dienstag – Aktionstag gegen und so einen reibungslosen Ablauf
Militarismus und Krieg zu verhindern. Von verschiedenen
Der 3. Aktionstag hatte den Schwer- Startpunkten zogen wir los. Wir sind
punkt Antikriegsbewegung. Die Pro- durch Felder gelaufen und über
teste starteten mit einer Kundge- Zäune geklettert, dabei wurden wir
bung vor dem Rüstungskonzern fast ununterbrochen von über unse-
EADS in Rostock Warnemünde. Um ren Köpfen kreisenden Polizei- und
dorthin zu gelangen mussten wir Militärhubschraubern begleitet. Und
erneut durch eine Polizeikontrolle, obwohl mehrere Polizeiabsper-
in der wir abgetastet und unsere rungen uns aufhalten wollten und
Taschen durchsucht wurden. Nach dabei auch Knüppel, Wasserwerfer
Fight Back! Seite 9
und Tränengas einge-
setzt wurden, haben wir
es letztendlich geschafft
unseren geplanten Blok-
kade-punkt zu erreichen
und dort eine der Zu-
fahrtsstraßen nach
Heiligendamm zu beset-
zen. Obwohl viele nicht
daran glaubten ist die so
genannte Fünf-Finger-
Taktik aufgegangen. Wir
waren zu Tausenden unterwegs und son der Gruppe wurde daraufhin als
haben uns bei den Polizeiab- Bremer Zivilpolizist erkannt. Als ihre
sperrungen immer wieder in kleine- Tarnung aufgeflogen war flüchte-
re Gruppen aufgeteilt, weit ausein- ten sie hinter eine Reihe Polizisten.
ander gezogen und sind so auf die Einer der Provokateure konnte fest-
Polizei zu gerannt. In kleineren gehalten werden und wurde vom
Grüppchen sind wir dann durch die Legal Team und unter Begleitung
Absperrungen „hindurchge- zahlreicher Pressevertreter der Po-
schlüpft“. Wenn erstmal einige Hun- lizei übergeben. Nach anfänglichen
dert auf diese Weise durch waren, Leugnung musste die Polizei im
hat die Polizei meistens genervt Nachhinein zugeben, dass sie „ver-
aufgegeben. Später erreichte uns deckte Ermittler“ geschickt hatte,
leider die Nachricht, dass nicht alle offensichtlich um die Stimmung auf
Gruppen so einfach durchkamen zu heizen und einen Grund zu schaf-
und viele Leute in Gewahrsam ge- fen die Blockaden gewaltsam zu
nommen und teilweise den ganzen räumen.
Tag festgehalten wurden. Trotzdem
waren ab Mittag alle Straßen nach Donnerstag – 2. Blockadetag
Heiligendamm durch bis zu 10.000 Auch am nächsten Tag waren wie-
Menschen versperrt. Die Stimmung der viele Menschen unterwegs, um
war fröhlich und wie abgesprochen diejenigen die über Nacht bei den
blieb alles friedlich, bis bei der Blok- Blockaden ausgeharrt hatten zu
kade an der Galopprennbahn auf unterstützen. Unterwegs entstan-
einmal eine Gruppe auffiel, die ver- den auch mehrere Barrikaden, vor
suchte andere dazu zu überreden allem um der Polizei die Durchfahrt
mit Steinen zu schmeißen und end- zu erschweren. Während die Blok-
lich „was los zu machen“. Eine Per- kade am östlichen Zugangstor des
Seite 10 Fight Back!
konnten. Die Blocka-
den hatten ihr Ziel er-
reicht, Heiligendamm
war nur noch per Luft-
und Seeweg zu errei-
chen. Ein Erfolg der
vor allem der guten Zu-
sammenarbeit und Ab-
sprachen zwischen
den verschiedenen
Gruppen zu verdanken
ist.
Zauns auch den zweiten Tag auf-
recht erhalten werden konnte, wur- Freitag- Abschlusskundgebung
de die am westlichen Tor von der Am Freitag morgen wurden die Blok-
Polizei mit bis zu 9 Wasserwerfern kaden dann beendet und die
gleichzeitig geräumt, wobei es zu BlockiererInnen machten sich auf
einer Reihe Verletzungen kam. den Weg nach Hause oder in die
Trotzdem waren rund um das Tor so Rostocker Innenstadt, um an der
viele Leute unterwegs, dass die Stra- Abschlusskundgebung teilzuneh-
ße von den Gipfelteilnehmern nicht men. Im Anschluss gab es noch eine
genutzt werden konnte. Auch schaff- Spontandemo mit 1000 Teilneh-
te die Polizei es nicht die Sperrzone merInnen zur Gefangenensam-
rund um den Zaun aufrecht zu erhal- melstelle, die unterwegs jedoch auch
ten, sodass viele Demonstranten mehrmals von der Polizei angehal-
bis direkt an den Zaun vordringen ten wurde.

Eine kleine Einschätzung...


Die meisten und eindrucksvollsten Bilder vom G8-Gipfel stammen
sicherlich von den Krawallen am Samstag. Und um diese gibt es natürlich
auch die meisten Diskussionen. Wer hat nun angefangen die Polizei oder
die Autonomen? Wir sagen, dass ist eigentlich ziemlich egal. Während
der Demo sind ein paar Scheiben zu Bruch gegangen und auch ein
Polizeiwagen ist in Mitleidenschaft geraten. Eigentlich eskaliert ist die
Situation jedoch sicherlich als die Polizei die Demo am Abschluss-
kundgebungsort angegriffen hat. Ob die Gewalt an dieser Stelle richtig
war ist auf jeden Fall eine Sache die man diskutieren muss, aber
grundsätzlich sehen wir Gewalt als ein legitimes Mittel um sich gegen die
Polizei zu verteidigen. Und das hat dieser Tag zumindest bewiesen, dass
Fight Back! Seite 11
es möglich ist eine Demo gegen einen Polizeiangriff zu verteidigen und
dass man sich von dieser Seite nicht immer alles gefallen lassen muss.
Solange die Polizei in Kampfmontur unsere Demonstrationen angreift
wird es Leute geben, die sie verteidigen. Natürlich gab es auch Partei-
und andere Organisationsfunktionäre, wie Peter Wahl von ATTAC, die
sich von den „Gewalttätern“ distanziert und diesen teilweise sogar mit
Denunziation gedroht haben. Es wurde behauptet, einige „Krawallma-
cher“ hätten sich heimlich unter den friedlichen Protest geschummelt.
Dazu können wir nur sagen: Die radikale Linke hat sich nirgends unter
gemischt, sondern die Proteste aktiv mit vorbereitet. Ohne diese Mitar-
beit wären die vielen Demos, Kundgebungen und die Camps gar nicht
möglich gewesen. Zum Glück sind diese Spaltungsversuche auch nur bei
den Funktionären gut angekommen. An der Basis der Organisationen war
davon jedenfalls nicht so viel zu spüren, sodass eine weitere Zusammen-
arbeit nicht beeinträchtigt wurde.
Die folgenden Tage haben dies gezeigt und waren alles im allem sehr
gelungen. Mit den Aktionstagen wurde es geschafft viele wichtige
Themen an-
zusprechen,
unterschied-
liche Teilbe-
reiche linker
Politik zu-
sammenzu-
bringen und
in die Öffent-
lichkeit zu
tragen. Auch
wenn es
durch die vielen beteiligten Gruppen und Meinungen schwierig war eine
gemeinsame Position zu finden, bestimmt auch viele Inhalte verloren
gingen oder schwammig waren, man kaum von einer gemeinsamen (und
nur in Teilen antikapitalistischen) Bewegung sprechen kann, so ist es
doch an den Blockadetagen gelungen viele Menschen mit verschiedenen
Erfahrungen zu mobilisieren und eine gemeinsame Aktionsform zu
finden. Auch wenn der Gipfel nicht abgebrochen wurde, so wurde er doch
zumindest gestört. Und in den Medien wurde ein deutliches Bild gezeich-
net: Wir bitten die G8-Staaten nicht um ein bisschen mehr Gerechtigkeit,
wir sagen ihnen deutlich, dass wir sie nicht haben wollen!
Seite 12 Fight Back!
In aller
Braindead
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Kürze...
Pleite für die NPD
Für den 19. Mai hatte
Andreas Molau für den
NPD Kreisverband
Politics
– wenn aus dem Gedenken an die Opfer
Braunschweig einen des Faschismus die Forderung zum
Infostand in Wolfsburg
angekündigt. Der Stand imperialistischen Waffengang wird
wurde durch die Stadt Im westlichen Ringgebiet tauchten vor einigen
untersagt und Molau Wochen einige eilig hingeschmierte Parolen auf
kündigte dafür einen
Flug-blattverteiler in der
Stromkästen auf, die „Solidarität mit Israel“ for-
Wolfsburger Innenstadt derten und dieses mit der Aufforderung „Bomb
an. Rund 60 Leute sam- Iran“ verbanden. Den BetrachterInnen dieser
melten sich daraufhin in Parolen, also dem Teil der Leute, die ihre Umwelt
der Pestalozzi-Allee, um
überhaupt bewusst wahrnehmen, muss diese
den Nazis ihren Auftritt
zu ver-miesen. Ganze Kombination aus „Solidarität“ und Aufforderung
zwei NPD-Verteiler ver- zum Krieg, bzw. zur Bombardierung von
irrten sich in die Stadt ZivilistInnen absolut sinnlos vorkommen, wie eine
und machten sich mit zufällige Collage aus dem Satzbaukasten politi-
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dem Eintreffen der Anti-


faschistInnen auch wie-
scher Parolen. Sie hat jedoch einen Hintergrund:
der aus dem Staub.
Stattdessen gab es In der sogenannten „linken Szene“ hat sich vor
noch eine kleine Spon- einigen Jahren eine Strömung gebildet, die aus
tandemo gegen die
ihrer Sichtweise auf den Holocaust die Forderung
NPD und ihre faschisti-
sche Hetze durch die In- nach einer unkritischen „Solidarität“ mit dem is-
nenstadt. Nachdem raelischen Staat ableitet. Diese Strömung, die
sich die Polizei anfäng- sich selbst „antideutsch“ nennt, fordert ein von
lich zurückhielt kessel- der israelischen Politik unabhängiges Rundum-
te sie am Ende der
Demo die Anwesenden
bekenntnis zu Israel. Nicht die Bevölkerung Isra-
ein, kontrollierte Perso- els steht dabei im Zentrum, sondern der Staat
nalien und verteilte Israel. Fern ab von der israelisch-arabischen
Platzverweise. In Gos- Realität, hier im sicheren Deutschland, bejubeln
lar, wo die Nazis ver-
sie die Aktionen der israelischen Armee und
mutlich als Ersatz einen
Infostand machten, wa- folgen der bürgerlichen Sichtweise, dass die ara-
ren sie nicht sonderlich bisch-israelische Auseinandersetzung ein „Kampf
erfolgreich. Eine Grup- der Kulturen“ sei, bei dem die zivilisierte Welt
pe beherzter Leute (namentlich die USA und Israel) gegen die barba-
Fight Back! Seite 13
rische Welt (alle Moslems, besonders die die Faschisten mit Tomaten

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Araber) kämpfen würde. Da Israel für die und Eiern. Außer bei Dunkel-
Überlebenden des Holocaust zum Schutz vor heit schnell ein paar Zettel in
Haushälte zu verteilen, bleibt
Verfolgung wurde, wird es für sie zum Kritik-
der NPD in der Region nicht
tabu. Aus dieser Abkehr von jeglichem viel übrig, denn jeder öffent-

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Realitätsbezug – und damit von realer Politik lich angekündigte Auftritt geht
-, malen sie ein schwarz-weißes Weltbild: gründlich in die Hose. Dafür
alles, was Israel macht, ist gut. Danach sind werden wir auch in Zukunft
sorgen!
logischerweise Israels Verbündete, die USA,
ebenfalls gut, während Israels Gegner, die 1. Mai
islamischen Staaten ringsum, automatisch zu In der ganzen Welt gehen
Bösen werden. Wer nicht mit ihnen „Hurra“ Menschen am 1. Mai (dem
schreit, wird gleich mit zum Bösen. - Eine Kampftag der ArbeiterInnen)
gegen Ausbeutung und Un-
simple Weltsicht, die aus dem deutschen terdrückung auf die Straße.
Faschismus politische Deutungsmuster für Viele mit Reformwünschen,
alle weiteren Ereignisse auf der Welt ableitet viele aber auch um ihre grund-
und damit, da sie eine umgekehrte Schablone
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sätzliche Ablehnung des Ka-
pitalismus zu zeigen. So
der stumpfen Weltsicht der Nazis ist, für die
auch in diesem Jahr in
Zuordnung in Gut und Böse ebenso wenig Braunschweig. Das antifa-
Realität benötigt, wie diese es tun. schistische Jugendbündnis
rief zu einem antikapitalisti-
Mit diesem Hintergrundwissen ergeben die schen Block mit Bezug zum
G8-Gipfel auf der DGB-
Parolen dann überhaupt einen Sinn (wenn Demo auf. Über 100 über-
auch einen sehr verdrehten): Da Israel von wiegend junge Leute folgten
den Antideutschen als ihr heiliges Land ent- dem Aufruf und brachten
deckt wurde, fordern sie „Solidarität“ mit die- kämpferische Stimmung
und radikale Positionen in
sem, Kritik an dessen Politik ist in ihren Augen
die ansonsten eher lahme
automatisch antisemitisch. Der Iran als erklär- traditionelle Gewerkschafts-
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ter Gegner Israels verdient es in ihren Augen demo. Ein gelungener Auf-
hingegen, bombardiert zu werden. takt für die Mobilisierung ge-
gen den G8-Gipfel und eine
echte Bereicherung für den
Legen wir die „antideutsche“ Schwarz-Weiß- 1. Mai in Braunschweig.
Deutungsbrille ab und setzen die altbekannte
„linke“ Brille wieder auf, die die Welt nicht in G8 in Braunschweig
Völker, sondern in Klassen unterteilt sieht, Während rund um Heiligen-
damm die Blockaden des
nach der es Unterdrücker und Unterdrückte,
G8-Gipfels auf Hochtouren
Kriegstreiber und PazifistInnen usw. gibt, kurz: liefen und der Gipfel nur
die in der Widersprüchlichkeit der Welt jede noch per Schiff oder Hub-
Menge Grautöne entdeckt. Die Geschichte schrauber zu erreichen
Seite 14 Fight Back!
des Staates Israel ist sowohl mit dem Holocaust,

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war, gab es auch in Braun-
schweig eine Protestakti- wie auch mit der Vertreibung der Palästinenser
on. Unter dem Motto „G8 ist untrennbar verbunden. Diese Geschichte hat
überall – der Widerstand
auch!“ kamen 150 Leute zu einem Zustand der Belagerung Israels ge-
auf dem Kohlmarkt zu ei- führt, das sich seinerseits das Recht heraus-
ner Kundgebung zusam- nimmt, jederzeit Attacken gegen die Nachbar-
men. In einem Redebei- staaten zu führen und sich mit den Palästinenser-
trag und dem verteilten Auf-
ruf wurde die staatliche Re-
gebieten quasi seine Kolonie vor der Haustür zu
pression, wie z.B. die Groß- halten. Unter den Palästinensern tobt aktuell ein
razzien gegen Linke im Vor- Machtkampf der eher weltlichen Fatah gegen
feld und die zahlreichen die religiösen Fundamentalisten der Hamas,
Polizeiübergriffe während auch ein Kampf darum, wie sich die Palästinen-
der Gipfelproteste, the-
matisiert. Darüber hinaus ser zukünftig Israel gegenüber verhalten wer-
wurde deutlich gemacht, den. All diese Punkte tauchen in der Ideologie
dass Widerstand gegen die der Antideutschen nicht auf. Ihre Parolen sind
kapitalistischen Zumutun- simpel, kriegstreiberisch und nationalistisch.
gen jeden Tag nötig ist und
sich nicht auf Großereig-
Zudem benutzen sie den Staat Israel und seine
nisse wie den G8-Gipfel be- BewohnerInnen als reine Projektionsfläche für
schränkt. Im Anschluss an ihre typisch deutsche schwarz-weiß-Malerei.
die Kundgebung gab es Moshe Zuckermann, ein israelischer Marxist,
noch eine Spontandemo äußerte über diese politische Richtung:
durch die Fußgängerzone.
In der Münzstraße wurden „Es kümmert sie dabei einen Dreck, ob Israel
die letzten Reserven der mit seinem ,knallharten sicherheitspolitischen
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Polizei aufgefahren, um die Kurs’ nicht nur die Palästinenser, sondern auch
Demo zu begleiten. Mit dem sich selbst zu Grunde richtet; ob die Israel von
Trupp in die Jahre gekom-
mener leicht gerüsteter
ihnen zugeschriebene Bollwerkfunktion [gegen
Beamten, die wohl relativ die „Barbarei“, d. Aut.] dereinst Israels Unter-
spontan vom Schreibtisch gang zeitigen könnte, wenn Israel in dieser
in den Einsatz geschickt seiner Funktionin alle Ewigkeit Fremdkörper
wurden, gab es eine kurze und Hassobjekt seiner Nachbarn bleiben soll-
Rangelei, worauf der Weg
der Demo allerdings fort- te.“
gesetzt werden konnten.
Einzig vor der Burgpas- Zum Abschluss der Artikels verlassen wir wieder
sage verstellten weitere die Weltbühne der Politik, auf der sich die Anti-
Polizisten demonstrativ
den Eingang. Unbeein-
deutschen als Schauspieler fühlen und kehren
druckt ging es weiter zum nach Braunschweig zurück: Kriegshetze bleibt
Kohlmarkt, wo die Demo Kriegshetze, auch wenn sie sich links wähnt.
wie geplant endete. Darum, liebe Parolenschmierer: die nächsten
Male besser zweimal umsehen.
Fight Back! Seite 15

.
11. Juli 07 - "Gifhorntag" der Bundeswehr stören!
Treffen: 14:30 Uhr - Bahnhof Gifhorn-Stadt
Vorbereitungstreffen in Braunschweig:
Montag - 09.07.07 - 20 Uhr
Antifaschistisches Café - Cyriaksring 55

20. Juli 07 - Soli-Konzert für die G8-Proteste


mit E-Egal, Francesco, Live Action Squirrel, F-Three
20 Uhr - JUZ B58 - Bültenweg 58
Eintritt: 4 Euro

21. Juli 07 - Antikapitalistischer Stadtrundgang


16 Uhr - Kohlmarkt - Braunschweig

29. Juli 07 - Naziaufmarsch in Bad Nenndorf verhindern!


Achtet auf weitere Ankündigungen...

Mehr Infos gibts im Internet:

www.antifacafe.de.vu

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